nen glauben; daß er wiße, was die Natur in jeder Stufe der Krankheit unter allen Umständen vermag -- Freylich würde der, der dieses leistete, den wich- sten Mängeln der Heilkunde abhelfen.
§. 59.
Aber die Leibesbeschaffenheit des Kranken, der angegriffene Theil, und jede wesentlich verschiedene Krankheit haben ihre Eigenheiten. In Faulfiebern z. B. ist die Schwäche nicht eher auf ihrer höchsten Stu- fe, als bis der Kranke nimmer auf der Seite liegen kann, zu den Füßen herabschurrt; bis die Sinne stumpf sind, das Getränke aus dem Munde fließet, und der Schlund gelähmt zu seyn scheint. In der Lungen- schwindsucht hingegen essen, trinken, sprechen, ste- hen und gehen die Kranken manchmal noch einige Au- genblicke vor dem Tode; die Stimme verliert sich nicht allemal; ausser einer besondern Vergessenheit und einem ganz leichten Irreseyn, welche kurz vor dem Tode zuweilen anwandeln, bleiben die Verrichtungen der Sinne und der Denkkraft zum Erstaunen stand- haft. -- Aderlassen verursachen manchen eine solche Entkräftung, daß Ohnmachten und Zuckungen entste- hen; andern wiederfährt dieses auf starke Leibesöff- nungen, auf Klystiren, auf Samenergießungen. Eben so wird in den verschiedenen Arten des Scharbockes die Blödigkeit endlich so groß, daß der Kranke bey dem geringsten Anlaße, bey der unbeträchtlichsten Be- wegung, ja zuweilen bey dem bloßen Aufrechtsitzen in tödtliche Ohnmachten versinkt. In allen diesen Fällen
kömmt
nen glauben; daß er wiße, was die Natur in jeder Stufe der Krankheit unter allen Umſtaͤnden vermag — Freylich wuͤrde der, der dieſes leiſtete, den wich- ſten Maͤngeln der Heilkunde abhelfen.
§. 59.
Aber die Leibesbeſchaffenheit des Kranken, der angegriffene Theil, und jede weſentlich verſchiedene Krankheit haben ihre Eigenheiten. In Faulfiebern z. B. iſt die Schwaͤche nicht eher auf ihrer hoͤchſten Stu- fe, als bis der Kranke nimmer auf der Seite liegen kann, zu den Fuͤßen herabſchurrt; bis die Sinne ſtumpf ſind, das Getraͤnke aus dem Munde fließet, und der Schlund gelaͤhmt zu ſeyn ſcheint. In der Lungen- ſchwindſucht hingegen eſſen, trinken, ſprechen, ſte- hen und gehen die Kranken manchmal noch einige Au- genblicke vor dem Tode; die Stimme verliert ſich nicht allemal; auſſer einer beſondern Vergeſſenheit und einem ganz leichten Irreſeyn, welche kurz vor dem Tode zuweilen anwandeln, bleiben die Verrichtungen der Sinne und der Denkkraft zum Erſtaunen ſtand- haft. — Aderlaſſen verurſachen manchen eine ſolche Entkraͤftung, daß Ohnmachten und Zuckungen entſte- hen; andern wiederfaͤhrt dieſes auf ſtarke Leibesoͤff- nungen, auf Klyſtiren, auf Samenergießungen. Eben ſo wird in den verſchiedenen Arten des Scharbockes die Bloͤdigkeit endlich ſo groß, daß der Kranke bey dem geringſten Anlaße, bey der unbetraͤchtlichſten Be- wegung, ja zuweilen bey dem bloßen Aufrechtſitzen in toͤdtliche Ohnmachten verſinkt. In allen dieſen Faͤllen
koͤmmt
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nen glauben; daß er wiße, was die Natur in jeder
Stufe der Krankheit unter allen Umſtaͤnden vermag
— Freylich wuͤrde der, der dieſes leiſtete, den wich-
ſten Maͤngeln der Heilkunde abhelfen.
§. 59.
Aber die Leibesbeſchaffenheit des Kranken, der
angegriffene Theil, und jede weſentlich verſchiedene
Krankheit haben ihre Eigenheiten. In Faulfiebern z.
B. iſt die Schwaͤche nicht eher auf ihrer hoͤchſten Stu-
fe, als bis der Kranke nimmer auf der Seite liegen
kann, zu den Fuͤßen herabſchurrt; bis die Sinne
ſtumpf ſind, das Getraͤnke aus dem Munde fließet, und
der Schlund gelaͤhmt zu ſeyn ſcheint. In der Lungen-
ſchwindſucht hingegen eſſen, trinken, ſprechen, ſte-
hen und gehen die Kranken manchmal noch einige Au-
genblicke vor dem Tode; die Stimme verliert ſich
nicht allemal; auſſer einer beſondern Vergeſſenheit und
einem ganz leichten Irreſeyn, welche kurz vor dem
Tode zuweilen anwandeln, bleiben die Verrichtungen
der Sinne und der Denkkraft zum Erſtaunen ſtand-
haft. — Aderlaſſen verurſachen manchen eine ſolche
Entkraͤftung, daß Ohnmachten und Zuckungen entſte-
hen; andern wiederfaͤhrt dieſes auf ſtarke Leibesoͤff-
nungen, auf Klyſtiren, auf Samenergießungen. Eben
ſo wird in den verſchiedenen Arten des Scharbockes
die Bloͤdigkeit endlich ſo groß, daß der Kranke bey
dem geringſten Anlaße, bey der unbetraͤchtlichſten Be-
wegung, ja zuweilen bey dem bloßen Aufrechtſitzen in
toͤdtliche Ohnmachten verſinkt. In allen dieſen Faͤllen
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/453>, abgerufen am 21.11.2024.
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