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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Allerhand Historien von den Fischen.
[Spaltenumbruch] ten Fische mit sich bringt, damit des Men-
schen Appetit, dem alles von dem liebrei-
chen Schöpffer zu gute erschaffen worden,
immer etwas neues und besonders haben
möge, und einerley Art Fische nicht über-
drüßig werden mögte? Jst es nicht et-
was wunderbares, daß solche Thiere im
Wasser von geringer Speise, von Koth
und Sand, von allerhand Ungeziefer,
u. d. g. so zunehmen, und zu einer solchen
Grösse gelangen können? Jst es nicht et-
was sonderbares, daß die Fische zu der
Zeit, da die Ströhme mit Eyse, wie mit
einem Harnisch, umgeben sind, dennoch
Lufft haben, und respiriren können unter
dem Wasser? Jst es nicht wunderbar, daß
die Fische ihren Behältnissen nach propor-
tioni
rt sind; Die kleinen Bächlein führen
kleine Fischgen, als Elritzen, Schmerlen,
Gründlinge, u. s. w. bey sich, die grössern
haben grössere Fische, und die grossen
Ströhme, als die Elbe, die Donau, der
Rhein, führen noch grössere bey sich, als
die Lachse, die Stöhre, die Welße, u. s. w.
Kommen wir nun vollends auf die See,
so treffen wir daselbst, als in einem sehr
grossen Magazin und Aufbehältnisse aller
Fische, nicht allein sehr grosse Wallfische
an, die den Häusern und Gebäuden glei-
chen, sondern auch kleinere und Mittel-
Sorten. Jst es nicht wunderbar, daß
kein Abgang an Fischen gespühret wird,
obgleich dieselben in so grosser Menge weg-
gefangen werden? Jst nicht die Figur der
Fische selbst zu admiriren, die vor dieses
Element so weißlich adaptirt? Die Floß-
federn sind ihnen an statt der Ruder, daß
sie im Schwimmen fortsegeln können,
und die Bewegung in dem Schwantze ist
ihnen gleichsam das Steuer-Ruder, daß
sie sich hinlencken können, wohin sie wol-
len. Jst nicht wunderbar, daß einige Fi-
sche von der Natur, als wie die Persche,
mit solchem Gewehr versehen sind, daß
sie den Räubern und ihren Feinden eine
solche Resistenz leisten können, daß sie von
denselben unangefochten bleiben. Wenn
man alle Stücke der Fische nach ihrer A-
natomie
und nach den Principiis der Phy-
sic
und der Mechanic genau durchgehen
wolte, so würde man so viel Gelegenheit
finden, die Weißheit des Schöpffers über
diesen Bau zu bewundern, daß man nicht
würde wissen, wo man anfangen, und
wieder aufhören solte. Jedoch, es ist zu
beklagen, daß man nur auf die Geschöpf-
fe siehet, der Geschöpffe geneust, ja, was
sag ich geneust, vielmehr ihrer zum
[Spaltenumbruch] Schwelgen, zur Unmäßigkeit, und zur
Erfüllung seiner Passionen mißbrauchet,
und hingegentheils des Schöpffers meh-
rentheils darüber vergißt. Wir sind
offters wie das Vieh auf der Weyde, das
geneust der Speisen, und bekümmert sich
nicht weiter, von wem, und aus wessen
Hand solches komme, welches gewißlich
zu beklagen.

Das 20. Capitel/
Von den Physicalischen An-
merckungen in Ansehung
der Fische.
§. 1.

Die Erstaunens-würdige Fruchtbar-
keit der Fische im Meer kömmt ohne
Zweifel von der Saltzigkeit des Meeres
her. Diß scheinet eben die Ursache zu
seyn, sagt Plinius, daß man in dem Meer
gar ungemein viel grössere Geschöpffe, als
auf Erden findet, weil sie daselbst einen
grossen Uberfluß am Saltz haben. Hin-
gegen wo das Saltz auf eine übermäßige
Art die Oberhand hat, kan nichts wach-
sen. Daher rühret die erschreckliche Un-
fruchtbarkeit des Sodomitischen Mee-
res, welches auch deswegen das todte
Meer genennet wird. Selbiges ist auf
das alleräusserste gesaltzen. Es kan kein
Thier darinnen leben, so bald man einen
Fisch hinein wirfft, stirbt er augenblick-
lich. Jst aber das Saltz in einem tem-
perirt
en Grade, als wie in dem andern
Meer, so macht es die Wasser sehr frucht-
bar. Es ist auch würcklich an keinem Or-
te in der Welt so eine starcke Neigung zu
der Fortpflantzung, als unter den Ein-
wohnern des Meeres. Man wird an-
derswo keinen Vater finden, der mit ei-
ner so zahlreichen Nachkommenschafft
prangen können, als unter den Fischen.
Es ist also das Saltz das Principium der
Fruchtbarkeit bey den Thieren. S. Val-
lemonts
Merckwürdigkeiten der Natur
und Kunst p. 217.

§. 2.

Einige Fische pflegen bey bevor-
stehendem Wetter hoch zu schwimmen,
und also das Wetter zu propheceyen. Jn
einer gewissen See in Pündten in den
Schweitzer-Gebürgen, die groß, tief,
und Forellen-reich ist, werden bey bevor-
stehendem Ungewitter wirblichte Bewe-
gungen wahrgenommen, welches die Ein-
wohner einem gewissen Fisch zuschreiben,

der

Allerhand Hiſtorien von den Fiſchen.
[Spaltenumbruch] ten Fiſche mit ſich bringt, damit des Men-
ſchen Appetit, dem alles von dem liebrei-
chen Schoͤpffer zu gute erſchaffen worden,
immer etwas neues und beſonders haben
moͤge, und einerley Art Fiſche nicht uͤber-
druͤßig werden moͤgte? Jſt es nicht et-
was wunderbares, daß ſolche Thiere im
Waſſer von geringer Speiſe, von Koth
und Sand, von allerhand Ungeziefer,
u. d. g. ſo zunehmen, und zu einer ſolchen
Groͤſſe gelangen koͤnnen? Jſt es nicht et-
was ſonderbares, daß die Fiſche zu der
Zeit, da die Stroͤhme mit Eyſe, wie mit
einem Harniſch, umgeben ſind, dennoch
Lufft haben, und reſpiriren koͤnnen unter
dem Waſſer? Jſt es nicht wunderbar, daß
die Fiſche ihren Behaͤltniſſen nach propor-
tioni
rt ſind; Die kleinen Baͤchlein fuͤhren
kleine Fiſchgen, als Elritzen, Schmerlen,
Gruͤndlinge, u. ſ. w. bey ſich, die groͤſſern
haben groͤſſere Fiſche, und die groſſen
Stroͤhme, als die Elbe, die Donau, der
Rhein, fuͤhren noch groͤſſere bey ſich, als
die Lachſe, die Stoͤhre, die Welße, u. ſ. w.
Kommen wir nun vollends auf die See,
ſo treffen wir daſelbſt, als in einem ſehr
groſſen Magazin und Aufbehaͤltniſſe aller
Fiſche, nicht allein ſehr groſſe Wallfiſche
an, die den Haͤuſern und Gebaͤuden glei-
chen, ſondern auch kleinere und Mittel-
Sorten. Jſt es nicht wunderbar, daß
kein Abgang an Fiſchen geſpuͤhret wird,
obgleich dieſelben in ſo groſſer Menge weg-
gefangen werden? Jſt nicht die Figur der
Fiſche ſelbſt zu admiriren, die vor dieſes
Element ſo weißlich adaptirt? Die Floß-
federn ſind ihnen an ſtatt der Ruder, daß
ſie im Schwimmen fortſegeln koͤnnen,
und die Bewegung in dem Schwantze iſt
ihnen gleichſam das Steuer-Ruder, daß
ſie ſich hinlencken koͤnnen, wohin ſie wol-
len. Jſt nicht wunderbar, daß einige Fi-
ſche von der Natur, als wie die Perſche,
mit ſolchem Gewehr verſehen ſind, daß
ſie den Raͤubern und ihren Feinden eine
ſolche Reſiſtenz leiſten koͤnnen, daß ſie von
denſelben unangefochten bleiben. Wenn
man alle Stuͤcke der Fiſche nach ihrer A-
natomie
und nach den Principiis der Phy-
ſic
und der Mechanic genau durchgehen
wolte, ſo wuͤrde man ſo viel Gelegenheit
finden, die Weißheit des Schoͤpffers uͤber
dieſen Bau zu bewundern, daß man nicht
wuͤrde wiſſen, wo man anfangen, und
wieder aufhoͤren ſolte. Jedoch, es iſt zu
beklagen, daß man nur auf die Geſchoͤpf-
fe ſiehet, der Geſchoͤpffe geneuſt, ja, was
ſag ich geneuſt, vielmehr ihrer zum
[Spaltenumbruch] Schwelgen, zur Unmaͤßigkeit, und zur
Erfuͤllung ſeiner Paſſionen mißbrauchet,
und hingegentheils des Schoͤpffers meh-
rentheils daruͤber vergißt. Wir ſind
offters wie das Vieh auf der Weyde, das
geneuſt der Speiſen, und bekuͤmmert ſich
nicht weiter, von wem, und aus weſſen
Hand ſolches komme, welches gewißlich
zu beklagen.

Das 20. Capitel/
Von den Phyſicaliſchen An-
merckungen in Anſehung
der Fiſche.
§. 1.

Die Erſtaunens-wuͤrdige Fruchtbar-
keit der Fiſche im Meer koͤmmt ohne
Zweifel von der Saltzigkeit des Meeres
her. Diß ſcheinet eben die Urſache zu
ſeyn, ſagt Plinius, daß man in dem Meer
gar ungemein viel groͤſſere Geſchoͤpffe, als
auf Erden findet, weil ſie daſelbſt einen
groſſen Uberfluß am Saltz haben. Hin-
gegen wo das Saltz auf eine uͤbermaͤßige
Art die Oberhand hat, kan nichts wach-
ſen. Daher ruͤhret die erſchreckliche Un-
fruchtbarkeit des Sodomitiſchen Mee-
res, welches auch deswegen das todte
Meer genennet wird. Selbiges iſt auf
das alleraͤuſſerſte geſaltzen. Es kan kein
Thier darinnen leben, ſo bald man einen
Fiſch hinein wirfft, ſtirbt er augenblick-
lich. Jſt aber das Saltz in einem tem-
perirt
en Grade, als wie in dem andern
Meer, ſo macht es die Waſſer ſehr frucht-
bar. Es iſt auch wuͤrcklich an keinem Or-
te in der Welt ſo eine ſtarcke Neigung zu
der Fortpflantzung, als unter den Ein-
wohnern des Meeres. Man wird an-
derswo keinen Vater finden, der mit ei-
ner ſo zahlreichen Nachkommenſchafft
prangen koͤnnen, als unter den Fiſchen.
Es iſt alſo das Saltz das Principium der
Fruchtbarkeit bey den Thieren. S. Val-
lemonts
Merckwuͤrdigkeiten der Natur
und Kunſt p. 217.

§. 2.

Einige Fiſche pflegen bey bevor-
ſtehendem Wetter hoch zu ſchwimmen,
und alſo das Wetter zu propheceyen. Jn
einer gewiſſen See in Puͤndten in den
Schweitzer-Gebuͤrgen, die groß, tief,
und Forellen-reich iſt, werden bey bevor-
ſtehendem Ungewitter wirblichte Bewe-
gungen wahrgenommen, welches die Ein-
wohner einem gewiſſen Fiſch zuſchreiben,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/587>, abgerufen am 30.12.2024.