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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Frühjahr die Schaben und Blatthöhler das junge Laub tödten, die
Ernte reduciren und oft die Bäume dazu. So giebt es denn
unter den Werderschen eine Anzahl wohlhabender Leute, aber
wenig reiche. Es ist auch hier dafür gesorgt, daß die Bäume
nicht in den Himmel wachsen.


"Die Werdersche."
Ein Intermezzo.
All Großes, wie bekannt, wirft seinen Schatten;
Und ehe dich, o Bairische, wir hatten,
Erschien, ankündigend, in braunem Schaum,
Die Werdersche. Ihr Leben war ein Traum.

Unter einem Geplauder, das im Wesentlichen uns die Notizen
an die Hand gab, die wir vorstehend wiedererzählt, waren wir
bis an eine Stelle gekommen, wo die große Straße nach links
hin abbiegt und in ihrer Verlängerung auf die Brücke und dem-
nächst auf die Insel führt. Genau an dem Kniepunkt erhob
sich ein ausgedehntes Etablissement mit Betriebs-Gebäuden,
hohen Schornsteinen und Kellerräumen, und der eben herüber-
wehende Malzduft ließ keinen Zweifel darüber, daß wir vor
einer der großen Brauereien ständen, die der Stadt Werder auch
nach dieser Seite hin eine Bedeutung gegeben haben. Es
sind eben zwei Größen, die wir an dieser Stelle zu verzeichnen
haben: in erster Reihe die "Werderschen," in zweiter Reihe
"die Werdersche." Eine Welt von Unterschied legt sich in
diesen einen Buchstaben n. Wie Wasser und Feuer im Schooße
der Erde friedlich nebeneinander wohnen, so lange ihr Wohnen
eben ein Nebeneinander ist, aber in Erdbeben und Explosionen
unerbittlich sich Luft machen, sobald ihr Nebeneinander ein
Durcheinander wird, so auch hier. Den Erfahrenen schaudert.

Die Einheitlichkeit unserer Darstellung zu wahren, hätten
wir vielleicht die Pflicht gehabt, die "Werdersche" zu unter-
schlagen und den "Werderschen" allein das Feld und den Sieg
zu lassen, aber das Wort: die "Werdersche" ist einmal gefallen
und so verbietet sich ein Rückzug. Ein Bierkapitel schiebt sich
verlegen in das Obstkapitel ein.

Frühjahr die Schaben und Blatthöhler das junge Laub tödten, die
Ernte reduciren und oft die Bäume dazu. So giebt es denn
unter den Werderſchen eine Anzahl wohlhabender Leute, aber
wenig reiche. Es iſt auch hier dafür geſorgt, daß die Bäume
nicht in den Himmel wachſen.


Die Werderſche.“
Ein Intermezzo.
All Großes, wie bekannt, wirft ſeinen Schatten;
Und ehe dich, o Bairiſche, wir hatten,
Erſchien, ankündigend, in braunem Schaum,
Die Werderſche. Ihr Leben war ein Traum.

Unter einem Geplauder, das im Weſentlichen uns die Notizen
an die Hand gab, die wir vorſtehend wiedererzählt, waren wir
bis an eine Stelle gekommen, wo die große Straße nach links
hin abbiegt und in ihrer Verlängerung auf die Brücke und dem-
nächſt auf die Inſel führt. Genau an dem Kniepunkt erhob
ſich ein ausgedehntes Etabliſſement mit Betriebs-Gebäuden,
hohen Schornſteinen und Kellerräumen, und der eben herüber-
wehende Malzduft ließ keinen Zweifel darüber, daß wir vor
einer der großen Brauereien ſtänden, die der Stadt Werder auch
nach dieſer Seite hin eine Bedeutung gegeben haben. Es
ſind eben zwei Größen, die wir an dieſer Stelle zu verzeichnen
haben: in erſter Reihe die „Werderſchen,“ in zweiter Reihe
„die Werderſche.“ Eine Welt von Unterſchied legt ſich in
dieſen einen Buchſtaben n. Wie Waſſer und Feuer im Schooße
der Erde friedlich nebeneinander wohnen, ſo lange ihr Wohnen
eben ein Nebeneinander iſt, aber in Erdbeben und Exploſionen
unerbittlich ſich Luft machen, ſobald ihr Nebeneinander ein
Durcheinander wird, ſo auch hier. Den Erfahrenen ſchaudert.

Die Einheitlichkeit unſerer Darſtellung zu wahren, hätten
wir vielleicht die Pflicht gehabt, die „Werderſche“ zu unter-
ſchlagen und den „Werderſchen“ allein das Feld und den Sieg
zu laſſen, aber das Wort: die „Werderſche“ iſt einmal gefallen
und ſo verbietet ſich ein Rückzug. Ein Bierkapitel ſchiebt ſich
verlegen in das Obſtkapitel ein.

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[231/0249] Frühjahr die Schaben und Blatthöhler das junge Laub tödten, die Ernte reduciren und oft die Bäume dazu. So giebt es denn unter den Werderſchen eine Anzahl wohlhabender Leute, aber wenig reiche. Es iſt auch hier dafür geſorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachſen. „Die Werderſche.“ Ein Intermezzo. All Großes, wie bekannt, wirft ſeinen Schatten; Und ehe dich, o Bairiſche, wir hatten, Erſchien, ankündigend, in braunem Schaum, Die Werderſche. Ihr Leben war ein Traum. Unter einem Geplauder, das im Weſentlichen uns die Notizen an die Hand gab, die wir vorſtehend wiedererzählt, waren wir bis an eine Stelle gekommen, wo die große Straße nach links hin abbiegt und in ihrer Verlängerung auf die Brücke und dem- nächſt auf die Inſel führt. Genau an dem Kniepunkt erhob ſich ein ausgedehntes Etabliſſement mit Betriebs-Gebäuden, hohen Schornſteinen und Kellerräumen, und der eben herüber- wehende Malzduft ließ keinen Zweifel darüber, daß wir vor einer der großen Brauereien ſtänden, die der Stadt Werder auch nach dieſer Seite hin eine Bedeutung gegeben haben. Es ſind eben zwei Größen, die wir an dieſer Stelle zu verzeichnen haben: in erſter Reihe die „Werderſchen,“ in zweiter Reihe „die Werderſche.“ Eine Welt von Unterſchied legt ſich in dieſen einen Buchſtaben n. Wie Waſſer und Feuer im Schooße der Erde friedlich nebeneinander wohnen, ſo lange ihr Wohnen eben ein Nebeneinander iſt, aber in Erdbeben und Exploſionen unerbittlich ſich Luft machen, ſobald ihr Nebeneinander ein Durcheinander wird, ſo auch hier. Den Erfahrenen ſchaudert. Die Einheitlichkeit unſerer Darſtellung zu wahren, hätten wir vielleicht die Pflicht gehabt, die „Werderſche“ zu unter- ſchlagen und den „Werderſchen“ allein das Feld und den Sieg zu laſſen, aber das Wort: die „Werderſche“ iſt einmal gefallen und ſo verbietet ſich ein Rückzug. Ein Bierkapitel ſchiebt ſich verlegen in das Obſtkapitel ein.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/249>, abgerufen am 21.11.2024.