Und ein Haus mit Giebelspitzen Hat uns gastlich aufgenommen, Läßt uns freundlich niedersitzen Auf der Bank, der blanken, alten, Die, mitsammt dem schmalen Tische, Dem Jahrhundert Stand gehalten Hier in dieser Fensternische. G. Hesekiel.
Trebbin, trotz 14 Züge die kommen und 14 Züge die gehen, ist immer noch Trebbin, das heißt ein Stück Erde, auf dem nur leben kann, was darauf geboren ist. Die Zahl seiner Gasthäuser hat sich verdreifacht, aber der Ton, der über dem Ganzen liegt, ist unverändert derselbe geblieben, wie in den Ein-Gasthaus-Tagen der Vor-Eisenbahn-Epoche. Aus diesen Ein-Gasthaus-Tagen wird folgendes berichtet.
Ein junger Jurist war nach Trebbin verschlagen worden, ein Berliner Kind, ein sogenannter Garde-Assessor. Was ihn hierher geführt, ob Schuld, ob Liebe, ist gleichgültig; wahr- scheinlich war es die lockende Nähe der Hauptstadt, die ihm zu- geredet hatte, es an dieser Stelle zu versuchen. Er hatte aber dafür zu büßen. Tag um Tag saß er an der "Table d'hote" des einen Gasthauses; die Verhältnisse gestatteten weder Wech- sel noch Wahl. So vergingen Monde endlos.
Einst, an einem stillen Sommer-Sonntage (ach, sie waren alle still) setzte man sich wieder zu Tisch. Die Fenster standen offen, man hörte nichts als den Staarmatz, der in seinem Käfig auf- und absprang und das Zusammenschlagen der Bälle aus dem dritten Zimmer her, wo zwei Trebbiner Commis sich im Billard und -- im Französischen übten. Es gab Kalbs-
Trebbin.
Und ein Haus mit Giebelſpitzen Hat uns gaſtlich aufgenommen, Läßt uns freundlich niederſitzen Auf der Bank, der blanken, alten, Die, mitſammt dem ſchmalen Tiſche, Dem Jahrhundert Stand gehalten Hier in dieſer Fenſterniſche. G. Heſekiel.
Trebbin, trotz 14 Züge die kommen und 14 Züge die gehen, iſt immer noch Trebbin, das heißt ein Stück Erde, auf dem nur leben kann, was darauf geboren iſt. Die Zahl ſeiner Gaſthäuſer hat ſich verdreifacht, aber der Ton, der über dem Ganzen liegt, iſt unverändert derſelbe geblieben, wie in den Ein-Gaſthaus-Tagen der Vor-Eiſenbahn-Epoche. Aus dieſen Ein-Gaſthaus-Tagen wird folgendes berichtet.
Ein junger Juriſt war nach Trebbin verſchlagen worden, ein Berliner Kind, ein ſogenannter Garde-Aſſeſſor. Was ihn hierher geführt, ob Schuld, ob Liebe, iſt gleichgültig; wahr- ſcheinlich war es die lockende Nähe der Hauptſtadt, die ihm zu- geredet hatte, es an dieſer Stelle zu verſuchen. Er hatte aber dafür zu büßen. Tag um Tag ſaß er an der „Table d’hôte“ des einen Gaſthauſes; die Verhältniſſe geſtatteten weder Wech- ſel noch Wahl. So vergingen Monde endlos.
Einſt, an einem ſtillen Sommer-Sonntage (ach, ſie waren alle ſtill) ſetzte man ſich wieder zu Tiſch. Die Fenſter ſtanden offen, man hörte nichts als den Staarmatz, der in ſeinem Käfig auf- und abſprang und das Zuſammenſchlagen der Bälle aus dem dritten Zimmer her, wo zwei Trebbiner Commis ſich im Billard und — im Franzöſiſchen übten. Es gab Kalbs-
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Trebbin.
Und ein Haus mit Giebelſpitzen
Hat uns gaſtlich aufgenommen,
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Die, mitſammt dem ſchmalen Tiſche,
Dem Jahrhundert Stand gehalten
Hier in dieſer Fenſterniſche.
G. Heſekiel.
Trebbin, trotz 14 Züge die kommen und 14 Züge die gehen,
iſt immer noch Trebbin, das heißt ein Stück Erde, auf dem
nur leben kann, was darauf geboren iſt. Die Zahl ſeiner
Gaſthäuſer hat ſich verdreifacht, aber der Ton, der über dem
Ganzen liegt, iſt unverändert derſelbe geblieben, wie in den
Ein-Gaſthaus-Tagen der Vor-Eiſenbahn-Epoche. Aus dieſen
Ein-Gaſthaus-Tagen wird folgendes berichtet.
Ein junger Juriſt war nach Trebbin verſchlagen worden,
ein Berliner Kind, ein ſogenannter Garde-Aſſeſſor. Was ihn
hierher geführt, ob Schuld, ob Liebe, iſt gleichgültig; wahr-
ſcheinlich war es die lockende Nähe der Hauptſtadt, die ihm zu-
geredet hatte, es an dieſer Stelle zu verſuchen. Er hatte aber
dafür zu büßen. Tag um Tag ſaß er an der „Table d’hôte“
des einen Gaſthauſes; die Verhältniſſe geſtatteten weder Wech-
ſel noch Wahl. So vergingen Monde endlos.
Einſt, an einem ſtillen Sommer-Sonntage (ach, ſie waren
alle ſtill) ſetzte man ſich wieder zu Tiſch. Die Fenſter ſtanden
offen, man hörte nichts als den Staarmatz, der in ſeinem
Käfig auf- und abſprang und das Zuſammenſchlagen der Bälle
aus dem dritten Zimmer her, wo zwei Trebbiner Commis ſich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [379]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/397>, abgerufen am 21.11.2024.
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