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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Nu, gewiß, gewiß. Bloß sie haben da so kurze
Betten ... Und wenn man, wie Woldemar, Kavallerist
ist, kann man ja doch auch die acht Meilen von Berlin
bis Stechlin in einer Pace machen. Warum also Nacht¬
quartier? Und Rex und von Czako begleiten mich. Ich
kenne Rex nicht und kenne von Czako nicht. Wahr¬
scheinlich Regimentskameraden. Haben wir denn was?"

"Ich denk doch, gnäd'ger Herr. Und wovor haben
wir denn unsre Mamsell? Die wird schon was finden."

"Nu gut. Also wir haben was. Aber wen laden
wir dazu ein? So bloß ich, das geht nicht. Ich mag
mich keinem Menschen mehr vorsetzen. Czako, das ginge
vielleicht noch. Aber Rex, wenn ich ihn auch nicht kenne,
zu so was Feinem wie Rex pass' ich nicht mehr; ich bin
zu altmodisch geworden. Was meinst du, ob die Gunder¬
manns wohl können?"

"Ach, die können schon. Er gewiß, und sie kluckt
auch bloß immer so rum."

"Also Gundermanns. Gut. Und dann vielleicht
Oberförsters. Das älteste Kind hat freilich die Masern,
und die Frau, das heißt die Gemahlin (und Gemahlin
is eigentlich auch noch nicht das rechte Wort) die erwartet
wieder. Man weiß nie recht, wie man mit ihr dran
ist und wie man sie nennen soll, Oberförsterin Katzler
oder Durchlaucht. Aber man kann's am Ende ver¬
suchen. Und dann unser Pastor. Der hat doch wenigstens
die Bildung. Gundermann allein ist zu wenig und
eigentlich bloß ein Klutentreter. Und seitdem er die
Siebenmühlen hat, ist er noch weniger geworden."

Engelke nickte.

"Na, dann schick also Martin. Aber er soll sich
proper machen. Oder vielleicht ist Brose noch da; der
kann ja auf seinem Retourgang bei Gundermanns mit
'rangehn. Und soll ihnen sagen sieben Uhr, aber nicht
früher; sie sitzen sonst so lange rum, und man weiß

„Nu, gewiß, gewiß. Bloß ſie haben da ſo kurze
Betten ... Und wenn man, wie Woldemar, Kavalleriſt
iſt, kann man ja doch auch die acht Meilen von Berlin
bis Stechlin in einer Pace machen. Warum alſo Nacht¬
quartier? Und Rex und von Czako begleiten mich. Ich
kenne Rex nicht und kenne von Czako nicht. Wahr¬
ſcheinlich Regimentskameraden. Haben wir denn was?“

„Ich denk doch, gnäd'ger Herr. Und wovor haben
wir denn unſre Mamſell? Die wird ſchon was finden.“

„Nu gut. Alſo wir haben was. Aber wen laden
wir dazu ein? So bloß ich, das geht nicht. Ich mag
mich keinem Menſchen mehr vorſetzen. Czako, das ginge
vielleicht noch. Aber Rex, wenn ich ihn auch nicht kenne,
zu ſo was Feinem wie Rex paſſ' ich nicht mehr; ich bin
zu altmodiſch geworden. Was meinſt du, ob die Gunder¬
manns wohl können?“

„Ach, die können ſchon. Er gewiß, und ſie kluckt
auch bloß immer ſo rum.“

„Alſo Gundermanns. Gut. Und dann vielleicht
Oberförſters. Das älteſte Kind hat freilich die Maſern,
und die Frau, das heißt die Gemahlin (und Gemahlin
is eigentlich auch noch nicht das rechte Wort) die erwartet
wieder. Man weiß nie recht, wie man mit ihr dran
iſt und wie man ſie nennen ſoll, Oberförſterin Katzler
oder Durchlaucht. Aber man kann's am Ende ver¬
ſuchen. Und dann unſer Paſtor. Der hat doch wenigſtens
die Bildung. Gundermann allein iſt zu wenig und
eigentlich bloß ein Klutentreter. Und ſeitdem er die
Siebenmühlen hat, iſt er noch weniger geworden.“

Engelke nickte.

„Na, dann ſchick alſo Martin. Aber er ſoll ſich
proper machen. Oder vielleicht iſt Broſe noch da; der
kann ja auf ſeinem Retourgang bei Gundermanns mit
'rangehn. Und ſoll ihnen ſagen ſieben Uhr, aber nicht
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[14/0021] „Nu, gewiß, gewiß. Bloß ſie haben da ſo kurze Betten ... Und wenn man, wie Woldemar, Kavalleriſt iſt, kann man ja doch auch die acht Meilen von Berlin bis Stechlin in einer Pace machen. Warum alſo Nacht¬ quartier? Und Rex und von Czako begleiten mich. Ich kenne Rex nicht und kenne von Czako nicht. Wahr¬ ſcheinlich Regimentskameraden. Haben wir denn was?“ „Ich denk doch, gnäd'ger Herr. Und wovor haben wir denn unſre Mamſell? Die wird ſchon was finden.“ „Nu gut. Alſo wir haben was. Aber wen laden wir dazu ein? So bloß ich, das geht nicht. Ich mag mich keinem Menſchen mehr vorſetzen. Czako, das ginge vielleicht noch. Aber Rex, wenn ich ihn auch nicht kenne, zu ſo was Feinem wie Rex paſſ' ich nicht mehr; ich bin zu altmodiſch geworden. Was meinſt du, ob die Gunder¬ manns wohl können?“ „Ach, die können ſchon. Er gewiß, und ſie kluckt auch bloß immer ſo rum.“ „Alſo Gundermanns. Gut. Und dann vielleicht Oberförſters. Das älteſte Kind hat freilich die Maſern, und die Frau, das heißt die Gemahlin (und Gemahlin is eigentlich auch noch nicht das rechte Wort) die erwartet wieder. Man weiß nie recht, wie man mit ihr dran iſt und wie man ſie nennen ſoll, Oberförſterin Katzler oder Durchlaucht. Aber man kann's am Ende ver¬ ſuchen. Und dann unſer Paſtor. Der hat doch wenigſtens die Bildung. Gundermann allein iſt zu wenig und eigentlich bloß ein Klutentreter. Und ſeitdem er die Siebenmühlen hat, iſt er noch weniger geworden.“ Engelke nickte. „Na, dann ſchick alſo Martin. Aber er ſoll ſich proper machen. Oder vielleicht iſt Broſe noch da; der kann ja auf ſeinem Retourgang bei Gundermanns mit 'rangehn. Und ſoll ihnen ſagen ſieben Uhr, aber nicht früher; ſie ſitzen ſonſt ſo lange rum, und man weiß

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/21>, abgerufen am 26.04.2024.