Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.witterstimmung am ehesten beschwören. Die Kleine Dein Freund Eugen. Klärchen an ihre Geschwister. Venedig, Bauer-Grünwald,13. April Nachmittags. Meine geliebten Kleinen! Ganz träg bin ich ge¬ witterſtimmung am eheſten beſchwören. Die Kleine Dein Freund Eugen. Klärchen an ihre Geſchwiſter. Venedig, Bauer-Grünwald,13. April Nachmittags. Meine geliebten Kleinen! Ganz träg bin ich ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <p><pb facs="#f0255" n="239"/> witterſtimmung am eheſten beſchwören. Die Kleine<lb/> wag' ich nicht wiederzuſehen. Nein, nein! Ich halt's<lb/> zwar nur für einen ihrer — — Selma's — ge¬<lb/> wohnten Theatercoups, daß ſie Dir ſagt, ſie bewahre<lb/> die Briefe zum Hochzeitsgeſchenk für meine zukünftige<lb/> Frau. Deſſen iſt ſie nicht fähig. Sie iſt haltlos,<lb/> charakterlos, aber nicht ſchlecht. Mir ſelbſt wird ſie<lb/> ſie nicht verweigern, es iſt mir nur wie der Tod, daß<lb/> ich noch einmal zu ihr ſoll. Ach, das bischen Leben,<lb/> wieviel Angſt und Qual hat man davon. Und ich<lb/> glaubte dieſe Frau zu lieben.</p><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#et">Dein Freund Eugen.</hi> </salute> </closer><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div type="letter" n="2"> <head><hi rendition="#g">Klärchen an ihre Geſchwiſter</hi>.<lb/></head> <opener> <dateline rendition="#right">Venedig, Bauer-Grünwald,<lb/> 13. April Nachmittags. </dateline> </opener><lb/> <p>Meine geliebten Kleinen! Ganz träg bin ich ge¬<lb/> worden im Briefſchreiben, nicht wahr? Es muß der<lb/> Scirocco ſein, der ſeit unſerer Ankunft hier weht und<lb/> uns faſt täglich ein Gewitter bringt. Im Anfang<lb/> war ich wie betäubt von all' den Wundern hier;<lb/> kann es noch etwas Schöneres, Märchenhafteres geben,<lb/> als dieſe Waſſerſtadt? Jetzt aber macht die Luft mir<lb/> Kopfweh, und Mama geht es ebenſo. Wir ſitzen<lb/> meiſtens wie matte Fliegen unter den Prokuratien<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0255]
witterſtimmung am eheſten beſchwören. Die Kleine
wag' ich nicht wiederzuſehen. Nein, nein! Ich halt's
zwar nur für einen ihrer — — Selma's — ge¬
wohnten Theatercoups, daß ſie Dir ſagt, ſie bewahre
die Briefe zum Hochzeitsgeſchenk für meine zukünftige
Frau. Deſſen iſt ſie nicht fähig. Sie iſt haltlos,
charakterlos, aber nicht ſchlecht. Mir ſelbſt wird ſie
ſie nicht verweigern, es iſt mir nur wie der Tod, daß
ich noch einmal zu ihr ſoll. Ach, das bischen Leben,
wieviel Angſt und Qual hat man davon. Und ich
glaubte dieſe Frau zu lieben.
Dein Freund Eugen.
Klärchen an ihre Geſchwiſter.
Venedig, Bauer-Grünwald,
13. April Nachmittags.
Meine geliebten Kleinen! Ganz träg bin ich ge¬
worden im Briefſchreiben, nicht wahr? Es muß der
Scirocco ſein, der ſeit unſerer Ankunft hier weht und
uns faſt täglich ein Gewitter bringt. Im Anfang
war ich wie betäubt von all' den Wundern hier;
kann es noch etwas Schöneres, Märchenhafteres geben,
als dieſe Waſſerſtadt? Jetzt aber macht die Luft mir
Kopfweh, und Mama geht es ebenſo. Wir ſitzen
meiſtens wie matte Fliegen unter den Prokuratien
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