entschieden dafür, daß es nicht zu selbstischen Zwecken geschah. Und das ist der Punkt, auf den es ankommt, wo sich Ehre und Unehre scheiden. Der Umstand, daß die ganze Familie, weit über die letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts hinaus, in dieser Empfindungswelt beharrte, ist bei Beurthei- lung der ganzen Frage nicht zu übersehen und mag allerdings als ein weiterer Beweis dafür dienen, daß hier seit lange ein Etwas im Blute lag, das einer mystisch-spiritualistischen An- schauung günstig war.
Wir kommen in der Folge darauf zurück und wenden uns zunächst einem neuen Abschnitt des Marquardter Lebens zu.
Marquardt von 1803--1833.
Frau v. Bischofswerder, geb. v. Tarrach, verw. Gräfin Pinto.
Beim Tode Bischofswerders war sein Sohn und Erbe erst 8 Jahr alt; es trat also eine Vormundschaft ein. Diese Vor- mundschaft führte die Mutter und blieb, weit über die Mino- rennitätsjahre ihres Sohnes hinaus (den der Dienst in Berlin und Potsdam fesselte), nicht de jure aber doch de facto, die Regentin von Marquardt bis zu ihrem Tode. Auf diese 30 Jahre richten wir jetzt unsere Aufmerksamkeit. Zunächst auf die Dame selbst.
Frau Generalin v. Bischofswerder war eine geborene v. Tarrach. Ihr Vater war der Geheime Finanzrath v. Tar- rach zu Tilsit, dessen Kinder es alle zu hohen Stellungen in Staat und Gesellschaft brachten. Sein Sohn (Friedrich Franz) war in den zwanziger Jahren preußischer Gesandter in Stock- holm, eine jüngere Tochter vermählte sich mit dem Marquis von Lucchesini, die älteste (Wilhelmine Catharine) wurde die Frau des Günstling-Generals und Ministers v. Bischofswerder.
Aber sie wurde es erst in zweiter Ehe. Ihre erste Ehe schloß sie mit dem Grafen Ignaz Pinto, den Friedrich der
entſchieden dafür, daß es nicht zu ſelbſtiſchen Zwecken geſchah. Und das iſt der Punkt, auf den es ankommt, wo ſich Ehre und Unehre ſcheiden. Der Umſtand, daß die ganze Familie, weit über die letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts hinaus, in dieſer Empfindungswelt beharrte, iſt bei Beurthei- lung der ganzen Frage nicht zu überſehen und mag allerdings als ein weiterer Beweis dafür dienen, daß hier ſeit lange ein Etwas im Blute lag, das einer myſtiſch-ſpiritualiſtiſchen An- ſchauung günſtig war.
Wir kommen in der Folge darauf zurück und wenden uns zunächſt einem neuen Abſchnitt des Marquardter Lebens zu.
Marquardt von 1803—1833.
Frau v. Biſchofswerder, geb. v. Tarrach, verw. Gräfin Pinto.
Beim Tode Biſchofswerders war ſein Sohn und Erbe erſt 8 Jahr alt; es trat alſo eine Vormundſchaft ein. Dieſe Vor- mundſchaft führte die Mutter und blieb, weit über die Mino- rennitätsjahre ihres Sohnes hinaus (den der Dienſt in Berlin und Potsdam feſſelte), nicht de jure aber doch de facto, die Regentin von Marquardt bis zu ihrem Tode. Auf dieſe 30 Jahre richten wir jetzt unſere Aufmerkſamkeit. Zunächſt auf die Dame ſelbſt.
Frau Generalin v. Biſchofswerder war eine geborene v. Tarrach. Ihr Vater war der Geheime Finanzrath v. Tar- rach zu Tilſit, deſſen Kinder es alle zu hohen Stellungen in Staat und Geſellſchaft brachten. Sein Sohn (Friedrich Franz) war in den zwanziger Jahren preußiſcher Geſandter in Stock- holm, eine jüngere Tochter vermählte ſich mit dem Marquis von Luccheſini, die älteſte (Wilhelmine Catharine) wurde die Frau des Günſtling-Generals und Miniſters v. Biſchofswerder.
Aber ſie wurde es erſt in zweiter Ehe. Ihre erſte Ehe ſchloß ſie mit dem Grafen Ignaz Pinto, den Friedrich der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0295"n="277"/>
entſchieden dafür, daß <hirendition="#g">es nicht zu ſelbſtiſchen Zwecken<lb/>
geſchah</hi>. Und <hirendition="#g">das</hi> iſt der Punkt, auf den es ankommt, wo<lb/>ſich Ehre und Unehre ſcheiden. Der Umſtand, daß die ganze<lb/>
Familie, weit über die letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts<lb/>
hinaus, in dieſer Empfindungswelt beharrte, iſt bei Beurthei-<lb/>
lung der ganzen Frage nicht zu überſehen und mag allerdings<lb/>
als ein weiterer Beweis dafür dienen, daß hier ſeit lange ein<lb/>
Etwas im Blute lag, das einer myſtiſch-ſpiritualiſtiſchen An-<lb/>ſchauung günſtig war.</p><lb/><p>Wir kommen in der Folge darauf zurück und wenden uns<lb/>
zunächſt einem neuen Abſchnitt des Marquardter Lebens zu.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Marquardt von 1803—1833.</hi></head><lb/><p><hirendition="#c"><hirendition="#g">Frau v. Biſchofswerder, geb. v. Tarrach,<lb/>
verw. Gräfin Pinto</hi>.</hi></p><lb/><p>Beim Tode Biſchofswerders war ſein Sohn und Erbe erſt<lb/>
8 Jahr alt; es trat alſo eine Vormundſchaft ein. Dieſe Vor-<lb/>
mundſchaft führte die Mutter und blieb, weit über die Mino-<lb/>
rennitätsjahre ihres Sohnes hinaus (den der Dienſt in Berlin<lb/>
und Potsdam feſſelte), nicht <hirendition="#aq">de jure</hi> aber doch <hirendition="#aq">de facto,</hi> die<lb/>
Regentin von Marquardt bis zu ihrem Tode. Auf dieſe 30 Jahre<lb/>
richten wir jetzt unſere Aufmerkſamkeit. Zunächſt auf die<lb/>
Dame ſelbſt.</p><lb/><p>Frau Generalin v. Biſchofswerder war eine geborene<lb/>
v. Tarrach. Ihr Vater war der Geheime Finanzrath v. Tar-<lb/>
rach zu Tilſit, deſſen Kinder es alle zu hohen Stellungen in<lb/>
Staat und Geſellſchaft brachten. Sein Sohn (Friedrich Franz)<lb/>
war in den zwanziger Jahren preußiſcher Geſandter in Stock-<lb/>
holm, eine jüngere Tochter vermählte ſich mit dem Marquis<lb/>
von Luccheſini, die älteſte (Wilhelmine Catharine) wurde die<lb/>
Frau des Günſtling-Generals und Miniſters v. Biſchofswerder.</p><lb/><p>Aber ſie wurde es erſt in <hirendition="#g">zweiter</hi> Ehe. Ihre erſte Ehe<lb/>ſchloß ſie mit dem Grafen Ignaz <hirendition="#g">Pinto</hi>, den Friedrich der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[277/0295]
entſchieden dafür, daß es nicht zu ſelbſtiſchen Zwecken
geſchah. Und das iſt der Punkt, auf den es ankommt, wo
ſich Ehre und Unehre ſcheiden. Der Umſtand, daß die ganze
Familie, weit über die letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts
hinaus, in dieſer Empfindungswelt beharrte, iſt bei Beurthei-
lung der ganzen Frage nicht zu überſehen und mag allerdings
als ein weiterer Beweis dafür dienen, daß hier ſeit lange ein
Etwas im Blute lag, das einer myſtiſch-ſpiritualiſtiſchen An-
ſchauung günſtig war.
Wir kommen in der Folge darauf zurück und wenden uns
zunächſt einem neuen Abſchnitt des Marquardter Lebens zu.
Marquardt von 1803—1833.
Frau v. Biſchofswerder, geb. v. Tarrach,
verw. Gräfin Pinto.
Beim Tode Biſchofswerders war ſein Sohn und Erbe erſt
8 Jahr alt; es trat alſo eine Vormundſchaft ein. Dieſe Vor-
mundſchaft führte die Mutter und blieb, weit über die Mino-
rennitätsjahre ihres Sohnes hinaus (den der Dienſt in Berlin
und Potsdam feſſelte), nicht de jure aber doch de facto, die
Regentin von Marquardt bis zu ihrem Tode. Auf dieſe 30 Jahre
richten wir jetzt unſere Aufmerkſamkeit. Zunächſt auf die
Dame ſelbſt.
Frau Generalin v. Biſchofswerder war eine geborene
v. Tarrach. Ihr Vater war der Geheime Finanzrath v. Tar-
rach zu Tilſit, deſſen Kinder es alle zu hohen Stellungen in
Staat und Geſellſchaft brachten. Sein Sohn (Friedrich Franz)
war in den zwanziger Jahren preußiſcher Geſandter in Stock-
holm, eine jüngere Tochter vermählte ſich mit dem Marquis
von Luccheſini, die älteſte (Wilhelmine Catharine) wurde die
Frau des Günſtling-Generals und Miniſters v. Biſchofswerder.
Aber ſie wurde es erſt in zweiter Ehe. Ihre erſte Ehe
ſchloß ſie mit dem Grafen Ignaz Pinto, den Friedrich der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/295>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.