[Spaltenumbruch]
gen. Diese thut man alsdenn in einen mäßigen Teich, so wachsen sie in einem Jahr ziemlich groß, also, daß man sie das andere Jahr verkauffen kan. Auf die- se Weise, sagt er, kan man sie alle Jahr multipliciren, daß, so die einen groß wer- den, die andern wieder wachsen.
§. 3.
Man fänget die Aale gerne mit Angeln, an die sie mit ihren kleinen und spi- tzigen Zähnlein bald anzubeissen pflegen. Viele wollen, man solte warten, biß daß sich ein starckes Donner-Wetter am Him- mel hören liesse. Sie begäben sich als- denn vor Taubheit gerne in die Höhe, und könten also gar leichtlich gefangen werden. Man giebet insgemein vor, daß wenn die Mütter, da sie schwanger giengen, von den Aalen äßen, so würden sich hernach die Kinder, die von ihnen ge- bohren würden, vor dem Donner-Wet- ter, und sonderlich vor dem Wetterleuch- ten fürchten, weil die Aale dergleichen nicht vertragen könten.
§. 4.
Es werden die Aale zuweilen mehr als Ellen lang, und Armes dicke; ihre schlüpfferige Haut ist auf dem Rücken dunckel-blau, am Bauch weißlicht, das Maul ist ziemlich weit, die Kehle aber en- ge. Sie haben vier Kiefen auf ieder Sei- te, und nahe dabey zwo Floß-Federn, oben aber auf dem Rücken und unten am Bauche bey dem Affterfangen zwey andere Floß-Federn an, und lauffen, biß an die Spitze des Schwantzes. Einige ha- ben wollen wahrnehmen, daß sie um die Zeit des Aprilis in ihren Kiefen kleine weis- se Würmlein, wie ein gedreheter Zwirn- Faden, führten, welche, wenn sie anfien- gen sich zu bewegen, davon schämmen, und die Gestalt eines Aales erlangten.
§. 5.
Das Fleisch der Aale ist süß, weichlich und fett, und wird vor eine De- licatesse gehalten. Die Herren Medici achten die Aale nicht vor gar zu gesund; sie meynen, daß sie eine klebrige und schleimichte Nahrung gäben, Verstopf- fungen machten und Fieber erregten. Einige machen einen Unterschied, unter den Aalen, so in reinen Wassern gefan- gen werden, und unter denen, so aus sumpfigten Wassern kommen. Man hält auch die Mittel-Aale vor gesünder als die gar starcken, weil selbige zu viel Fett haben, und gar leicht einen Eckel ver- ursachen können. Jn der Küche werden die Aale selten mit einer Brühe zugerich- tet, sondern mehrentheils trocken gesot- ten, oder auf dem Rost gebraten, da man [Spaltenumbruch]
denn Wein-Eßig oder Citronen-Safft und Pfeffer und Jngwer dabey zu ge- nüssen pflegt. An denjenigen Orten, wo man sie in grosser Menge fängt, wer- den sie eingesaltzen, oder in Rauch gehan- gen, und alsdenn weggesendet.
§. 6.
Gewiß ists, daß die Aale ei- ne ziemliche Verwandschafft mit den Schlangen haben, und kommen sie auch in diesem Stück mit einander überein, daß, wenn man die Aale in viel kleine Stückgen zerschneidet, dennoch alle diese Stücke noch lange Zeit ein Leben bey sich haben, weil die Lebens-Geister so zähe sind, daß sie nicht so gleich, als wie bey de- nen, die flüchtige und sehr subtile Lebens- Geister haben, verfliegen.
§. 7.
Jn Preussen und in der Marck Brandenburg giebt es ungemein viel Aale, ingleichen in Pommern. Der Ur- sprung der Aale wird von den Schif- fern und Fischern davor gehalten, daß er sey zwischen Cüstrin und dem grossen Hafen, in dem Morast, allwo sie so lan- ge verbleiben, biß auf St. Jacobs Tag, alsdenn sie miteinander leichen, und in den grossen Hafen kommen. Wenn sie leichen, verwickeln sie sich in einander, daß sie, wie die grossen Brau-Fässer in der Dicke Klumpen-weise beysammen zu se- hen sind. Wenn denn also der Sturm oder Trieb von dem Winde in den Oder- Fluß kömmt, so werden sie durch die drey Ostia der Oder in die Ost-See fortge- schickt, worauf sie von der Force der gros- sen Wellen von einander gerissen werden, sich auch weiter in die See zu gehen, we- gen der Wellen Gewalt, nicht trauen, son- dern kommen per mare Balthicum, in den Mittelfahrter Sund, weil dessen Was- ser nicht so gar saltzig ist, so, daß sie mei- stentheils an dem Jütländischen Gestade bleiben, allwo sie auch bey Fridericia in der Enge der Nacht mit Reusen, welche mit grossen verzäunten Pfählen, so man Aal-Gärre nennet, geleget und gefangen werden, in solcher Menge, daß bey hun- dert und mehr in einer Reuse zu finden sind, worunter theils eines Mannes Arm dicke sind. Wenn sie des Nachts kommen, scheinen sie nicht anders als feurige oder gläntzende Schlangen, und währet dieser Gang von Michaelis biß Alt Martini, alsdenn weder zu- vor, noch darnach keine mehr gesehen werden. Die, so nicht gefangen wer- den, kommen in den Sinum Coda- num, da sie von der Weite des Meeres,
und
Des Fiſch-Buchs 23. Capitel/ von den Aalen.
[Spaltenumbruch]
gen. Dieſe thut man alsdenn in einen maͤßigen Teich, ſo wachſen ſie in einem Jahr ziemlich groß, alſo, daß man ſie das andere Jahr verkauffen kan. Auf die- ſe Weiſe, ſagt er, kan man ſie alle Jahr multipliciren, daß, ſo die einen groß wer- den, die andern wieder wachſen.
§. 3.
Man faͤnget die Aale gerne mit Angeln, an die ſie mit ihꝛen kleinen und ſpi- tzigen Zaͤhnlein bald anzubeiſſen pflegen. Viele wollen, man ſolte warten, biß daß ſich ein ſtarckes Donner-Wetter am Him- mel hoͤren lieſſe. Sie begaͤben ſich als- denn vor Taubheit gerne in die Hoͤhe, und koͤnten alſo gar leichtlich gefangen werden. Man giebet insgemein vor, daß wenn die Muͤtter, da ſie ſchwanger giengen, von den Aalen aͤßen, ſo wuͤrden ſich hernach die Kinder, die von ihnen ge- bohren wuͤrden, vor dem Donner-Wet- ter, und ſonderlich vor dem Wetterleuch- ten fuͤrchten, weil die Aale dergleichen nicht vertragen koͤnten.
§. 4.
Es werden die Aale zuweilen mehr als Ellen lang, und Armes dicke; ihre ſchluͤpfferige Haut iſt auf dem Ruͤcken dunckel-blau, am Bauch weißlicht, das Maul iſt ziemlich weit, die Kehle aber en- ge. Sie haben vier Kiefen auf ieder Sei- te, und nahe dabey zwo Floß-Federn, oben aber auf dem Ruͤcken und unten am Bauche bey dem Affterfangen zwey andere Floß-Federn an, und lauffen, biß an die Spitze des Schwantzes. Einige ha- ben wollen wahrnehmen, daß ſie um die Zeit des Aprilis in ihren Kiefen kleine weiſ- ſe Wuͤrmlein, wie ein gedreheter Zwirn- Faden, fuͤhrten, welche, wenn ſie anfien- gen ſich zu bewegen, davon ſchaͤmmen, und die Geſtalt eines Aales erlangten.
§. 5.
Das Fleiſch der Aale iſt ſuͤß, weichlich und fett, und wird vor eine De- licateſſe gehalten. Die Herren Medici achten die Aale nicht vor gar zu geſund; ſie meynen, daß ſie eine klebrige und ſchleimichte Nahrung gaͤben, Verſtopf- fungen machten und Fieber erregten. Einige machen einen Unterſchied, unter den Aalen, ſo in reinen Waſſern gefan- gen werden, und unter denen, ſo aus ſumpfigten Waſſern kommen. Man haͤlt auch die Mittel-Aale vor geſuͤnder als die gar ſtarcken, weil ſelbige zu viel Fett haben, und gar leicht einen Eckel ver- urſachen koͤnnen. Jn der Kuͤche werden die Aale ſelten mit einer Bruͤhe zugerich- tet, ſondern mehrentheils trocken geſot- ten, oder auf dem Roſt gebraten, da man [Spaltenumbruch]
denn Wein-Eßig oder Citronen-Safft und Pfeffer und Jngwer dabey zu ge- nuͤſſen pflegt. An denjenigen Orten, wo man ſie in groſſer Menge faͤngt, wer- den ſie eingeſaltzen, oder in Rauch gehan- gen, und alsdenn weggeſendet.
§. 6.
Gewiß iſts, daß die Aale ei- ne ziemliche Verwandſchafft mit den Schlangen haben, und kommen ſie auch in dieſem Stuͤck mit einander uͤberein, daß, wenn man die Aale in viel kleine Stuͤckgen zerſchneidet, dennoch alle dieſe Stuͤcke noch lange Zeit ein Leben bey ſich haben, weil die Lebens-Geiſter ſo zaͤhe ſind, daß ſie nicht ſo gleich, als wie bey de- nen, die fluͤchtige und ſehr ſubtile Lebens- Geiſter haben, verfliegen.
§. 7.
Jn Preuſſen und in der Marck Brandenburg giebt es ungemein viel Aale, ingleichen in Pommern. Der Ur- ſprung der Aale wird von den Schif- fern und Fiſchern davor gehalten, daß er ſey zwiſchen Cuͤſtrin und dem groſſen Hafen, in dem Moraſt, allwo ſie ſo lan- ge verbleiben, biß auf St. Jacobs Tag, alsdenn ſie miteinander leichen, und in den groſſen Hafen kommen. Wenn ſie leichen, verwickeln ſie ſich in einander, daß ſie, wie die groſſen Brau-Faͤſſer in der Dicke Klumpen-weiſe beyſammen zu ſe- hen ſind. Wenn denn alſo der Sturm oder Trieb von dem Winde in den Oder- Fluß koͤmmt, ſo werden ſie durch die drey Oſtia der Oder in die Oſt-See fortge- ſchickt, worauf ſie von der Force der groſ- ſen Wellen von einander geriſſen werden, ſich auch weiter in die See zu gehen, we- gen der Wellen Gewalt, nicht trauen, ſon- dern kommen per mare Balthicum, in den Mittelfahrter Sund, weil deſſen Waſ- ſer nicht ſo gar ſaltzig iſt, ſo, daß ſie mei- ſtentheils an dem Juͤtlaͤndiſchen Geſtade bleiben, allwo ſie auch bey Fridericia in der Enge der Nacht mit Reuſen, welche mit groſſen verzaͤunten Pfaͤhlen, ſo man Aal-Gaͤrre nennet, geleget und gefangen werden, in ſolcher Menge, daß bey hun- dert und mehr in einer Reuſe zu finden ſind, worunter theils eines Mannes Arm dicke ſind. Wenn ſie des Nachts kommen, ſcheinen ſie nicht anders als feurige oder glaͤntzende Schlangen, und waͤhret dieſer Gang von Michaelis biß Alt Martini, alsdenn weder zu- vor, noch darnach keine mehr geſehen werden. Die, ſo nicht gefangen wer- den, kommen in den Sinum Coda- num, da ſie von der Weite des Meeres,
und
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[432/0600]
Des Fiſch-Buchs 23. Capitel/ von den Aalen.
gen. Dieſe thut man alsdenn in einen
maͤßigen Teich, ſo wachſen ſie in einem
Jahr ziemlich groß, alſo, daß man ſie das
andere Jahr verkauffen kan. Auf die-
ſe Weiſe, ſagt er, kan man ſie alle Jahr
multipliciren, daß, ſo die einen groß wer-
den, die andern wieder wachſen.
§. 3. Man faͤnget die Aale gerne mit
Angeln, an die ſie mit ihꝛen kleinen und ſpi-
tzigen Zaͤhnlein bald anzubeiſſen pflegen.
Viele wollen, man ſolte warten, biß daß
ſich ein ſtarckes Donner-Wetter am Him-
mel hoͤren lieſſe. Sie begaͤben ſich als-
denn vor Taubheit gerne in die Hoͤhe,
und koͤnten alſo gar leichtlich gefangen
werden. Man giebet insgemein vor,
daß wenn die Muͤtter, da ſie ſchwanger
giengen, von den Aalen aͤßen, ſo wuͤrden
ſich hernach die Kinder, die von ihnen ge-
bohren wuͤrden, vor dem Donner-Wet-
ter, und ſonderlich vor dem Wetterleuch-
ten fuͤrchten, weil die Aale dergleichen
nicht vertragen koͤnten.
§. 4. Es werden die Aale zuweilen
mehr als Ellen lang, und Armes dicke;
ihre ſchluͤpfferige Haut iſt auf dem Ruͤcken
dunckel-blau, am Bauch weißlicht, das
Maul iſt ziemlich weit, die Kehle aber en-
ge. Sie haben vier Kiefen auf ieder Sei-
te, und nahe dabey zwo Floß-Federn,
oben aber auf dem Ruͤcken und unten
am Bauche bey dem Affterfangen zwey
andere Floß-Federn an, und lauffen, biß
an die Spitze des Schwantzes. Einige ha-
ben wollen wahrnehmen, daß ſie um die
Zeit des Aprilis in ihren Kiefen kleine weiſ-
ſe Wuͤrmlein, wie ein gedreheter Zwirn-
Faden, fuͤhrten, welche, wenn ſie anfien-
gen ſich zu bewegen, davon ſchaͤmmen,
und die Geſtalt eines Aales erlangten.
§. 5. Das Fleiſch der Aale iſt ſuͤß,
weichlich und fett, und wird vor eine De-
licateſſe gehalten. Die Herren Medici
achten die Aale nicht vor gar zu geſund;
ſie meynen, daß ſie eine klebrige und
ſchleimichte Nahrung gaͤben, Verſtopf-
fungen machten und Fieber erregten.
Einige machen einen Unterſchied, unter
den Aalen, ſo in reinen Waſſern gefan-
gen werden, und unter denen, ſo aus
ſumpfigten Waſſern kommen. Man
haͤlt auch die Mittel-Aale vor geſuͤnder
als die gar ſtarcken, weil ſelbige zu viel
Fett haben, und gar leicht einen Eckel ver-
urſachen koͤnnen. Jn der Kuͤche werden
die Aale ſelten mit einer Bruͤhe zugerich-
tet, ſondern mehrentheils trocken geſot-
ten, oder auf dem Roſt gebraten, da man
denn Wein-Eßig oder Citronen-Safft
und Pfeffer und Jngwer dabey zu ge-
nuͤſſen pflegt. An denjenigen Orten,
wo man ſie in groſſer Menge faͤngt, wer-
den ſie eingeſaltzen, oder in Rauch gehan-
gen, und alsdenn weggeſendet.
§. 6. Gewiß iſts, daß die Aale ei-
ne ziemliche Verwandſchafft mit den
Schlangen haben, und kommen ſie auch
in dieſem Stuͤck mit einander uͤberein,
daß, wenn man die Aale in viel kleine
Stuͤckgen zerſchneidet, dennoch alle dieſe
Stuͤcke noch lange Zeit ein Leben bey ſich
haben, weil die Lebens-Geiſter ſo zaͤhe
ſind, daß ſie nicht ſo gleich, als wie bey de-
nen, die fluͤchtige und ſehr ſubtile Lebens-
Geiſter haben, verfliegen.
§. 7. Jn Preuſſen und in der Marck
Brandenburg giebt es ungemein viel
Aale, ingleichen in Pommern. Der Ur-
ſprung der Aale wird von den Schif-
fern und Fiſchern davor gehalten, daß
er ſey zwiſchen Cuͤſtrin und dem groſſen
Hafen, in dem Moraſt, allwo ſie ſo lan-
ge verbleiben, biß auf St. Jacobs Tag,
alsdenn ſie miteinander leichen, und in
den groſſen Hafen kommen. Wenn ſie
leichen, verwickeln ſie ſich in einander, daß
ſie, wie die groſſen Brau-Faͤſſer in der
Dicke Klumpen-weiſe beyſammen zu ſe-
hen ſind. Wenn denn alſo der Sturm
oder Trieb von dem Winde in den Oder-
Fluß koͤmmt, ſo werden ſie durch die drey
Oſtia der Oder in die Oſt-See fortge-
ſchickt, worauf ſie von der Force der groſ-
ſen Wellen von einander geriſſen werden,
ſich auch weiter in die See zu gehen, we-
gen der Wellen Gewalt, nicht trauen, ſon-
dern kommen per mare Balthicum, in den
Mittelfahrter Sund, weil deſſen Waſ-
ſer nicht ſo gar ſaltzig iſt, ſo, daß ſie mei-
ſtentheils an dem Juͤtlaͤndiſchen Geſtade
bleiben, allwo ſie auch bey Fridericia in
der Enge der Nacht mit Reuſen, welche
mit groſſen verzaͤunten Pfaͤhlen, ſo man
Aal-Gaͤrre nennet, geleget und gefangen
werden, in ſolcher Menge, daß bey hun-
dert und mehr in einer Reuſe zu finden
ſind, worunter theils eines Mannes
Arm dicke ſind. Wenn ſie des Nachts
kommen, ſcheinen ſie nicht anders als
feurige oder glaͤntzende Schlangen, und
waͤhret dieſer Gang von Michaelis
biß Alt Martini, alsdenn weder zu-
vor, noch darnach keine mehr geſehen
werden. Die, ſo nicht gefangen wer-
den, kommen in den Sinum Coda-
num, da ſie von der Weite des Meeres,
und
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/600>, abgerufen am 22.02.2025.
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