Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.Umgehend antwortete Leo. Thorn, 19. Januar. Meine liebe Manon! Jch fühle mich wie beschämt durch Deine Liebe und Fürsorge. Ein vorzüglicher Plan, geradezu großartig. Aber, aber ... Und ach, dies Aber läßt mich Dir in ziemlich schwermütiger Verfassung antworten. Wendelin, der es doch schließlich machen müßte, will nicht. Er findet es einfach ridikül. Und warum? Weil, seiner aufrichtigen Meinung nach, das Poggenpuhlsche nicht mit den Kreuzzügen, sondern einfach mit Wendelin von Poggenpuhl anfängt. Was seit hundert Jahren unter dem "Hochkircher" und dem "Sohrschen" geschah, war Alltagsarbeit; in Front stehen und Hurra schreien, bedeutet ihm nicht viel, er ist für strategische Gedanken. Jedenfalls denkt er mehr an sich, als an die Familie. Er hilft mir zwar regelmäßig und ist in vielen Stücken eine glänzende Nummer, aber es muß immer was sein, was ihm zugleich in aller Augen zu Vorteil und Ehre gereicht; wenn es ihm so vorkommt, daß er persönlich damit bei hohen Vorgesetzten anstoßen oder wohl gar in einem fragwürdigen Lichte dastehen könnte, so ist es mit allem Familiengefühl und aller Bereitwilligkeit rasch vorbei. Er heißt Poggenpuhl, aber er ist Umgehend antwortete Leo. Thorn, 19. Januar. Meine liebe Manon! Jch fühle mich wie beschämt durch Deine Liebe und Fürsorge. Ein vorzüglicher Plan, geradezu großartig. Aber, aber … Und ach, dies Aber läßt mich Dir in ziemlich schwermütiger Verfassung antworten. Wendelin, der es doch schließlich machen müßte, will nicht. Er findet es einfach ridikül. Und warum? Weil, seiner aufrichtigen Meinung nach, das Poggenpuhlsche nicht mit den Kreuzzügen, sondern einfach mit Wendelin von Poggenpuhl anfängt. Was seit hundert Jahren unter dem „Hochkircher“ und dem „Sohrschen“ geschah, war Alltagsarbeit; in Front stehen und Hurra schreien, bedeutet ihm nicht viel, er ist für strategische Gedanken. Jedenfalls denkt er mehr an sich, als an die Familie. Er hilft mir zwar regelmäßig und ist in vielen Stücken eine glänzende Nummer, aber es muß immer was sein, was ihm zugleich in aller Augen zu Vorteil und Ehre gereicht; wenn es ihm so vorkommt, daß er persönlich damit bei hohen Vorgesetzten anstoßen oder wohl gar in einem fragwürdigen Lichte dastehen könnte, so ist es mit allem Familiengefühl und aller Bereitwilligkeit rasch vorbei. Er heißt Poggenpuhl, aber er ist <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0134" n="127"/> <p>Umgehend antwortete Leo.</p><lb/> <floatingText> <body> <div type="letter"> <dateline>Thorn, 19. Januar.</dateline><lb/> <p>Meine liebe Manon! Jch fühle mich wie beschämt durch Deine Liebe und Fürsorge. Ein vorzüglicher Plan, geradezu großartig. Aber, aber … Und ach, dies Aber läßt mich Dir in ziemlich schwermütiger Verfassung antworten. Wendelin, der es doch schließlich machen müßte, will nicht. Er findet es einfach ridikül. Und warum? Weil, seiner aufrichtigen Meinung nach, das Poggenpuhlsche nicht mit den Kreuzzügen, sondern einfach mit Wendelin von Poggenpuhl anfängt. Was seit hundert Jahren unter dem „Hochkircher“ und dem „Sohrschen“ geschah, war Alltagsarbeit; in Front stehen und Hurra schreien, bedeutet ihm nicht viel, er ist für strategische Gedanken. <choice><sic>Jedesfalls</sic><corr>Jedenfalls</corr></choice> denkt er mehr an sich, als an die Familie. Er hilft mir zwar regelmäßig und ist in vielen Stücken eine glänzende Nummer, aber es muß immer was sein, was ihm zugleich in aller Augen zu Vorteil und Ehre gereicht; wenn es ihm so vorkommt, daß er persönlich damit bei hohen Vorgesetzten anstoßen oder wohl gar in einem fragwürdigen Lichte dastehen könnte, so ist es mit allem Familiengefühl und aller Bereitwilligkeit rasch vorbei. Er heißt Poggenpuhl, aber er ist<lb/></p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [127/0134]
Umgehend antwortete Leo.
Thorn, 19. Januar.
Meine liebe Manon! Jch fühle mich wie beschämt durch Deine Liebe und Fürsorge. Ein vorzüglicher Plan, geradezu großartig. Aber, aber … Und ach, dies Aber läßt mich Dir in ziemlich schwermütiger Verfassung antworten. Wendelin, der es doch schließlich machen müßte, will nicht. Er findet es einfach ridikül. Und warum? Weil, seiner aufrichtigen Meinung nach, das Poggenpuhlsche nicht mit den Kreuzzügen, sondern einfach mit Wendelin von Poggenpuhl anfängt. Was seit hundert Jahren unter dem „Hochkircher“ und dem „Sohrschen“ geschah, war Alltagsarbeit; in Front stehen und Hurra schreien, bedeutet ihm nicht viel, er ist für strategische Gedanken. Jedenfalls denkt er mehr an sich, als an die Familie. Er hilft mir zwar regelmäßig und ist in vielen Stücken eine glänzende Nummer, aber es muß immer was sein, was ihm zugleich in aller Augen zu Vorteil und Ehre gereicht; wenn es ihm so vorkommt, daß er persönlich damit bei hohen Vorgesetzten anstoßen oder wohl gar in einem fragwürdigen Lichte dastehen könnte, so ist es mit allem Familiengefühl und aller Bereitwilligkeit rasch vorbei. Er heißt Poggenpuhl, aber er ist
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_poggenpuhls_1897/134>, abgerufen am 22.07.2024. |