Effi war den ganzen Tag draußen im Park, weil sie das Luftbedürfnis hatte: der alte Friesacker Dr. Wiesike war auch einverstanden damit, gab ihr aber in diesem Stücke doch zuviel Freiheit, zu thun, was sie wolle, so daß sie sich während der kalten Tage im Mai heftig erkältete: sie wurde fiebrig, hustete viel, und der Doktor, der sonst jeden dritten Tag herüber kam, kam jetzt täglich und war in Ver¬ legenheit, wie er der Sache beikommen solle, denn die Schlaf- und Hustenmittel, nach denen Effi verlangte, konnten ihr des Fiebers halber nicht gegeben werden.
"Doktor," sagte der alte Briest, "was wird aus der Geschichte? Sie kennen sie ja von klein auf, haben sie geholt. Mir gefällt das alles nicht; sie nimmt sichtlich ab, und die roten Flecke und der Glanz in den Augen, wenn sie mich mit einemmale so fragend ansieht. Was meinen Sie? Was wird? Muß sie sterben?"
Fünfunddreißigſtes Kapitel.
Effi war den ganzen Tag draußen im Park, weil ſie das Luftbedürfnis hatte: der alte Frieſacker Dr. Wieſike war auch einverſtanden damit, gab ihr aber in dieſem Stücke doch zuviel Freiheit, zu thun, was ſie wolle, ſo daß ſie ſich während der kalten Tage im Mai heftig erkältete: ſie wurde fiebrig, huſtete viel, und der Doktor, der ſonſt jeden dritten Tag herüber kam, kam jetzt täglich und war in Ver¬ legenheit, wie er der Sache beikommen ſolle, denn die Schlaf- und Huſtenmittel, nach denen Effi verlangte, konnten ihr des Fiebers halber nicht gegeben werden.
„Doktor,“ ſagte der alte Brieſt, „was wird aus der Geſchichte? Sie kennen ſie ja von klein auf, haben ſie geholt. Mir gefällt das alles nicht; ſie nimmt ſichtlich ab, und die roten Flecke und der Glanz in den Augen, wenn ſie mich mit einemmale ſo fragend anſieht. Was meinen Sie? Was wird? Muß ſie ſterben?“
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Fünfunddreißigſtes Kapitel.
Effi war den ganzen Tag draußen im Park,
weil ſie das Luftbedürfnis hatte: der alte Frieſacker
Dr. Wieſike war auch einverſtanden damit, gab ihr
aber in dieſem Stücke doch zuviel Freiheit, zu thun,
was ſie wolle, ſo daß ſie ſich während der kalten
Tage im Mai heftig erkältete: ſie wurde fiebrig,
huſtete viel, und der Doktor, der ſonſt jeden dritten
Tag herüber kam, kam jetzt täglich und war in Ver¬
legenheit, wie er der Sache beikommen ſolle, denn die
Schlaf- und Huſtenmittel, nach denen Effi verlangte,
konnten ihr des Fiebers halber nicht gegeben werden.
„Doktor,“ ſagte der alte Brieſt, „was wird aus
der Geſchichte? Sie kennen ſie ja von klein auf,
haben ſie geholt. Mir gefällt das alles nicht; ſie
nimmt ſichtlich ab, und die roten Flecke und der
Glanz in den Augen, wenn ſie mich mit einemmale
ſo fragend anſieht. Was meinen Sie? Was wird?
Muß ſie ſterben?“
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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [496]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/505>, abgerufen am 21.11.2024.
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