Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.XXII. Oban. Das Caledonian-Hotel war besetzt bis unter's Dach. Da standen wir mit unsern Reisesäcken, ziemlich rathlos und wischten uns den Schweiß von der Stirn. Andern, die nach uns kamen, ging es nicht besser; endlich rief eine heisere Stimme: "Let us try it at Mrs. Mackay's, some yards farther down; I know her well, kind people". Einige schüttelten den Kopf, wir aber, die wir nicht in der Lage waren, zwischen den Tugenden und Untugenden Mistreß Mackay's abwägen zu können, folgten der Aufforderung des Heiseren und standen nach zwei Minuten vor der Hausthür besagter Dame. Ueber dem Eingang hing ein Hochländer als Wirthshausschild, alle Fenster waren offen und aus der halb offenen Küchenthür kam uns der Fettbrodem einladend, aber etwas zudringlich entgegen. Dem Brodem folgte endlich Mrs. Mackay selber, eine Frau von fünfzig, halb Brunhild, halb Marketenderin. Groß, breit und stark, stand sie vor uns, mit allen Abzeichen des Herdes, von dem sie kam; ihr einziger Schmuck ein Schnurrbart, an dem kleine XXII. Oban. Das Caledonian-Hotel war besetzt bis unter’s Dach. Da standen wir mit unsern Reisesäcken, ziemlich rathlos und wischten uns den Schweiß von der Stirn. Andern, die nach uns kamen, ging es nicht besser; endlich rief eine heisere Stimme: „Let us try it at Mrs. Mackay’s, some yards farther down; I know her well, kind people“. Einige schüttelten den Kopf, wir aber, die wir nicht in der Lage waren, zwischen den Tugenden und Untugenden Mistreß Mackay’s abwägen zu können, folgten der Aufforderung des Heiseren und standen nach zwei Minuten vor der Hausthür besagter Dame. Ueber dem Eingang hing ein Hochländer als Wirthshausschild, alle Fenster waren offen und aus der halb offenen Küchenthür kam uns der Fettbrodem einladend, aber etwas zudringlich entgegen. Dem Brodem folgte endlich Mrs. Mackay selber, eine Frau von fünfzig, halb Brunhild, halb Marketenderin. Groß, breit und stark, stand sie vor uns, mit allen Abzeichen des Herdes, von dem sie kam; ihr einziger Schmuck ein Schnurrbart, an dem kleine <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0283" n="269"/> <div> <head><hi rendition="#aq">XXII</hi>.<lb/><hi rendition="#b #g">Oban.</hi></head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Das Caledonian-Hotel war besetzt bis unter’s Dach. Da standen wir mit unsern Reisesäcken, ziemlich rathlos und wischten uns den Schweiß von der Stirn. Andern, die nach uns kamen, ging es nicht besser; endlich rief eine heisere Stimme: <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">„Let us try it at Mrs. Mackay’s, some yards farther down; I know her well, kind people“</foreign></hi>. Einige schüttelten den Kopf, wir aber, die wir nicht in der Lage waren, zwischen den Tugenden und Untugenden Mistreß Mackay’s abwägen zu können, folgten der Aufforderung des Heiseren und standen nach zwei Minuten vor der Hausthür besagter Dame. Ueber dem Eingang hing ein Hochländer als Wirthshausschild, alle Fenster waren offen und aus der halb offenen Küchenthür kam uns der Fettbrodem einladend, aber etwas zudringlich entgegen. Dem Brodem folgte endlich Mrs. Mackay selber, eine Frau von fünfzig, halb Brunhild, halb Marketenderin. Groß, breit und stark, stand sie vor uns, mit allen Abzeichen des Herdes, von dem sie kam; ihr einziger Schmuck ein Schnurrbart, an dem kleine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0283]
XXII.
Oban.
Das Caledonian-Hotel war besetzt bis unter’s Dach. Da standen wir mit unsern Reisesäcken, ziemlich rathlos und wischten uns den Schweiß von der Stirn. Andern, die nach uns kamen, ging es nicht besser; endlich rief eine heisere Stimme: „Let us try it at Mrs. Mackay’s, some yards farther down; I know her well, kind people“. Einige schüttelten den Kopf, wir aber, die wir nicht in der Lage waren, zwischen den Tugenden und Untugenden Mistreß Mackay’s abwägen zu können, folgten der Aufforderung des Heiseren und standen nach zwei Minuten vor der Hausthür besagter Dame. Ueber dem Eingang hing ein Hochländer als Wirthshausschild, alle Fenster waren offen und aus der halb offenen Küchenthür kam uns der Fettbrodem einladend, aber etwas zudringlich entgegen. Dem Brodem folgte endlich Mrs. Mackay selber, eine Frau von fünfzig, halb Brunhild, halb Marketenderin. Groß, breit und stark, stand sie vor uns, mit allen Abzeichen des Herdes, von dem sie kam; ihr einziger Schmuck ein Schnurrbart, an dem kleine
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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