Am andern Abend, wie verabredet, reiste Inn¬ stetten. Er benutzte denselben Zug, den am Tage vorher Wüllersdorf benutzt hatte und war bald nach fünf Uhr früh auf der Bahnstation, von wo der Weg nach Kessin links abzweigte. Wie immer, so lange die Saison dauerte, ging auch heute, gleich nach Eintreffen des Zuges das mehrerwähnte Dampf¬ schiff, dessen erstes Läuten Innstetten schon hörte, als er die letzten Stufen der vom Bahndamm hinab¬ führenden Treppe erreicht hatte. Der Weg bis zur Anlegestelle war keine drei Minuten; er schritt darauf zu und begrüßte den Kapitän, der etwas verlegen war, also im Laufe des gestrigen Tages von der ganzen Sache schon gehört haben mußte, und nahm dann seinen Platz in der Nähe des Steuers. Gleich danach löste sich das Schiff vom Brückensteg los; das Wetter war herrlich, helle Morgensonne, nur wenig Passagiere an Bord. Inn¬
Achtundzwanzigſtes Kapitel.
Am andern Abend, wie verabredet, reiſte Inn¬ ſtetten. Er benutzte denſelben Zug, den am Tage vorher Wüllersdorf benutzt hatte und war bald nach fünf Uhr früh auf der Bahnſtation, von wo der Weg nach Keſſin links abzweigte. Wie immer, ſo lange die Saiſon dauerte, ging auch heute, gleich nach Eintreffen des Zuges das mehrerwähnte Dampf¬ ſchiff, deſſen erſtes Läuten Innſtetten ſchon hörte, als er die letzten Stufen der vom Bahndamm hinab¬ führenden Treppe erreicht hatte. Der Weg bis zur Anlegeſtelle war keine drei Minuten; er ſchritt darauf zu und begrüßte den Kapitän, der etwas verlegen war, alſo im Laufe des geſtrigen Tages von der ganzen Sache ſchon gehört haben mußte, und nahm dann ſeinen Platz in der Nähe des Steuers. Gleich danach löſte ſich das Schiff vom Brückenſteg los; das Wetter war herrlich, helle Morgenſonne, nur wenig Paſſagiere an Bord. Inn¬
<TEI><text><body><pbfacs="#f0425"n="[416]"/><divn="1"><head><hirendition="#g">Achtundzwanzigſtes Kapitel.</hi><lb/></head><p>Am andern Abend, wie verabredet, reiſte Inn¬<lb/>ſtetten. Er benutzte denſelben Zug, den am Tage<lb/>
vorher Wüllersdorf benutzt hatte und war bald nach<lb/>
fünf Uhr früh auf der Bahnſtation, von wo der<lb/>
Weg nach Keſſin links abzweigte. Wie immer, ſo<lb/>
lange die Saiſon dauerte, ging auch heute, gleich<lb/>
nach Eintreffen des Zuges das mehrerwähnte Dampf¬<lb/>ſchiff, deſſen erſtes Läuten Innſtetten ſchon hörte,<lb/>
als er die letzten Stufen der vom Bahndamm hinab¬<lb/>
führenden Treppe erreicht hatte. Der Weg bis zur<lb/>
Anlegeſtelle war keine drei Minuten; er ſchritt<lb/>
darauf zu und begrüßte den Kapitän, der etwas<lb/>
verlegen war, alſo im Laufe des geſtrigen Tages<lb/>
von der ganzen Sache ſchon gehört haben mußte,<lb/>
und nahm dann ſeinen Platz in der Nähe des<lb/>
Steuers. Gleich danach löſte ſich das Schiff vom<lb/>
Brückenſteg los; das Wetter war herrlich, helle<lb/>
Morgenſonne, nur wenig Paſſagiere an Bord. Inn¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[416]/0425]
Achtundzwanzigſtes Kapitel.
Am andern Abend, wie verabredet, reiſte Inn¬
ſtetten. Er benutzte denſelben Zug, den am Tage
vorher Wüllersdorf benutzt hatte und war bald nach
fünf Uhr früh auf der Bahnſtation, von wo der
Weg nach Keſſin links abzweigte. Wie immer, ſo
lange die Saiſon dauerte, ging auch heute, gleich
nach Eintreffen des Zuges das mehrerwähnte Dampf¬
ſchiff, deſſen erſtes Läuten Innſtetten ſchon hörte,
als er die letzten Stufen der vom Bahndamm hinab¬
führenden Treppe erreicht hatte. Der Weg bis zur
Anlegeſtelle war keine drei Minuten; er ſchritt
darauf zu und begrüßte den Kapitän, der etwas
verlegen war, alſo im Laufe des geſtrigen Tages
von der ganzen Sache ſchon gehört haben mußte,
und nahm dann ſeinen Platz in der Nähe des
Steuers. Gleich danach löſte ſich das Schiff vom
Brückenſteg los; das Wetter war herrlich, helle
Morgenſonne, nur wenig Paſſagiere an Bord. Inn¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [416]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/425>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.