[Spaltenumbruch]
machen, und solche mit neuen Erfindun- gen zu bereichern, noch gar sehr vieles übrig gelassen. Vieles, ja möcht ich wohl sagen, das meiste, was man hiervon weiß, rühret nicht von den Gelehrten her, son- dern von dem gemeinen Mann, und dem ungefehren Zufall, der in seiner grösten Noth dieses oder jenes, was er hat erlan- gen mögen, experimentiret, und, nachdem er einen guten Effect hiervon wahrge- nommen, diese Würckung andern ge- sagt, welche dadurch bekandt geworden.
§. 15.
Hierbey wäre auch zu unter- suchen, ob die Fische, wie einige vorgeben, nach dem Unterschied der Jahres-Zeiten, oder auch nach dem Unterschied der Pro- vintzien, einen diversen Effect in der Me- dicin hätten. Wenn die Fische in der Ar- tzeney sollen gebrauchet werden, so müs- sen sie nicht abgestanden seyn, weil als- denn die Krafft, die in ihnen befindlich, nicht so beschaffen, daß sie den Menschen nützlich seyn könte, sie müssen auch mit keiner Seuche beladen, sondern frisch und gesund seyn.
§. 16.
Jch hätte hier noch vieles kön- nen anbringen von allerley Medicamenten, die von den fremden See-Fischen, inglei- chen von allerhand Arten der Muscheln, Austern, u. s. w. zubereitet werden. Nach- dem aber solche Abhandlung allzu weit- läufftig, und in den Medicinischen und Apothecker-Schrifften dergleichen zur Gnüge ausgeführet ist, so will ich es hier- bey bewenden lassen, und lieber von den Oeconomischen Materien, die bey den Fischen und Fischereyen vorkommen, ei- nes und das andere, was ich vor nöthig achte, erinnern, den Leser aber, der von dergleichen ein Liebhaber, auf die Medi- cinischen Schrifften verweisen.
Das 23. Capitel/ Von den Aalen.
§. 1.
Die Aale sind sehr schlanck, glatt, und ohne Schuppen, sie lieben entweder die still-fliessenden, schlammigten und mo- derigten, oder die starck-rauschenden Wasser. Sie halten sich gerne auf, wo unten eine Mühle, da das Wasser auf die Räder mit grossem Geräusch fällt. Wenn sie nun das Geräusche des Was- sers und der Mühle hören, legen sie sich oben auf das Wasser, und schwimmen dem Strohm nach hinunter zu der Müh- [Spaltenumbruch]
le, da leget man ihnen grosse Reusen und Fisch-Körbe hart an einander, etwan ei- nes guten Schrittes lang über die Fluth- Rinnen, durch welche das Wasser unten auf die Räder läufft; wenn sie nun zu denselbigen Rinnen kommen, und mercken, daß sie die Fluth ergreiffen, und mit her- unter auf die Räder werffen will, so krie- chen sie unter das Wasser, drehen sich um, und wollen unten auf der Erde wieder zurück im Wasser gegen den Strohm hinaufschiessen, und kommen also in die Reusen, und werden gefangen. Ergreiffe sie aber die Fluth des Wassers, und reißt sie mit herunter auf die Räder, so hat man unten an den Rinnen Säcke vorge- stellt, darein kommen sie, und werden gleichwohl gefangen, wenn man des Mor- gens die Reusen und Säcke hebt.
§. 2.
Die Aale gebähren nicht zu ge- wiß bestimmten, wie andere Fische, son- dern zu allerhand Zeiten. Am besten sollen sie seyn im Majo, und mitten im August-Monat. Das Blut davon ist so schädlich, daß, wenn es einem Men- schen in die Augen kömmt, er leicht um das Gesicht kommen, und solches in 10. oder 12. Wochen nicht wieder zu recht brin- gen kan, wie Colerus schreibet. Es wird von unterschiedenen der Kopff, Schweiff, und das weisse Aederlein, das ihnen durch den Rückgrad gehet, vor giff- tig gehalten, und weggeschmissen, ich hal- te aber, ohne sattsamen Grund. Der Herr Boecler beschreibet in seiner Haus- und Feld-Schule p. 1279. eine seltzame Art Aale zu zeugen, folgender Gestalt: Man sammlet im Majo und Zunehmen des Mondens den Thau mit Tüchern, aufs wenigste eine halbe Ohme, hernach fängt man zehn oder zwölff alte Aaale, schnei- det ihnen die Köpffe ab, und ziehet auch die Haut ab, nimmt hernach das Eingewey- de aus dem Bauch samt dem Fett, zer- hackt alles aufs kleineste, und zerstöst es in einem steinernen Mörsel, thut es in ein Wasser-Röhrig, und setzt es alle Tage an die Sonne; ferner nimmt man auch das Fleisch, und zerhackt solches auf das klei- neste, stöst es auch wie das vorige, und setzt es in einem irdenen Geschirr etliche Nächte an den Mondenschein, so werden sich kleine Würmlein erzeigen, darnach thut man alles zusammen, in das obige Thau-Wasser, und setzt es in einem gar niedrigen Geschirr alle Tage an die Son- ne, so werden sich in etlichen Tagen gar viel einer Nadel lang lebendige Aale zei-
gen.
J i i 2
Des Fiſch-Buchs 23. Capitel/ von den Aalen.
[Spaltenumbruch]
machen, und ſolche mit neuen Erfindun- gen zu bereichern, noch gar ſehr vieles uͤbrig gelaſſen. Vieles, ja moͤcht ich wohl ſagen, das meiſte, was man hiervon weiß, ruͤhret nicht von den Gelehrten her, ſon- dern von dem gemeinen Mann, und dem ungefehren Zufall, der in ſeiner groͤſten Noth dieſes oder jenes, was er hat erlan- gen moͤgen, experimentiret, und, nachdem er einen guten Effect hiervon wahrge- nommen, dieſe Wuͤrckung andern ge- ſagt, welche dadurch bekandt geworden.
§. 15.
Hierbey waͤre auch zu unter- ſuchen, ob die Fiſche, wie einige vorgeben, nach dem Unterſchied der Jahres-Zeiten, oder auch nach dem Unterſchied der Pro- vintzien, einen diverſen Effect in der Me- dicin haͤtten. Wenn die Fiſche in der Ar- tzeney ſollen gebrauchet werden, ſo muͤſ- ſen ſie nicht abgeſtanden ſeyn, weil als- denn die Krafft, die in ihnen befindlich, nicht ſo beſchaffen, daß ſie den Menſchen nuͤtzlich ſeyn koͤnte, ſie muͤſſen auch mit keiner Seuche beladen, ſondern friſch und geſund ſeyn.
§. 16.
Jch haͤtte hier noch vieles koͤn- nen anbringen von alleꝛley Medicamenten, die von den fremden See-Fiſchen, inglei- chen von allerhand Arten der Muſcheln, Auſtern, u. ſ. w. zubereitet werden. Nach- dem aber ſolche Abhandlung allzu weit- laͤufftig, und in den Mediciniſchen und Apothecker-Schrifften dergleichen zur Gnuͤge ausgefuͤhret iſt, ſo will ich es hier- bey bewenden laſſen, und lieber von den Oeconomiſchen Materien, die bey den Fiſchen und Fiſchereyen vorkommen, ei- nes und das andere, was ich vor noͤthig achte, erinnern, den Leſer aber, der von dergleichen ein Liebhaber, auf die Medi- ciniſchen Schrifften verweiſen.
Das 23. Capitel/ Von den Aalen.
§. 1.
Die Aale ſind ſehr ſchlanck, glatt, und ohne Schuppen, ſie lieben entweder die ſtill-flieſſenden, ſchlammigten und mo- derigten, oder die ſtarck-rauſchenden Waſſer. Sie halten ſich gerne auf, wo unten eine Muͤhle, da das Waſſer auf die Raͤder mit groſſem Geraͤuſch faͤllt. Wenn ſie nun das Geraͤuſche des Waſ- ſers und der Muͤhle hoͤren, legen ſie ſich oben auf das Waſſer, und ſchwimmen dem Strohm nach hinunter zu der Muͤh- [Spaltenumbruch]
le, da leget man ihnen groſſe Reuſen und Fiſch-Koͤrbe hart an einander, etwan ei- nes guten Schrittes lang uͤber die Fluth- Rinnen, durch welche das Waſſer unten auf die Raͤder laͤufft; wenn ſie nun zu denſelbigen Rinnen kom̃en, und mercken, daß ſie die Fluth ergreiffen, und mit her- unter auf die Raͤder werffen will, ſo krie- chen ſie unter das Waſſer, drehen ſich um, und wollen unten auf der Erde wieder zuruͤck im Waſſer gegen den Strohm hinaufſchieſſen, und kommen alſo in die Reuſen, und werden gefangen. Ergreiffe ſie aber die Fluth des Waſſers, und reißt ſie mit herunter auf die Raͤder, ſo hat man unten an den Rinnen Saͤcke vorge- ſtellt, darein kommen ſie, und werden gleichwohl gefangen, wenn man des Mor- gens die Reuſen und Saͤcke hebt.
§. 2.
Die Aale gebaͤhren nicht zu ge- wiß beſtimmten, wie andere Fiſche, ſon- dern zu allerhand Zeiten. Am beſten ſollen ſie ſeyn im Majo, und mitten im Auguſt-Monat. Das Blut davon iſt ſo ſchaͤdlich, daß, wenn es einem Men- ſchen in die Augen koͤmmt, er leicht um das Geſicht kommen, und ſolches in 10. oder 12. Wochen nicht wieder zu recht brin- gen kan, wie Colerus ſchreibet. Es wird von unterſchiedenen der Kopff, Schweiff, und das weiſſe Aederlein, das ihnen durch den Ruͤckgrad gehet, vor giff- tig gehalten, und weggeſchmiſſen, ich hal- te aber, ohne ſattſamen Grund. Der Herr Boecler beſchreibet in ſeiner Haus- und Feld-Schule p. 1279. eine ſeltzame Art Aale zu zeugen, folgender Geſtalt: Man ſammlet im Majo und Zunehmen des Mondens den Thau mit Tuͤchern, aufs wenigſte eine halbe Ohme, hernach faͤngt man zehn oder zwoͤlff alte Aaale, ſchnei- det ihnen die Koͤpffe ab, und ziehet auch die Haut ab, nimmt hernach das Eingewey- de aus dem Bauch ſamt dem Fett, zer- hackt alles aufs kleineſte, und zerſtoͤſt es in einem ſteinernen Moͤrſel, thut es in ein Waſſer-Roͤhrig, und ſetzt es alle Tage an die Sonne; ferner nimmt man auch das Fleiſch, und zerhackt ſolches auf das klei- neſte, ſtoͤſt es auch wie das vorige, und ſetzt es in einem irdenen Geſchirr etliche Naͤchte an den Mondenſchein, ſo werden ſich kleine Wuͤrmlein erzeigen, darnach thut man alles zuſammen, in das obige Thau-Waſſer, und ſetzt es in einem gar niedrigen Geſchirr alle Tage an die Son- ne, ſo werden ſich in etlichen Tagen gar viel einer Nadel lang lebendige Aale zei-
gen.
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Des Fiſch-Buchs 23. Capitel/ von den Aalen.
machen, und ſolche mit neuen Erfindun-
gen zu bereichern, noch gar ſehr vieles
uͤbrig gelaſſen. Vieles, ja moͤcht ich wohl
ſagen, das meiſte, was man hiervon weiß,
ruͤhret nicht von den Gelehrten her, ſon-
dern von dem gemeinen Mann, und dem
ungefehren Zufall, der in ſeiner groͤſten
Noth dieſes oder jenes, was er hat erlan-
gen moͤgen, experimentiret, und, nachdem
er einen guten Effect hiervon wahrge-
nommen, dieſe Wuͤrckung andern ge-
ſagt, welche dadurch bekandt geworden.
§. 15. Hierbey waͤre auch zu unter-
ſuchen, ob die Fiſche, wie einige vorgeben,
nach dem Unterſchied der Jahres-Zeiten,
oder auch nach dem Unterſchied der Pro-
vintzien, einen diverſen Effect in der Me-
dicin haͤtten. Wenn die Fiſche in der Ar-
tzeney ſollen gebrauchet werden, ſo muͤſ-
ſen ſie nicht abgeſtanden ſeyn, weil als-
denn die Krafft, die in ihnen befindlich,
nicht ſo beſchaffen, daß ſie den Menſchen
nuͤtzlich ſeyn koͤnte, ſie muͤſſen auch mit
keiner Seuche beladen, ſondern friſch und
geſund ſeyn.
§. 16. Jch haͤtte hier noch vieles koͤn-
nen anbringen von alleꝛley Medicamenten,
die von den fremden See-Fiſchen, inglei-
chen von allerhand Arten der Muſcheln,
Auſtern, u. ſ. w. zubereitet werden. Nach-
dem aber ſolche Abhandlung allzu weit-
laͤufftig, und in den Mediciniſchen und
Apothecker-Schrifften dergleichen zur
Gnuͤge ausgefuͤhret iſt, ſo will ich es hier-
bey bewenden laſſen, und lieber von den
Oeconomiſchen Materien, die bey den
Fiſchen und Fiſchereyen vorkommen, ei-
nes und das andere, was ich vor noͤthig
achte, erinnern, den Leſer aber, der von
dergleichen ein Liebhaber, auf die Medi-
ciniſchen Schrifften verweiſen.
Das 23. Capitel/
Von den Aalen.
§. 1.
Die Aale ſind ſehr ſchlanck, glatt, und
ohne Schuppen, ſie lieben entweder
die ſtill-flieſſenden, ſchlammigten und mo-
derigten, oder die ſtarck-rauſchenden
Waſſer. Sie halten ſich gerne auf, wo
unten eine Muͤhle, da das Waſſer auf
die Raͤder mit groſſem Geraͤuſch faͤllt.
Wenn ſie nun das Geraͤuſche des Waſ-
ſers und der Muͤhle hoͤren, legen ſie ſich
oben auf das Waſſer, und ſchwimmen
dem Strohm nach hinunter zu der Muͤh-
le, da leget man ihnen groſſe Reuſen und
Fiſch-Koͤrbe hart an einander, etwan ei-
nes guten Schrittes lang uͤber die Fluth-
Rinnen, durch welche das Waſſer unten
auf die Raͤder laͤufft; wenn ſie nun zu
denſelbigen Rinnen kom̃en, und mercken,
daß ſie die Fluth ergreiffen, und mit her-
unter auf die Raͤder werffen will, ſo krie-
chen ſie unter das Waſſer, drehen ſich um,
und wollen unten auf der Erde wieder
zuruͤck im Waſſer gegen den Strohm
hinaufſchieſſen, und kommen alſo in die
Reuſen, und werden gefangen. Ergreiffe
ſie aber die Fluth des Waſſers, und reißt
ſie mit herunter auf die Raͤder, ſo hat
man unten an den Rinnen Saͤcke vorge-
ſtellt, darein kommen ſie, und werden
gleichwohl gefangen, wenn man des Mor-
gens die Reuſen und Saͤcke hebt.
§. 2. Die Aale gebaͤhren nicht zu ge-
wiß beſtimmten, wie andere Fiſche, ſon-
dern zu allerhand Zeiten. Am beſten
ſollen ſie ſeyn im Majo, und mitten im
Auguſt-Monat. Das Blut davon iſt
ſo ſchaͤdlich, daß, wenn es einem Men-
ſchen in die Augen koͤmmt, er leicht um
das Geſicht kommen, und ſolches in 10.
oder 12. Wochen nicht wieder zu recht brin-
gen kan, wie Colerus ſchreibet. Es
wird von unterſchiedenen der Kopff,
Schweiff, und das weiſſe Aederlein, das
ihnen durch den Ruͤckgrad gehet, vor giff-
tig gehalten, und weggeſchmiſſen, ich hal-
te aber, ohne ſattſamen Grund. Der
Herr Boecler beſchreibet in ſeiner Haus-
und Feld-Schule p. 1279. eine ſeltzame Art
Aale zu zeugen, folgender Geſtalt: Man
ſammlet im Majo und Zunehmen des
Mondens den Thau mit Tuͤchern, aufs
wenigſte eine halbe Ohme, hernach faͤngt
man zehn oder zwoͤlff alte Aaale, ſchnei-
det ihnen die Koͤpffe ab, und ziehet auch die
Haut ab, nimmt hernach das Eingewey-
de aus dem Bauch ſamt dem Fett, zer-
hackt alles aufs kleineſte, und zerſtoͤſt es
in einem ſteinernen Moͤrſel, thut es in ein
Waſſer-Roͤhrig, und ſetzt es alle Tage an
die Sonne; ferner nimmt man auch das
Fleiſch, und zerhackt ſolches auf das klei-
neſte, ſtoͤſt es auch wie das vorige, und
ſetzt es in einem irdenen Geſchirr etliche
Naͤchte an den Mondenſchein, ſo werden
ſich kleine Wuͤrmlein erzeigen, darnach
thut man alles zuſammen, in das obige
Thau-Waſſer, und ſetzt es in einem gar
niedrigen Geſchirr alle Tage an die Son-
ne, ſo werden ſich in etlichen Tagen gar
viel einer Nadel lang lebendige Aale zei-
gen.
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/599>, abgerufen am 22.02.2025.
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