Dubslav hatte nach Lorenzens Besuch eine gute Nacht. "Wenn man mal so was andres hört, wird einem gleich besser." Aber auch der Katzenpfötchenthee fuhr fort, seine Wirkung zu thun, und was dem Kranken am meisten half, war, daß er die grünen Tropfen fortließ.
"Hör, Engelke, am Ende wird es noch mal was. Wie gefallen dir meine Beine? Wenn ich drücke, keine Kute mehr."
"Gewiß, gnäd'ger Herr, es wird nu wieder, un das macht alles der Thee. Ja, die Buschen versteht es, das hab' ich immer gesagt. Und gestern abend, als Lorenzen hier war, war auch lütt Agnes hier un hat unten in der Küche gefragt, ,wie's denn eigentlich mit dem gnädigen Herrn stünn'? Und die Mamsell hat ihr gesagt, ,es stünde gut'."
"Na, das is recht, daß die Alte, wie 'n richtiger Doktor, sich um einen kümmert und von allem wissen will. Und daß sie nicht selber kommt, ist noch besser. So 'n bißchen schlecht Gewissen hat sie doch woll. Ich glaube, daß sie viel auf 'm Kerbholz hat, und daß die Karline so is, wie sie is, daran is doch auch bloß die Alte schuld. Und das Kind wird vielleicht auch noch so; sie dreht sich schon wie 'ne Puppe, und dazu das lange blonde Zoddelhaar. Ich muß dabei immer an
Neununddreißigſtes Kapitel.
Dubslav hatte nach Lorenzens Beſuch eine gute Nacht. „Wenn man mal ſo was andres hört, wird einem gleich beſſer.“ Aber auch der Katzenpfötchenthee fuhr fort, ſeine Wirkung zu thun, und was dem Kranken am meiſten half, war, daß er die grünen Tropfen fortließ.
„Hör, Engelke, am Ende wird es noch mal was. Wie gefallen dir meine Beine? Wenn ich drücke, keine Kute mehr.“
„Gewiß, gnäd'ger Herr, es wird nu wieder, un das macht alles der Thee. Ja, die Buſchen verſteht es, das hab' ich immer geſagt. Und geſtern abend, als Lorenzen hier war, war auch lütt Agnes hier un hat unten in der Küche gefragt, ,wie's denn eigentlich mit dem gnädigen Herrn ſtünn‘? Und die Mamſell hat ihr geſagt, ,es ſtünde gut‘.“
„Na, das is recht, daß die Alte, wie 'n richtiger Doktor, ſich um einen kümmert und von allem wiſſen will. Und daß ſie nicht ſelber kommt, iſt noch beſſer. So 'n bißchen ſchlecht Gewiſſen hat ſie doch woll. Ich glaube, daß ſie viel auf 'm Kerbholz hat, und daß die Karline ſo is, wie ſie is, daran is doch auch bloß die Alte ſchuld. Und das Kind wird vielleicht auch noch ſo; ſie dreht ſich ſchon wie 'ne Puppe, und dazu das lange blonde Zoddelhaar. Ich muß dabei immer an
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0463"n="[456]"/><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Neununddreißigſtes Kapitel.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Dubslav hatte nach Lorenzens Beſuch eine gute<lb/>
Nacht. „Wenn man mal ſo was andres hört, wird einem<lb/>
gleich beſſer.“ Aber auch der Katzenpfötchenthee fuhr<lb/>
fort, ſeine Wirkung zu thun, und was dem Kranken<lb/>
am meiſten half, war, daß er die grünen Tropfen<lb/>
fortließ.</p><lb/><p>„Hör, Engelke, am Ende wird es noch mal was.<lb/>
Wie gefallen dir meine Beine? Wenn ich drücke, keine<lb/>
Kute mehr.“</p><lb/><p>„Gewiß, gnäd'ger Herr, es wird nu wieder, un<lb/>
das macht alles der Thee. Ja, die Buſchen verſteht es,<lb/>
das hab' ich immer geſagt. Und geſtern abend, als<lb/>
Lorenzen hier war, war auch lütt Agnes hier un hat<lb/>
unten in der Küche gefragt, ,wie's denn eigentlich mit<lb/>
dem gnädigen Herrn ſtünn‘? Und die Mamſell hat ihr<lb/>
geſagt, ,es ſtünde gut‘.“</p><lb/><p>„Na, das is recht, daß die Alte, wie 'n richtiger<lb/>
Doktor, ſich um einen kümmert und von allem wiſſen<lb/>
will. Und daß ſie nicht ſelber kommt, iſt noch beſſer.<lb/>
So 'n bißchen ſchlecht Gewiſſen hat ſie doch woll. Ich<lb/>
glaube, daß ſie viel auf 'm Kerbholz hat, und daß die<lb/>
Karline ſo is, wie ſie is, daran is doch auch bloß die<lb/>
Alte ſchuld. Und das Kind wird vielleicht auch noch<lb/>ſo; ſie dreht ſich ſchon wie 'ne Puppe, und dazu das<lb/>
lange blonde Zoddelhaar. Ich muß dabei immer an<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[456]/0463]
Neununddreißigſtes Kapitel.
Dubslav hatte nach Lorenzens Beſuch eine gute
Nacht. „Wenn man mal ſo was andres hört, wird einem
gleich beſſer.“ Aber auch der Katzenpfötchenthee fuhr
fort, ſeine Wirkung zu thun, und was dem Kranken
am meiſten half, war, daß er die grünen Tropfen
fortließ.
„Hör, Engelke, am Ende wird es noch mal was.
Wie gefallen dir meine Beine? Wenn ich drücke, keine
Kute mehr.“
„Gewiß, gnäd'ger Herr, es wird nu wieder, un
das macht alles der Thee. Ja, die Buſchen verſteht es,
das hab' ich immer geſagt. Und geſtern abend, als
Lorenzen hier war, war auch lütt Agnes hier un hat
unten in der Küche gefragt, ,wie's denn eigentlich mit
dem gnädigen Herrn ſtünn‘? Und die Mamſell hat ihr
geſagt, ,es ſtünde gut‘.“
„Na, das is recht, daß die Alte, wie 'n richtiger
Doktor, ſich um einen kümmert und von allem wiſſen
will. Und daß ſie nicht ſelber kommt, iſt noch beſſer.
So 'n bißchen ſchlecht Gewiſſen hat ſie doch woll. Ich
glaube, daß ſie viel auf 'm Kerbholz hat, und daß die
Karline ſo is, wie ſie is, daran is doch auch bloß die
Alte ſchuld. Und das Kind wird vielleicht auch noch
ſo; ſie dreht ſich ſchon wie 'ne Puppe, und dazu das
lange blonde Zoddelhaar. Ich muß dabei immer an
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [456]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/463>, abgerufen am 19.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.