Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

aber in der Art, wie er mit der Karre hantirte. Die Schiebebäume fest in der Hand haltend, hielt er mit dem Karrenrade genau die Mitte der Bretterlage, nicht viel anders, als ob es sich um ein Balancierkunststück im Zirkus gehandelt hätte, der eigentlichste Triumph seiner Geschicklichkeit aber war immer der Umkippungsmoment, wo er mit einem raschen und kräftigen Ruck den Inhalt der Karre von oben her in die Baugrube stürzte.

Das ging so Tage lang, und als anderthalb Wochen um waren, nahm ich Veranlassung mit dem Polier zu sprechen und mich nach dem Manne, der in allem so sehr von seiner Umgebung abwich, zu erkundigen. Aber der Polier war außer stande, meine Neugier zu befriedigen und wußte nichts, als daß sich der Betreffende vor etwa zehn oder zwölf Tagen zur Arbeit gemeldet habe. ,Und da nahm ich ihn. Denn karren kann jeder. Freilich, daß er nicht von uns ist, ist leicht zu sehen. Sehen Sie bloß seine Hände. Verbrannt, aber doch keine Arbeitshände.' Dies war alles, was ich erfuhr. Wenig genug und half mir nicht weiter. Da nahm ich denn eines Tages Veranlassung, an den Gegenstand meiner Neugier, oder richtiger meiner Teilnahme, selber heranzutreten und ihm zu sagen, ,ich bäte ihn, mich nächsten Sonntag in meiner Wohnung

aber in der Art, wie er mit der Karre hantirte. Die Schiebebäume fest in der Hand haltend, hielt er mit dem Karrenrade genau die Mitte der Bretterlage, nicht viel anders, als ob es sich um ein Balancierkunststück im Zirkus gehandelt hätte, der eigentlichste Triumph seiner Geschicklichkeit aber war immer der Umkippungsmoment, wo er mit einem raschen und kräftigen Ruck den Inhalt der Karre von oben her in die Baugrube stürzte.

Das ging so Tage lang, und als anderthalb Wochen um waren, nahm ich Veranlassung mit dem Polier zu sprechen und mich nach dem Manne, der in allem so sehr von seiner Umgebung abwich, zu erkundigen. Aber der Polier war außer stande, meine Neugier zu befriedigen und wußte nichts, als daß sich der Betreffende vor etwa zehn oder zwölf Tagen zur Arbeit gemeldet habe. ‚Und da nahm ich ihn. Denn karren kann jeder. Freilich, daß er nicht von uns ist, ist leicht zu sehen. Sehen Sie bloß seine Hände. Verbrannt, aber doch keine Arbeitshände.‘ Dies war alles, was ich erfuhr. Wenig genug und half mir nicht weiter. Da nahm ich denn eines Tages Veranlassung, an den Gegenstand meiner Neugier, oder richtiger meiner Teilnahme, selber heranzutreten und ihm zu sagen, ‚ich bäte ihn, mich nächsten Sonntag in meiner Wohnung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="60"/>
aber in der Art, wie er mit der Karre                     hantirte. Die Schiebebäume fest in der Hand haltend, hielt er mit dem Karrenrade                     genau die Mitte der Bretterlage, nicht viel anders, als ob es sich um ein                     Balancierkunststück im Zirkus gehandelt hätte, der eigentlichste Triumph seiner                     Geschicklichkeit aber war immer der Umkippungsmoment, wo er mit einem raschen                     und kräftigen Ruck den Inhalt der Karre von oben her in die Baugrube                     stürzte.</p><lb/>
        <p>Das ging so Tage lang, und als anderthalb Wochen um waren, nahm ich Veranlassung                     mit dem Polier zu sprechen und mich nach dem Manne, der in allem so sehr von                     seiner Umgebung abwich, zu erkundigen. Aber der Polier war außer stande, meine                     Neugier zu befriedigen und wußte nichts, als daß sich der Betreffende vor etwa                     zehn oder zwölf Tagen zur Arbeit gemeldet habe. &#x201A;Und da nahm ich ihn. Denn                     karren kann jeder. Freilich, daß er nicht von uns ist, ist leicht zu sehen.                     Sehen Sie bloß seine Hände. Verbrannt, aber doch keine Arbeitshände.&#x2018; Dies war                     alles, was ich erfuhr. Wenig genug und half mir nicht weiter. Da nahm ich denn                     eines Tages Veranlassung, an den Gegenstand meiner Neugier, oder richtiger                     meiner Teilnahme, selber heranzutreten und ihm zu sagen, &#x201A;ich bäte ihn, mich                     nächsten Sonntag in meiner Wohnung
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0062] aber in der Art, wie er mit der Karre hantirte. Die Schiebebäume fest in der Hand haltend, hielt er mit dem Karrenrade genau die Mitte der Bretterlage, nicht viel anders, als ob es sich um ein Balancierkunststück im Zirkus gehandelt hätte, der eigentlichste Triumph seiner Geschicklichkeit aber war immer der Umkippungsmoment, wo er mit einem raschen und kräftigen Ruck den Inhalt der Karre von oben her in die Baugrube stürzte. Das ging so Tage lang, und als anderthalb Wochen um waren, nahm ich Veranlassung mit dem Polier zu sprechen und mich nach dem Manne, der in allem so sehr von seiner Umgebung abwich, zu erkundigen. Aber der Polier war außer stande, meine Neugier zu befriedigen und wußte nichts, als daß sich der Betreffende vor etwa zehn oder zwölf Tagen zur Arbeit gemeldet habe. ‚Und da nahm ich ihn. Denn karren kann jeder. Freilich, daß er nicht von uns ist, ist leicht zu sehen. Sehen Sie bloß seine Hände. Verbrannt, aber doch keine Arbeitshände.‘ Dies war alles, was ich erfuhr. Wenig genug und half mir nicht weiter. Da nahm ich denn eines Tages Veranlassung, an den Gegenstand meiner Neugier, oder richtiger meiner Teilnahme, selber heranzutreten und ihm zu sagen, ‚ich bäte ihn, mich nächsten Sonntag in meiner Wohnung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/62
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/62>, abgerufen am 26.04.2024.