solche erste Ausleger, entweder diese Urkunden an- dern alten Völkern abgeborgt haben, ohne solche zu verstehen, oder daß sie durch Vernachläßigung der Naturkunde, die Einsicht und Erklärung ihrer eigenen alten Nachrichten verlohren, und also in neueren Zeiten ihre Meinungen davor unterge- schoben haben.
§. 77.
Dazu kommt noch, daß in Ansehung der Zeu- gung, weder der Mann noch das Weib, für ein einzelnes volles Ganzes, sondern nur für ein hal- bes zu halten ist. Wie kann nun unsere Rech- nungsart, und wenn es auch die Bruchrechnung wäre, bey einer solchen Zeugungszahl, wie das Menschengeschlecht ist, wo nämlich zu jeder eins, noch allezeit ein halbes fehlt, richtig seyn? ist die- ses nicht vielmehr ein gewisses Merkmal von der Unendlichkeit solcher Zahl? gilt dieses nicht zu- gleich für einen Beweis der unendlichen Bedürf- niß unseres Geschlechts, erstlich so wohl zur Fort- zeugung, als ferner zur Erziehung, und weiter fort
auch
ſolche erſte Ausleger, entweder dieſe Urkunden an- dern alten Voͤlkern abgeborgt haben, ohne ſolche zu verſtehen, oder daß ſie durch Vernachlaͤßigung der Naturkunde, die Einſicht und Erklaͤrung ihrer eigenen alten Nachrichten verlohren, und alſo in neueren Zeiten ihre Meinungen davor unterge- ſchoben haben.
§. 77.
Dazu kommt noch, daß in Anſehung der Zeu- gung, weder der Mann noch das Weib, fuͤr ein einzelnes volles Ganzes, ſondern nur fuͤr ein hal- bes zu halten iſt. Wie kann nun unſere Rech- nungsart, und wenn es auch die Bruchrechnung waͤre, bey einer ſolchen Zeugungszahl, wie das Menſchengeſchlecht iſt, wo naͤmlich zu jeder eins, noch allezeit ein halbes fehlt, richtig ſeyn? iſt die- ſes nicht vielmehr ein gewiſſes Merkmal von der Unendlichkeit ſolcher Zahl? gilt dieſes nicht zu- gleich fuͤr einen Beweis der unendlichen Beduͤrf- niß unſeres Geſchlechts, erſtlich ſo wohl zur Fort- zeugung, als ferner zur Erziehung, und weiter fort
auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbn="58"facs="#f0070"/>ſolche erſte Ausleger, entweder dieſe Urkunden an-<lb/>
dern alten Voͤlkern abgeborgt haben, ohne ſolche<lb/>
zu verſtehen, oder daß ſie durch Vernachlaͤßigung<lb/>
der Naturkunde, die Einſicht und Erklaͤrung ihrer<lb/>
eigenen alten Nachrichten verlohren, und alſo in<lb/>
neueren Zeiten ihre Meinungen davor unterge-<lb/>ſchoben haben.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 77.</head><lb/><p>Dazu kommt noch, daß in Anſehung der Zeu-<lb/>
gung, weder der Mann noch das Weib, fuͤr ein<lb/>
einzelnes volles Ganzes, ſondern nur fuͤr ein hal-<lb/>
bes zu halten iſt. Wie kann nun unſere Rech-<lb/>
nungsart, und wenn es auch die Bruchrechnung<lb/>
waͤre, bey einer ſolchen Zeugungszahl, wie das<lb/>
Menſchengeſchlecht iſt, wo naͤmlich zu jeder eins,<lb/>
noch allezeit ein halbes fehlt, richtig ſeyn? iſt die-<lb/>ſes nicht vielmehr ein gewiſſes Merkmal von der<lb/>
Unendlichkeit ſolcher Zahl? gilt dieſes nicht zu-<lb/>
gleich fuͤr einen Beweis der unendlichen Beduͤrf-<lb/>
niß unſeres Geſchlechts, erſtlich ſo wohl zur Fort-<lb/>
zeugung, als ferner zur Erziehung, und weiter fort<lb/><fwtype="catch"place="bottom">auch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[58/0070]
ſolche erſte Ausleger, entweder dieſe Urkunden an-
dern alten Voͤlkern abgeborgt haben, ohne ſolche
zu verſtehen, oder daß ſie durch Vernachlaͤßigung
der Naturkunde, die Einſicht und Erklaͤrung ihrer
eigenen alten Nachrichten verlohren, und alſo in
neueren Zeiten ihre Meinungen davor unterge-
ſchoben haben.
§. 77.
Dazu kommt noch, daß in Anſehung der Zeu-
gung, weder der Mann noch das Weib, fuͤr ein
einzelnes volles Ganzes, ſondern nur fuͤr ein hal-
bes zu halten iſt. Wie kann nun unſere Rech-
nungsart, und wenn es auch die Bruchrechnung
waͤre, bey einer ſolchen Zeugungszahl, wie das
Menſchengeſchlecht iſt, wo naͤmlich zu jeder eins,
noch allezeit ein halbes fehlt, richtig ſeyn? iſt die-
ſes nicht vielmehr ein gewiſſes Merkmal von der
Unendlichkeit ſolcher Zahl? gilt dieſes nicht zu-
gleich fuͤr einen Beweis der unendlichen Beduͤrf-
niß unſeres Geſchlechts, erſtlich ſo wohl zur Fort-
zeugung, als ferner zur Erziehung, und weiter fort
auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/70>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.