Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.Es soll sich Niemand meiner schämen müssen, dazu bin ich zu stolz. Hoffentlich zürnst Du mir nicht, sondern bleibst auch ferner mein treuer Anhalt, den ich ja so nöthig habe. Deine besonnene Lisbeth. P.S. Sie sind in den letzten Tagen wieder viel netter mit mir gewesen; ich glaube, Mama bedauert mich. Axel Lorenzen an Lisbeth Markwort. Kopenhagen, 23. Oktober 1892. Also nicht? Also philiströse Bedenken, familienhafte Veilletäten. Aber ich habe mir's doch gedacht, als ich Dir den Vorschlag machte, den einzig vernünftigen, den es gegeben hätte für Dich! Ich sage Dir, Ihr seid doch im Ganzen eine jämmerliche Bande, von Initiative keine Ahnung. Gut, so laß es bleiben. Sitze da, und rede Dir selber vor, Du seiest eigentlich zu etwas Höherem geboren, es schadet ja nicht, es thut ja so wohl, sich selber als Opfer der Verhältnisse zu betrachten und mit stillen Wehmutsthränen zu bethauen! Ich aber sage Dir, für mich sind diese Thränen Kamillenthee, das heißt die fadeste, werthloseste Flüssigkeit, die auf Erden fließt. Natürlich wirst Du wieder auf meine "Verständnißlosigkeit" zurückkommen. Ganz, als ob ich es hörte! Aber laß nur gut sein, es wäre auch traurig, wenn ich Dich verstünde; eine hübsche Es soll sich Niemand meiner schämen müssen, dazu bin ich zu stolz. Hoffentlich zürnst Du mir nicht, sondern bleibst auch ferner mein treuer Anhalt, den ich ja so nöthig habe. Deine besonnene Lisbeth. P.S. Sie sind in den letzten Tagen wieder viel netter mit mir gewesen; ich glaube, Mama bedauert mich. Axel Lorenzen an Lisbeth Markwort. Kopenhagen, 23. Oktober 1892. Also nicht? Also philiströse Bedenken, familienhafte Veilletäten. Aber ich habe mir’s doch gedacht, als ich Dir den Vorschlag machte, den einzig vernünftigen, den es gegeben hätte für Dich! Ich sage Dir, Ihr seid doch im Ganzen eine jämmerliche Bande, von Initiative keine Ahnung. Gut, so laß es bleiben. Sitze da, und rede Dir selber vor, Du seiest eigentlich zu etwas Höherem geboren, es schadet ja nicht, es thut ja so wohl, sich selber als Opfer der Verhältnisse zu betrachten und mit stillen Wehmutsthränen zu bethauen! Ich aber sage Dir, für mich sind diese Thränen Kamillenthee, das heißt die fadeste, werthloseste Flüssigkeit, die auf Erden fließt. Natürlich wirst Du wieder auf meine „Verständnißlosigkeit“ zurückkommen. Ganz, als ob ich es hörte! Aber laß nur gut sein, es wäre auch traurig, wenn ich Dich verstünde; eine hübsche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0343" n="335"/> Es soll sich Niemand meiner schämen müssen, dazu bin ich zu stolz. Hoffentlich zürnst Du mir nicht, sondern bleibst auch ferner mein treuer Anhalt, den ich ja so nöthig habe.</p> <closer> <salute> <hi rendition="#right">Deine besonnene Lisbeth.</hi> </salute> </closer> <postscript> <p>P.S. Sie sind in den letzten Tagen wieder viel netter mit mir gewesen; ich glaube, Mama bedauert mich.</p> </postscript> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="letter" n="2"> <head>Axel Lorenzen an Lisbeth Markwort.</head> <opener> <dateline> <hi rendition="#right">Kopenhagen, 23. Oktober 1892.</hi> </dateline> </opener> <p>Also nicht? Also philiströse Bedenken, familienhafte Veilletäten. Aber ich habe mir’s doch gedacht, als ich Dir den Vorschlag machte, den einzig vernünftigen, den es gegeben hätte für Dich! Ich sage Dir, Ihr seid doch im Ganzen eine jämmerliche Bande, von Initiative keine Ahnung. Gut, so laß es bleiben. Sitze da, und rede Dir selber vor, Du seiest eigentlich zu etwas Höherem geboren, es schadet ja nicht, es thut ja so wohl, sich selber als Opfer der Verhältnisse zu betrachten und mit stillen Wehmutsthränen zu bethauen! Ich aber sage Dir, für mich sind diese Thränen Kamillenthee, das heißt die fadeste, werthloseste Flüssigkeit, die auf Erden fließt. Natürlich wirst Du wieder auf meine „Verständnißlosigkeit“ zurückkommen. Ganz, als ob ich es hörte! Aber laß nur gut sein, es wäre auch traurig, wenn ich Dich verstünde; eine hübsche </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [335/0343]
Es soll sich Niemand meiner schämen müssen, dazu bin ich zu stolz. Hoffentlich zürnst Du mir nicht, sondern bleibst auch ferner mein treuer Anhalt, den ich ja so nöthig habe.
Deine besonnene Lisbeth. P.S. Sie sind in den letzten Tagen wieder viel netter mit mir gewesen; ich glaube, Mama bedauert mich.
Axel Lorenzen an Lisbeth Markwort. Kopenhagen, 23. Oktober 1892. Also nicht? Also philiströse Bedenken, familienhafte Veilletäten. Aber ich habe mir’s doch gedacht, als ich Dir den Vorschlag machte, den einzig vernünftigen, den es gegeben hätte für Dich! Ich sage Dir, Ihr seid doch im Ganzen eine jämmerliche Bande, von Initiative keine Ahnung. Gut, so laß es bleiben. Sitze da, und rede Dir selber vor, Du seiest eigentlich zu etwas Höherem geboren, es schadet ja nicht, es thut ja so wohl, sich selber als Opfer der Verhältnisse zu betrachten und mit stillen Wehmutsthränen zu bethauen! Ich aber sage Dir, für mich sind diese Thränen Kamillenthee, das heißt die fadeste, werthloseste Flüssigkeit, die auf Erden fließt. Natürlich wirst Du wieder auf meine „Verständnißlosigkeit“ zurückkommen. Ganz, als ob ich es hörte! Aber laß nur gut sein, es wäre auch traurig, wenn ich Dich verstünde; eine hübsche
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Zitationshilfe: | Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/343>, abgerufen am 22.02.2025. |