Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
Marquardt.
Des Hofes Glanz und Schimmer
Blinkt nur wie faules Holz,
Die Kirche lebt vom Flimmer
Und wird vor Demuth stolz;
Arm sind des Lebens Feste,
Rings abgestandner Wein,
Das Höchste und das Beste,
Wie niedrig und wie klein.

Walter Raleigh.

Eine Meile hinter Bornstädt, über dessen monumentenreichen
Kirchhof wir im vorigen Kapitel berichtet, liegt Marquardt,
ein altwendisches Dorf, eben so anziehend durch seine Lage, wie
seine Geschichte. Wir passiren Bornim, durchschneiden den
"Königsdamm" und münden unmerklich aus der Chaussee in
die Dorfstraße ein, zu deren Linken ein prächtiger Park (in
seiner Mitte das Herrenhaus) bis an die Wublitz und die breiten
Flächen des Schlänitz-Sees sich ausdehnt.

Die gegenwärtige Gestalt von Marquardt, ebenso wie sein
Name, ist noch jung; in alten Zeiten hieß es Schorin. Im
15. Jahrhundert, und weiter zurück, war es im Besitz zweier
Familien; die eine davon nannte sich nach dem Dorfe selbst
(Zabel v. Schorin 1375), die andere waren die Bammes.
Der Besitz wechselte oft; die Brösickes, Hellenbrechts und War-
tenbergs lösten einander ab, bis 1704 der Etatsminister und
Schloßhauptmann Marquardt Ludwig von Printzen das
reizende Schorin vom Könige zum Geschenk, und das Ge-
schenk selber, dem Minister zu Ehren, den Namen Marquardt
erhielt.

Marquardt.
Des Hofes Glanz und Schimmer
Blinkt nur wie faules Holz,
Die Kirche lebt vom Flimmer
Und wird vor Demuth ſtolz;
Arm ſind des Lebens Feſte,
Rings abgeſtandner Wein,
Das Höchſte und das Beſte,
Wie niedrig und wie klein.

Walter Raleigh.

Eine Meile hinter Bornſtädt, über deſſen monumentenreichen
Kirchhof wir im vorigen Kapitel berichtet, liegt Marquardt,
ein altwendiſches Dorf, eben ſo anziehend durch ſeine Lage, wie
ſeine Geſchichte. Wir paſſiren Bornim, durchſchneiden den
„Königsdamm“ und münden unmerklich aus der Chauſſee in
die Dorfſtraße ein, zu deren Linken ein prächtiger Park (in
ſeiner Mitte das Herrenhaus) bis an die Wublitz und die breiten
Flächen des Schlänitz-Sees ſich ausdehnt.

Die gegenwärtige Geſtalt von Marquardt, ebenſo wie ſein
Name, iſt noch jung; in alten Zeiten hieß es Schorin. Im
15. Jahrhundert, und weiter zurück, war es im Beſitz zweier
Familien; die eine davon nannte ſich nach dem Dorfe ſelbſt
(Zabel v. Schorin 1375), die andere waren die Bammes.
Der Beſitz wechſelte oft; die Bröſickes, Hellenbrechts und War-
tenbergs löſten einander ab, bis 1704 der Etatsminiſter und
Schloßhauptmann Marquardt Ludwig von Printzen das
reizende Schorin vom Könige zum Geſchenk, und das Ge-
ſchenk ſelber, dem Miniſter zu Ehren, den Namen Marquardt
erhielt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0274" n="[256]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Marquardt.</hi> </head><lb/>
        <cit rendition="#et">
          <quote>Des Hofes Glanz und Schimmer<lb/>
Blinkt nur wie faules Holz,<lb/>
Die Kirche lebt vom Flimmer<lb/>
Und wird vor Demuth &#x017F;tolz;<lb/>
Arm &#x017F;ind des Lebens Fe&#x017F;te,<lb/>
Rings abge&#x017F;tandner Wein,<lb/>
Das Höch&#x017F;te und das Be&#x017F;te,<lb/>
Wie niedrig und wie klein.</quote><lb/>
          <bibl> <hi rendition="#b">Walter Raleigh.</hi> </bibl>
        </cit><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>ine Meile hinter Born&#x017F;tädt, über de&#x017F;&#x017F;en monumentenreichen<lb/>
Kirchhof wir im vorigen Kapitel berichtet, liegt <hi rendition="#g">Marquardt</hi>,<lb/>
ein altwendi&#x017F;ches Dorf, eben &#x017F;o anziehend durch &#x017F;eine Lage, wie<lb/>
&#x017F;eine Ge&#x017F;chichte. Wir pa&#x017F;&#x017F;iren Bornim, durch&#x017F;chneiden den<lb/>
&#x201E;Königsdamm&#x201C; und münden unmerklich aus der Chau&#x017F;&#x017F;ee in<lb/>
die Dorf&#x017F;traße ein, zu deren Linken ein prächtiger Park (in<lb/>
&#x017F;einer Mitte das Herrenhaus) bis an die Wublitz und die breiten<lb/>
Flächen des Schlänitz-Sees &#x017F;ich ausdehnt.</p><lb/>
        <p>Die gegenwärtige Ge&#x017F;talt von Marquardt, eben&#x017F;o wie &#x017F;ein<lb/>
Name, i&#x017F;t noch jung; in alten Zeiten hieß es <hi rendition="#g">Schorin</hi>. Im<lb/>
15. Jahrhundert, und weiter zurück, war es im Be&#x017F;itz zweier<lb/>
Familien; die eine davon nannte &#x017F;ich nach dem Dorfe &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
(Zabel v. <hi rendition="#g">Schorin</hi> 1375), die andere waren die <hi rendition="#g">Bammes</hi>.<lb/>
Der Be&#x017F;itz wech&#x017F;elte oft; die Brö&#x017F;ickes, Hellenbrechts und War-<lb/>
tenbergs lö&#x017F;ten einander ab, bis 1704 der Etatsmini&#x017F;ter und<lb/>
Schloßhauptmann <hi rendition="#g">Marquardt</hi> Ludwig von Printzen das<lb/>
reizende Schorin vom Könige zum Ge&#x017F;chenk, und das Ge-<lb/>
&#x017F;chenk &#x017F;elber, dem Mini&#x017F;ter zu Ehren, den Namen <hi rendition="#g">Marquardt</hi><lb/>
erhielt.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[256]/0274] Marquardt. Des Hofes Glanz und Schimmer Blinkt nur wie faules Holz, Die Kirche lebt vom Flimmer Und wird vor Demuth ſtolz; Arm ſind des Lebens Feſte, Rings abgeſtandner Wein, Das Höchſte und das Beſte, Wie niedrig und wie klein. Walter Raleigh. Eine Meile hinter Bornſtädt, über deſſen monumentenreichen Kirchhof wir im vorigen Kapitel berichtet, liegt Marquardt, ein altwendiſches Dorf, eben ſo anziehend durch ſeine Lage, wie ſeine Geſchichte. Wir paſſiren Bornim, durchſchneiden den „Königsdamm“ und münden unmerklich aus der Chauſſee in die Dorfſtraße ein, zu deren Linken ein prächtiger Park (in ſeiner Mitte das Herrenhaus) bis an die Wublitz und die breiten Flächen des Schlänitz-Sees ſich ausdehnt. Die gegenwärtige Geſtalt von Marquardt, ebenſo wie ſein Name, iſt noch jung; in alten Zeiten hieß es Schorin. Im 15. Jahrhundert, und weiter zurück, war es im Beſitz zweier Familien; die eine davon nannte ſich nach dem Dorfe ſelbſt (Zabel v. Schorin 1375), die andere waren die Bammes. Der Beſitz wechſelte oft; die Bröſickes, Hellenbrechts und War- tenbergs löſten einander ab, bis 1704 der Etatsminiſter und Schloßhauptmann Marquardt Ludwig von Printzen das reizende Schorin vom Könige zum Geſchenk, und das Ge- ſchenk ſelber, dem Miniſter zu Ehren, den Namen Marquardt erhielt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/274
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [256]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/274>, abgerufen am 21.12.2024.