von einem Volk herkommen, das seine Auslegun- gen dieser Bücher vor eben so göttlich, als die Bücher selbst, angesehen wissen will, gedenken.
§. 376.
Vermöge dieser Auslegung behauptet man aus dem ersten Buch dieser göttlich geoffenbarten Ur- kunden, die Schöpfungsgeschichte selbst; allein bey genauer Betrachtung, den Worten nach, scheint dieser Sinn darinne nicht so zu liegen.
§. 377.
Man muß aber eine Erinnerung in Ansehung der Uebersetzung des Hebräischen ins Teutsche, (weil man hier teutsch schreibt,) und zwar zuerst der Sagewörter, voraussetzen; nämlich daß un- sere teutsche Sprache in der Erzählung zwey Zeit- weiser gebraucht. Einen vor die jüngst vergan- gene, und den andern vor die längst vergangene Zeit; dagegen das Hebräische der künftigen und vollen Zeit ihren gebraucht; ferner daß die he- bräischen Sagewörter viele Verwandlungen, durch ihr Piel, Hiphil und Hithpael, machen, die wir mit ganzen Redensarten, oder besondern Hülfswörtern, ausdrücken müssen, und die man billig im Teutschen, wo sie sich im Grundtexte gleich sind, sich auch so viel möglich, gleich über- setzen müßten. Es ist auch zu merken, daß die Hebräer im Erzählen fast kein ander Verbin- dungssylbchen, als ihr Vau anbringen, statt dessen wir in der teutschen Erzählung viele ande- re, nach der besonderen Art jedes Zusammenhan- ges, brauchen müssen; sie brauchen auch oft die Nennwörter vermittelst der Vorsylbchen, wie der Sagewörter, Zuwörter. Anderer eigenen Arten
nicht
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von einem Volk herkommen, das ſeine Auslegun- gen dieſer Buͤcher vor eben ſo goͤttlich, als die Buͤcher ſelbſt, angeſehen wiſſen will, gedenken.
§. 376.
Vermoͤge dieſer Auslegung behauptet man aus dem erſten Buch dieſer goͤttlich geoffenbarten Ur- kunden, die Schoͤpfungsgeſchichte ſelbſt; allein bey genauer Betrachtung, den Worten nach, ſcheint dieſer Sinn darinne nicht ſo zu liegen.
§. 377.
Man muß aber eine Erinnerung in Anſehung der Ueberſetzung des Hebraͤiſchen ins Teutſche, (weil man hier teutſch ſchreibt,) und zwar zuerſt der Sagewoͤrter, vorausſetzen; naͤmlich daß un- ſere teutſche Sprache in der Erzaͤhlung zwey Zeit- weiſer gebraucht. Einen vor die juͤngſt vergan- gene, und den andern vor die laͤngſt vergangene Zeit; dagegen das Hebraͤiſche der kuͤnftigen und vollen Zeit ihren gebraucht; ferner daß die he- braͤiſchen Sagewoͤrter viele Verwandlungen, durch ihr Piel, Hiphil und Hithpael, machen, die wir mit ganzen Redensarten, oder beſondern Huͤlfswoͤrtern, ausdruͤcken muͤſſen, und die man billig im Teutſchen, wo ſie ſich im Grundtexte gleich ſind, ſich auch ſo viel moͤglich, gleich uͤber- ſetzen muͤßten. Es iſt auch zu merken, daß die Hebraͤer im Erzaͤhlen faſt kein ander Verbin- dungsſylbchen, als ihr Vau anbringen, ſtatt deſſen wir in der teutſchen Erzaͤhlung viele ande- re, nach der beſonderen Art jedes Zuſammenhan- ges, brauchen muͤſſen; ſie brauchen auch oft die Nennwoͤrter vermittelſt der Vorſylbchen, wie der Sagewoͤrter, Zuwoͤrter. Anderer eigenen Arten
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von einem Volk herkommen, das ſeine Auslegun-
gen dieſer Buͤcher vor eben ſo goͤttlich, als die
Buͤcher ſelbſt, angeſehen wiſſen will, gedenken.
§. 376.
Vermoͤge dieſer Auslegung behauptet man aus
dem erſten Buch dieſer goͤttlich geoffenbarten Ur-
kunden, die Schoͤpfungsgeſchichte ſelbſt; allein
bey genauer Betrachtung, den Worten nach,
ſcheint dieſer Sinn darinne nicht ſo zu liegen.
§. 377.
Man muß aber eine Erinnerung in Anſehung
der Ueberſetzung des Hebraͤiſchen ins Teutſche,
(weil man hier teutſch ſchreibt,) und zwar zuerſt
der Sagewoͤrter, vorausſetzen; naͤmlich daß un-
ſere teutſche Sprache in der Erzaͤhlung zwey Zeit-
weiſer gebraucht. Einen vor die juͤngſt vergan-
gene, und den andern vor die laͤngſt vergangene
Zeit; dagegen das Hebraͤiſche der kuͤnftigen und
vollen Zeit ihren gebraucht; ferner daß die he-
braͤiſchen Sagewoͤrter viele Verwandlungen,
durch ihr Piel, Hiphil und Hithpael, machen,
die wir mit ganzen Redensarten, oder beſondern
Huͤlfswoͤrtern, ausdruͤcken muͤſſen, und die man
billig im Teutſchen, wo ſie ſich im Grundtexte
gleich ſind, ſich auch ſo viel moͤglich, gleich uͤber-
ſetzen muͤßten. Es iſt auch zu merken, daß die
Hebraͤer im Erzaͤhlen faſt kein ander Verbin-
dungsſylbchen, als ihr Vau anbringen, ſtatt
deſſen wir in der teutſchen Erzaͤhlung viele ande-
re, nach der beſonderen Art jedes Zuſammenhan-
ges, brauchen muͤſſen; ſie brauchen auch oft die
Nennwoͤrter vermittelſt der Vorſylbchen, wie der
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[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/277>, abgerufen am 03.03.2025.
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