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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Th. 38. Cap. von den Sorten allerhand andern Vögel.
[Spaltenumbruch] nöthig, daß man ein Männlein habe.
Denn obschon dieser Vogel den geringsten
Gesang nicht hat, so lernen doch die Weib-
lein so wenig wohl reden, als von Ge-
sang-Vögeln die Weiblein etwas wohl
nachzumachen pflegen. Zu färben pflegt
sie sich nicht, sondern bleibt im Frühling
wie im Herbst, zum wenigsten ist die Aen-
derung ihrer grün-schimmernden schwar-
tzen Federn nicht mercklich; So ist auch ihr
Geschrey oder Gesang das gantze Jahr ei-
nerley. Auf das Locken ihres gleichen ge-
het sie sehr begierig, doch auf eine beson-
dere Art, nicht so wohl aus Verlangen,
ihres gleichen zu sehen, als aus Vorwitz
zu sehen, warum eine von ihren Gesellen
ruffet.

Vom Kuckuck.
§. 7.

Es lässet sich dieser Vogel im
Früh-Jahr hören, so bald das Laub auf
den Bäumen auszuschlagen pflegt, und
continuiret seine Music, welche immer ei-
nerley Tone behält, biß um Johannis
hin. Es ist nicht allen bekandt, daß die-
ser Vogel eine gar gute Speise abgiebt.
Wenn dieser Vogel kurtz vor dem Johan-
nis-Tag zu schreyen aufhört, fängt er an
sehr fett zu werden, und läßt sich um Bar-
tholomaei
noch antreffen, um welche Zeit
er eines Schusses wohl werth ist. Es
sind von den Autoribus manche falsche
Sachen von dem Kuckuck gedichtet wor-
den, darunter unter andern auch mit bey-
zuzehlen, daß er, wenn er aufhörte zu
schreyen, sich in einen Habicht verwan-
deln solte.

Das 38. Capitel/
Von den Sorten allerhand
andern Vögel.
Von den Grienitzen.
§. 1.

Man findet viel von diesen Vögeln in
dem Ertzgebürgischen Creyße, und
in dem Königreich Böhmen, und sind die-
selben gar wohl zu essen. Sie brüten ih-
re Jungen in der grösten Kälte aus, und
zwar in den Winter-Monaten, in dem
Januario und Februario, da sie auf
Schwartz-Wäldern auf die höchsten Tan-
nen ihr Nestlein heraus auf die Aeste se-
tzen, und ihre Jungen ausbringen, an der
Zahl gemeiniglich vier biß fünff. Sie sind
[Spaltenumbruch] von unterschiedlicher Veränderung ihrer
Farbe, denn sie das erste Jahr gantz grau,
und etwas grünlich, im andern Jahr
gantz röthlich, im dritten Jahr aber gelb-
grün sind. Sie ziehen nicht alle Jahre,
am allermeisten aber merckt man diesel-
ben, wenn es viel Fichten-Saamen giebt,
welchen sie zu ihrer Nahrung gerne su-
chen. Sie haben auch einen gar guten
Geschmack, und lassen sich wohl essen.

Vom Kirsch-Vogel.
§. 2.

Der Kirsch-Vogel ist in Forme
eines Krammets-Vogels, dessen Grösse
am Leibe er auch bey nahe haben wird,
hat kurtze blaulichte Füsse, und rufft auf
eine sonderbare starcke und liebliche Art.
Seine Nahrung sind Kirschen, mehren-
theils auch Gewürme. Es ist dieser Vo-
gel gar nicht angenehm am Gesang, schwer
aufzubehalten, und unter die zärtlichsten
zu zehlen. Denn er nimmt nicht einmahl
gern mit frischen Ameisen-Eyern vorlieb,
welches doch sonst alle Vögel thun, son-
dern wenn man aufhört, ihm frische Kir-
schen zu geben, so hört er auch auf zu le-
ben, wiewohl einige bejahen, daß er sich
dennoch allmählich an das Nachtigall-
Futter soll gewöhnen lassen. Es ist einer
von diesen Vögeln, die am spätesten kom-
men, und am frühesten wieder hinweg ge-
hen, daher er fast den ersten Tag, da er
ankommt, sein Nest zu bauen anfängt,
und geschwinde nach einander zwey Bru-
then verrichtet. Er hängt sein Nest recht
Verwunderungs-würdig an einen Ast
hinan, als wie man einen Hand-Korb
an den Arm hänget, so, daß der Wind
das Nest hin und wieder schmeist, aber
doch nicht loßbrechen kan. Er ist von sei-
nem Weiblein, das gantz abfärbig, wie
fast alle die Vögel, deren Gesang nicht
schön ist, gar leicht kenntbar.

Vom Seiden-Schwantz.
§. 3.

Seine Bruth, weil er hier nicht
brütet, ist unbekandt; er ist im übrigen
schön von Federn, massen er am Bauche
Ziegel-röthlich, doch etwas blässer, hat
schwartz-graue Fittige, und einen schwar-
tzen Schwantz, in welchem auf ieder Fe-
der am Ende, nemlich auf der Gräte, ein
hoch-rothes Pünctlein sitzet, wie ein Lein-
Saamen-Korn, wie auch in oder auf den
Fittigen. Seine Nahrung ist hier zu
Lande Wacholderbeere, die er sonderlich
gerne suchet, deswegen er auch auf den
Herden öffters in Menge gefangen wird.

Vom
D d (Anderer Haupt-Theil.)

Des Dritten Th. 38. Cap. von den Sorten allerhand andern Voͤgel.
[Spaltenumbruch] noͤthig, daß man ein Maͤnnlein habe.
Denn obſchon dieſer Vogel den geringſten
Geſang nicht hat, ſo lernen doch die Weib-
lein ſo wenig wohl reden, als von Ge-
ſang-Voͤgeln die Weiblein etwas wohl
nachzumachen pflegen. Zu faͤrben pflegt
ſie ſich nicht, ſondern bleibt im Fruͤhling
wie im Herbſt, zum wenigſten iſt die Aen-
derung ihrer gruͤn-ſchimmernden ſchwar-
tzen Federn nicht mercklich; So iſt auch ihr
Geſchrey oder Geſang das gantze Jahr ei-
nerley. Auf das Locken ihres gleichen ge-
het ſie ſehr begierig, doch auf eine beſon-
dere Art, nicht ſo wohl aus Verlangen,
ihres gleichen zu ſehen, als aus Vorwitz
zu ſehen, warum eine von ihren Geſellen
ruffet.

Vom Kuckuck.
§. 7.

Es laͤſſet ſich dieſer Vogel im
Fruͤh-Jahr hoͤren, ſo bald das Laub auf
den Baͤumen auszuſchlagen pflegt, und
continuiret ſeine Muſic, welche immer ei-
nerley Tone behaͤlt, biß um Johannis
hin. Es iſt nicht allen bekandt, daß die-
ſer Vogel eine gar gute Speiſe abgiebt.
Wenn dieſer Vogel kurtz vor dem Johan-
nis-Tag zu ſchreyen aufhoͤrt, faͤngt er an
ſehr fett zu werden, und laͤßt ſich um Bar-
tholomæi
noch antreffen, um welche Zeit
er eines Schuſſes wohl werth iſt. Es
ſind von den Autoribus manche falſche
Sachen von dem Kuckuck gedichtet wor-
den, darunter unter andern auch mit bey-
zuzehlen, daß er, wenn er aufhoͤrte zu
ſchreyen, ſich in einen Habicht verwan-
deln ſolte.

Das 38. Capitel/
Von den Sorten allerhand
andern Voͤgel.
Von den Grienitzen.
§. 1.

Man findet viel von dieſen Voͤgeln in
dem Ertzgebuͤrgiſchen Creyße, und
in dem Koͤnigreich Boͤhmen, und ſind die-
ſelben gar wohl zu eſſen. Sie bruͤten ih-
re Jungen in der groͤſten Kaͤlte aus, und
zwar in den Winter-Monaten, in dem
Januario und Februario, da ſie auf
Schwartz-Waͤldern auf die hoͤchſten Tan-
nen ihr Neſtlein heraus auf die Aeſte ſe-
tzen, und ihre Jungen ausbringen, an der
Zahl gemeiniglich vier biß fuͤnff. Sie ſind
[Spaltenumbruch] von unterſchiedlicher Veraͤnderung ihrer
Farbe, denn ſie das erſte Jahr gantz grau,
und etwas gruͤnlich, im andern Jahr
gantz roͤthlich, im dritten Jahr aber gelb-
gruͤn ſind. Sie ziehen nicht alle Jahre,
am allermeiſten aber merckt man dieſel-
ben, wenn es viel Fichten-Saamen giebt,
welchen ſie zu ihrer Nahrung gerne ſu-
chen. Sie haben auch einen gar guten
Geſchmack, und laſſen ſich wohl eſſen.

Vom Kirſch-Vogel.
§. 2.

Der Kirſch-Vogel iſt in Forme
eines Krammets-Vogels, deſſen Groͤſſe
am Leibe er auch bey nahe haben wird,
hat kurtze blaulichte Fuͤſſe, und rufft auf
eine ſonderbare ſtarcke und liebliche Art.
Seine Nahrung ſind Kirſchen, mehren-
theils auch Gewuͤrme. Es iſt dieſer Vo-
gel gar nicht angenehm am Geſang, ſchwer
aufzubehalten, und unter die zaͤrtlichſten
zu zehlen. Denn er nimmt nicht einmahl
gern mit friſchen Ameiſen-Eyern vorlieb,
welches doch ſonſt alle Voͤgel thun, ſon-
dern wenn man aufhoͤrt, ihm friſche Kir-
ſchen zu geben, ſo hoͤrt er auch auf zu le-
ben, wiewohl einige bejahen, daß er ſich
dennoch allmaͤhlich an das Nachtigall-
Futter ſoll gewoͤhnen laſſen. Es iſt einer
von dieſen Voͤgeln, die am ſpaͤteſten kom-
men, und am fruͤheſten wieder hinweg ge-
hen, daher er faſt den erſten Tag, da er
ankommt, ſein Neſt zu bauen anfaͤngt,
und geſchwinde nach einander zwey Bru-
then verrichtet. Er haͤngt ſein Neſt recht
Verwunderungs-wuͤrdig an einen Aſt
hinan, als wie man einen Hand-Korb
an den Arm haͤnget, ſo, daß der Wind
das Neſt hin und wieder ſchmeiſt, aber
doch nicht loßbrechen kan. Er iſt von ſei-
nem Weiblein, das gantz abfaͤrbig, wie
faſt alle die Voͤgel, deren Geſang nicht
ſchoͤn iſt, gar leicht kenntbar.

Vom Seiden-Schwantz.
§. 3.

Seine Bruth, weil er hier nicht
bruͤtet, iſt unbekandt; er iſt im uͤbrigen
ſchoͤn von Federn, maſſen er am Bauche
Ziegel-roͤthlich, doch etwas blaͤſſer, hat
ſchwartz-graue Fittige, und einen ſchwar-
tzen Schwantz, in welchem auf ieder Fe-
der am Ende, nemlich auf der Graͤte, ein
hoch-rothes Puͤnctlein ſitzet, wie ein Lein-
Saamen-Korn, wie auch in oder auf den
Fittigen. Seine Nahrung iſt hier zu
Lande Wacholderbeere, die er ſonderlich
gerne ſuchet, deswegen er auch auf den
Herden oͤffters in Menge gefangen wird.

Vom
D d (Anderer Haupt-Theil.)
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/335>, abgerufen am 21.11.2024.