Gleich nach sieben ging man zu Tisch, und alles freute sich, daß der Weihnachtsbaum, eine mit zahllosen Silberkugeln bedeckte Tanne, noch einmal angesteckt wurde. Crampas, der das Ring'sche Haus noch nicht kannte, war helle Bewunderung. Der Damast, die Weinkühler, das reiche Silbergeschirr, alles wirkte herrschaftlich, weit über oberförsterliche Durchschnittsverhältnisse hinaus, was darin seinen Grund hatte, daß Ring's Frau, so scheu und ver¬ legen sie war, aus einem reichen Danziger Korn¬ händlerhause stammte. Von da her rührten auch die meisten der rings umher hängenden Bilder: der Kornhändler und seine Frau, der Marienburger Remter und eine gute Kopie nach dem berühmten Memling'schen Altarbilde in der Danziger Marien¬ kirche. Kloster Oliva war zweimal da, einmal in Öl und einmal in Kork geschnitzt. Außerdem befand sich über dem Büffet ein sehr nachgedunkeltes Porträt
Neunzehntes Kapitel.
Gleich nach ſieben ging man zu Tiſch, und alles freute ſich, daß der Weihnachtsbaum, eine mit zahlloſen Silberkugeln bedeckte Tanne, noch einmal angeſteckt wurde. Crampas, der das Ring'ſche Haus noch nicht kannte, war helle Bewunderung. Der Damaſt, die Weinkühler, das reiche Silbergeſchirr, alles wirkte herrſchaftlich, weit über oberförſterliche Durchſchnittsverhältniſſe hinaus, was darin ſeinen Grund hatte, daß Ring's Frau, ſo ſcheu und ver¬ legen ſie war, aus einem reichen Danziger Korn¬ händlerhauſe ſtammte. Von da her rührten auch die meiſten der rings umher hängenden Bilder: der Kornhändler und ſeine Frau, der Marienburger Remter und eine gute Kopie nach dem berühmten Memling'ſchen Altarbilde in der Danziger Marien¬ kirche. Kloſter Oliva war zweimal da, einmal in Öl und einmal in Kork geſchnitzt. Außerdem befand ſich über dem Büffet ein ſehr nachgedunkeltes Porträt
<TEI><text><body><pbfacs="#f0272"n="[263]"/><divn="1"><head><hirendition="#g">Neunzehntes Kapitel.</hi><lb/></head><p>Gleich nach ſieben ging man zu Tiſch, und<lb/>
alles freute ſich, daß der Weihnachtsbaum, eine mit<lb/>
zahlloſen Silberkugeln bedeckte Tanne, noch einmal<lb/>
angeſteckt wurde. Crampas, der das Ring'ſche Haus<lb/>
noch nicht kannte, war helle Bewunderung. Der<lb/>
Damaſt, die Weinkühler, das reiche Silbergeſchirr,<lb/>
alles wirkte herrſchaftlich, weit über oberförſterliche<lb/>
Durchſchnittsverhältniſſe hinaus, was darin ſeinen<lb/>
Grund hatte, daß Ring's Frau, ſo ſcheu und ver¬<lb/>
legen ſie war, aus einem reichen Danziger Korn¬<lb/>
händlerhauſe ſtammte. Von da her rührten auch<lb/>
die meiſten der rings umher hängenden Bilder: der<lb/>
Kornhändler und ſeine Frau, der Marienburger<lb/>
Remter und eine gute Kopie nach dem berühmten<lb/>
Memling'ſchen Altarbilde in der Danziger Marien¬<lb/>
kirche. Kloſter Oliva war zweimal da, einmal in<lb/>
Öl und einmal in Kork geſchnitzt. Außerdem befand<lb/>ſich über dem Büffet ein ſehr nachgedunkeltes Porträt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[263]/0272]
Neunzehntes Kapitel.
Gleich nach ſieben ging man zu Tiſch, und
alles freute ſich, daß der Weihnachtsbaum, eine mit
zahlloſen Silberkugeln bedeckte Tanne, noch einmal
angeſteckt wurde. Crampas, der das Ring'ſche Haus
noch nicht kannte, war helle Bewunderung. Der
Damaſt, die Weinkühler, das reiche Silbergeſchirr,
alles wirkte herrſchaftlich, weit über oberförſterliche
Durchſchnittsverhältniſſe hinaus, was darin ſeinen
Grund hatte, daß Ring's Frau, ſo ſcheu und ver¬
legen ſie war, aus einem reichen Danziger Korn¬
händlerhauſe ſtammte. Von da her rührten auch
die meiſten der rings umher hängenden Bilder: der
Kornhändler und ſeine Frau, der Marienburger
Remter und eine gute Kopie nach dem berühmten
Memling'ſchen Altarbilde in der Danziger Marien¬
kirche. Kloſter Oliva war zweimal da, einmal in
Öl und einmal in Kork geſchnitzt. Außerdem befand
ſich über dem Büffet ein ſehr nachgedunkeltes Porträt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [263]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/272>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.