Dieser Vogel ist fast aller Or- ten bekandt, gut zu essen, und lustig zu fangen, aber ohne Gesang, und daher ei- ner von denen, die ausser diesen beyden Stücken den Menschen wenig Vergnü- gung geben können. Er brütet in den Buch-Wäldern den Sommer über zwey- mahl vier biß fünff Junge, flieget den Kirschen, deren Kern er seinem Nahmen nach aufbeissen kan, sehr nach, und ver- lieret sich im spaten Herbst, iedoch daß de- ren einige auch in nicht sehr harten Win- tern gesehen werden. Weil dieser Vogel mit einem sehr dicken Schnabel versehen, in welchem er dergestalt grosse Stärcke hat, daß er damit einen Kirsch-Kern in Geschwindigkeit, und zwar alle auf dem Spalt zerspalten kan, so muß man sich billig hierüber verwundern. Ob er, wenn man ihn aus dem Nest nähme, welches gar leicht zu finden ist, und zahm machte, nicht dennoch anderer Vögel Gesang nach- zuahmen und zu lernen geschickt seyn solte, ist zwar nicht gantz gewiß, sondern nur der Vermuthung nach zu sagen.
Von dem Gimpel.
§. 5.
Der Gimpel kommt bey nahe an Grösse dem Kernbeiß bey, ist aber an Farben weit schöner, massen derselbe, zu- mahl der Hahn, am Bauche biß an Schnabel hinauf recht hoch Ziegel-roth, unten aber unter dem Schwantze etwas weiß, und auf dem Rücken Asch-grau mit schwartzen Schwing-Federn ist, hat einen schwartzen Kopff biß auf die Augen, als wenn er eine schwartze Mütze aufgesetzt hätte. Er brütet hier zu Lande nicht leichtlich, ziehet zur Herbst-Zeit auch auf ziemlich starcken Flügen, hat einen schwar- tzen dicken Schnabel; seine Nahrung sind Ebisch-Beeren, und brütet, wie man sagt, vier Junge aus auf Büschen. Sie sin- gen das gantze Jahr hindurch, obgleich ihr Gesang natürlicher Weise so still und un- lieblich ist, daß es kaum meritirt ein Vo- gel-Gesang genennet zu werden. Hin- gegen geben sie an Gelehrigkeit einem Ca- narien-Vogel nichts nach, sondern lernen alle Lieder, die man ihnen in der Jugend vorpfeifft, oder fremder Vögel Gesänge, die man ihnen hören läßt, so wohl und ge- schickt, als ein Canarien-Vogel. Man muß aber, was man ihn lehren will, ihm noch eher beybringen, ehe dann er sich das erste mahl vermauset, nach Gewohnheit [Spaltenumbruch]
aller Vögel, die das gantze Jahr durch sin- gen, und nicht wie eine Amsel oder Lerche erst lange nach verrichteter Mause sich hö- ren lassen, oder etwas zu lernen capables werden. Es giebt deren zum wenigsten dreyerley Grösse, die man auch im Ge- schrey unterscheiden kan, davon die kleinen nicht grösser, als ein Haus-Sperling, sich gleich um Michaelis in den Strich bege- ben, und in alle Länder ausbreiten, die bey- den grössern aber, die eine gröbere Stim- me und viel höhere Farben haben, erst im Winter, wenn es bald Schnee giebt, nach- folgen. Sie brüten, wenn man sie in den Zimmern hat, so gerne, als die Canarien- Vögel, und werden dergestalt zahm, daß man sie, wenn man sie läßt hungerig wer- den, und ihm hernach das Tröglein wei- set, gantz mit leichter Mühe, ohne sie von dem Nest jung hinweg zu nehmen, welches fast mit allen Vögeln angehet, auf die Hand zu fliegen gewöhnen kan.
Von der Heide-Lerche.
§. 6.
Sie kommt an Farbe den an- dern Lerchen gantz gleich, ausser daß sie kürtzer am Schwantze, und im Fluge an- ders thut, denn sie pfleget alles Bogen- weise zu fliegen, und lieget, zumahl bey dem Zuge, gerne an Höltzern und auf Lee- den, allwo sie sich mit Gewürme nehret, sie bringet ihre Jungen in den Höltzern auf Schlägen auf der Erden, und gemei- niglich 4. biß 5. aus. Es streitet dieser Vogel billig mit der Feld-Lerche um den Vorzug. Denn singt jene bey der Nacht, die Heide-Lerche thut es auch, hat jene vie- lerley Abwechselungen, diese macht deren nicht weniger, schlägt jene verwunderbar helle, so schlägt diese desto lieblicher, und wird wegen ihres in hoher Lufft anstim- menden Gesanges so weit gehöret, als die andern; Uberdiß singt diese viel länger, als jene, die erst mitten im April anfängt, und kaum den May durch dauret, da hin- gegen die Heide-Lerche sich schon im Fe- bruario hören läßt, und vor Johannis nicht aufhört, auch hernach bey dem Wegstrich im Herbst, wider aller anderer Vögel Ge- wohnheit, noch 14. Tage lang so helle, als im Sommer, ihren Abschied ausrufft. Wenn man die Heide-Lerche fängt, so nimmt sie anfangs mit allen, auch gar mit blossem Weitzen vorlieb, und wenn es im Frühling geschiehet, fängt sie offtmahls den andern Tag schon an zu singen. Von ihrer Locke ist dieses anzumercken, daß die
Heide-
Des Dritten Theils 38. Capitel/
[Spaltenumbruch]
Vom Kernbeiß.
§. 4.
Dieſer Vogel iſt faſt aller Or- ten bekandt, gut zu eſſen, und luſtig zu fangen, aber ohne Geſang, und daher ei- ner von denen, die auſſer dieſen beyden Stuͤcken den Menſchen wenig Vergnuͤ- gung geben koͤnnen. Er bruͤtet in den Buch-Waͤldern den Som̃er uͤber zwey- mahl vier biß fuͤnff Junge, flieget den Kirſchen, deren Kern er ſeinem Nahmen nach aufbeiſſen kan, ſehr nach, und ver- lieret ſich im ſpaten Herbſt, iedoch daß de- ren einige auch in nicht ſehr harten Win- tern geſehen werden. Weil dieſer Vogel mit einem ſehr dicken Schnabel verſehen, in welchem er dergeſtalt groſſe Staͤrcke hat, daß er damit einen Kirſch-Kern in Geſchwindigkeit, und zwar alle auf dem Spalt zerſpalten kan, ſo muß man ſich billig hieruͤber verwundern. Ob er, wenn man ihn aus dem Neſt naͤhme, welches gar leicht zu finden iſt, und zahm machte, nicht dennoch anderer Voͤgel Geſang nach- zuahmen und zu lernen geſchickt ſeyn ſolte, iſt zwar nicht gantz gewiß, ſondern nur der Vermuthung nach zu ſagen.
Von dem Gimpel.
§. 5.
Der Gimpel kommt bey nahe an Groͤſſe dem Kernbeiß bey, iſt aber an Farben weit ſchoͤner, maſſen derſelbe, zu- mahl der Hahn, am Bauche biß an Schnabel hinauf recht hoch Ziegel-roth, unten aber unter dem Schwantze etwas weiß, und auf dem Ruͤcken Aſch-grau mit ſchwartzen Schwing-Federn iſt, hat einen ſchwartzen Kopff biß auf die Augen, als wenn er eine ſchwartze Muͤtze aufgeſetzt haͤtte. Er bruͤtet hier zu Lande nicht leichtlich, ziehet zur Herbſt-Zeit auch auf ziemlich ſtarcken Fluͤgen, hat einen ſchwar- tzen dicken Schnabel; ſeine Nahrung ſind Ebiſch-Beeren, und bruͤtet, wie man ſagt, vier Junge aus auf Buͤſchen. Sie ſin- gen das gantze Jahr hindurch, obgleich ihr Geſang natuͤrlicher Weiſe ſo ſtill und un- lieblich iſt, daß es kaum meritirt ein Vo- gel-Geſang genennet zu werden. Hin- gegen geben ſie an Gelehrigkeit einem Ca- narien-Vogel nichts nach, ſondern lernen alle Lieder, die man ihnen in der Jugend vorpfeifft, oder fremder Voͤgel Geſaͤnge, die man ihnen hoͤren laͤßt, ſo wohl und ge- ſchickt, als ein Canarien-Vogel. Man muß aber, was man ihn lehren will, ihm noch eher beybringen, ehe dann er ſich das erſte mahl vermauſet, nach Gewohnheit [Spaltenumbruch]
aller Voͤgel, die das gantze Jahr durch ſin- gen, und nicht wie eine Amſel oder Lerche erſt lange nach verrichteter Mauſe ſich hoͤ- ren laſſen, oder etwas zu lernen capables werden. Es giebt deren zum wenigſten dreyerley Groͤſſe, die man auch im Ge- ſchrey unterſcheiden kan, davon die kleinen nicht groͤſſer, als ein Haus-Sperling, ſich gleich um Michaelis in den Strich bege- ben, und in alle Laͤnder ausbreiten, die bey- den groͤſſern aber, die eine groͤbere Stim- me und viel hoͤhere Farben haben, erſt im Winter, wenn es bald Schnee giebt, nach- folgen. Sie bruͤten, wenn man ſie in den Zimmern hat, ſo gerne, als die Canarien- Voͤgel, und werden dergeſtalt zahm, daß man ſie, wenn man ſie laͤßt hungerig wer- den, und ihm hernach das Troͤglein wei- ſet, gantz mit leichter Muͤhe, ohne ſie von dem Neſt jung hinweg zu nehmen, welches faſt mit allen Voͤgeln angehet, auf die Hand zu fliegen gewoͤhnen kan.
Von der Heide-Lerche.
§. 6.
Sie kommt an Farbe den an- dern Lerchen gantz gleich, auſſer daß ſie kuͤrtzer am Schwantze, und im Fluge an- ders thut, denn ſie pfleget alles Bogen- weiſe zu fliegen, und lieget, zumahl bey dem Zuge, gerne an Hoͤltzern und auf Lee- den, allwo ſie ſich mit Gewuͤrme nehret, ſie bringet ihre Jungen in den Hoͤltzern auf Schlaͤgen auf der Erden, und gemei- niglich 4. biß 5. aus. Es ſtreitet dieſer Vogel billig mit der Feld-Lerche um den Vorzug. Denn ſingt jene bey der Nacht, die Heide-Lerche thut es auch, hat jene vie- lerley Abwechſelungen, dieſe macht deren nicht weniger, ſchlaͤgt jene verwunderbar helle, ſo ſchlaͤgt dieſe deſto lieblicher, und wird wegen ihres in hoher Lufft anſtim- menden Geſanges ſo weit gehoͤret, als die andern; Uberdiß ſingt dieſe viel laͤnger, als jene, die erſt mitten im April anfaͤngt, und kaum den May durch dauret, da hin- gegen die Heide-Lerche ſich ſchon im Fe- bruario hoͤren laͤßt, und vor Johannis nicht aufhoͤrt, auch hernach bey dem Wegſtrich im Herbſt, wider aller anderer Voͤgel Ge- wohnheit, noch 14. Tage lang ſo helle, als im Sommer, ihren Abſchied ausrufft. Wenn man die Heide-Lerche faͤngt, ſo nimmt ſie anfangs mit allen, auch gar mit bloſſem Weitzen vorlieb, und wenn es im Fruͤhling geſchiehet, faͤngt ſie offtmahls den andern Tag ſchon an zu ſingen. Von ihrer Locke iſt dieſes anzumercken, daß die
Heide-
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[210/0336]
Des Dritten Theils 38. Capitel/
Vom Kernbeiß.
§. 4. Dieſer Vogel iſt faſt aller Or-
ten bekandt, gut zu eſſen, und luſtig zu
fangen, aber ohne Geſang, und daher ei-
ner von denen, die auſſer dieſen beyden
Stuͤcken den Menſchen wenig Vergnuͤ-
gung geben koͤnnen. Er bruͤtet in den
Buch-Waͤldern den Som̃er uͤber zwey-
mahl vier biß fuͤnff Junge, flieget den
Kirſchen, deren Kern er ſeinem Nahmen
nach aufbeiſſen kan, ſehr nach, und ver-
lieret ſich im ſpaten Herbſt, iedoch daß de-
ren einige auch in nicht ſehr harten Win-
tern geſehen werden. Weil dieſer Vogel
mit einem ſehr dicken Schnabel verſehen,
in welchem er dergeſtalt groſſe Staͤrcke
hat, daß er damit einen Kirſch-Kern in
Geſchwindigkeit, und zwar alle auf dem
Spalt zerſpalten kan, ſo muß man ſich
billig hieruͤber verwundern. Ob er, wenn
man ihn aus dem Neſt naͤhme, welches
gar leicht zu finden iſt, und zahm machte,
nicht dennoch anderer Voͤgel Geſang nach-
zuahmen und zu lernen geſchickt ſeyn ſolte,
iſt zwar nicht gantz gewiß, ſondern nur
der Vermuthung nach zu ſagen.
Von dem Gimpel.
§. 5. Der Gimpel kommt bey nahe
an Groͤſſe dem Kernbeiß bey, iſt aber an
Farben weit ſchoͤner, maſſen derſelbe, zu-
mahl der Hahn, am Bauche biß an
Schnabel hinauf recht hoch Ziegel-roth,
unten aber unter dem Schwantze etwas
weiß, und auf dem Ruͤcken Aſch-grau mit
ſchwartzen Schwing-Federn iſt, hat einen
ſchwartzen Kopff biß auf die Augen, als
wenn er eine ſchwartze Muͤtze aufgeſetzt
haͤtte. Er bruͤtet hier zu Lande nicht
leichtlich, ziehet zur Herbſt-Zeit auch auf
ziemlich ſtarcken Fluͤgen, hat einen ſchwar-
tzen dicken Schnabel; ſeine Nahrung ſind
Ebiſch-Beeren, und bruͤtet, wie man ſagt,
vier Junge aus auf Buͤſchen. Sie ſin-
gen das gantze Jahr hindurch, obgleich ihr
Geſang natuͤrlicher Weiſe ſo ſtill und un-
lieblich iſt, daß es kaum meritirt ein Vo-
gel-Geſang genennet zu werden. Hin-
gegen geben ſie an Gelehrigkeit einem Ca-
narien-Vogel nichts nach, ſondern lernen
alle Lieder, die man ihnen in der Jugend
vorpfeifft, oder fremder Voͤgel Geſaͤnge,
die man ihnen hoͤren laͤßt, ſo wohl und ge-
ſchickt, als ein Canarien-Vogel. Man
muß aber, was man ihn lehren will, ihm
noch eher beybringen, ehe dann er ſich das
erſte mahl vermauſet, nach Gewohnheit
aller Voͤgel, die das gantze Jahr durch ſin-
gen, und nicht wie eine Amſel oder Lerche
erſt lange nach verrichteter Mauſe ſich hoͤ-
ren laſſen, oder etwas zu lernen capables
werden. Es giebt deren zum wenigſten
dreyerley Groͤſſe, die man auch im Ge-
ſchrey unterſcheiden kan, davon die kleinen
nicht groͤſſer, als ein Haus-Sperling, ſich
gleich um Michaelis in den Strich bege-
ben, und in alle Laͤnder ausbreiten, die bey-
den groͤſſern aber, die eine groͤbere Stim-
me und viel hoͤhere Farben haben, erſt im
Winter, wenn es bald Schnee giebt, nach-
folgen. Sie bruͤten, wenn man ſie in den
Zimmern hat, ſo gerne, als die Canarien-
Voͤgel, und werden dergeſtalt zahm, daß
man ſie, wenn man ſie laͤßt hungerig wer-
den, und ihm hernach das Troͤglein wei-
ſet, gantz mit leichter Muͤhe, ohne ſie von
dem Neſt jung hinweg zu nehmen, welches
faſt mit allen Voͤgeln angehet, auf die
Hand zu fliegen gewoͤhnen kan.
Von der Heide-Lerche.
§. 6. Sie kommt an Farbe den an-
dern Lerchen gantz gleich, auſſer daß ſie
kuͤrtzer am Schwantze, und im Fluge an-
ders thut, denn ſie pfleget alles Bogen-
weiſe zu fliegen, und lieget, zumahl bey
dem Zuge, gerne an Hoͤltzern und auf Lee-
den, allwo ſie ſich mit Gewuͤrme nehret,
ſie bringet ihre Jungen in den Hoͤltzern
auf Schlaͤgen auf der Erden, und gemei-
niglich 4. biß 5. aus. Es ſtreitet dieſer
Vogel billig mit der Feld-Lerche um den
Vorzug. Denn ſingt jene bey der Nacht,
die Heide-Lerche thut es auch, hat jene vie-
lerley Abwechſelungen, dieſe macht deren
nicht weniger, ſchlaͤgt jene verwunderbar
helle, ſo ſchlaͤgt dieſe deſto lieblicher, und
wird wegen ihres in hoher Lufft anſtim-
menden Geſanges ſo weit gehoͤret, als die
andern; Uberdiß ſingt dieſe viel laͤnger,
als jene, die erſt mitten im April anfaͤngt,
und kaum den May durch dauret, da hin-
gegen die Heide-Lerche ſich ſchon im Fe-
bruario hoͤren laͤßt, und vor Johannis nicht
aufhoͤrt, auch hernach bey dem Wegſtrich
im Herbſt, wider aller anderer Voͤgel Ge-
wohnheit, noch 14. Tage lang ſo helle, als
im Sommer, ihren Abſchied ausrufft.
Wenn man die Heide-Lerche faͤngt, ſo
nimmt ſie anfangs mit allen, auch gar mit
bloſſem Weitzen vorlieb, und wenn es
im Fruͤhling geſchiehet, faͤngt ſie offtmahls
den andern Tag ſchon an zu ſingen. Von
ihrer Locke iſt dieſes anzumercken, daß die
Heide-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/336>, abgerufen am 30.12.2024.
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