Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.Klärchen an die Geschwister. Bozen, 28. März.7 Uhr Morgens. Kinder, ich bin schon wieder bei Euch in Ge¬ Klärchen an die Geſchwiſter. Bozen, 28. März.7 Uhr Morgens. Kinder, ich bin ſchon wieder bei Euch in Ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="letter" n="2"> <pb facs="#f0218" n="202"/> </div> <div type="letter" n="2"> <head> <hi rendition="#g">Klärchen an die Geſchwiſter.</hi><lb/> </head> <opener> <dateline rendition="#right">Bozen, 28. März.<lb/> 7 Uhr Morgens. </dateline> </opener><lb/> <p>Kinder, ich bin ſchon wieder bei Euch in Ge¬<lb/> danken, weil ich all' dies Schöne allein nicht ertragen<lb/> kann. Papa und Mama halten ſehr zuſammen, und<lb/> wenn Papa ſeine prachtvollen Erklärungen gibt, und<lb/> Mama Alles ſo genau und ſchnell begreift, ſtehe ich<lb/> immer ganz verdutzt daneben und merke nun erſt<lb/> recht, wie dumm ich bin. Ihr drei Aelteren ſeid<lb/> ſonſt ſo die Mittelglieder zwiſchen den Eltern und<lb/> mir, und nun fehlt Ihr mir ſehr! Ich tröſte mich<lb/> dann mit Putzi, der auch ſo wenig weiß, ja faſt noch<lb/> weniger als ich, und dem man es doch nicht übel<lb/> nehmen kann. Geſtern waren wir alſo auf dem herr¬<lb/> lichen Schloß Runkelſtein, wo die Geſchichte von<lb/> Triſtan und Iſolde auf die Wände gemalt iſt. Und<lb/> ſeht 'mal, das Alles mit der Reſtaurirung wußte<lb/> Papa ganz genau, ich aber bin gar nicht recht klug<lb/> daraus geworden! Iſolde erinnerte mich ganz an<lb/> Dich, meine ſüße Irene, eben ſo ſchlank und dünn<lb/> war ſie wie Du und trug auch ſolchen großen Hut,<lb/> wie wir alle drei gern tragen. Aber die Jagd konnte<lb/> ich gar nicht verſtehen, und die Hunde hatten mit<lb/> Putzi nicht die geringſte Aehnlichkeit! Aber man<lb/> konnte ſich doch ganz in die alte Zeit verſetzen, wo<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0218]
Klärchen an die Geſchwiſter.
Bozen, 28. März.
7 Uhr Morgens.
Kinder, ich bin ſchon wieder bei Euch in Ge¬
danken, weil ich all' dies Schöne allein nicht ertragen
kann. Papa und Mama halten ſehr zuſammen, und
wenn Papa ſeine prachtvollen Erklärungen gibt, und
Mama Alles ſo genau und ſchnell begreift, ſtehe ich
immer ganz verdutzt daneben und merke nun erſt
recht, wie dumm ich bin. Ihr drei Aelteren ſeid
ſonſt ſo die Mittelglieder zwiſchen den Eltern und
mir, und nun fehlt Ihr mir ſehr! Ich tröſte mich
dann mit Putzi, der auch ſo wenig weiß, ja faſt noch
weniger als ich, und dem man es doch nicht übel
nehmen kann. Geſtern waren wir alſo auf dem herr¬
lichen Schloß Runkelſtein, wo die Geſchichte von
Triſtan und Iſolde auf die Wände gemalt iſt. Und
ſeht 'mal, das Alles mit der Reſtaurirung wußte
Papa ganz genau, ich aber bin gar nicht recht klug
daraus geworden! Iſolde erinnerte mich ganz an
Dich, meine ſüße Irene, eben ſo ſchlank und dünn
war ſie wie Du und trug auch ſolchen großen Hut,
wie wir alle drei gern tragen. Aber die Jagd konnte
ich gar nicht verſtehen, und die Hunde hatten mit
Putzi nicht die geringſte Aehnlichkeit! Aber man
konnte ſich doch ganz in die alte Zeit verſetzen, wo
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