[Spaltenumbruch]
Creutzweg gienge, und in der Mitten dessen stehen bliebe, so würde man die He- xen und die bösen Geister auf dem Brox- Berge gantz eigentlich sehen können, wie sie sich unter einander erlustirten. Wer Gefallen hat, dieses zu experimentiren, und die Richtigkeit davon zu erforschen, der kan es thun. Unser Christlicher und vernünfftiger teutscher Jäger wird mit dergleichen nicht viel zu schaffen haben; so wird er sich auch an die Tändeley nicht kehren, da einige aus Einfalt und Aber- glauben vorgeben, als ob man denselben Tag, wenn einem ein Haase qver über den Weg lieffe, unglücklich seyn würde.
Das 25. Capitel/ Von den Raub-Schlössern.
§. 1.
Derjenige, so sich in Thüringen, in dem Vogtlande, sonderlich um den Fich- tel-Berg herum, ingleichen in Nieder- Sachsen an dem Hartze, in dem König- reich Böhmen, in Bayern, in dem Ertzge- bürgischen Creyß, und in dem Meißnischen Creyß, in dem Churfürstenthum Sach- sen an der Elbe, und an andern Orten ein wenig umgesehen, der wird hie und da manche wüste und grösten Theils ruinirte Schlösser, so auf den Hügeln und Bergen liegen, und vor diesen mit hohen Thür- men versehen gewesen, angetroffen ha- ben, die man insgemein Raub-Schlösser, oder Raub-Nester zu nennen pflegte, und ietzund in ihren Ruderibus grösten Theils danieder liegen, und eine Wohnung der Raben und Nacht-Eulen, der Zihim und Ohim, auch wohl der Zigeuner, Spitzbuben, und anderer bösen Leute abgeben.
§. 2.
Der Ursprung solcher Schlös- ser ist wohl löblich und gut, sie sind aber nachgehends in Mißbrauch ausgeschla- gen. Zu Anfange wurden diese Schlös- ser auf hohen Bergen erbauet, damit man sich aus denselben wider die Anläuffe der Hunnen, und anderer barbarischen Völ- cker, die gantz Teutschland wie eine Was- serfluth überschwemmten, vor der Erfin- dung des Pulvers wehren, und in den- selben Sicherheit haben, auch die feindli- chen Partheyen von der Höhe desto besser entdecken könte. Endlich aber wurden sie in dem 13. und 14. Seculo, da die Be- fehdungs-Zeiten so sehr im Schwange giengen, zu Raub-Nestern; und war unterschiedenes, so hierzu Gelegenheit [Spaltenumbruch]
gab: Erstlich trieb die grosse Armuth, die durch die vielen Kriege in den Ländern verursacht worden, manchen Ritter an, daß er bey den Reisenden auf eine etwas importune Art um eine Ritter-Zehrung anhalten müssen, weil er glaubte, daß er sich hierinnen selbst der nächste seyn mü- ste, und nichts zu leben und zu zehren hat- te; Zum andern waren bey den continu- irlichen Kriegen die Gemüther der Vor- nehmsten so barbarisch geworden, daß sie fast nichts gewohnt waren, als Rauben und Morden; Zum dritten war in dem confusen Zustande, da weder Recht noch Gerechtigkeit gehandhabet wurde, nie- mand da, vor dem sie Ursache hatten sich zu fürchten, sondern ein iedweder, der der mächtigste war, steckte den andern, der ohnmächtiger war, in den Sack. Die Fürsten musten manches lassen geschehen, und durch die Finger kucken, aus Furcht, wenn sie allzu scharff hinter einige solche Leute drein seyn solten, daß alsdenn diese Räuber sich zu ihren Feinden schlagen würden, und ihre Parthey verstärcken. Es waren zum Theil mächtige Räuber, und fanden sich auch wohl Grafen und an- dere hohe Standes-Personen mit dar- unter, die die Leute cavalierement todt schlugen, und es sich vor keine Schande hielten. Der Feldbau, der Handel und Wandel lag damahls ziemlich danieder, und also war kein sonderlicher Erwerb in dem Lande.
§. 3.
Es daurete dieses Rauben und Morden biß in das funffzehende Seculum hinein. Denn nachdem die Hußiten in dem Ober-Teutschland so grosses Lermen und Unheyl verursachten, so ward dadurch mancher in die äusserste Desperation ge- setzt, daß er Gelegenheit suchen muste, durch redliche und unehrliche Mittel sich hinzubringen. Es wurden von denen Landes-Fürsten auch manchen Officirern als Commendanten gewisse Schlösser an- vertrauet, daß sie solche wider allerhand feindselige Partheyen beschützen solten, sie wurden aber von denen Landes-Herren offt ziemlich verlassen, daß sie weder Pro- viant noch Geld vor sich und vor ihre Gvarnison bey dem damahligen turbu- lenten Zustande erhalten konten, und mu- sten also bißweilen sehen, wo sie etwas her bekamen. Sie griffen die feindlichen Partheyen an, und plünderten sie, end- lich aber gewohnten sie dieses Handwerck so sehr, daß es ihnen gleich viel war, ob sie Freunde oder Feinde vor sich hatten, und
ist
Des Erſten Theils 25. Capitel/
[Spaltenumbruch]
Creutzweg gienge, und in der Mitten deſſen ſtehen bliebe, ſo wuͤrde man die He- xen und die boͤſen Geiſter auf dem Brox- Berge gantz eigentlich ſehen koͤnnen, wie ſie ſich unter einander erluſtirten. Wer Gefallen hat, dieſes zu experimentiren, und die Richtigkeit davon zu erforſchen, der kan es thun. Unſer Chriſtlicher und vernuͤnfftiger teutſcher Jaͤger wird mit dergleichen nicht viel zu ſchaffen haben; ſo wird er ſich auch an die Taͤndeley nicht kehren, da einige aus Einfalt und Aber- glauben vorgeben, als ob man denſelben Tag, wenn einem ein Haaſe qver uͤber den Weg lieffe, ungluͤcklich ſeyn wuͤrde.
Das 25. Capitel/ Von den Raub-Schloͤſſern.
§. 1.
Derjenige, ſo ſich in Thuͤringen, in dem Vogtlande, ſonderlich um den Fich- tel-Berg herum, ingleichen in Nieder- Sachſen an dem Hartze, in dem Koͤnig- reich Boͤhmen, in Bayern, in dem Ertzge- buͤrgiſchen Creyß, und in dem Meißniſchen Creyß, in dem Churfuͤrſtenthum Sach- ſen an der Elbe, und an andern Orten ein wenig umgeſehen, der wird hie und da manche wuͤſte und groͤſten Theils ruinirte Schloͤſſer, ſo auf den Huͤgeln und Bergen liegen, und vor dieſen mit hohen Thuͤr- men verſehen geweſen, angetroffen ha- ben, die man insgemein Raub-Schloͤſſer, oder Raub-Neſter zu nennen pflegte, und ietzund in ihren Ruderibus groͤſten Theils danieder liegen, und eine Wohnung der Raben und Nacht-Eulen, der Zihim und Ohim, auch wohl der Zigeuner, Spitzbuben, und anderer boͤſen Leute abgeben.
§. 2.
Der Urſprung ſolcher Schloͤſ- ſer iſt wohl loͤblich und gut, ſie ſind aber nachgehends in Mißbrauch ausgeſchla- gen. Zu Anfange wurden dieſe Schloͤſ- ſer auf hohen Bergen erbauet, damit man ſich aus denſelben wider die Anlaͤuffe der Hunnen, und anderer barbariſchen Voͤl- cker, die gantz Teutſchland wie eine Waſ- ſerfluth uͤberſchwemmten, vor der Erfin- dung des Pulvers wehren, und in den- ſelben Sicherheit haben, auch die feindli- chen Partheyen von der Hoͤhe deſto beſſer entdecken koͤnte. Endlich aber wurden ſie in dem 13. und 14. Seculo, da die Be- fehdungs-Zeiten ſo ſehr im Schwange giengen, zu Raub-Neſtern; und war unterſchiedenes, ſo hierzu Gelegenheit [Spaltenumbruch]
gab: Erſtlich trieb die groſſe Armuth, die durch die vielen Kriege in den Laͤndern verurſacht worden, manchen Ritter an, daß er bey den Reiſenden auf eine etwas importune Art um eine Ritter-Zehrung anhalten muͤſſen, weil er glaubte, daß er ſich hierinnen ſelbſt der naͤchſte ſeyn muͤ- ſte, und nichts zu leben und zu zehren hat- te; Zum andern waren bey den continu- irlichen Kriegen die Gemuͤther der Vor- nehmſten ſo barbariſch geworden, daß ſie faſt nichts gewohnt waren, als Rauben und Morden; Zum dritten war in dem confuſen Zuſtande, da weder Recht noch Gerechtigkeit gehandhabet wurde, nie- mand da, vor dem ſie Urſache hatten ſich zu fuͤrchten, ſondern ein iedweder, der der maͤchtigſte war, ſteckte den andern, der ohnmaͤchtiger war, in den Sack. Die Fuͤrſten muſten manches laſſen geſchehen, und durch die Finger kucken, aus Furcht, wenn ſie allzu ſcharff hinter einige ſolche Leute drein ſeyn ſolten, daß alsdenn dieſe Raͤuber ſich zu ihren Feinden ſchlagen wuͤrden, und ihre Parthey verſtaͤrcken. Es waren zum Theil maͤchtige Raͤuber, und fanden ſich auch wohl Grafen und an- dere hohe Standes-Perſonen mit dar- unter, die die Leute cavalierement todt ſchlugen, und es ſich vor keine Schande hielten. Der Feldbau, der Handel und Wandel lag damahls ziemlich danieder, und alſo war kein ſonderlicher Erwerb in dem Lande.
§. 3.
Es daurete dieſes Rauben und Morden biß in das funffzehende Seculum hinein. Denn nachdem die Hußiten in dem Ober-Teutſchland ſo groſſes Lermen und Unheyl verurſachten, ſo ward dadurch mancher in die aͤuſſerſte Deſperation ge- ſetzt, daß er Gelegenheit ſuchen muſte, durch redliche und unehrliche Mittel ſich hinzubringen. Es wurden von denen Landes-Fuͤrſten auch manchen Officirern als Commendanten gewiſſe Schloͤſſer an- vertrauet, daß ſie ſolche wider allerhand feindſelige Partheyen beſchuͤtzen ſolten, ſie wurden aber von denen Landes-Herren offt ziemlich verlaſſen, daß ſie weder Pro- viant noch Geld vor ſich und vor ihre Gvarniſon bey dem damahligen turbu- lenten Zuſtande erhalten konten, und mu- ſten alſo bißweilen ſehen, wo ſie etwas her bekamen. Sie griffen die feindlichen Partheyen an, und pluͤnderten ſie, end- lich aber gewohnten ſie dieſes Handwerck ſo ſehr, daß es ihnen gleich viel war, ob ſie Freunde oder Feinde vor ſich hatten, und
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[42/0098]
Des Erſten Theils 25. Capitel/
Creutzweg gienge, und in der Mitten
deſſen ſtehen bliebe, ſo wuͤrde man die He-
xen und die boͤſen Geiſter auf dem Brox-
Berge gantz eigentlich ſehen koͤnnen, wie
ſie ſich unter einander erluſtirten. Wer
Gefallen hat, dieſes zu experimentiren,
und die Richtigkeit davon zu erforſchen,
der kan es thun. Unſer Chriſtlicher und
vernuͤnfftiger teutſcher Jaͤger wird mit
dergleichen nicht viel zu ſchaffen haben;
ſo wird er ſich auch an die Taͤndeley nicht
kehren, da einige aus Einfalt und Aber-
glauben vorgeben, als ob man denſelben
Tag, wenn einem ein Haaſe qver uͤber den
Weg lieffe, ungluͤcklich ſeyn wuͤrde.
Das 25. Capitel/
Von den Raub-Schloͤſſern.
§. 1.
Derjenige, ſo ſich in Thuͤringen, in dem
Vogtlande, ſonderlich um den Fich-
tel-Berg herum, ingleichen in Nieder-
Sachſen an dem Hartze, in dem Koͤnig-
reich Boͤhmen, in Bayern, in dem Ertzge-
buͤrgiſchen Creyß, und in dem Meißniſchen
Creyß, in dem Churfuͤrſtenthum Sach-
ſen an der Elbe, und an andern Orten ein
wenig umgeſehen, der wird hie und da
manche wuͤſte und groͤſten Theils ruinirte
Schloͤſſer, ſo auf den Huͤgeln und Bergen
liegen, und vor dieſen mit hohen Thuͤr-
men verſehen geweſen, angetroffen ha-
ben, die man insgemein Raub-Schloͤſſer,
oder Raub-Neſter zu nennen pflegte, und
ietzund in ihren Ruderibus groͤſten Theils
danieder liegen, und eine Wohnung der
Raben und Nacht-Eulen, der Zihim
und Ohim, auch wohl der Zigeuner,
Spitzbuben, und anderer boͤſen Leute
abgeben.
§. 2. Der Urſprung ſolcher Schloͤſ-
ſer iſt wohl loͤblich und gut, ſie ſind aber
nachgehends in Mißbrauch ausgeſchla-
gen. Zu Anfange wurden dieſe Schloͤſ-
ſer auf hohen Bergen erbauet, damit man
ſich aus denſelben wider die Anlaͤuffe der
Hunnen, und anderer barbariſchen Voͤl-
cker, die gantz Teutſchland wie eine Waſ-
ſerfluth uͤberſchwemmten, vor der Erfin-
dung des Pulvers wehren, und in den-
ſelben Sicherheit haben, auch die feindli-
chen Partheyen von der Hoͤhe deſto beſſer
entdecken koͤnte. Endlich aber wurden
ſie in dem 13. und 14. Seculo, da die Be-
fehdungs-Zeiten ſo ſehr im Schwange
giengen, zu Raub-Neſtern; und war
unterſchiedenes, ſo hierzu Gelegenheit
gab: Erſtlich trieb die groſſe Armuth,
die durch die vielen Kriege in den Laͤndern
verurſacht worden, manchen Ritter an,
daß er bey den Reiſenden auf eine etwas
importune Art um eine Ritter-Zehrung
anhalten muͤſſen, weil er glaubte, daß er
ſich hierinnen ſelbſt der naͤchſte ſeyn muͤ-
ſte, und nichts zu leben und zu zehren hat-
te; Zum andern waren bey den continu-
irlichen Kriegen die Gemuͤther der Vor-
nehmſten ſo barbariſch geworden, daß ſie
faſt nichts gewohnt waren, als Rauben
und Morden; Zum dritten war in dem
confuſen Zuſtande, da weder Recht noch
Gerechtigkeit gehandhabet wurde, nie-
mand da, vor dem ſie Urſache hatten ſich zu
fuͤrchten, ſondern ein iedweder, der der
maͤchtigſte war, ſteckte den andern, der
ohnmaͤchtiger war, in den Sack. Die
Fuͤrſten muſten manches laſſen geſchehen,
und durch die Finger kucken, aus Furcht,
wenn ſie allzu ſcharff hinter einige ſolche
Leute drein ſeyn ſolten, daß alsdenn dieſe
Raͤuber ſich zu ihren Feinden ſchlagen
wuͤrden, und ihre Parthey verſtaͤrcken.
Es waren zum Theil maͤchtige Raͤuber,
und fanden ſich auch wohl Grafen und an-
dere hohe Standes-Perſonen mit dar-
unter, die die Leute cavalierement todt
ſchlugen, und es ſich vor keine Schande
hielten. Der Feldbau, der Handel und
Wandel lag damahls ziemlich danieder,
und alſo war kein ſonderlicher Erwerb in
dem Lande.
§. 3. Es daurete dieſes Rauben und
Morden biß in das funffzehende Seculum
hinein. Denn nachdem die Hußiten in
dem Ober-Teutſchland ſo groſſes Lermen
und Unheyl verurſachten, ſo ward dadurch
mancher in die aͤuſſerſte Deſperation ge-
ſetzt, daß er Gelegenheit ſuchen muſte,
durch redliche und unehrliche Mittel ſich
hinzubringen. Es wurden von denen
Landes-Fuͤrſten auch manchen Officirern
als Commendanten gewiſſe Schloͤſſer an-
vertrauet, daß ſie ſolche wider allerhand
feindſelige Partheyen beſchuͤtzen ſolten, ſie
wurden aber von denen Landes-Herren
offt ziemlich verlaſſen, daß ſie weder Pro-
viant noch Geld vor ſich und vor ihre
Gvarniſon bey dem damahligen turbu-
lenten Zuſtande erhalten konten, und mu-
ſten alſo bißweilen ſehen, wo ſie etwas her
bekamen. Sie griffen die feindlichen
Partheyen an, und pluͤnderten ſie, end-
lich aber gewohnten ſie dieſes Handwerck
ſo ſehr, daß es ihnen gleich viel war, ob ſie
Freunde oder Feinde vor ſich hatten, und
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/98>, abgerufen am 22.02.2025.
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