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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Anmerckungen/ so die Leipziger Lerchen und andere Vögel betreffen.
[Spaltenumbruch] gen werden, sind grösser und fetter. Hal-
ten sich nun etwan bey Tage die fetten
Lerchen an höhern Orten auf, und sind
also mit dem Netze auf den Feldern nicht
zu fangen, solches kan man nicht gewiß
sagen; Wie das Wetter, so ist auch der
Fang der Lerchen veränderlich: Heute
fängt man fette Lerchen, morgen schon
nicht so fette, und den dritten Tag noch
wohl schlechtere; und so auch im Gegen-
theil: Gestern sind die Lerchen von schlech-
ter Fettigkeit gewesen, heute aber sehr fett.
Wie ist es demnach möglich, daß diese
Vögel binnen drey, ja wenn es auch 8. Ta-
ge wären, so extra fett werden können?
Die Bauren schreiben es dem Wind und
Wetter zu; Soll der Lerchen-Fang reich-
lich seyn, so muß sehr finster Wetter seyn,
und des Nachts etwas kalt; Und also kommt
der Lerchen Brut, Wachsthum, Fettigkeit,
Nahrung und Fang alles auf das hierzu
beqveme Wetter an. Nun ist um Leipzig
ein fruchtbahrer Boden von Korn-
Wachs, er ist nicht sandig, nicht bergigt,
thonigt, wässerigt, in Summa zu diesen
Vögeln beqvem.

Von der Nachtigall.
§. 4.

Es ist bekandt, daß die Nach-
tigall mehrentheils um Johannis mit
ihrem lieblichen Gesang aufzuhoren pflegt;
es gedencken aber die Herren Verfasser
der Schlesischen Natur- und Kunst-Ge-
schichte, wie ihnen zugeschrieben worden,
daß in dem 1719. Jahr die Nachtigall sich
noch die Woche vor Bartholomaei, wie-
wohl mit etwas leiser Stimme, hätte hö-
ren lassen; Ja es wäre auch die Woche
nach Bartholomaei ein Nachtigallen-Nest
mit vier Eyern auf einer Hasel-Staude
gefunden worden, da es doch zum Aus-
brüten schon langsam gewesen; Ein alter
Haußwirth hätte gesagt, es komme her
von der lang anhaltenden grossen Hitze,
oder wenn ihnen die ersten Eyer und Jun-
gen genommen würden, da sie denn noch
einmahl legten.

Von dem Fortziehen einiger Vögel.
§. 5.

Daß viel Gevögel, so in dem
Nordlichen Europa im Sommer Junge
heckt, gegen Winter in warme Länder
auch ausser Europa ziehe, solches ist eine
unleugbare Sache. Die Wachtel gehet
nach Africa, und bezeugen viel Autores in
ihren Reise-Beschreibungen, daß sie die
häuffige Wiederkunfft der Wachteln am
[Spaltenumbruch] See-Strand über das Mittelländische
Meer von Rom nach Orka wahrgenom-
men. Bey Neapolis liegt in dem Meer
die von dem Käyser Tiberio bekandte Jn-
sul Capria. Auf derselben bestehen des
Bischoffs mehreste Revenuen in denen
allda bey der Abreise und Wiederkunfft
sich unzehlich sammlenden Wachteln, als
welche bey der Ankunfft so matt seyn, daß
sie die Bauren mit den Händen ha-
schen.

§. 6.

Da der Storch einen weit hö-
hern und stärckern Flug hat, so ist zu
vermuthen, derselbe gehe in die unbebaue-
sten Gegenden des Nili, wo er Zweifels
ohne vieles Ungeziefer zu seiner Nah-
rung, und eine warme Lufft, nebst vie-
len Wasser, welches dieser Vogel liebet,
findet. Es ist generalement zu glauben,
daß die Vögel, welche sich bey uns dem
Winter über nicht lebendig und gesund
erhalten lassen, als die Wachteln, Störche,
Reyher, Kraniche, etc. sich nicht verkrie-
chen, oder in Hölen verstecken, sondern
ihrer Nahrung im Winter an warmen
Orten, so wie bey uns im Sommer,
nachgehen. Es ist eine gemeine Sage,
daß der Storch sich nicht gerne unter sou-
verain
en und despotischen Regierungen
aufhalte, sondern in Republiquen, und die
die Freyheit lieben, wie denn in Franck-
reich wenige Störche zu finden seyn sol-
len, desto mehr aber in Holland. Die
wahre Ursache aber ist wohl das viele
Wasser, und der sumpfigte Boden, nebst
der daher entstehenden häuffigen Nah-
rung.

§. 7.

Mit der Schwalbe hat es eine
andere Bewandniß; dieselbe ist des Win-
ters todt, oder doch ohne äusserliches Le-
ben, und ist darunter zu distinguiren. Von
der Erd-Schwalbe ist wohl kein Zweifel,
daß dieselbe in der Erde stecke, biß es wie-
der Sommer wird; Die Wasser-Schwal-
be hingegen fällt gewiß ins Wasser dem
Winter über, und ist es im Mecklenbur-
gischen gar was gewöhnliches, daß, wenn
die stehenden Seen im Winter unter Ey-
se, mit gar grossen Netzen, so Waden
genennt werden, und ein dergleichen Netz
über 300. biß 400. Thaler zu stehen kommt,
gefischt werden, zuweilen Schwalben
Klumpen-weise, oder da sich eine Men-
ge an langen Halmen angebissen, heraus
gefischt werden, auch, wenn sie in war-
me Stuben kommen, aufleben, aber
bald darauf sterben.

§. 8.

Man findet hie und da verzeich-

net,
J i 2

Anmerckungen/ ſo die Leipziger Lerchen und andere Voͤgel betreffen.
[Spaltenumbruch] gen werden, ſind groͤſſer und fetter. Hal-
ten ſich nun etwan bey Tage die fetten
Lerchen an hoͤhern Orten auf, und ſind
alſo mit dem Netze auf den Feldern nicht
zu fangen, ſolches kan man nicht gewiß
ſagen; Wie das Wetter, ſo iſt auch der
Fang der Lerchen veraͤnderlich: Heute
faͤngt man fette Lerchen, morgen ſchon
nicht ſo fette, und den dritten Tag noch
wohl ſchlechtere; und ſo auch im Gegen-
theil: Geſtern ſind die Lerchen von ſchlech-
ter Fettigkeit geweſen, heute aber ſehr fett.
Wie iſt es demnach moͤglich, daß dieſe
Voͤgel binnen drey, ja wenn es auch 8. Ta-
ge waͤren, ſo extra fett werden koͤnnen?
Die Bauren ſchreiben es dem Wind und
Wetter zu; Soll der Lerchen-Fang reich-
lich ſeyn, ſo muß ſehr finſter Wetter ſeyn,
und des Nachts etwas kalt; Und alſo kom̃t
der Lerchen Brut, Wachsthum, Fettigkeit,
Nahrung und Fang alles auf das hierzu
beqveme Wetter an. Nun iſt um Leipzig
ein fruchtbahrer Boden von Korn-
Wachs, er iſt nicht ſandig, nicht bergigt,
thonigt, waͤſſerigt, in Summa zu dieſen
Voͤgeln beqvem.

Von der Nachtigall.
§. 4.

Es iſt bekandt, daß die Nach-
tigall mehrentheils um Johannis mit
ihrem lieblichen Geſang aufzuhoꝛen pflegt;
es gedencken aber die Herren Verfaſſer
der Schleſiſchen Natur- und Kunſt-Ge-
ſchichte, wie ihnen zugeſchrieben worden,
daß in dem 1719. Jahr die Nachtigall ſich
noch die Woche vor Bartholomæi, wie-
wohl mit etwas leiſer Stimme, haͤtte hoͤ-
ren laſſen; Ja es waͤre auch die Woche
nach Bartholomæi ein Nachtigallen-Neſt
mit vier Eyern auf einer Haſel-Staude
gefunden worden, da es doch zum Aus-
bruͤten ſchon langſam geweſen; Ein alter
Haußwirth haͤtte geſagt, es komme her
von der lang anhaltenden groſſen Hitze,
oder wenn ihnen die erſten Eyer und Jun-
gen genommen wuͤrden, da ſie denn noch
einmahl legten.

Von dem Fortziehen einiger Voͤgel.
§. 5.

Daß viel Gevoͤgel, ſo in dem
Nordlichen Europa im Sommer Junge
heckt, gegen Winter in warme Laͤnder
auch auſſer Europa ziehe, ſolches iſt eine
unleugbare Sache. Die Wachtel gehet
nach Africa, und bezeugen viel Autores in
ihren Reiſe-Beſchreibungen, daß ſie die
haͤuffige Wiederkunfft der Wachteln am
[Spaltenumbruch] See-Strand uͤber das Mittellaͤndiſche
Meer von Rom nach Orka wahrgenom-
men. Bey Neapolis liegt in dem Meer
die von dem Kaͤyſer Tiberio bekandte Jn-
ſul Capria. Auf derſelben beſtehen des
Biſchoffs mehreſte Revenuen in denen
allda bey der Abreiſe und Wiederkunfft
ſich unzehlich ſammlenden Wachteln, als
welche bey der Ankunfft ſo matt ſeyn, daß
ſie die Bauren mit den Haͤnden ha-
ſchen.

§. 6.

Da der Storch einen weit hoͤ-
hern und ſtaͤrckern Flug hat, ſo iſt zu
vermuthen, derſelbe gehe in die unbebaue-
ſten Gegenden des Nili, wo er Zweifels
ohne vieles Ungeziefer zu ſeiner Nah-
rung, und eine warme Lufft, nebſt vie-
len Waſſer, welches dieſer Vogel liebet,
findet. Es iſt generalement zu glauben,
daß die Voͤgel, welche ſich bey uns dem
Winter uͤber nicht lebendig und geſund
erhalten laſſen, als die Wachteln, Stoͤrche,
Reyher, Kraniche, ꝛc. ſich nicht verkrie-
chen, oder in Hoͤlen verſtecken, ſondern
ihrer Nahrung im Winter an warmen
Orten, ſo wie bey uns im Sommer,
nachgehen. Es iſt eine gemeine Sage,
daß der Storch ſich nicht gerne unter ſou-
verain
en und deſpotiſchen Regierungen
aufhalte, ſondern in Republiquen, und die
die Freyheit lieben, wie denn in Franck-
reich wenige Stoͤrche zu finden ſeyn ſol-
len, deſto mehr aber in Holland. Die
wahre Urſache aber iſt wohl das viele
Waſſer, und der ſumpfigte Boden, nebſt
der daher entſtehenden haͤuffigen Nah-
rung.

§. 7.

Mit der Schwalbe hat es eine
andere Bewandniß; dieſelbe iſt des Win-
ters todt, oder doch ohne aͤuſſerliches Le-
ben, und iſt darunter zu diſtinguiren. Von
der Erd-Schwalbe iſt wohl kein Zweifel,
daß dieſelbe in der Erde ſtecke, biß es wie-
der Sommer wird; Die Waſſer-Schwal-
be hingegen faͤllt gewiß ins Waſſer dem
Winter uͤber, und iſt es im Mecklenbur-
giſchen gar was gewoͤhnliches, daß, wenn
die ſtehenden Seen im Winter unter Ey-
ſe, mit gar groſſen Netzen, ſo Waden
genennt werden, und ein dergleichen Netz
uͤber 300. biß 400. Thaler zu ſtehen kom̃t,
gefiſcht werden, zuweilen Schwalben
Klumpen-weiſe, oder da ſich eine Men-
ge an langen Halmen angebiſſen, heraus
gefiſcht werden, auch, wenn ſie in war-
me Stuben kommen, aufleben, aber
bald darauf ſterben.

§. 8.

Man findet hie und da verzeich-

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J i 2
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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/387>, abgerufen am 21.11.2024.