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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der vierzehende Discurs/
Eisen-Stern; so werde es/ mit dem Jüngern/ Noth und Gefahr haben/
nach dem Quadrat und Gegenschein: Wo aber der Mond gütige Aspe-
cten bekommt/ und so wol der Alte/ als Junge solche Configuration mit-
einander gemein haben; werde es Beyden/ zur Lebens-Erhaltung/ ge-
deyen. Wobey doch alle mal diese Bedingung darunter verstanden wird/
daß man sich/ in der Kuhr/ auch darnach halte.

Jm übrigen gestehe ich gantz gern/ daß die alte heidnische und noch
manche heutige Stern-Kündiger über die Schnur gehauen/ und noch
viel andre Erfolgungen/ aus dem Gestirn/ erzwingen/ deren das Gestirn
gar nicht sehuldig. Weswegen solche Sterndeuter auch/ mit den aber-
glaubischen Chaldaeern/ unter einem Urtheil/ billig begriffen/ und ver-
worffen werden. Wir wollen aber/ mit meiner Herren Beliebung/ an
diesem Mond-Discurse/ einmal ein Ende mache/ und dieses silberne
Nacht-Auge aus den Augen lassen. Denn gleichwie es denen offt übel-
bekommt/ welchen der Mond den blossen Kopff zu lange bescheint: also
dörffte auch unsere Gemüts-Lust/ durch allzulange Verweilung unter sei-
nen Stralen/ erkrancken. Unsere Zunge kan doch den Werth solches
edlen Gestirns nicht gnug aussprechen: sondern/ wenn wir gleich ein
gantzes Jahr/ von seinen Tugenden und Kräfften/ redeten; würde doch
noch das Meiste verschwiegen bleiben.

Winterschild. Das ist die Warheit. Unser Reden bleibt so wol
Stückwerck/ als unser Wissen. Der Finger unsers allmächtigen Vatters
hat an sein Geschöpff mehr Kunst gewandt/ weder unsre kindliche Finger
beschreiben/ und unsre Lippen lallen mögen. Drum/ ob ich gleich nicht
zweifle/ daß mein Herr noch einen grossen Reichthum an Materi hievon
übrig habe: wird ihm doch der Mond selbst als ein Freund der Stille/
gern einmal die Ruhe gönnen/ und gleichfalls uns gebühren/ ihn daran
nicht länger zu verhindern.



Anhang/
Zu dem
Vierzehendem Discurs.

AN Statt einer kleinen Zugabe/ soll unsrem geschlossenem Mond-
Discurs eines und anders noch beygeschlossen werden/ aus den
Speculationen deß hochberühmten Frantzösischen Mathemati-
ci Auzout, von den veränderlichen Gestalten/ welche vermutlich/
wie auf dem Erdbodem/ also auch in dem Mond/ erscheinen. Dieser

scharff-

Der vierzehende Discurs/
Eiſen-Stern; ſo werde es/ mit dem Juͤngern/ Noth und Gefahr haben/
nach dem Quadrat und Gegenſchein: Wo aber der Mond guͤtige Aſpe-
cten bekommt/ und ſo wol der Alte/ als Junge ſolche Configuration mit-
einander gemein haben; werde es Beyden/ zur Lebens-Erhaltung/ ge-
deyen. Wobey doch alle mal dieſe Bedingung darunter verſtanden wird/
daß man ſich/ in der Kuhr/ auch darnach halte.

Jm uͤbrigen geſtehe ich gantz gern/ daß die alte heidniſche und noch
manche heutige Stern-Kuͤndiger uͤber die Schnur gehauen/ und noch
viel andre Erfolgungen/ aus dem Geſtirn/ erzwingen/ deren das Geſtirn
gar nicht ſehuldig. Weswegen ſolche Sterndeuter auch/ mit den aber-
glaubiſchen Chaldæern/ unter einem Urtheil/ billig begriffen/ und ver-
worffen werden. Wir wollen aber/ mit meiner Herren Beliebung/ an
dieſem Mond-Diſcurſe/ einmal ein Ende mache/ und dieſes ſilberne
Nacht-Auge aus den Augen laſſen. Denn gleichwie es denen offt uͤbel-
bekommt/ welchen der Mond den bloſſen Kopff zu lange beſcheint: alſo
doͤrffte auch unſere Gemuͤts-Luſt/ durch allzulange Verweilung unter ſei-
nen Stralen/ erkrancken. Unſere Zunge kan doch den Werth ſolches
edlen Geſtirns nicht gnug ausſprechen: ſondern/ wenn wir gleich ein
gantzes Jahr/ von ſeinen Tugenden und Kraͤfften/ redeten; wuͤrde doch
noch das Meiſte verſchwiegen bleiben.

Winterſchild. Das iſt die Warheit. Unſer Reden bleibt ſo wol
Stuͤckwerck/ als unſer Wiſſen. Der Finger unſers allmaͤchtigen Vatters
hat an ſein Geſchoͤpff mehr Kunſt gewandt/ weder unſre kindliche Finger
beſchreiben/ und unſre Lippen lallen moͤgen. Drum/ ob ich gleich nicht
zweifle/ daß mein Herꝛ noch einen groſſen Reichthum an Materi hievon
uͤbrig habe: wird ihm doch der Mond ſelbſt als ein Freund der Stille/
gern einmal die Ruhe goͤnnen/ und gleichfalls uns gebuͤhren/ ihn daran
nicht laͤnger zu verhindern.



Anhang/
Zu dem
Vierzehendem Diſcurs.

AN Statt einer kleinen Zugabe/ ſoll unſrem geſchloſſenem Mond-
Diſcurs eines und anders noch beygeſchloſſen werden/ aus den
Speculationen deß hochberuͤhmten Frantzoͤſiſchen Mathemati-
ci Auzout, von den veraͤnderlichen Geſtalten/ welche vermutlich/
wie auf dem Erdbodem/ alſo auch in dem Mond/ erſcheinen. Dieſer

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[556/0596] Der vierzehende Discurs/ Eiſen-Stern; ſo werde es/ mit dem Juͤngern/ Noth und Gefahr haben/ nach dem Quadrat und Gegenſchein: Wo aber der Mond guͤtige Aſpe- cten bekommt/ und ſo wol der Alte/ als Junge ſolche Configuration mit- einander gemein haben; werde es Beyden/ zur Lebens-Erhaltung/ ge- deyen. Wobey doch alle mal dieſe Bedingung darunter verſtanden wird/ daß man ſich/ in der Kuhr/ auch darnach halte. Jm uͤbrigen geſtehe ich gantz gern/ daß die alte heidniſche und noch manche heutige Stern-Kuͤndiger uͤber die Schnur gehauen/ und noch viel andre Erfolgungen/ aus dem Geſtirn/ erzwingen/ deren das Geſtirn gar nicht ſehuldig. Weswegen ſolche Sterndeuter auch/ mit den aber- glaubiſchen Chaldæern/ unter einem Urtheil/ billig begriffen/ und ver- worffen werden. Wir wollen aber/ mit meiner Herren Beliebung/ an dieſem Mond-Diſcurſe/ einmal ein Ende mache/ und dieſes ſilberne Nacht-Auge aus den Augen laſſen. Denn gleichwie es denen offt uͤbel- bekommt/ welchen der Mond den bloſſen Kopff zu lange beſcheint: alſo doͤrffte auch unſere Gemuͤts-Luſt/ durch allzulange Verweilung unter ſei- nen Stralen/ erkrancken. Unſere Zunge kan doch den Werth ſolches edlen Geſtirns nicht gnug ausſprechen: ſondern/ wenn wir gleich ein gantzes Jahr/ von ſeinen Tugenden und Kraͤfften/ redeten; wuͤrde doch noch das Meiſte verſchwiegen bleiben. Winterſchild. Das iſt die Warheit. Unſer Reden bleibt ſo wol Stuͤckwerck/ als unſer Wiſſen. Der Finger unſers allmaͤchtigen Vatters hat an ſein Geſchoͤpff mehr Kunſt gewandt/ weder unſre kindliche Finger beſchreiben/ und unſre Lippen lallen moͤgen. Drum/ ob ich gleich nicht zweifle/ daß mein Herꝛ noch einen groſſen Reichthum an Materi hievon uͤbrig habe: wird ihm doch der Mond ſelbſt als ein Freund der Stille/ gern einmal die Ruhe goͤnnen/ und gleichfalls uns gebuͤhren/ ihn daran nicht laͤnger zu verhindern. Anhang/ Zu dem Vierzehendem Diſcurs. AN Statt einer kleinen Zugabe/ ſoll unſrem geſchloſſenem Mond- Diſcurs eines und anders noch beygeſchloſſen werden/ aus den Speculationen deß hochberuͤhmten Frantzoͤſiſchen Mathemati- ci Auzout, von den veraͤnderlichen Geſtalten/ welche vermutlich/ wie auf dem Erdbodem/ alſo auch in dem Mond/ erſcheinen. Dieſer ſcharff-

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 556. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/596>, abgerufen am 20.11.2024.