Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Von dem Gebürge. [Spaltenumbruch]
hohen Gebürgen findet man jederzeit desSommers und Winters einen sehr tieffen Schnee, welcher sich von vielen Jahren her daselbst gehäufft; Aus dessen Durch- schnitte, wenn er Schicht-weise überein- ander liegt, und mit dem dazwischen ge- fallenen Laub und Tannen-Nadeln ver- mischt ist, kan man die Anzahl der Jah- re, nach welchen er Schicht-weise über- einander gelegen, gar deutlich bemer- cken. §. 7. Daß die Gebürge rechte Artze- §. 8. Zu Krieges-Zeiten müssen §. 9. Von denen Bergen haben sehr viel §. 10. Die Gebürge sind von mancher- Das 3. Capitel/ Von den Stein-Felsen und Klippen. §. 1. Unter denen Gebürgen trifft man eini- find A 3
Von dem Gebuͤrge. [Spaltenumbruch]
hohen Gebuͤrgen findet man jederzeit desSommers und Winters einen ſehr tieffen Schnee, welcher ſich von vielen Jahren her daſelbſt gehaͤufft; Aus deſſen Durch- ſchnitte, wenn er Schicht-weiſe uͤberein- ander liegt, und mit dem dazwiſchen ge- fallenen Laub und Tannen-Nadeln ver- miſcht iſt, kan man die Anzahl der Jah- re, nach welchen er Schicht-weiſe uͤber- einander gelegen, gar deutlich bemer- cken. §. 7. Daß die Gebuͤrge rechte Artze- §. 8. Zu Krieges-Zeiten muͤſſen §. 9. Von denen Bergen haben ſehr viel §. 10. Die Gebuͤrge ſind von mancher- Das 3. Capitel/ Von den Stein-Felſen und Klippen. §. 1. Unter denen Gebuͤrgen trifft man eini- find A 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0045" n="5"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von dem Gebuͤrge.</hi></fw><lb/><cb/> hohen Gebuͤrgen findet man jederzeit des<lb/> Sommers und Winters einen ſehr tieffen<lb/> Schnee, welcher ſich von vielen Jahren<lb/> her daſelbſt gehaͤufft; Aus deſſen Durch-<lb/> ſchnitte, wenn er Schicht-weiſe uͤberein-<lb/> ander liegt, und mit dem dazwiſchen ge-<lb/> fallenen Laub und Tannen-Nadeln ver-<lb/> miſcht iſt, kan man die Anzahl der Jah-<lb/> re, nach welchen er Schicht-weiſe uͤber-<lb/> einander gelegen, gar deutlich bemer-<lb/> cken.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 7.</head> <p>Daß die Gebuͤrge rechte Artze-<lb/> ney-Kraͤuter-Gaͤrten zu nennen, hab ich<lb/> oben geſagt, und kan ich aus eigener Er-<lb/> fahrung davon zeugen. Denn als ich<lb/> An. 1714. als Koͤniglich-Polniſcher und<lb/> Churfuͤrſtlich-Saͤchßiſcher <hi rendition="#aq">Capitain</hi> zu<lb/> Fuß auf die Grentz-Poſtirung zwiſchen<lb/> Boͤhmen und Schleſien auf Saͤchßiſcher<lb/> Grentze zu Wiegansthal, dem Herrn<lb/> Obriſten von Gersdorff gehoͤrigen Guͤ-<lb/> tern, im Quartier gelegen/ ſo habe mich<lb/> offters dann und wann, da ich von mei-<lb/> nem Poſtirungs-<hi rendition="#aq">Commando</hi> abkommen<lb/> koͤnnen, mit Beſteigung und Anſchau-<lb/> ung des daſelbſt angrentzenden weitbe-<lb/> ruͤhmten Rieſen-Gebuͤrges, und der o-<lb/> ben daſelbſt befindlichen Oerter, nahment-<lb/> lich der Stein-Klippen, der Tafel-Fichten,<lb/> auch der Grentzen, wo Sachſen, Boͤhmen<lb/> und Schleſien an einander ſtoſſen, <hi rendition="#aq">diver-<lb/> ti</hi>ret, und Kraͤuter von gar beſondrer<lb/> Krafft und Tugend angetroffen. So<lb/> haben mich einige Anwohner dieſer Ge-<lb/> genden verſichern wollen, daß Kraͤuter<lb/> daſelbſt wuͤchſen, dadurch Menſchen und<lb/> Viehe ſich koͤnten feſte machen, welches<lb/> ich in ſeinem Werth und Unwerth beru-<lb/> hen laſſe.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 8.</head> <p>Zu Krieges-Zeiten muͤſſen<lb/> die gebuͤrgiſchen Gegenden, vor die<lb/> bedraͤngten armen Einwohner wider<lb/> manches Streiffen der feindlichen Par-<lb/> theyen eine Schutzwehre und Bollwerck<lb/> abgeben. Es haben vor einigen Zeiten<lb/> alte Leute noch zu erzehlen gewuſt, daß<lb/> in dem Ertzgebuͤrgiſchen Creyße, als der<lb/> dreyßigjaͤhrige Krieg das arme Sachſen-<lb/> Land nebſt andern Provintzen Teutſch-<lb/> landes zugleich in Flammen ſetzte, die<lb/> armen Gebuͤrger ſich mit den ihrigen und<lb/> mit ihrem Vieh wider manchen Anlauf<lb/> in dem Gebuͤrge gerettet, da ſie ſich auf<lb/> allen Seiten zugleich mit Holtz wohl ver-<lb/> hauen, und mit Herunterkollern der<lb/> groſſen Baͤume und Balcken, auch dem<lb/> Abwerffen der Steine, den Feinden man-<lb/> chen Schaden zugefuͤget. Jngleichen iſt<lb/><cb/> noch bekandt, wie zu Eingang des jetzigen<lb/><hi rendition="#aq">Seculi,</hi> als der Churfuͤrſt zu Baͤyern ſich<lb/> wider den Kaͤyſer und das Reich empoͤ-<lb/> rete, die Tyroliſchen Bauern von ihren<lb/> Bergen den Feinden faſt groͤſſern Ab-<lb/> bruch gethan, als die <hi rendition="#aq">regulirt</hi>en Troup-<lb/> pen aus ihren Lagern.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 9.</head> <p>Von denen Bergen haben ſehr viel<lb/> Staͤdte in Teutſchland ihre Beneñung er-<lb/> halten, als Danneberg, Marienberg, Ca-<lb/> tharinenberg, Voigtsberg, Perlberg, und<lb/> viel andere mehr. Jngleichen haben ſie viel<lb/> beruͤhmten Geſchlechtern den Nahmen<lb/> gegeben, als denen Grafen von Warten-<lb/> berg, denen von Rechenberg, von Schoͤn-<lb/> berg, von Franckenberg und viel andern.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 10.</head> <p>Die Gebuͤrge ſind von mancher-<lb/> ley Natur und Beſchaffenheit, einige ſind<lb/> gantz rauh und kahl, auf welchen faſt<lb/> gar nichts wachſen will, und bey dieſen<lb/> hat es die goͤttliche Weißheit und Liebe<lb/> alſo geordnet, daß ſolche, weil ſie auf ih-<lb/> rer Oberflaͤche den Menſchen keine Dien-<lb/> ſte leiſten koͤnnen, mehrentheils in ihrem<lb/> Eingeweyde ihre Schaͤtze verborgen ha-<lb/> ben. Andere ſind mit Baͤumen und<lb/> guten Kraͤutern beſetzt, und muͤſſen ſol-<lb/> che zu einer guten Hutung vor das Vieh<lb/> dienen. Noch andere zinſen ihren Beſi-<lb/> tzern und Eigenthums-Herrn allerhand<lb/> Steine, an Werckſtuͤcken, Bruchſteinen,<lb/> Kalck und andern Steinen. Eigentlich<lb/> ſind die Gebuͤrge in dreyerley Arten ein-<lb/> zutheilen, als in die Sand-Gebuͤrge, in<lb/> die Wein-Gebuͤrge, die mit Wein-Ber-<lb/> gen angelegt und ausgezieret ſeyn, und<lb/> in die Stein-Gebuͤrge, da man Felſen,<lb/> Klippen, Wacken und groſſe Steine an-<lb/> trifft. Jch will dieſes Capitel mit dem<lb/> 10. v. des 148. Pſalmens beſchluͤſſen: Es<lb/> loben den HErrn die Berge und alle<lb/> Huͤgel, die fruchtbaren Baͤume und al-<lb/> le Cedern-Baͤume, die Thiere und alles<lb/> Vieh, die kriechenden Thiere und das<lb/> Gevoͤgel.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das 3. Capitel/<lb/> Von den Stein-Felſen und<lb/> Klippen.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>§. 1.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">U</hi>nter denen Gebuͤrgen trifft man eini-<lb/> ge an, welche die Natur aus puren<lb/> Steinen ausgearbeitet; Es ſind dieſelben<lb/> von einer wunderbahren Geſtalt, einige<lb/> ſind, wie runde Kuchen oder Brodte uͤ-<lb/> ber einander geſchichtet, andere haben ei-<lb/> ne Kegel-formige Geſtalt, noch andere<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">find</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0045]
Von dem Gebuͤrge.
hohen Gebuͤrgen findet man jederzeit des
Sommers und Winters einen ſehr tieffen
Schnee, welcher ſich von vielen Jahren
her daſelbſt gehaͤufft; Aus deſſen Durch-
ſchnitte, wenn er Schicht-weiſe uͤberein-
ander liegt, und mit dem dazwiſchen ge-
fallenen Laub und Tannen-Nadeln ver-
miſcht iſt, kan man die Anzahl der Jah-
re, nach welchen er Schicht-weiſe uͤber-
einander gelegen, gar deutlich bemer-
cken.
§. 7. Daß die Gebuͤrge rechte Artze-
ney-Kraͤuter-Gaͤrten zu nennen, hab ich
oben geſagt, und kan ich aus eigener Er-
fahrung davon zeugen. Denn als ich
An. 1714. als Koͤniglich-Polniſcher und
Churfuͤrſtlich-Saͤchßiſcher Capitain zu
Fuß auf die Grentz-Poſtirung zwiſchen
Boͤhmen und Schleſien auf Saͤchßiſcher
Grentze zu Wiegansthal, dem Herrn
Obriſten von Gersdorff gehoͤrigen Guͤ-
tern, im Quartier gelegen/ ſo habe mich
offters dann und wann, da ich von mei-
nem Poſtirungs-Commando abkommen
koͤnnen, mit Beſteigung und Anſchau-
ung des daſelbſt angrentzenden weitbe-
ruͤhmten Rieſen-Gebuͤrges, und der o-
ben daſelbſt befindlichen Oerter, nahment-
lich der Stein-Klippen, der Tafel-Fichten,
auch der Grentzen, wo Sachſen, Boͤhmen
und Schleſien an einander ſtoſſen, diver-
tiret, und Kraͤuter von gar beſondrer
Krafft und Tugend angetroffen. So
haben mich einige Anwohner dieſer Ge-
genden verſichern wollen, daß Kraͤuter
daſelbſt wuͤchſen, dadurch Menſchen und
Viehe ſich koͤnten feſte machen, welches
ich in ſeinem Werth und Unwerth beru-
hen laſſe.
§. 8. Zu Krieges-Zeiten muͤſſen
die gebuͤrgiſchen Gegenden, vor die
bedraͤngten armen Einwohner wider
manches Streiffen der feindlichen Par-
theyen eine Schutzwehre und Bollwerck
abgeben. Es haben vor einigen Zeiten
alte Leute noch zu erzehlen gewuſt, daß
in dem Ertzgebuͤrgiſchen Creyße, als der
dreyßigjaͤhrige Krieg das arme Sachſen-
Land nebſt andern Provintzen Teutſch-
landes zugleich in Flammen ſetzte, die
armen Gebuͤrger ſich mit den ihrigen und
mit ihrem Vieh wider manchen Anlauf
in dem Gebuͤrge gerettet, da ſie ſich auf
allen Seiten zugleich mit Holtz wohl ver-
hauen, und mit Herunterkollern der
groſſen Baͤume und Balcken, auch dem
Abwerffen der Steine, den Feinden man-
chen Schaden zugefuͤget. Jngleichen iſt
noch bekandt, wie zu Eingang des jetzigen
Seculi, als der Churfuͤrſt zu Baͤyern ſich
wider den Kaͤyſer und das Reich empoͤ-
rete, die Tyroliſchen Bauern von ihren
Bergen den Feinden faſt groͤſſern Ab-
bruch gethan, als die regulirten Troup-
pen aus ihren Lagern.
§. 9. Von denen Bergen haben ſehr viel
Staͤdte in Teutſchland ihre Beneñung er-
halten, als Danneberg, Marienberg, Ca-
tharinenberg, Voigtsberg, Perlberg, und
viel andere mehr. Jngleichen haben ſie viel
beruͤhmten Geſchlechtern den Nahmen
gegeben, als denen Grafen von Warten-
berg, denen von Rechenberg, von Schoͤn-
berg, von Franckenberg und viel andern.
§. 10. Die Gebuͤrge ſind von mancher-
ley Natur und Beſchaffenheit, einige ſind
gantz rauh und kahl, auf welchen faſt
gar nichts wachſen will, und bey dieſen
hat es die goͤttliche Weißheit und Liebe
alſo geordnet, daß ſolche, weil ſie auf ih-
rer Oberflaͤche den Menſchen keine Dien-
ſte leiſten koͤnnen, mehrentheils in ihrem
Eingeweyde ihre Schaͤtze verborgen ha-
ben. Andere ſind mit Baͤumen und
guten Kraͤutern beſetzt, und muͤſſen ſol-
che zu einer guten Hutung vor das Vieh
dienen. Noch andere zinſen ihren Beſi-
tzern und Eigenthums-Herrn allerhand
Steine, an Werckſtuͤcken, Bruchſteinen,
Kalck und andern Steinen. Eigentlich
ſind die Gebuͤrge in dreyerley Arten ein-
zutheilen, als in die Sand-Gebuͤrge, in
die Wein-Gebuͤrge, die mit Wein-Ber-
gen angelegt und ausgezieret ſeyn, und
in die Stein-Gebuͤrge, da man Felſen,
Klippen, Wacken und groſſe Steine an-
trifft. Jch will dieſes Capitel mit dem
10. v. des 148. Pſalmens beſchluͤſſen: Es
loben den HErrn die Berge und alle
Huͤgel, die fruchtbaren Baͤume und al-
le Cedern-Baͤume, die Thiere und alles
Vieh, die kriechenden Thiere und das
Gevoͤgel.
Das 3. Capitel/
Von den Stein-Felſen und
Klippen.
§. 1.
Unter denen Gebuͤrgen trifft man eini-
ge an, welche die Natur aus puren
Steinen ausgearbeitet; Es ſind dieſelben
von einer wunderbahren Geſtalt, einige
ſind, wie runde Kuchen oder Brodte uͤ-
ber einander geſchichtet, andere haben ei-
ne Kegel-formige Geſtalt, noch andere
find
A 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |