Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Des Ersten Theils 2. Capitel/ von dem Gebürge. [Spaltenumbruch]
gieng der Prophet Elisa, nachdem er demGöttlichen Verhängniß nach die gottlosen Kinder verwünscht hatte, die von den Bä- ren zurissen worden. Auf dem Gebür- ge Gilboa erstach sich Saul aus Ver- zweifelung nebst seinem Waffen-Träger. 1. Buch der Chron. 11. v. 8. Auf dem Ge- bürge satzte sich der Prophet Jonas, als er aus dem Bauch des Wallfisches kroch, und den Untergang der grossen und be- rühmten Stadt Ninive propheceyete, wie zu lesen Jon. 2. v. 7.-11. §. 2. So treffen wir auch nicht we- §. 3. Der Nutzen der Gebürge ist Schlä- A 2
Des Erſten Theils 2. Capitel/ von dem Gebuͤrge. [Spaltenumbruch]
gieng der Prophet Eliſa, nachdem er demGoͤttlichen Verhaͤngniß nach die gottloſen Kinder verwuͤnſcht hatte, die von den Baͤ- ren zuriſſen worden. Auf dem Gebuͤr- ge Gilboa erſtach ſich Saul aus Ver- zweifelung nebſt ſeinem Waffen-Traͤger. 1. Buch der Chron. 11. v. 8. Auf dem Ge- buͤrge ſatzte ſich der Prophet Jonas, als er aus dem Bauch des Wallfiſches kroch, und den Untergang der groſſen und be- ruͤhmten Stadt Ninive propheceyete, wie zu leſen Jon. 2. v. 7.-11. §. 2. So treffen wir auch nicht we- §. 3. Der Nutzen der Gebuͤrge iſt Schlaͤ- A 2
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Des Erſten Theils 2. Capitel/ von dem Gebuͤrge.
gieng der Prophet Eliſa, nachdem er dem
Goͤttlichen Verhaͤngniß nach die gottloſen
Kinder verwuͤnſcht hatte, die von den Baͤ-
ren zuriſſen worden. Auf dem Gebuͤr-
ge Gilboa erſtach ſich Saul aus Ver-
zweifelung nebſt ſeinem Waffen-Traͤger.
1. Buch der Chron. 11. v. 8. Auf dem Ge-
buͤrge ſatzte ſich der Prophet Jonas, als
er aus dem Bauch des Wallfiſches kroch,
und den Untergang der groſſen und be-
ruͤhmten Stadt Ninive propheceyete,
wie zu leſen Jon. 2. v. 7.-11.
§. 2. So treffen wir auch nicht we-
niger in dem Neuen Teſtamente man-
cherley denckwuͤrdige Berge an, deren
der Heilige Geiſt Erwehnung thut. Die
heilige Mutter GOttes Maria iſt, um
ihre Bekandte und Befreundte die Eli-
ſabeth zu beſuchen, uͤber das Gebuͤrge
gantz geſchwinde gegangen. Luc. 1. v. 39.
Auf dem Gebuͤrge Hebron iſt Johannes
der Taͤuffer gebohren. Luc. 1. v. 57. Auf
dem Gebuͤrge Thabor ward unſer Hey-
land verklaͤret, als er Petrum und Ja-
cobum und Johannem bey ſich hatte.
Siehe Matthaͤi am 17. Cap. v. 1. Auf
dem Oelberge hat unſer Seligmacher
bey dem Anfang ſeines Leidens zu ſeinem
himmliſchen Vater gebetet, und bluti-
gen Schweiß daſelbſt geſchwitzt, als er
von ſeinem treuloſen Juͤnger verrathen
wurde. Matth. 26. v. 30. u. f. Auf dem
Gebuͤrge ward der Heyland von dem
Geiſt der Finſterniß in die Verſuchung
gefuͤhret. Auf dem Gebuͤrge Golgatha
erreichte er den allertieffſten Grad ſeiner
Erniedrigung, nemlich den ſchmaͤhlichen
Creutzes-Tod, und ſtellte ſich uns zum
Segen zu einem Fluch dar. Mehr Stel-
len hievon anzufuͤhren, moͤgte faſt un-
verantwortlich ſeyn, indem ich ſo ſchon
faſt nach dem guſto einiger Leſer die Gren-
tzen uͤberſchritten.
§. 3. Der Nutzen der Gebuͤrge iſt
ſehr viel und mancherley. Es haben auf
denſelben gemeiniglich nicht allein unſe-
re Heydniſchen Vorfahren ihre Goͤtzen-
Tempel aufgerichtet, und die Begraͤb-
niſſe ihrer vornehmſten Anfuͤhrer geſtiff-
tet, weil ſie geglaubet, daß durch die ge-
buͤrgiſchen Oerter denen Tempeln und
Graͤbern eine groͤſſere Hochachtung und
Religioſitaͤt gegen dieſelbige zuwege ge-
bracht wuͤrde; ſondern es haben auch die
Roͤmiſch-Catholiſchen, bey Fundation des
Chriſtenthums, die vornehmſten Sitze
ihrer Geiſtlichkeit auf denen Bergen an-
geleget, wie denn an denen meiſten Orten
in Teutſchland die Biſchoͤfflichen Sitze, ſie
moͤgen nun noch im Stande, oder allbe-
reits eingegangen ſeyn, auf gebuͤrgiſchen
Gegenden erbauet. Die Urſachen hie-
von ſind mancherley: theils geſchahe es
um des guten Proſpects willen, um ihre
Augen in den Thaͤlern und Plainen, die
mit mancherley Gebuͤſchen, Waſſer und
andern Gegenden durchſchnitten waren,
deſto beſſer zu weyden; theils thaten ſie
es aus Noth, indem ſie zu Anfang der
Chriſtlichen Bekehrung fuͤr den Heyd-
niſchen Anlaͤuffen nicht ſattſam geſichert
waren, und ſie von denen Bergen die
feindlichen Partheyen, um ſich in einige
Sicherheit gegen ſie zu ſetzen, deſto beſſer
entdecken konten; ſie erbauten die Kloͤſter
und Stiffter auch deswegen auf die Ber-
ge, weil die Heyden vor die Berge und
Huͤgel allbereits viel Ehrerbietigkeit hat-
ten, und dieſe Oerter hierdurch bey denen
Heyden deſto religieuſer werden ſolten.
Die gebuͤrgiſchen Gegenden haben bey
der lieblichen Sommers-Zeit vor denen
andern gewiß einen beſondern Vorzug,
und kan einer alle ſeine Sinnen auf den-
ſelben ergoͤtzen. Wenn das Geſicht ſeine
Strahlen in die herumliegende Land-
ſchafft von denen hohen Bergen abſchieſ-
ſen laͤßt, und hier einen duncklen blau-
gruͤnlichten Thal, der ſich in eine groſſe
Tieffe ſenckt, dort eine Weyde, die mit
den Vieh-Heerden beſetzt iſt, nicht weit da-
von einen hellen Strohm, der ſeine blan-
cken Wellen an deſſen Ufer anſchlaͤgt, und
hinter dieſen einen gelben Strich von de-
nen fruchtbareſten Feldern erblickt, und
dabey ſo mancherley Staͤdte, Schloͤſſer
und Doͤrfer, die auf dieſer groſſen Etendue
gleichſam ausgeſtreuet ſind, wahrnim̃t,
ſo kan ihm dieſe Abwechſelung der Natur,
nicht anders, als vergnuͤgt anſcheinen.
Das Gehoͤr beluſtiget ſich, wenn es nicht
allein die ſtille Wald-Muſic derer Nachti-
gallen, Stieglitzen, Haͤnfflinge, Bier-
holder und anderer Voͤgel, die ein liebli-
ches Concert mit einander anſtimmen,
ſondern auch die mancherley Thone de-
rer Hirten und Schaͤfer, die in ihrer
Einſamkeit der Natur dadurch bezeugen,
daß auch ein froͤlich Hertze in einem zu-
riſſenen Kleide wohnen koͤnne, nebſt dem
Bloͤcken ihrer Schaͤflein, dem Wiehern
der Pferde, und dem Brummen der Kuͤ-
he, anhoͤret. So faͤllt auch dem Gehoͤr
gantz angenehm, wenn der Klang und
das Geraͤuſche mancher arbeitſamen Leu-
te, als der Berg-Leute, der Klaffter-
Schlaͤ-
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