Man darf sich nur selbst prüfen, und nicht ver- gessen, daß man die jetzt so leicht scheinende Sprache erst selbst mit vieler Mühe gelernt hat, auch wohl überlegen, daß man es sich bewußt, und noch dazu gesonnen seyn muß, was für einen Laut man aussprechen wolle, sonst wäre jeder un- besonnene Mucks, Achzer und Schrey, ein er- fundener Sprachlaut, welches doch nicht ist.
§. 109.
Dabey erwäge man, daß kein einziger Schrey an sich ein Sprachlaut sey, sondern daß er erst aus der Oberstimme in die Mittelstimme der Re- de, oder den Redeton herunter gesetzt seyn müsse; denn aber, wenn er schon durch die Redestimme zum Sprachlaut geworden, und dafür angenom- men ist, bleibt er es ferner, es mag einer schreyen und singen, doch muß der Vorsatz mit dabey seyn. Ja dieser Fall trift so weit zu, daß, wenn man ei- nen Sprachlaut, oder der schon in der Redestim- me giltig ist, z. B. das Wort Kuckuck wieder
blos
F
§. 108.
Man darf ſich nur ſelbſt pruͤfen, und nicht ver- geſſen, daß man die jetzt ſo leicht ſcheinende Sprache erſt ſelbſt mit vieler Muͤhe gelernt hat, auch wohl uͤberlegen, daß man es ſich bewußt, und noch dazu geſonnen ſeyn muß, was fuͤr einen Laut man ausſprechen wolle, ſonſt waͤre jeder un- beſonnene Mucks, Achzer und Schrey, ein er- fundener Sprachlaut, welches doch nicht iſt.
§. 109.
Dabey erwaͤge man, daß kein einziger Schrey an ſich ein Sprachlaut ſey, ſondern daß er erſt aus der Oberſtimme in die Mittelſtimme der Re- de, oder den Redeton herunter geſetzt ſeyn muͤſſe; denn aber, wenn er ſchon durch die Redeſtimme zum Sprachlaut geworden, und dafuͤr angenom- men iſt, bleibt er es ferner, es mag einer ſchreyen und ſingen, doch muß der Vorſatz mit dabey ſeyn. Ja dieſer Fall trift ſo weit zu, daß, wenn man ei- nen Sprachlaut, oder der ſchon in der Redeſtim- me giltig iſt, z. B. das Wort Kuckuck wieder
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§. 108.
Man darf ſich nur ſelbſt pruͤfen, und nicht ver-
geſſen, daß man die jetzt ſo leicht ſcheinende
Sprache erſt ſelbſt mit vieler Muͤhe gelernt hat,
auch wohl uͤberlegen, daß man es ſich bewußt,
und noch dazu geſonnen ſeyn muß, was fuͤr einen
Laut man ausſprechen wolle, ſonſt waͤre jeder un-
beſonnene Mucks, Achzer und Schrey, ein er-
fundener Sprachlaut, welches doch nicht iſt.
§. 109.
Dabey erwaͤge man, daß kein einziger Schrey
an ſich ein Sprachlaut ſey, ſondern daß er erſt
aus der Oberſtimme in die Mittelſtimme der Re-
de, oder den Redeton herunter geſetzt ſeyn muͤſſe;
denn aber, wenn er ſchon durch die Redeſtimme
zum Sprachlaut geworden, und dafuͤr angenom-
men iſt, bleibt er es ferner, es mag einer ſchreyen
und ſingen, doch muß der Vorſatz mit dabey ſeyn.
Ja dieſer Fall trift ſo weit zu, daß, wenn man ei-
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[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/93>, abgerufen am 03.03.2025.
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