Umgebung zu geben. 1830 wurde auch das Palmenhaus errichtet.
Das kleine Eiland stand damals auf seiner Höhe. "Eine Fahrt nach der Pfaueninsel (so durfte Kopisch wohl schreiben) galt den Berlinern als das schönste Familienfest des Jahres und die Jugend fühlte sich überaus glücklich, die munteren Sprünge der Affen, die drollige Plumpheit der Bären, das seltsame Hüpfen der Känguruhs hier zu sehn. Die tropischen Gewächse wurden mit manchem Ach! des Entzückens bewundert. Man träumte in Indien zu sein und sah mit einer Mischung von Lust und Grauen die südliche Thierwelt: Aligatoren und Schlangen, ja das wunderbare Chamäleon, das opalisirend oft alle Farben der blühenden Umgebung wiederzuspiegeln schien." Meine eigenen Kindheitserinnerungen, wie ich sie Eingangs aus- gesprochen, finden hier ihre Bestätigung.
4. Die Pfaueninsel 15. Juli 1852.
Und Stille, wie des Todes Schweigen Liegt überm ganzen Hause schwer. "Die Kraniche des Ibykus."
Mit 1840 schied die Pfaueninsel aus der Reihe der herr- schenden Lieblingsplätze aus; Friedrich Wilhelm IV. griff auf die Fridericianische Zeit zurück und Sanssouci sammt seinen Depen- dencien belebte sich wieder. Das Roccoco-Schloß, das der Lichtenau ihre Entstehung verdankte, zerfiel nicht, aber es kam außer Mode und wie man die Jahrzehnte vorher gewallfahrtet war, um den Rosengarten der Pfaueninsel zu sehn, so führte jetzt die Eisenbahn viele Tausende hinüber, um, zu Füßen von Sanssouci, die Rosenblüthe in Charlottenhof zu bewundern. Die Pfaueninsel kam außer Mode, so sagt' ich, aber wenn sie auch nicht Sommerresidenz mehr war, so zählte sie doch noch
Umgebung zu geben. 1830 wurde auch das Palmenhaus errichtet.
Das kleine Eiland ſtand damals auf ſeiner Höhe. „Eine Fahrt nach der Pfaueninſel (ſo durfte Kopiſch wohl ſchreiben) galt den Berlinern als das ſchönſte Familienfeſt des Jahres und die Jugend fühlte ſich überaus glücklich, die munteren Sprünge der Affen, die drollige Plumpheit der Bären, das ſeltſame Hüpfen der Känguruhs hier zu ſehn. Die tropiſchen Gewächſe wurden mit manchem Ach! des Entzückens bewundert. Man träumte in Indien zu ſein und ſah mit einer Miſchung von Luſt und Grauen die ſüdliche Thierwelt: Aligatoren und Schlangen, ja das wunderbare Chamäleon, das opaliſirend oft alle Farben der blühenden Umgebung wiederzuſpiegeln ſchien.“ Meine eigenen Kindheitserinnerungen, wie ich ſie Eingangs aus- geſprochen, finden hier ihre Beſtätigung.
4. Die Pfaueninſel 15. Juli 1852.
Und Stille, wie des Todes Schweigen Liegt überm ganzen Hauſe ſchwer. „Die Kraniche des Ibykus.“
Mit 1840 ſchied die Pfaueninſel aus der Reihe der herr- ſchenden Lieblingsplätze aus; Friedrich Wilhelm IV. griff auf die Fridericianiſche Zeit zurück und Sansſouci ſammt ſeinen Depen- dencien belebte ſich wieder. Das Roccoco-Schloß, das der Lichtenau ihre Entſtehung verdankte, zerfiel nicht, aber es kam außer Mode und wie man die Jahrzehnte vorher gewallfahrtet war, um den Roſengarten der Pfaueninſel zu ſehn, ſo führte jetzt die Eiſenbahn viele Tauſende hinüber, um, zu Füßen von Sansſouci, die Roſenblüthe in Charlottenhof zu bewundern. Die Pfaueninſel kam außer Mode, ſo ſagt’ ich, aber wenn ſie auch nicht Sommerreſidenz mehr war, ſo zählte ſie doch noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0169"n="151"/>
Umgebung zu geben. 1830 wurde auch das <hirendition="#g">Palmenhaus</hi><lb/>
errichtet.</p><lb/><p>Das kleine Eiland ſtand damals auf ſeiner Höhe. „Eine<lb/>
Fahrt nach der Pfaueninſel (ſo durfte Kopiſch wohl ſchreiben)<lb/>
galt den Berlinern als das ſchönſte Familienfeſt des Jahres und<lb/>
die Jugend fühlte ſich überaus glücklich, die munteren Sprünge<lb/>
der Affen, die drollige Plumpheit der Bären, das ſeltſame<lb/>
Hüpfen der Känguruhs hier zu ſehn. Die tropiſchen Gewächſe<lb/>
wurden mit manchem Ach! des Entzückens bewundert. Man<lb/>
träumte in Indien zu ſein und ſah mit einer Miſchung von<lb/>
Luſt und Grauen die ſüdliche Thierwelt: Aligatoren und<lb/>
Schlangen, ja das wunderbare Chamäleon, das opaliſirend oft<lb/>
alle Farben der blühenden Umgebung wiederzuſpiegeln ſchien.“<lb/>
Meine eigenen Kindheitserinnerungen, wie ich ſie Eingangs aus-<lb/>
geſprochen, finden hier ihre Beſtätigung.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>4.<lb/><hirendition="#g">Die Pfaueninſel 15. Juli 1852</hi>.</head><lb/><lgtype="poem"><l>Und Stille, wie des Todes Schweigen</l><lb/><l>Liegt überm ganzen Hauſe ſchwer.</l><lb/><l>„Die Kraniche des Ibykus.“</l></lg><lb/><p>Mit 1840 ſchied die Pfaueninſel aus der Reihe der herr-<lb/>ſchenden Lieblingsplätze aus; Friedrich Wilhelm <hirendition="#aq">IV.</hi> griff auf die<lb/>
Fridericianiſche Zeit zurück und Sansſouci ſammt ſeinen Depen-<lb/>
dencien belebte ſich wieder. Das Roccoco-Schloß, das der<lb/>
Lichtenau ihre Entſtehung verdankte, zerfiel nicht, aber es kam<lb/>
außer Mode und wie man die Jahrzehnte vorher gewallfahrtet<lb/>
war, um den Roſengarten der Pfaueninſel zu ſehn, ſo führte<lb/>
jetzt die Eiſenbahn viele Tauſende hinüber, um, zu Füßen von<lb/>
Sansſouci, die Roſenblüthe in Charlottenhof zu bewundern.<lb/>
Die Pfaueninſel kam außer Mode, ſo ſagt’ ich, aber wenn ſie<lb/>
auch nicht Sommerreſidenz mehr war, ſo zählte ſie doch noch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[151/0169]
Umgebung zu geben. 1830 wurde auch das Palmenhaus
errichtet.
Das kleine Eiland ſtand damals auf ſeiner Höhe. „Eine
Fahrt nach der Pfaueninſel (ſo durfte Kopiſch wohl ſchreiben)
galt den Berlinern als das ſchönſte Familienfeſt des Jahres und
die Jugend fühlte ſich überaus glücklich, die munteren Sprünge
der Affen, die drollige Plumpheit der Bären, das ſeltſame
Hüpfen der Känguruhs hier zu ſehn. Die tropiſchen Gewächſe
wurden mit manchem Ach! des Entzückens bewundert. Man
träumte in Indien zu ſein und ſah mit einer Miſchung von
Luſt und Grauen die ſüdliche Thierwelt: Aligatoren und
Schlangen, ja das wunderbare Chamäleon, das opaliſirend oft
alle Farben der blühenden Umgebung wiederzuſpiegeln ſchien.“
Meine eigenen Kindheitserinnerungen, wie ich ſie Eingangs aus-
geſprochen, finden hier ihre Beſtätigung.
4.
Die Pfaueninſel 15. Juli 1852.
Und Stille, wie des Todes Schweigen
Liegt überm ganzen Hauſe ſchwer.
„Die Kraniche des Ibykus.“
Mit 1840 ſchied die Pfaueninſel aus der Reihe der herr-
ſchenden Lieblingsplätze aus; Friedrich Wilhelm IV. griff auf die
Fridericianiſche Zeit zurück und Sansſouci ſammt ſeinen Depen-
dencien belebte ſich wieder. Das Roccoco-Schloß, das der
Lichtenau ihre Entſtehung verdankte, zerfiel nicht, aber es kam
außer Mode und wie man die Jahrzehnte vorher gewallfahrtet
war, um den Roſengarten der Pfaueninſel zu ſehn, ſo führte
jetzt die Eiſenbahn viele Tauſende hinüber, um, zu Füßen von
Sansſouci, die Roſenblüthe in Charlottenhof zu bewundern.
Die Pfaueninſel kam außer Mode, ſo ſagt’ ich, aber wenn ſie
auch nicht Sommerreſidenz mehr war, ſo zählte ſie doch noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/169>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.