Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Des Ersten Theils 20. Cap. von dem Alterthum der Wälder. [Spaltenumbruch]
die die kleineste Zahl ausmachen, damitsie Gelegenheit haben, sich hiebey die Thor- heiten und Eitelkeiten der Welt desto bes- ser vorzustellen, und allerhand guten und erbaulichen Reflexions nachzuhängen; wiewohl man dieses an allen Orten und zu allen Zeiten thun kan und soll, und es eben keiner gebaueten und besonders ein- gerichteten Eremitage dabey bedarff. Das 20. Capitel/ Von dem Alterthum der Wälder. §. 1. Da der liebreiche Schöpffer den ersten §. 2. Die alten Heyden hatten gewis- §. 3. In solchen abgöttischen gehei- Städte,
Des Erſten Theils 20. Cap. von dem Alterthum der Waͤlder. [Spaltenumbruch]
die die kleineſte Zahl ausmachen, damitſie Gelegenheit haben, ſich hiebey die Thor- heiten und Eitelkeiten der Welt deſto beſ- ſer vorzuſtellen, und allerhand guten und erbaulichen Reflexions nachzuhaͤngen; wiewohl man dieſes an allen Orten und zu allen Zeiten thun kan und ſoll, und es eben keiner gebaueten und beſonders ein- gerichteten Eremitage dabey bedarff. Das 20. Capitel/ Von dem Alterthum der Waͤlder. §. 1. Da der liebreiche Schoͤpffer den erſten §. 2. Die alten Heyden hatten gewiſ- §. 3. In ſolchen abgoͤttiſchen gehei- Staͤdte,
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Des Erſten Theils 20. Cap. von dem Alterthum der Waͤlder.
die die kleineſte Zahl ausmachen, damit
ſie Gelegenheit haben, ſich hiebey die Thor-
heiten und Eitelkeiten der Welt deſto beſ-
ſer vorzuſtellen, und allerhand guten und
erbaulichen Reflexions nachzuhaͤngen;
wiewohl man dieſes an allen Orten und
zu allen Zeiten thun kan und ſoll, und es
eben keiner gebaueten und beſonders ein-
gerichteten Eremitage dabey bedarff.
Das 20. Capitel/
Von dem Alterthum der
Waͤlder.
§. 1.
Da der liebreiche Schoͤpffer den erſten
Menſchen an einen ſolchen Ort brach-
te, welcher mit lauter Anmuth geſeegnet
war, und in welchem die Natur alle ihre
Schaͤtze und Lieblichkeiten, ſo zu ſagen,
aufgeputzet hatte, ſo waren auch allda
Baͤume, ſo lieblich anzuſehen, anzutref-
fen. Ob es lauter fruchtbahre und Gar-
ten-Baͤume, oder ob auch von mancher-
ley wilden Holtz unterſchiedenes mit un-
termengt geweſen, kan man nicht gewiß
determiniren, wiewohl das erſtere pro-
babler ſcheinet; Jnzwiſchen iſt doch auch
gewiß, daß die wilden Baͤume von einem
feinen Anſehen. Die alten eyßgrauen
Eichen, die ſchoͤnen Ahorn-Baͤume mit
ihrem breiten praͤchtigen Laube, die ſchlan-
cken Tannen mit ihren beſtaͤndig gruͤnen-
den Tangeln, die furchtſamen Eſpen mit
ihrem zitternden Laube, die niedrigen
hartzigen Wacholder-Baͤumgen, und an-
dere Baͤume, verurſachen mit ihrem man-
cherley Unterſcheid dem Geſicht einen an-
genehmen Proſpect. Es ſind daher auch
die Waͤlder iederzeit hoch und anſehnlich
geachtet worden. Abraham der Ertz-
Vater wohnte in dem Hayn Mamre, all-
wo er GOtt ſelbſt, ſo ihm in angenom-
mener menſchlichen Geſtalt erſchienen,
nach ſeinem Vermoͤgen bewirthete. 1. B.
Moſ. am 18. Cap. Die Prophetin De-
bora wohnte auf dem Gebuͤrge Ephraim
unter den Palmbaͤumen. Die alten
Weltweiſen in Griechenland, ſonderlich
zu Athen, concipirten die ſinnreichſten
Meditationes unter dem Schatten der
Baͤume, weil ſie in den Gedancken ſtun-
den, daß der Schatten der Baͤume die
Sinnen am allermeiſten ſchaͤrffte; ſie
informirten auch demnach ihre Schuͤler
am fleißigſten und liebſten in den finſtern,
kuͤhlen u. Schattenreichen Waͤldern, weil
ſie ihren Gedancken daſelbſt rechte Audi-
enz geben konten; Sie hielten eine ſolche
ſtille Einſamkeit, die dicken und finſtern
Waͤlder, die angenehmen rauſchenden
Waſſer-Qvellen, nebſt dem herrlichen
Vogel-Geſang vor was recht Goͤttliches.
Unſere alten Teutſchen wohnten groͤſten
Theils in den Waͤldern, und ergoͤtzten ſich
an dem Schall ihrer Jagd-Hoͤrner, die in
den Bergen und Thaͤlern ein angenehm
Echo von ſich gaben, an dem Laut der
Hunde, und an dem Geſchrey und Ge-
laͤrme mancherley wilden Thiere.
§. 2. Die alten Heyden hatten gewiſ-
ſe geheiligte Waͤlder, Luci genannt, dieſe
dieneten zu Freyſtaͤdten und Aſylis denen
Verbrechern, weil ſie an dieſen privilegir-
ten Oertern ihre Retirade fanden. Man
glaubte auch vordeſſen in dem aberglaͤubi-
ſchen Heydenthum, daß die Goͤtter und
Goͤttinnen in den finſtern Waͤldern ihre
Wohnung aufſchluͤgen, und durffte man
auch kein Thier noch Vogel im geringſten
in denſelben beleidigen. Jn dem Wald
bey Antiochia ſtund ein Tempel der Goͤt-
tin Diana, welcher ſeiner angenehmen Si-
tuation halber mit allem Fleiß auserwehlt
ward. Es retirirte ſich der fromme Ho-
he-Prieſter Onias in dieſen befreyeten
Wald, aus Hoffnung, da ſicher zu ſeyn, er
wurde aber mit liſtiger Beredung aus der
Freyheit gelockt, und meuchelmoͤrderi-
ſcher Weiſe ermordet.
§. 3. In ſolchen abgoͤttiſchen gehei-
ligten Waͤldern durffte nach damahligem
Gebrauch der Heyden kein Vieh gehuͤtet
werden, damit nicht etwan ſolche Oerter
von dem unreinen Vieh verunreiniget
wuͤrden, welches nachgehends noch eine
lange Zeit bey den Chriſten im Gebrauch
geblieben. Es ſind hin und wieder in
Sachſen und andern Landen einige Reli-
quien von ſolchen Goͤtzen-Tempeln anzu-
treffen. Alſo findet man in dem Marg-
grafthum Nieder-Lauſitz, und zwar zu
Luͤbben vor dem Luckauiſchen Thore bey
dem Hoſpital-Kirchhofe dergleichen an-
genehmen Luſt-Wald, darinnen die al-
ten heydniſchen Wenden eine ſteinerne
Goͤttin veneriret, die ſie Lupam genennet;
Sie hatte zwar einige Menſchen-Geſtalt,
praeſentirte ſich aber mit Ziegen-Fuͤſſen.
Vor dieſen Goͤtzen-Bilde lieſſen die Leute
durch die Pfaffen raͤuchern, und ihre groſ-
ſe Devotion erweiſen. Es wird dieſer
Buſch noch heutiges Tages der Hayn ge-
nennet, und findet man von den damahli-
gen Zeiten her heut zu Tage noch viel
Staͤdte,
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