Des Dritten Theils 37. Cap. von mancherley Raub-Vögeln.
[Spaltenumbruch]
Löcher, worinnen sie des Tages sind, ver- stopffet, und heraus arbeitet. Von den Stein-Eulen hat der gemeine Pöbel die- sen Aberglauben, daß, in welcher Gegend sich dieselbe hören liesse, ohnfehlbar eines hierauf sterben würde. Es ist aber die- ses eine ungegründete Einbildung, und stehet es den Christen im geringsten nicht an, auf das Vogel-Geschrey so Acht zu geben, daß man zukünfftige Dinge aus denselben prognosticiren, und sich davor fürchten wolte.
Von den Raben.
§. 3.
Es sind derselben auch man- cherley Gattungen. Die so genandten Golck-Raben sind in der Setz- und Brut- Zeit den Hasen und Feder-Wildpräth sehr gefährlich, und hält man dafür, daß dieser Vogel auf eine Stunde von den Aessern und Ludern Wind erhalten kan. Die andern sind etwas kleiner, sie hor- sten in Höltzern, Wiesen und Gärten, und bringen drey biß vier Junge aus. Jhre Nahrung ist neben dem Raube auch Körner, massen dieselben im Früh- Jahr bey der Bestell-Zeit viel Schaden an etlichen Orten anrichten. Man will auch gewiß dafür halten, daß diese Art im Monat Junio nicht sauffe, welches da- her, weil sie in dieser Zeit auf den Aeckern gantz matt zusammen sitzen, und zu schrey- en pflegen, leicht geglaubet werden kön- te. Sie werden bey dem Schuhu auf Krähen-Hütten geschossen, auch Win- ters-Zeit mit Bemsen gefangen. Die Rücken horsten zwar auch auf Bäumen, iedoch in unzehliger Menge beysammen, so, daß man wohl auf einem Baum 30. biß 40. Horste zu finden pflegt; sie haben einen sonderlich heisern Schrey, und brin- gen drey biß vier Junge aus. Es sind die Raben, wenn sie jung aus dem Nest genommen werden, so zahm zu machen, daß sie auf viel Meilenweges hinweg flie- gen, und wieder kommen; Weil aber gantz und gar nichts angenehmes an ihnen ist, nimmt man sich selten solche Mühe, zu- mahl sie mit nichts anders als Aaß und frischem Fleisch gespeiset seyn wollen, und von lauter Brod nicht frisch erhalten wer- den können.
Von Krähen.
§. 4.
Die Krähen nehren sich im Som- mer von Laub-Fröschen, Käfern, Heu- schrecken, und dergleichen, ihre übrigen [Spaltenumbruch]
Eigenschafften kommen mit den Raben ziemlich überein. Wenn man eine jun- ge Krähe aus dem Nest aufziehet, so läßt sie sich sehr artig gewöhnen, doch ist sie sol- cher Mühe nicht so wohl werth, als eine Dohle. Man zehlet der Krähen unter- schiedliche Arten, darunter nach denen gantz schwartzen, die bekandt sind, die so genannten Nebel-Krähen, die etwas grös- ser, und fast wie eine Dohle an dem Kopff und Hals grau, zu bemercken sind. Man heißt auch Blau-Krähen denjenigen dunckel-blauen Vogel, der im Frühling und Herbst bey uns nur durchstreicht, und zwar fast wie eine Krähe schreyet, auch ei- nen solchen Schnabel hat, im Flug aber viel anders ist, und mehr Verwandschafft mit dem Heher-Geschlecht, als mit den Krähen hat. Einige Autores schreiben, wenn man eine Krähe anpflöckte, also, daß sie auf den Rücken zu liegen käme, schrye sie so jämmerlich, daß hernach viel andere ihr zu Hülffe kämen, und also ein Weyde- mann bey der Gelegenheit die Krähen schiessen, oder sonst einfangen könte. Wie eine Krähen-Hütte anzulegen, habe ich in dem ersten Theil allbereits abge- handelt.
Von den Aelstern.
§. 5.
Es ist dieser Vogel vor allen an- dern sehr vorsichtig, daher er Eulen, Füch- se, Katzen, und andere dergleichen Raub- Thiere am ehesten zu erblicken pflegt, die er denn mit seinem Geschrey nicht auf- hört zu verrathen, biß andere Vögel auch zufliegen, und er sich wieder aus dem Ge- sicht verliert. Es brütet die Aelster zwey- mahl, und hat meistens das erste mahl 4. oder 5. und das andere mahl 3. oder 4. Jungen. Jn den Kefichen werden sie sehr alt, und nehmen allerley Speise an, wie alle diejenigen Vögel, so ihre Speise mit dem Schnabel nicht zerknirschen, und dennoch in dem Winter bey uns bleiben. Jedoch mercket man, wenn man sie lange hat, daß sie von Jahr zu Jahr weniger frisch und lustig aussehen, massen kein Vo- gel zu finden ist, wenn er nicht in seiner Freyheit, sondern eingesperret ist, da er nicht fressen kan, was feiner Natur zu ge- wissen Zeiten nöthig, sondern annehmen muß, was man ihm giebt, der nicht end- lich des natürlichen Todes sterbe.
§. 6.
Männlein und Weiblein sind unter den Aelstern schwer zu unterschei- den; Also muß man nur ungefehr weh- len, denn wenn eine soll reden lernen, ist
nöthig,
Des Dritten Theils 37. Cap. von mancherley Raub-Voͤgeln.
[Spaltenumbruch]
Loͤcher, worinnen ſie des Tages ſind, ver- ſtopffet, und heraus arbeitet. Von den Stein-Eulen hat der gemeine Poͤbel die- ſen Aberglauben, daß, in welcher Gegend ſich dieſelbe hoͤren lieſſe, ohnfehlbar eines hierauf ſterben wuͤrde. Es iſt aber die- ſes eine ungegruͤndete Einbildung, und ſtehet es den Chriſten im geringſten nicht an, auf das Vogel-Geſchrey ſo Acht zu geben, daß man zukuͤnfftige Dinge aus denſelben prognoſticiren, und ſich davor fuͤrchten wolte.
Von den Raben.
§. 3.
Es ſind derſelben auch man- cherley Gattungen. Die ſo genandten Golck-Raben ſind in der Setz- und Brut- Zeit den Haſen und Feder-Wildpraͤth ſehr gefaͤhrlich, und haͤlt man dafuͤr, daß dieſer Vogel auf eine Stunde von den Aeſſern und Ludern Wind erhalten kan. Die andern ſind etwas kleiner, ſie hor- ſten in Hoͤltzern, Wieſen und Gaͤrten, und bringen drey biß vier Junge aus. Jhre Nahrung iſt neben dem Raube auch Koͤrner, maſſen dieſelben im Fruͤh- Jahr bey der Beſtell-Zeit viel Schaden an etlichen Orten anrichten. Man will auch gewiß dafuͤr halten, daß dieſe Art im Monat Junio nicht ſauffe, welches da- her, weil ſie in dieſer Zeit auf den Aeckern gantz matt zuſammen ſitzen, und zu ſchrey- en pflegen, leicht geglaubet werden koͤn- te. Sie werden bey dem Schuhu auf Kraͤhen-Huͤtten geſchoſſen, auch Win- ters-Zeit mit Bemſen gefangen. Die Ruͤcken horſten zwar auch auf Baͤumen, iedoch in unzehliger Menge beyſammen, ſo, daß man wohl auf einem Baum 30. biß 40. Horſte zu finden pflegt; ſie haben einen ſonderlich heiſern Schrey, und brin- gen drey biß vier Junge aus. Es ſind die Raben, wenn ſie jung aus dem Neſt genommen werden, ſo zahm zu machen, daß ſie auf viel Meilenweges hinweg flie- gen, und wieder kommen; Weil aber gantz und gar nichts angenehmes an ihnen iſt, nimmt man ſich ſelten ſolche Muͤhe, zu- mahl ſie mit nichts anders als Aaß und friſchem Fleiſch geſpeiſet ſeyn wollen, und von lauter Brod nicht friſch erhalten wer- den koͤnnen.
Von Kraͤhen.
§. 4.
Die Kraͤhen nehren ſich im Som- mer von Laub-Froͤſchen, Kaͤfern, Heu- ſchrecken, und dergleichen, ihre uͤbrigen [Spaltenumbruch]
Eigenſchafften kommen mit den Raben ziemlich uͤberein. Wenn man eine jun- ge Kraͤhe aus dem Neſt aufziehet, ſo laͤßt ſie ſich ſehr artig gewoͤhnen, doch iſt ſie ſol- cher Muͤhe nicht ſo wohl werth, als eine Dohle. Man zehlet der Kraͤhen unter- ſchiedliche Arten, darunter nach denen gantz ſchwartzen, die bekandt ſind, die ſo genannten Nebel-Kraͤhen, die etwas groͤſ- ſer, und faſt wie eine Dohle an dem Kopff und Hals grau, zu bemercken ſind. Man heißt auch Blau-Kraͤhen denjenigen dunckel-blauen Vogel, der im Fruͤhling und Herbſt bey uns nur durchſtreicht, und zwar faſt wie eine Kraͤhe ſchreyet, auch ei- nen ſolchen Schnabel hat, im Flug aber viel anders iſt, und mehr Verwandſchafft mit dem Heher-Geſchlecht, als mit den Kraͤhen hat. Einige Autores ſchreiben, wenn man eine Kraͤhe anpfloͤckte, alſo, daß ſie auf den Ruͤcken zu liegen kaͤme, ſchrye ſie ſo jaͤmmerlich, daß hernach viel andere ihr zu Huͤlffe kaͤmen, und alſo ein Weyde- mann bey der Gelegenheit die Kraͤhen ſchieſſen, oder ſonſt einfangen koͤnte. Wie eine Kraͤhen-Huͤtte anzulegen, habe ich in dem erſten Theil allbereits abge- handelt.
Von den Aelſtern.
§. 5.
Es iſt dieſer Vogel vor allen an- dern ſehr vorſichtig, daher er Eulen, Fuͤch- ſe, Katzen, und andere dergleichen Raub- Thiere am eheſten zu erblicken pflegt, die er denn mit ſeinem Geſchrey nicht auf- hoͤrt zu verrathen, biß andere Voͤgel auch zufliegen, und er ſich wieder aus dem Ge- ſicht verliert. Es bruͤtet die Aelſter zwey- mahl, und hat meiſtens das erſte mahl 4. oder 5. und das andere mahl 3. oder 4. Jungen. Jn den Kefichen werden ſie ſehr alt, und nehmen allerley Speiſe an, wie alle diejenigen Voͤgel, ſo ihre Speiſe mit dem Schnabel nicht zerknirſchen, und dennoch in dem Winter bey uns bleiben. Jedoch mercket man, wenn man ſie lange hat, daß ſie von Jahr zu Jahr weniger friſch und luſtig ausſehen, maſſen kein Vo- gel zu finden iſt, wenn er nicht in ſeiner Freyheit, ſondern eingeſperret iſt, da er nicht freſſen kan, was feiner Natur zu ge- wiſſen Zeiten noͤthig, ſondern annehmen muß, was man ihm giebt, der nicht end- lich des natuͤrlichen Todes ſterbe.
§. 6.
Maͤnnlein und Weiblein ſind unter den Aelſtern ſchwer zu unterſchei- den; Alſo muß man nur ungefehr weh- len, denn wenn eine ſoll reden lernen, iſt
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Des Dritten Theils 37. Cap. von mancherley Raub-Voͤgeln.
Loͤcher, worinnen ſie des Tages ſind, ver-
ſtopffet, und heraus arbeitet. Von den
Stein-Eulen hat der gemeine Poͤbel die-
ſen Aberglauben, daß, in welcher Gegend
ſich dieſelbe hoͤren lieſſe, ohnfehlbar eines
hierauf ſterben wuͤrde. Es iſt aber die-
ſes eine ungegruͤndete Einbildung, und
ſtehet es den Chriſten im geringſten nicht
an, auf das Vogel-Geſchrey ſo Acht zu
geben, daß man zukuͤnfftige Dinge aus
denſelben prognoſticiren, und ſich davor
fuͤrchten wolte.
Von den Raben.
§. 3. Es ſind derſelben auch man-
cherley Gattungen. Die ſo genandten
Golck-Raben ſind in der Setz- und Brut-
Zeit den Haſen und Feder-Wildpraͤth
ſehr gefaͤhrlich, und haͤlt man dafuͤr, daß
dieſer Vogel auf eine Stunde von den
Aeſſern und Ludern Wind erhalten kan.
Die andern ſind etwas kleiner, ſie hor-
ſten in Hoͤltzern, Wieſen und Gaͤrten,
und bringen drey biß vier Junge aus.
Jhre Nahrung iſt neben dem Raube
auch Koͤrner, maſſen dieſelben im Fruͤh-
Jahr bey der Beſtell-Zeit viel Schaden an
etlichen Orten anrichten. Man will
auch gewiß dafuͤr halten, daß dieſe Art im
Monat Junio nicht ſauffe, welches da-
her, weil ſie in dieſer Zeit auf den Aeckern
gantz matt zuſammen ſitzen, und zu ſchrey-
en pflegen, leicht geglaubet werden koͤn-
te. Sie werden bey dem Schuhu auf
Kraͤhen-Huͤtten geſchoſſen, auch Win-
ters-Zeit mit Bemſen gefangen. Die
Ruͤcken horſten zwar auch auf Baͤumen,
iedoch in unzehliger Menge beyſammen,
ſo, daß man wohl auf einem Baum 30.
biß 40. Horſte zu finden pflegt; ſie haben
einen ſonderlich heiſern Schrey, und brin-
gen drey biß vier Junge aus. Es ſind
die Raben, wenn ſie jung aus dem Neſt
genommen werden, ſo zahm zu machen,
daß ſie auf viel Meilenweges hinweg flie-
gen, und wieder kommen; Weil aber gantz
und gar nichts angenehmes an ihnen iſt,
nimmt man ſich ſelten ſolche Muͤhe, zu-
mahl ſie mit nichts anders als Aaß und
friſchem Fleiſch geſpeiſet ſeyn wollen, und
von lauter Brod nicht friſch erhalten wer-
den koͤnnen.
Von Kraͤhen.
§. 4. Die Kraͤhen nehren ſich im Som-
mer von Laub-Froͤſchen, Kaͤfern, Heu-
ſchrecken, und dergleichen, ihre uͤbrigen
Eigenſchafften kommen mit den Raben
ziemlich uͤberein. Wenn man eine jun-
ge Kraͤhe aus dem Neſt aufziehet, ſo laͤßt
ſie ſich ſehr artig gewoͤhnen, doch iſt ſie ſol-
cher Muͤhe nicht ſo wohl werth, als eine
Dohle. Man zehlet der Kraͤhen unter-
ſchiedliche Arten, darunter nach denen
gantz ſchwartzen, die bekandt ſind, die ſo
genannten Nebel-Kraͤhen, die etwas groͤſ-
ſer, und faſt wie eine Dohle an dem Kopff
und Hals grau, zu bemercken ſind.
Man heißt auch Blau-Kraͤhen denjenigen
dunckel-blauen Vogel, der im Fruͤhling
und Herbſt bey uns nur durchſtreicht, und
zwar faſt wie eine Kraͤhe ſchreyet, auch ei-
nen ſolchen Schnabel hat, im Flug aber
viel anders iſt, und mehr Verwandſchafft
mit dem Heher-Geſchlecht, als mit den
Kraͤhen hat. Einige Autores ſchreiben,
wenn man eine Kraͤhe anpfloͤckte, alſo, daß
ſie auf den Ruͤcken zu liegen kaͤme, ſchrye
ſie ſo jaͤmmerlich, daß hernach viel andere
ihr zu Huͤlffe kaͤmen, und alſo ein Weyde-
mann bey der Gelegenheit die Kraͤhen
ſchieſſen, oder ſonſt einfangen koͤnte. Wie
eine Kraͤhen-Huͤtte anzulegen, habe
ich in dem erſten Theil allbereits abge-
handelt.
Von den Aelſtern.
§. 5. Es iſt dieſer Vogel vor allen an-
dern ſehr vorſichtig, daher er Eulen, Fuͤch-
ſe, Katzen, und andere dergleichen Raub-
Thiere am eheſten zu erblicken pflegt, die
er denn mit ſeinem Geſchrey nicht auf-
hoͤrt zu verrathen, biß andere Voͤgel auch
zufliegen, und er ſich wieder aus dem Ge-
ſicht verliert. Es bruͤtet die Aelſter zwey-
mahl, und hat meiſtens das erſte mahl 4.
oder 5. und das andere mahl 3. oder 4.
Jungen. Jn den Kefichen werden ſie
ſehr alt, und nehmen allerley Speiſe an,
wie alle diejenigen Voͤgel, ſo ihre Speiſe
mit dem Schnabel nicht zerknirſchen, und
dennoch in dem Winter bey uns bleiben.
Jedoch mercket man, wenn man ſie lange
hat, daß ſie von Jahr zu Jahr weniger
friſch und luſtig ausſehen, maſſen kein Vo-
gel zu finden iſt, wenn er nicht in ſeiner
Freyheit, ſondern eingeſperret iſt, da er
nicht freſſen kan, was feiner Natur zu ge-
wiſſen Zeiten noͤthig, ſondern annehmen
muß, was man ihm giebt, der nicht end-
lich des natuͤrlichen Todes ſterbe.
§. 6. Maͤnnlein und Weiblein ſind
unter den Aelſtern ſchwer zu unterſchei-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/334>, abgerufen am 22.02.2025.
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