vielleicht auch der Schatzgräber-Spaten beständig in die Tiefe. Denn die versenkten Silberbarren bei Kohlhasenbrück scheuchen den Schlaf und machen unruhige Nächte.
Die Linde, die vom Hofe aus ihre Zweige über das Dach streckt, die Eiche, die in Front des Hauses steht, sie sind die Wächter dieser Stelle, zugleich seine Zierde. Und zugleich ein Schatz, ein wirklicher, der keiner Wünschelruthe bedarf, um gehoben zu werden. Besonders die Eiche. Sie ist das Stau- nen und Begehr aller Metzgermeister, die hier des Weges kom- men und des mächtigen kerngesunden Baumes nie ansichtig werden, ohne ihn sich in geschäftsmäßiger Fleischerfantasie in fünf oder sieben Haublöcke zerlegt zu denken. Sie halten dann an, treten ein und bieten. Aber der breite Sohn der rothen Erde da drinnen ist kein bloßer Rechner und Feilscher, er ist der Verwalter historischer Reminiscenzen, und so lange sein Spaten hier in die Erde sticht, ist das Häuschen sicher, im Schatten von Linde und Eiche zu stehen.
2.
Von Kohlhasenbrück aus schlagen wir eine südliche Rich- tung ein, schlängeln uns auf Fußpfaden durch ein wohlgepfleg- tes Gehölz und treten dann in eine Lichtung, von der aus wir strahlenförmig die Gestelle sich durch den Wald ziehen sehen. Diese Lichtung heißt der Stern; inmitten desselben, von eini- gen Akazien umstanden, ein Jagdschloß gleiches Namens.
Auch hier historischer Grund und Boden, aber jüngeren Datums und ohne jeden Anflug von jenem Sagen-Dämmer, der über der alten Kohlhaasstätte ruht. Hier ist Alles licht, faßbar, real, mit jenem Prosa-Beigeschmack, den Alles hat, was unter den vielgeschäftigen, rastlos-gestaltenden Händen des Soldaten-Königs entstand. Aber noch eines charakterisirte seine Art: die proprete, und Jagdschloß Stern hat bis diese Stunde jenes Sauberkeits-Gepräge, das Friedrich Wilhelm I. allen sei- nen Schöpfungen zu geben liebte.
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vielleicht auch der Schatzgräber-Spaten beſtändig in die Tiefe. Denn die verſenkten Silberbarren bei Kohlhaſenbrück ſcheuchen den Schlaf und machen unruhige Nächte.
Die Linde, die vom Hofe aus ihre Zweige über das Dach ſtreckt, die Eiche, die in Front des Hauſes ſteht, ſie ſind die Wächter dieſer Stelle, zugleich ſeine Zierde. Und zugleich ein Schatz, ein wirklicher, der keiner Wünſchelruthe bedarf, um gehoben zu werden. Beſonders die Eiche. Sie iſt das Stau- nen und Begehr aller Metzgermeiſter, die hier des Weges kom- men und des mächtigen kerngeſunden Baumes nie anſichtig werden, ohne ihn ſich in geſchäftsmäßiger Fleiſcherfantaſie in fünf oder ſieben Haublöcke zerlegt zu denken. Sie halten dann an, treten ein und bieten. Aber der breite Sohn der rothen Erde da drinnen iſt kein bloßer Rechner und Feilſcher, er iſt der Verwalter hiſtoriſcher Reminiscenzen, und ſo lange ſein Spaten hier in die Erde ſticht, iſt das Häuschen ſicher, im Schatten von Linde und Eiche zu ſtehen.
2.
Von Kohlhaſenbrück aus ſchlagen wir eine ſüdliche Rich- tung ein, ſchlängeln uns auf Fußpfaden durch ein wohlgepfleg- tes Gehölz und treten dann in eine Lichtung, von der aus wir ſtrahlenförmig die Geſtelle ſich durch den Wald ziehen ſehen. Dieſe Lichtung heißt der Stern; inmitten deſſelben, von eini- gen Akazien umſtanden, ein Jagdſchloß gleiches Namens.
Auch hier hiſtoriſcher Grund und Boden, aber jüngeren Datums und ohne jeden Anflug von jenem Sagen-Dämmer, der über der alten Kohlhaasſtätte ruht. Hier iſt Alles licht, faßbar, real, mit jenem Proſa-Beigeſchmack, den Alles hat, was unter den vielgeſchäftigen, raſtlos-geſtaltenden Händen des Soldaten-Königs entſtand. Aber noch eines charakteriſirte ſeine Art: die propreté, und Jagdſchloß Stern hat bis dieſe Stunde jenes Sauberkeits-Gepräge, das Friedrich Wilhelm I. allen ſei- nen Schöpfungen zu geben liebte.
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vielleicht auch der Schatzgräber-Spaten beſtändig in die Tiefe.
Denn die verſenkten Silberbarren bei Kohlhaſenbrück ſcheuchen
den Schlaf und machen unruhige Nächte.
Die Linde, die vom Hofe aus ihre Zweige über das Dach
ſtreckt, die Eiche, die in Front des Hauſes ſteht, ſie ſind die
Wächter dieſer Stelle, zugleich ſeine Zierde. Und zugleich ein
Schatz, ein wirklicher, der keiner Wünſchelruthe bedarf, um
gehoben zu werden. Beſonders die Eiche. Sie iſt das Stau-
nen und Begehr aller Metzgermeiſter, die hier des Weges kom-
men und des mächtigen kerngeſunden Baumes nie anſichtig
werden, ohne ihn ſich in geſchäftsmäßiger Fleiſcherfantaſie in
fünf oder ſieben Haublöcke zerlegt zu denken. Sie halten dann
an, treten ein und bieten. Aber der breite Sohn der rothen
Erde da drinnen iſt kein bloßer Rechner und Feilſcher, er iſt
der Verwalter hiſtoriſcher Reminiscenzen, und ſo lange ſein
Spaten hier in die Erde ſticht, iſt das Häuschen ſicher, im
Schatten von Linde und Eiche zu ſtehen.
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Von Kohlhaſenbrück aus ſchlagen wir eine ſüdliche Rich-
tung ein, ſchlängeln uns auf Fußpfaden durch ein wohlgepfleg-
tes Gehölz und treten dann in eine Lichtung, von der aus wir
ſtrahlenförmig die Geſtelle ſich durch den Wald ziehen ſehen.
Dieſe Lichtung heißt der Stern; inmitten deſſelben, von eini-
gen Akazien umſtanden, ein Jagdſchloß gleiches Namens.
Auch hier hiſtoriſcher Grund und Boden, aber jüngeren
Datums und ohne jeden Anflug von jenem Sagen-Dämmer,
der über der alten Kohlhaasſtätte ruht. Hier iſt Alles licht,
faßbar, real, mit jenem Proſa-Beigeſchmack, den Alles hat,
was unter den vielgeſchäftigen, raſtlos-geſtaltenden Händen des
Soldaten-Königs entſtand. Aber noch eines charakteriſirte ſeine
Art: die propreté, und Jagdſchloß Stern hat bis dieſe Stunde
jenes Sauberkeits-Gepräge, das Friedrich Wilhelm I. allen ſei-
nen Schöpfungen zu geben liebte.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/373>, abgerufen am 03.12.2024.
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