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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Dritter Abschnitt.
Vergleich des Menschen und der Thiere
mit den Pflanzen.


§. 35.
In Rücksicht ihrer Erhaltung, ihres Wachs-
thums und ihrer Fortpflanzung.

Ich stelle nun noch den Menschen mit den Ge-
wächsen zusammen; denn unter je mehreren Gesichts-
punkten wir ihn betrachten, desto deutlicher wird uns
der Begriff von seiner Natur werden.

Das Pflanzenreich fängt dort an, wo bey ei-
nem organisirten Körper zwar Reizbarkeit, Leben,
aber weder Empfindung von Innen, noch willkührli-
che Bewegung von Aussen statt hat. So viel war hin-
länglich, daß sie ihre Bestimmung erfüllen konnten.
Es ist reichlich für ihre Erhaltung und Ausbreitung
gesorgt worden. Sind sie einzeln hilfloser, als man-
che Thiere; können sie sich von einem Orte des Ver-
derbens nicht zum Ueberfluß hinwenden, so haben
sie dieses mit vielen Pflanzenthieren gemein, und die
Natur hat überall mehr die Gattung als die einzelnen
Mitglieder in ihren Schutz genommen. Wenn eine
Wiese von der Hize ausdörrt, oder unter dem Wasser
erstickt, so gehen zur nemlichen Zeit unzähliche In-

sekten

Dritter Abſchnitt.
Vergleich des Menſchen und der Thiere
mit den Pflanzen.


§. 35.
In Ruͤckſicht ihrer Erhaltung, ihres Wachs-
thums und ihrer Fortpflanzung.

Ich ſtelle nun noch den Menſchen mit den Ge-
waͤchſen zuſammen; denn unter je mehreren Geſichts-
punkten wir ihn betrachten, deſto deutlicher wird uns
der Begriff von ſeiner Natur werden.

Das Pflanzenreich faͤngt dort an, wo bey ei-
nem organiſirten Koͤrper zwar Reizbarkeit, Leben,
aber weder Empfindung von Innen, noch willkuͤhrli-
che Bewegung von Auſſen ſtatt hat. So viel war hin-
laͤnglich, daß ſie ihre Beſtimmung erfuͤllen konnten.
Es iſt reichlich fuͤr ihre Erhaltung und Ausbreitung
geſorgt worden. Sind ſie einzeln hilfloſer, als man-
che Thiere; koͤnnen ſie ſich von einem Orte des Ver-
derbens nicht zum Ueberfluß hinwenden, ſo haben
ſie dieſes mit vielen Pflanzenthieren gemein, und die
Natur hat uͤberall mehr die Gattung als die einzelnen
Mitglieder in ihren Schutz genommen. Wenn eine
Wieſe von der Hize ausdoͤrrt, oder unter dem Waſſer
erſtickt, ſo gehen zur nemlichen Zeit unzaͤhliche In-

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[139/0158] Dritter Abſchnitt. Vergleich des Menſchen und der Thiere mit den Pflanzen. §. 35. In Ruͤckſicht ihrer Erhaltung, ihres Wachs- thums und ihrer Fortpflanzung. Ich ſtelle nun noch den Menſchen mit den Ge- waͤchſen zuſammen; denn unter je mehreren Geſichts- punkten wir ihn betrachten, deſto deutlicher wird uns der Begriff von ſeiner Natur werden. Das Pflanzenreich faͤngt dort an, wo bey ei- nem organiſirten Koͤrper zwar Reizbarkeit, Leben, aber weder Empfindung von Innen, noch willkuͤhrli- che Bewegung von Auſſen ſtatt hat. So viel war hin- laͤnglich, daß ſie ihre Beſtimmung erfuͤllen konnten. Es iſt reichlich fuͤr ihre Erhaltung und Ausbreitung geſorgt worden. Sind ſie einzeln hilfloſer, als man- che Thiere; koͤnnen ſie ſich von einem Orte des Ver- derbens nicht zum Ueberfluß hinwenden, ſo haben ſie dieſes mit vielen Pflanzenthieren gemein, und die Natur hat uͤberall mehr die Gattung als die einzelnen Mitglieder in ihren Schutz genommen. Wenn eine Wieſe von der Hize ausdoͤrrt, oder unter dem Waſſer erſtickt, ſo gehen zur nemlichen Zeit unzaͤhliche In- ſekten

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/158>, abgerufen am 21.11.2024.