Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Vom Unterschied der Kräuter. [Spaltenumbruch]
solche Vettel sie gerichtet, noch dieselbigeNacht zu ihr kommen müsse, ob sie gleich viel Meilen von ihm entfernt wäre. S. Valvasors Ehre des Hertzogthums Crayn III. Buch p. 356. Die Wurtzel von der Mannstreue soll zu den Venerischen Sa- chen ungemein anreitzen. Jngleichen soll das Knaben-Kraut eine solche Krafft be- sitzen, daß es auch an denjenigen Orten, wo es in grosser Menge wächst und blü- het, den Personen von beyderley Ge- schlecht einen besondern Stimulum geben soll. §. 7. Wir haben in unserm Teutsch- §. 8. Die Kräuter sind nach dem Das 19. Capitel/ Von einem Eremiten und einer Eremitage. §. 1. Jndem ich mich ietzund mit meinen men. D 3
Vom Unterſchied der Kraͤuter. [Spaltenumbruch]
ſolche Vettel ſie gerichtet, noch dieſelbigeNacht zu ihr kommen muͤſſe, ob ſie gleich viel Meilen von ihm entfernt waͤre. S. Valvaſors Ehre des Hertzogthums Crayn III. Buch p. 356. Die Wurtzel von der Mannstreue ſoll zu den Veneriſchen Sa- chen ungemein anreitzen. Jngleichen ſoll das Knaben-Kraut eine ſolche Krafft be- ſitzen, daß es auch an denjenigen Orten, wo es in groſſer Menge waͤchſt und bluͤ- het, den Perſonen von beyderley Ge- ſchlecht einen beſondern Stimulum geben ſoll. §. 7. Wir haben in unſerm Teutſch- §. 8. Die Kraͤuter ſind nach dem Das 19. Capitel/ Von einem Eremiten und einer Eremitage. §. 1. Jndem ich mich ietzund mit meinen men. D 3
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Jn den heiſſen Mit-<lb/> taͤgigen Laͤndern erweiſen manche ſchon<lb/> andere Wuͤrckungen, als in dem kalten<lb/> Nord. Die auf den hohen Bergen wach-<lb/> ſen, ſind ſchon von einer andern Beſchaf-<lb/> fenheit, als die in der Ebene, oder an<lb/> ſumpffigten Orten ſtehen. Ja man hat<lb/> auch aus der Erfahrung, daß ſie in einem<lb/> Sommer immer anders ſeyn, als in dem<lb/> andern, ie heiſſer die Sommer, ie kraͤff-<lb/> tiger und ſtaͤrcker ſind die Kraͤuter. Das<lb/> uͤbrige, was von dieſer Materie noch wei-<lb/> ter geſagt werden koͤnte, will ich den Her-<lb/> ren <hi rendition="#aq">Phyſicis</hi> und <hi rendition="#aq">Medicis</hi> zur Unterſu-<lb/> chung uͤberlaſſen.</p><lb/> <cb/> </div> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das 19. 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Gegen<lb/> uͤber war das Bildniß der heiligen Mut-<lb/> ter GOttes in Kupfferſtich zu ſehen. Zur<lb/> rechten Hand ein klein Tiſchgen, worauf<lb/> ein hoͤltzern Crucifix ſtand, und ein aufge-<lb/> ſchlagen Buch lag. Auf der langen Banck<lb/> zur lincken Hand war eine braune Ma-<lb/> tratze. Jm Winckel zur Erden ſtund ein<lb/> zugedeckter Krug, nebſt einem groben<lb/> ſchwartzen Brode. Als ich nun dieſes ein-<lb/> ſame Gebaͤude vorbey paßiret, begegnete<lb/> mir dieſer <hi rendition="#aq">Eremit</hi>e in einer braunen zu-<lb/> riſſenen Kappe, mit einem langen Stabe<lb/> und eyßgrauen Barte. Es hatte dieſer<lb/> alte Greiß mancherley Kraͤuter in einem<lb/> leinen Tuͤchlein zuſammen geleſen, und<lb/> verwahrte ſie ſehr wohl. Jch erkundig-<lb/> te mich nach den Kraͤfften und Wuͤrckun-<lb/> gen dieſer Kraͤuter; er wolte mir aber kei-<lb/> ne andere Antwort geben, als daß er ſol-<lb/> cher zur Erhaltung ſeiner Geſundheit be-<lb/> noͤthiget waͤre, indem er in dieſer Wuͤſte-<lb/> ney keine andere Medicamente bekommen<lb/> koͤnte; Er ſagte auch, daß das Genuͤſſen ſol-<lb/> cher Kraͤuter weit zutraͤglicher waͤre, als<lb/> die beſten Victualien. Jch gruͤſſete ihn<lb/> auf Lateiniſch, und erſuchte ihn, daß er ſich<lb/> doch gefallen moͤgte laſſen, ein freundlich<lb/> Geſpraͤch mit mir zu halten. Er machte<lb/> eine gar furchtſame Mine dazu. Da er<lb/> nun endlich wohl ſahe, daß ich ihm nichts<lb/> zu Leyde that, ſo hielt er zwar ein wenig<lb/> ſtille, ſchlug aber die Augen ſtets nieder,<lb/> biß er endlich Polniſch zu reden anfieng,<lb/> welches ich aber nicht verſtand. 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Vom Unterſchied der Kraͤuter.
ſolche Vettel ſie gerichtet, noch dieſelbige
Nacht zu ihr kommen muͤſſe, ob ſie gleich
viel Meilen von ihm entfernt waͤre. S.
Valvaſors Ehre des Hertzogthums Crayn
III. Buch p. 356. Die Wurtzel von der
Mannstreue ſoll zu den Veneriſchen Sa-
chen ungemein anreitzen. Jngleichen ſoll
das Knaben-Kraut eine ſolche Krafft be-
ſitzen, daß es auch an denjenigen Orten,
wo es in groſſer Menge waͤchſt und bluͤ-
het, den Perſonen von beyderley Ge-
ſchlecht einen beſondern Stimulum geben
ſoll.
§. 7. Wir haben in unſerm Teutſch-
land ſo viel heilſame und vortreffliche Artz-
ney-Kraͤuter, daß wir der fremden gar
ſehr wohl entbehren koͤnten. Es haben
alſo unterſchiedene mit ſehr gutem Effect
den Oſt-Indianiſchen Thée mit dem Eh-
renpreiß, mit dem edlen Gamanderlein,
mit der Betonica, mit dem Scordio und
andern Kraͤutern erſetzt. So wird auch
in der V. Obſervation der Actorum Medi-
corum Berolinenſium des II. Stuͤckes von
dem Tencrio Vero ſehr groß Werck ge-
macht. Es ſoll dem auslaͤndiſchen Thée
am allergleichſten kommen, und noch viel
aͤhnlicher ſeyn, als alle die andern Kraͤu-
ter, die man dazu erwehlet. Es ſoll am
Geſchmack eben ſo lieblich ſeyn, als der
Thée, und noch faſt lieblicher, es ſoll eben
ſo tingiren, und von Krancken und Ge-
ſunden gebraucht werden koͤnnen. Es
waͤchſet in groſſer Menge auf den Frey-
waldiſchen Bergen in dem Brandenbur-
giſchen, und iſt bey dem Buchfuͤhrer Ge-
dicken in Leipzig zu bekommen.
§. 8. Die Kraͤuter ſind nach dem
Unterſchied der Laͤnder und der Gegen-
den unterſchieden. Jn den heiſſen Mit-
taͤgigen Laͤndern erweiſen manche ſchon
andere Wuͤrckungen, als in dem kalten
Nord. Die auf den hohen Bergen wach-
ſen, ſind ſchon von einer andern Beſchaf-
fenheit, als die in der Ebene, oder an
ſumpffigten Orten ſtehen. Ja man hat
auch aus der Erfahrung, daß ſie in einem
Sommer immer anders ſeyn, als in dem
andern, ie heiſſer die Sommer, ie kraͤff-
tiger und ſtaͤrcker ſind die Kraͤuter. Das
uͤbrige, was von dieſer Materie noch wei-
ter geſagt werden koͤnte, will ich den Her-
ren Phyſicis und Medicis zur Unterſu-
chung uͤberlaſſen.
Das 19. Capitel/
Von einem Eremiten und
einer Eremitage.
§. 1.
Jndem ich mich ietzund mit meinen
Gedancken in den wuͤſten Waͤldern,
und einſamen angenehmen Gegenden
aufhalte, ſo erinnere ich mich desjenigen
Eremitens und ſeiner Behaͤltniß, die ich
einſten in Cujavien, als ich in Regiments-
Sachen als Major dahin verſchickt wor-
den, angetroffen. Das Einſiedler-Haͤus-
gen war von vierkandtig beſchlagenem
Holtze ins Gevierdte fuͤnff Ellen Manns
hoch aufgeſchroten, und mit Baumrin-
de bedeckt, die Thuͤre war mit hoͤltzernen
Riegeln feſt verwahrt. Jch kuckte durch
die Ritzen, und fand nichts anders drin-
nen, als zur lincken Hand eine niedrige
Banck, worauf ein Kloͤtzgen lag. Gegen
uͤber war das Bildniß der heiligen Mut-
ter GOttes in Kupfferſtich zu ſehen. Zur
rechten Hand ein klein Tiſchgen, worauf
ein hoͤltzern Crucifix ſtand, und ein aufge-
ſchlagen Buch lag. Auf der langen Banck
zur lincken Hand war eine braune Ma-
tratze. Jm Winckel zur Erden ſtund ein
zugedeckter Krug, nebſt einem groben
ſchwartzen Brode. Als ich nun dieſes ein-
ſame Gebaͤude vorbey paßiret, begegnete
mir dieſer Eremite in einer braunen zu-
riſſenen Kappe, mit einem langen Stabe
und eyßgrauen Barte. Es hatte dieſer
alte Greiß mancherley Kraͤuter in einem
leinen Tuͤchlein zuſammen geleſen, und
verwahrte ſie ſehr wohl. Jch erkundig-
te mich nach den Kraͤfften und Wuͤrckun-
gen dieſer Kraͤuter; er wolte mir aber kei-
ne andere Antwort geben, als daß er ſol-
cher zur Erhaltung ſeiner Geſundheit be-
noͤthiget waͤre, indem er in dieſer Wuͤſte-
ney keine andere Medicamente bekommen
koͤnte; Er ſagte auch, daß das Genuͤſſen ſol-
cher Kraͤuter weit zutraͤglicher waͤre, als
die beſten Victualien. Jch gruͤſſete ihn
auf Lateiniſch, und erſuchte ihn, daß er ſich
doch gefallen moͤgte laſſen, ein freundlich
Geſpraͤch mit mir zu halten. Er machte
eine gar furchtſame Mine dazu. Da er
nun endlich wohl ſahe, daß ich ihm nichts
zu Leyde that, ſo hielt er zwar ein wenig
ſtille, ſchlug aber die Augen ſtets nieder,
biß er endlich Polniſch zu reden anfieng,
welches ich aber nicht verſtand. Jch wol-
te ihm einen Gulden ſchencken, er weiger-
te ſich aber beſtaͤndig, denſelben anzuneh-
men.
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