Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch.

Was sonst in Ehren stündt,
Nun ist es worden Sünde,
Was fang' ich an!
Th. Storm.

Zwei Meilen nordöstlich von Berlin liegt das Dorf Buch, reich
an jenen stillen, aber anziehenden Landschaftsbildern, wie sie un-
sere Mark so vielfach bietet, noch reicher aber an historischen Erin-
nerungen. Einer unserer Lustgarten-Omnibusse führt den Reise-
lustigen über Pankow und Schönhausen, dessen Villen und Gärten
wie im Fluge mitgenommen werden, bis nach Französisch-Buchholtz,
von wo aus das Wandern beginnt und die Füße das Beste thun
müssen.

Wir unsererseits, in jenem stolzen Reisegefühl, das sich nach
Strapatzen sehnt und jeden Schweißtropfen mit einem Lächeln der
Zufriedenheit begleitet, hatten den Omnibus verschmäht und trafen,
nach gewissenhafter Absuchung einiger Dorfkirchhöfe, erst mit der
untergehenden Sonne in Buch ein. Gleich der Eintritt in's Dorf
ist malerisch und anziehend. Eine Feldsteinbrücke wölbt sich über
ein Wässerchen, das schäumend einen Bergabhang hernieder kommt;
die Häuser steigen in leiser Schlangenlinie bergan; links hin, das
Dorf in seinen Arm nehmend, zieht sich der waldartige Park,
während zur Rechten sich Wiesen und Felder dehnen, deren Stille
nur von Zeit zu Zeit das Rasseln und Stampfen der vorüber-
fahrenden Eisenbahnzüge unterbricht.


Buch.

Was ſonſt in Ehren ſtündt,
Nun iſt es worden Sünde,
Was fang’ ich an!
Th. Storm.

Zwei Meilen nordöſtlich von Berlin liegt das Dorf Buch, reich
an jenen ſtillen, aber anziehenden Landſchaftsbildern, wie ſie un-
ſere Mark ſo vielfach bietet, noch reicher aber an hiſtoriſchen Erin-
nerungen. Einer unſerer Luſtgarten-Omnibuſſe führt den Reiſe-
luſtigen über Pankow und Schönhauſen, deſſen Villen und Gärten
wie im Fluge mitgenommen werden, bis nach Franzöſiſch-Buchholtz,
von wo aus das Wandern beginnt und die Füße das Beſte thun
müſſen.

Wir unſererſeits, in jenem ſtolzen Reiſegefühl, das ſich nach
Strapatzen ſehnt und jeden Schweißtropfen mit einem Lächeln der
Zufriedenheit begleitet, hatten den Omnibus verſchmäht und trafen,
nach gewiſſenhafter Abſuchung einiger Dorfkirchhöfe, erſt mit der
untergehenden Sonne in Buch ein. Gleich der Eintritt in’s Dorf
iſt maleriſch und anziehend. Eine Feldſteinbrücke wölbt ſich über
ein Wäſſerchen, das ſchäumend einen Bergabhang hernieder kommt;
die Häuſer ſteigen in leiſer Schlangenlinie bergan; links hin, das
Dorf in ſeinen Arm nehmend, zieht ſich der waldartige Park,
während zur Rechten ſich Wieſen und Felder dehnen, deren Stille
nur von Zeit zu Zeit das Raſſeln und Stampfen der vorüber-
fahrenden Eiſenbahnzüge unterbricht.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0253" n="[235]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Buch.</hi> </head><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">Was &#x017F;on&#x017F;t in Ehren &#x017F;tündt,<lb/>
Nun i&#x017F;t es worden Sünde,<lb/>
Was fang&#x2019; ich an!<lb/></hi> </quote>
            <bibl> <hi rendition="#b #et">Th. Storm.</hi> </bibl>
          </cit><lb/>
          <p><hi rendition="#in">Z</hi>wei Meilen nordö&#x017F;tlich von Berlin liegt das Dorf <hi rendition="#g">Buch</hi>, reich<lb/>
an jenen &#x017F;tillen, aber anziehenden Land&#x017F;chaftsbildern, wie &#x017F;ie un-<lb/>
&#x017F;ere Mark &#x017F;o vielfach bietet, noch reicher aber an hi&#x017F;tori&#x017F;chen Erin-<lb/>
nerungen. Einer un&#x017F;erer Lu&#x017F;tgarten-Omnibu&#x017F;&#x017F;e führt den Rei&#x017F;e-<lb/>
lu&#x017F;tigen über Pankow und Schönhau&#x017F;en, de&#x017F;&#x017F;en Villen und Gärten<lb/>
wie im Fluge mitgenommen werden, bis nach Franzö&#x017F;i&#x017F;ch-Buchholtz,<lb/>
von wo aus das Wandern beginnt und die Füße das Be&#x017F;te thun<lb/>&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Wir un&#x017F;erer&#x017F;eits, in jenem &#x017F;tolzen Rei&#x017F;egefühl, das &#x017F;ich nach<lb/>
Strapatzen &#x017F;ehnt und jeden Schweißtropfen mit einem Lächeln der<lb/>
Zufriedenheit begleitet, hatten den Omnibus ver&#x017F;chmäht und trafen,<lb/>
nach gewi&#x017F;&#x017F;enhafter Ab&#x017F;uchung einiger Dorfkirchhöfe, er&#x017F;t mit der<lb/>
untergehenden Sonne in Buch ein. Gleich der Eintritt in&#x2019;s Dorf<lb/>
i&#x017F;t maleri&#x017F;ch und anziehend. Eine Feld&#x017F;teinbrücke wölbt &#x017F;ich über<lb/>
ein Wä&#x017F;&#x017F;erchen, das &#x017F;chäumend einen Bergabhang hernieder kommt;<lb/>
die Häu&#x017F;er &#x017F;teigen in lei&#x017F;er Schlangenlinie bergan; links hin, das<lb/>
Dorf in &#x017F;einen Arm nehmend, zieht &#x017F;ich der waldartige Park,<lb/>
während zur Rechten &#x017F;ich Wie&#x017F;en und Felder dehnen, deren Stille<lb/>
nur von Zeit zu Zeit das Ra&#x017F;&#x017F;eln und Stampfen der vorüber-<lb/>
fahrenden Ei&#x017F;enbahnzüge unterbricht.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[235]/0253] Buch. Was ſonſt in Ehren ſtündt, Nun iſt es worden Sünde, Was fang’ ich an! Th. Storm. Zwei Meilen nordöſtlich von Berlin liegt das Dorf Buch, reich an jenen ſtillen, aber anziehenden Landſchaftsbildern, wie ſie un- ſere Mark ſo vielfach bietet, noch reicher aber an hiſtoriſchen Erin- nerungen. Einer unſerer Luſtgarten-Omnibuſſe führt den Reiſe- luſtigen über Pankow und Schönhauſen, deſſen Villen und Gärten wie im Fluge mitgenommen werden, bis nach Franzöſiſch-Buchholtz, von wo aus das Wandern beginnt und die Füße das Beſte thun müſſen. Wir unſererſeits, in jenem ſtolzen Reiſegefühl, das ſich nach Strapatzen ſehnt und jeden Schweißtropfen mit einem Lächeln der Zufriedenheit begleitet, hatten den Omnibus verſchmäht und trafen, nach gewiſſenhafter Abſuchung einiger Dorfkirchhöfe, erſt mit der untergehenden Sonne in Buch ein. Gleich der Eintritt in’s Dorf iſt maleriſch und anziehend. Eine Feldſteinbrücke wölbt ſich über ein Wäſſerchen, das ſchäumend einen Bergabhang hernieder kommt; die Häuſer ſteigen in leiſer Schlangenlinie bergan; links hin, das Dorf in ſeinen Arm nehmend, zieht ſich der waldartige Park, während zur Rechten ſich Wieſen und Felder dehnen, deren Stille nur von Zeit zu Zeit das Raſſeln und Stampfen der vorüber- fahrenden Eiſenbahnzüge unterbricht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/253
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. [235]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/253>, abgerufen am 30.12.2024.