Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.I. Von London bis Edinburg. Altes Lied. (Die Hexen von Inverneß.) "Nach Schottland also!" Die Koffer waren gepackt, die Billets gelöst, und als der Spätzug sich endlich in Bewegung setzte und majestätisch aus der Halle des Kings-Cross-Bahnhofes hinausglitt, überlief es mich ähnlich wie vierzehn Jahre früher, wo es zum ersten Male für mich hieß: "Nach England!" Aehnlich sag' ich, denn vierzehn Jahre sind eine lange Zeit und nehmen uns viel von Begeisterung und Fähigkeit zur Freude. Wie steht jener Tag noch klar vor meiner Seele, der damals über meine Reise entschied. Ich war Soldat und auf Königswache. Der Offizier hatte seine liebe Noth mit uns, denn wir waren zwanzig Freiwillige oder mehr, und Jeder, der Soldat gewesen ist, weiß, was es mit solchen Volontair-Wachen auf sich hat. An Disciplin war Mangel, aber Ueberfluß an guter Laune, und während die Einen über Tisch und Bänke sprangen, spielten die Anderen Dreikart, oder I. Von London bis Edinburg. Altes Lied. (Die Hexen von Inverneß.) „Nach Schottland also!“ Die Koffer waren gepackt, die Billets gelöst, und als der Spätzug sich endlich in Bewegung setzte und majestätisch aus der Halle des Kings-Cross-Bahnhofes hinausglitt, überlief es mich ähnlich wie vierzehn Jahre früher, wo es zum ersten Male für mich hieß: „Nach England!“ Aehnlich sag’ ich, denn vierzehn Jahre sind eine lange Zeit und nehmen uns viel von Begeisterung und Fähigkeit zur Freude. Wie steht jener Tag noch klar vor meiner Seele, der damals über meine Reise entschied. Ich war Soldat und auf Königswache. Der Offizier hatte seine liebe Noth mit uns, denn wir waren zwanzig Freiwillige oder mehr, und Jeder, der Soldat gewesen ist, weiß, was es mit solchen Volontair-Wachen auf sich hat. An Disciplin war Mangel, aber Ueberfluß an guter Laune, und während die Einen über Tisch und Bänke sprangen, spielten die Anderen Dreikart, oder <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0017" n="[3]"/> <div> <head><hi rendition="#aq">I</hi>.<lb/><hi rendition="#b">Von London bis Edinburg.</hi></head><lb/> <epigraph> <cit> <quote> <lg type="poem"> <l>Geschlagen, gestoßen, gepreßt, gepufft,</l><lb/> <l>Zehn Meilen die Stunde ging’s durch die Luft.</l><lb/> </lg> </quote> <bibl>Altes Lied. (Die Hexen von Inverneß.)</bibl> </cit> </epigraph><lb/> <p>„<hi rendition="#in">N</hi>ach Schottland also!“ Die Koffer waren gepackt, die Billets gelöst, und als der Spätzug sich endlich in Bewegung setzte und majestätisch aus der Halle des <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Kings-Cross</foreign></hi>-Bahnhofes hinausglitt, überlief es mich ähnlich wie vierzehn Jahre früher, wo es zum ersten Male für mich hieß: „Nach England!“</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Aehnlich</hi> sag’ ich, denn vierzehn Jahre sind eine lange Zeit und nehmen uns viel von Begeisterung und Fähigkeit zur Freude. Wie steht jener Tag noch klar vor meiner Seele, der damals über meine Reise entschied. Ich war Soldat und auf Königswache. Der Offizier hatte seine liebe Noth mit uns, denn wir waren zwanzig Freiwillige oder mehr, und Jeder, der Soldat gewesen ist, weiß, was es mit solchen Volontair-Wachen auf sich hat. An Disciplin war Mangel, aber Ueberfluß an guter Laune, und während die Einen über Tisch und Bänke sprangen, spielten die Anderen Dreikart, oder<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[3]/0017]
I.
Von London bis Edinburg.
Geschlagen, gestoßen, gepreßt, gepufft,
Zehn Meilen die Stunde ging’s durch die Luft.
Altes Lied. (Die Hexen von Inverneß.)
„Nach Schottland also!“ Die Koffer waren gepackt, die Billets gelöst, und als der Spätzug sich endlich in Bewegung setzte und majestätisch aus der Halle des Kings-Cross-Bahnhofes hinausglitt, überlief es mich ähnlich wie vierzehn Jahre früher, wo es zum ersten Male für mich hieß: „Nach England!“
Aehnlich sag’ ich, denn vierzehn Jahre sind eine lange Zeit und nehmen uns viel von Begeisterung und Fähigkeit zur Freude. Wie steht jener Tag noch klar vor meiner Seele, der damals über meine Reise entschied. Ich war Soldat und auf Königswache. Der Offizier hatte seine liebe Noth mit uns, denn wir waren zwanzig Freiwillige oder mehr, und Jeder, der Soldat gewesen ist, weiß, was es mit solchen Volontair-Wachen auf sich hat. An Disciplin war Mangel, aber Ueberfluß an guter Laune, und während die Einen über Tisch und Bänke sprangen, spielten die Anderen Dreikart, oder
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(2018-07-25T15:22:45Z)
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Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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