sie das Fieber heftiger, den Blutfluß häufiger, die Schmerzen unerträglicher, und die Zuckungen in Zit- tern, heftige Krämpfe und Sehnenhüpfen ausarten machen. Einmal stürzet das Brechmittel in eine töd- liche Schwäche, in den Brand; und ein andermal werden eben diese Uebel augenblicklich dadurch geho- ben. Der elektrische Strom befördert oder verzögert den Umlauf der Säfte, je nachdem er ein Hinderniß aus dem Weege geschaffet, oder einen Reitz verur- sacht hat.
§. 12.
Bey den meisten Krankheiten, von denen Je- dermann überzeugt ist, daß sie ihre eigne spezifische Natur haben, ist es bisher noch fast immer allein das Werk der Natur, die Eigenheiten zu zerstöhren. Wir haben kein eignes, spezifisches Gegenmittel, zum wenigsten bedörfen wir desselben nicht, gegen den Scharlach, die Masern, den Friesel, die Kräze, die Blattern u. s. w. Wir bestimmen unser ganzes Ver- fahren nach allgemeinen Heilanzeigen; das heißet, wo wir ein Hinderniß entdecken, welches das Bestreben der Natur unterdrücken, irre führen oder unmäßig machen könnte, da sind wir besorgt, es nach Ver- schiedenheit der Umstände mittelst verschiedener Kunst- griffe, bald durch ein kühlende, hizende, bald eine stärkende, erschlappende Heilart zu entfernen, und überlassen das Uebrige der Natur. Vielleicht beruht der Erfolg der sogenannten spezifischen Mitteln größ- tentheils darauf, daß sie ein uns unbekanntes Hin-
derniß,
ſie das Fieber heftiger, den Blutfluß haͤufiger, die Schmerzen unertraͤglicher, und die Zuckungen in Zit- tern, heftige Kraͤmpfe und Sehnenhuͤpfen ausarten machen. Einmal ſtuͤrzet das Brechmittel in eine toͤd- liche Schwaͤche, in den Brand; und ein andermal werden eben dieſe Uebel augenblicklich dadurch geho- ben. Der elektriſche Strom befoͤrdert oder verzoͤgert den Umlauf der Saͤfte, je nachdem er ein Hinderniß aus dem Weege geſchaffet, oder einen Reitz verur- ſacht hat.
§. 12.
Bey den meiſten Krankheiten, von denen Je- dermann uͤberzeugt iſt, daß ſie ihre eigne ſpezifiſche Natur haben, iſt es bisher noch faſt immer allein das Werk der Natur, die Eigenheiten zu zerſtoͤhren. Wir haben kein eignes, ſpezifiſches Gegenmittel, zum wenigſten bedoͤrfen wir deſſelben nicht, gegen den Scharlach, die Maſern, den Frieſel, die Kraͤze, die Blattern u. ſ. w. Wir beſtimmen unſer ganzes Ver- fahren nach allgemeinen Heilanzeigen; das heißet, wo wir ein Hinderniß entdecken, welches das Beſtreben der Natur unterdruͤcken, irre fuͤhren oder unmaͤßig machen koͤnnte, da ſind wir beſorgt, es nach Ver- ſchiedenheit der Umſtaͤnde mittelſt verſchiedener Kunſt- griffe, bald durch ein kuͤhlende, hizende, bald eine ſtaͤrkende, erſchlappende Heilart zu entfernen, und uͤberlaſſen das Uebrige der Natur. Vielleicht beruht der Erfolg der ſogenannten ſpezifiſchen Mitteln groͤß- tentheils darauf, daß ſie ein uns unbekanntes Hin-
derniß,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0263"n="244"/>ſie das Fieber heftiger, den Blutfluß haͤufiger, die<lb/>
Schmerzen unertraͤglicher, und die Zuckungen in Zit-<lb/>
tern, heftige Kraͤmpfe und Sehnenhuͤpfen ausarten<lb/>
machen. Einmal ſtuͤrzet das Brechmittel in eine toͤd-<lb/>
liche Schwaͤche, in den Brand; und ein andermal<lb/>
werden eben dieſe Uebel augenblicklich dadurch geho-<lb/>
ben. Der elektriſche Strom befoͤrdert oder verzoͤgert<lb/>
den Umlauf der Saͤfte, je nachdem er ein Hinderniß<lb/>
aus dem Weege geſchaffet, oder einen Reitz verur-<lb/>ſacht hat.</p><lb/><divn="4"><head>§. 12.</head><lb/><p>Bey den meiſten Krankheiten, von denen Je-<lb/>
dermann uͤberzeugt iſt, daß ſie ihre eigne ſpezifiſche<lb/>
Natur haben, iſt es bisher noch faſt immer allein<lb/>
das Werk der Natur, die Eigenheiten zu zerſtoͤhren.<lb/>
Wir haben kein eignes, ſpezifiſches Gegenmittel, zum<lb/>
wenigſten bedoͤrfen wir deſſelben nicht, gegen den<lb/>
Scharlach, die Maſern, den Frieſel, die Kraͤze, die<lb/>
Blattern u. ſ. w. Wir beſtimmen unſer ganzes Ver-<lb/>
fahren nach allgemeinen Heilanzeigen; das heißet, wo<lb/>
wir ein Hinderniß entdecken, welches das Beſtreben<lb/>
der Natur unterdruͤcken, irre fuͤhren oder unmaͤßig<lb/>
machen koͤnnte, da ſind wir beſorgt, es nach Ver-<lb/>ſchiedenheit der Umſtaͤnde mittelſt verſchiedener Kunſt-<lb/>
griffe, bald durch ein kuͤhlende, hizende, bald eine<lb/>ſtaͤrkende, erſchlappende Heilart zu entfernen, und<lb/>
uͤberlaſſen das Uebrige der Natur. Vielleicht beruht<lb/>
der Erfolg der ſogenannten ſpezifiſchen Mitteln groͤß-<lb/>
tentheils darauf, daß ſie ein uns unbekanntes Hin-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">derniß,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[244/0263]
ſie das Fieber heftiger, den Blutfluß haͤufiger, die
Schmerzen unertraͤglicher, und die Zuckungen in Zit-
tern, heftige Kraͤmpfe und Sehnenhuͤpfen ausarten
machen. Einmal ſtuͤrzet das Brechmittel in eine toͤd-
liche Schwaͤche, in den Brand; und ein andermal
werden eben dieſe Uebel augenblicklich dadurch geho-
ben. Der elektriſche Strom befoͤrdert oder verzoͤgert
den Umlauf der Saͤfte, je nachdem er ein Hinderniß
aus dem Weege geſchaffet, oder einen Reitz verur-
ſacht hat.
§. 12.
Bey den meiſten Krankheiten, von denen Je-
dermann uͤberzeugt iſt, daß ſie ihre eigne ſpezifiſche
Natur haben, iſt es bisher noch faſt immer allein
das Werk der Natur, die Eigenheiten zu zerſtoͤhren.
Wir haben kein eignes, ſpezifiſches Gegenmittel, zum
wenigſten bedoͤrfen wir deſſelben nicht, gegen den
Scharlach, die Maſern, den Frieſel, die Kraͤze, die
Blattern u. ſ. w. Wir beſtimmen unſer ganzes Ver-
fahren nach allgemeinen Heilanzeigen; das heißet, wo
wir ein Hinderniß entdecken, welches das Beſtreben
der Natur unterdruͤcken, irre fuͤhren oder unmaͤßig
machen koͤnnte, da ſind wir beſorgt, es nach Ver-
ſchiedenheit der Umſtaͤnde mittelſt verſchiedener Kunſt-
griffe, bald durch ein kuͤhlende, hizende, bald eine
ſtaͤrkende, erſchlappende Heilart zu entfernen, und
uͤberlaſſen das Uebrige der Natur. Vielleicht beruht
der Erfolg der ſogenannten ſpezifiſchen Mitteln groͤß-
tentheils darauf, daß ſie ein uns unbekanntes Hin-
derniß,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/263>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.