Je weniger man also auch nur den Sprachlaut von einer ursprünglichen Erfindung, sondern viel- mehr von einer beständigen Fortpflanzung durch Lernen, herleiten kann; je mehr Grund hat man anzunehmen, daß jede wirklich unterschiedene Hauptsprache, mit ihren Volk, schon seit undenk- licher Zeit so verbunden gewesen sey, wie man es jetzt noch findet. Nemlich die jüngeren lernten der ältern ihre vorgesprochene Laute nachsprechen, und keiner erfand sie. Daß aber ein Nachspre- chen verschiedene Abweichungen, oder Mund- arten, bey zerstreuten Haushaltungen, erfolgen mußten, ist sehr natürlich.
§. 116. Der Sprachsinn.
Der Sprachlaut unterscheidet sich von jedem andern Lall und Hall der Menschenstimme über- haupt dadurch, daß er ein eigenes Zeichen von etwas, das eben nichts mit dem Laute gemein ha- ben darf, für den Zuhörer seyn, und diesem also
den
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§. 115.
Je weniger man alſo auch nur den Sprachlaut von einer urſpruͤnglichen Erfindung, ſondern viel- mehr von einer beſtaͤndigen Fortpflanzung durch Lernen, herleiten kann; je mehr Grund hat man anzunehmen, daß jede wirklich unterſchiedene Hauptſprache, mit ihren Volk, ſchon ſeit undenk- licher Zeit ſo verbunden geweſen ſey, wie man es jetzt noch findet. Nemlich die juͤngeren lernten der aͤltern ihre vorgeſprochene Laute nachſprechen, und keiner erfand ſie. Daß aber ein Nachſpre- chen verſchiedene Abweichungen, oder Mund- arten, bey zerſtreuten Haushaltungen, erfolgen mußten, iſt ſehr natuͤrlich.
§. 116. Der Sprachſinn.
Der Sprachlaut unterſcheidet ſich von jedem andern Lall und Hall der Menſchenſtimme uͤber- haupt dadurch, daß er ein eigenes Zeichen von etwas, das eben nichts mit dem Laute gemein ha- ben darf, fuͤr den Zuhoͤrer ſeyn, und dieſem alſo
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[87/0099]
§. 115.
Je weniger man alſo auch nur den Sprachlaut
von einer urſpruͤnglichen Erfindung, ſondern viel-
mehr von einer beſtaͤndigen Fortpflanzung durch
Lernen, herleiten kann; je mehr Grund hat man
anzunehmen, daß jede wirklich unterſchiedene
Hauptſprache, mit ihren Volk, ſchon ſeit undenk-
licher Zeit ſo verbunden geweſen ſey, wie man es
jetzt noch findet. Nemlich die juͤngeren lernten
der aͤltern ihre vorgeſprochene Laute nachſprechen,
und keiner erfand ſie. Daß aber ein Nachſpre-
chen verſchiedene Abweichungen, oder Mund-
arten, bey zerſtreuten Haushaltungen, erfolgen
mußten, iſt ſehr natuͤrlich.
§. 116.
Der Sprachſinn.
Der Sprachlaut unterſcheidet ſich von jedem
andern Lall und Hall der Menſchenſtimme uͤber-
haupt dadurch, daß er ein eigenes Zeichen von
etwas, das eben nichts mit dem Laute gemein ha-
ben darf, fuͤr den Zuhoͤrer ſeyn, und dieſem alſo
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[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/99>, abgerufen am 03.03.2025.
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