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Fontane, Theodor: Männer und Helden. Acht Preußen-Lieder. Berlin, 1850.

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Der Ziethen ja, beim Fürsten
Zu Tafel, saß der gern;
Einst aber andres Dürsten
Trieb ihn zum Tisch des Herrn;
Erst, als er da genossen
Von Christi heil'gem Mahl,
Ernst noch und abgeschlossen,
Trat er in Schloß und Saal.
Der König sieht den Degen
Und wie so fromm er schaut;
Da ruft er ihm entgegen:
"He, Ziethen, schon verdaut?!"
Der hört es; unter Blitzen,
Starrt er den König an,
Daß selbst das Aug' des Fritzen
Nicht Stich ihm halten kann.
Dann laut: "Für Euch, in Nächten,
Geblutet hab' ich gern,
Nun will ich auch 'mal fechten
Für Christum, meinen Herrn!"
Wohl stutzet da und staunet
Das höfische Geschlecht,
Der König aber raunet:
"Still Ziethen, Er hat Recht!"
So war's, und -- ist's geblieben
Durch ein Jahrhundert fort:
Die Hohenzollern lieben
Ein freies Manneswort.
Auch Du, für heil'ge Rechte
Drum weiter, sonder Scheu:
Treulos sind alle Knechte,
Der Freie nur ist treu.


Der Ziethen ja, beim Fürsten
Zu Tafel, saß der gern;
Einst aber andres Dürsten
Trieb ihn zum Tisch des Herrn;
Erst, als er da genossen
Von Christi heil’gem Mahl,
Ernst noch und abgeschlossen,
Trat er in Schloß und Saal.
Der König sieht den Degen
Und wie so fromm er schaut;
Da ruft er ihm entgegen:
„He, Ziethen, schon verdaut?!“
Der hört es; unter Blitzen,
Starrt er den König an,
Daß selbst das Aug’ des Fritzen
Nicht Stich ihm halten kann.
Dann laut: „Für Euch, in Nächten,
Geblutet hab’ ich gern,
Nun will ich auch ’mal fechten
Für Christum, meinen Herrn!“
Wohl stutzet da und staunet
Das höfische Geschlecht,
Der König aber raunet:
„Still Ziethen, Er hat Recht!“
So war’s, und — ist’s geblieben
Durch ein Jahrhundert fort:
Die Hohenzollern lieben
Ein freies Manneswort.
Auch Du, für heil’ge Rechte
Drum weiter, sonder Scheu:
Treulos sind alle Knechte,
Der Freie nur ist treu.


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[40/0044] Der Ziethen ja, beim Fürsten Zu Tafel, saß der gern; Einst aber andres Dürsten Trieb ihn zum Tisch des Herrn; Erst, als er da genossen Von Christi heil’gem Mahl, Ernst noch und abgeschlossen, Trat er in Schloß und Saal. Der König sieht den Degen Und wie so fromm er schaut; Da ruft er ihm entgegen: „He, Ziethen, schon verdaut?!“ Der hört es; unter Blitzen, Starrt er den König an, Daß selbst das Aug’ des Fritzen Nicht Stich ihm halten kann. Dann laut: „Für Euch, in Nächten, Geblutet hab’ ich gern, Nun will ich auch ’mal fechten Für Christum, meinen Herrn!“ Wohl stutzet da und staunet Das höfische Geschlecht, Der König aber raunet: „Still Ziethen, Er hat Recht!“ So war’s, und — ist’s geblieben Durch ein Jahrhundert fort: Die Hohenzollern lieben Ein freies Manneswort. Auch Du, für heil’ge Rechte Drum weiter, sonder Scheu: Treulos sind alle Knechte, Der Freie nur ist treu.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Männer und Helden. Acht Preußen-Lieder. Berlin, 1850, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_helden_1850/44>, abgerufen am 27.04.2024.