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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Theils 24. Cap. von der Karren-Büchse.
[Spaltenumbruch] en und Teichen bey wilden Schwanen,
Gänsen und Enten, auch auf weitläuff-
tigen flachen und ebenen Feldern bey den
Kranichen, Trappen und grossen Brach-
Vögeln mit gutem Nutzen gebraucht, da
sie bey ihrem Abzug und Wegfluge bey-
sammen halten, und nicht allzu nahe an
sich kommen lassen. Die Operation mit
den Karren-Büchsen ist folgende: Man
hat einen Karren mit zwey Rädern, hin-
ten am Karren ist eine starcke eiserne Ga-
bel, die man mit einem Gewerbe hoch
und nieder, hin und wieder, wenden kan.
Jn dieser Gabel liegt ein Doppelha-
cken, oder grosses metallenes Rohr mit
einem Feuer-Schloß und rechten Schafft
wie ein Ziel-Rohr, mit einem beqvemen
Anschlag und Absehen. Dieses wird mit
einem eisernen Durchzuge an der Gabel
fest angemacht, daß es nicht wancken oder
stossen kan. Forne am Wagen sitzt der
Weydemann, der das Pferd lencken, und
zugleich, wo er etwas vom Feder-Wild-
präth in den Feldern verspühret, von fer-
ne sehen kan. Er muß aber nicht gera-
de auf sie zufahren, sondern einen weiten
Umschweiff nehmen, als wolte er neben
bey; Vermeynet er nun seitenwerts na-
he genug zu seyn, hält er mit dem Kar-
ren still, richtet sein Rohr, nimmt das
Absehen, und schiest, ie schneller, ie besser,
weil sie selten auf vier oder fünffhundert
Schritt einen zu sich nahen lassen.

§. 2.

Das Rohr wird mit grossen
Schroten, Hagel, oder rechten Lauff-Ku-
geln geladen; einige machen ihnen La-
dungen vom Blech, und füllen sie mit gro-
ben Schroten, so können sie ihre La-
dung desto geschwinder vollbringen, und
auf diese Weise offt glücklich seyn, auf ei-
nen Schuß vier, fünff biß sechs Stück
Feder-Wildpräth zu treffen. Jn Seen
und Teichen hat man ein paar Wasser-
Hunde gar sehr nöthig, die geschossenen
Stücken wieder aus dem Wasser zu ho-
len. Es ist nicht zu läugnen, daß auf diese
Art manches zu schanden geschossen wird,
so, daß es wohl getroffen, aber nicht tödt-
lich verwundet ist, sondern wieder aufste-
het, und mit den übrigen gesunden eine
Zeitlang fortflieget, biß es endlich verfällt,
stirbet, und zu Niemands Nutzen ver-
faulet und verdirbet.

Das 25. Capitel/
Von dem Pürschen des Wild-
präths.
[Spaltenumbruch]
§. 1.

Es ist zwar an dem, daß ich in dem er-
sten Theile meines Jäger-Buches
vom Pürschen und Pürsch-Pulver zu
machen, von dem Pürsch-Meister, und un-
terschiedenen andern Materien, die hie-
her gehören, eines und das andere vor-
gebracht; inzwischen wird doch auch nicht
undienlich seyn, wenn ich ietzund noch
weiter melde, was man bey dem Wild-
präth-Pürschen eigentlich zu observiren
habe, was das getroffene Wild vor un-
terschiedene Zeichen mercken läßt, und
wornach man judiciret, ob man gar ge-
fehlet und vorbey geschossen, oder aus Un-
achtsamkeit zwar getroffen, aber doch
nicht tödtlich verwundet, welches man zu
Holtze schiessen nennet, so hernach denen
Menschen nicht zu gute kommt, sondern
bloß den Raub-Thieren zu Theil wird.
Bey dem Wildpräth-Pürschen muß ein
Schütze seine Büchse und Pürsch-Rohr
verstehen, und sie nach vorher beschriebe-
ner Methode auf unterschiedene Distan-
z
en in der Nähe und Ferne angeschossen
und probiret haben, ob sie ihren Schuß
hoch oder niedrig gehalten, ob sie mit der
Kugel das Bret gerissen und gesplittert,
und dergleichen mehr. Jst nun der Jä-
ger damit wohl beschossen, daß er aus frey-
er Faust, so gar offt vorfällt, indem man
nicht aller Orten anlegen kan, ingleichen
bey der Nacht und Monden-Schein, so
gut trifft, als am Tage, und sich gewöhnet,
so wohl rechts als lincks zu schiessen, und
auch zu treffen, muß er sich von den Schei-
ben-Schüssen abgewöhnen, und sich lie-
ber exerciren, etwas Lebendiges zu schies-
sen und zu treffen.

§. 2.

Vor allen Dingen muß er GOtt
den HErrn hierbey vor Augen haben,
und sich vor allen Teufels-Künsten, da-
durch nur den Menschen Fallstricke gelegt
werden, hüten und vorsehen, indem die-
ses alles nicht zur Jäger-Profession ge-
hört; Er muß den Laufft und das Schloß
an der Pürsch-Büchse rein behalten und
einschmieren, den Hahn iedesmahl mit
einem guten Stein versehen, daß er rich-
tig auf die Pfanne passe, stets gutes ra-
sches Pulver und tüchtige Steine im Vor-
rath haben, und seine Büchse vor aller
Feuchtigkeit bewahren. Will man nun
Wildpräth pürschen, muß man seine
Büchse wohl verstehen, so ein Thier breit
stehet, und man schießt es forne an hinter
der Schaufel, und es gehet auf der an-

dern
Z (Anderer Haupt-Theil.)

Des Dritten Theils 24. Cap. von der Karren-Buͤchſe.
[Spaltenumbruch] en und Teichen bey wilden Schwanen,
Gaͤnſen und Enten, auch auf weitlaͤuff-
tigen flachen und ebenen Feldern bey den
Kranichen, Trappen und groſſen Brach-
Voͤgeln mit gutem Nutzen gebraucht, da
ſie bey ihrem Abzug und Wegfluge bey-
ſammen halten, und nicht allzu nahe an
ſich kommen laſſen. Die Operation mit
den Karren-Buͤchſen iſt folgende: Man
hat einen Karren mit zwey Raͤdern, hin-
ten am Karren iſt eine ſtarcke eiſerne Ga-
bel, die man mit einem Gewerbe hoch
und nieder, hin und wieder, wenden kan.
Jn dieſer Gabel liegt ein Doppelha-
cken, oder groſſes metallenes Rohr mit
einem Feuer-Schloß und rechten Schafft
wie ein Ziel-Rohr, mit einem beqvemen
Anſchlag und Abſehen. Dieſes wird mit
einem eiſernen Durchzuge an der Gabel
feſt angemacht, daß es nicht wancken oder
ſtoſſen kan. Forne am Wagen ſitzt der
Weydemann, der das Pferd lencken, und
zugleich, wo er etwas vom Feder-Wild-
praͤth in den Feldern verſpuͤhret, von fer-
ne ſehen kan. Er muß aber nicht gera-
de auf ſie zufahren, ſondern einen weiten
Umſchweiff nehmen, als wolte er neben
bey; Vermeynet er nun ſeitenwerts na-
he genug zu ſeyn, haͤlt er mit dem Kar-
ren ſtill, richtet ſein Rohr, nimmt das
Abſehen, und ſchieſt, ie ſchneller, ie beſſer,
weil ſie ſelten auf vier oder fuͤnffhundert
Schritt einen zu ſich nahen laſſen.

§. 2.

Das Rohr wird mit groſſen
Schroten, Hagel, oder rechten Lauff-Ku-
geln geladen; einige machen ihnen La-
dungen vom Blech, und fuͤllen ſie mit gro-
ben Schroten, ſo koͤnnen ſie ihre La-
dung deſto geſchwinder vollbringen, und
auf dieſe Weiſe offt gluͤcklich ſeyn, auf ei-
nen Schuß vier, fuͤnff biß ſechs Stuͤck
Feder-Wildpraͤth zu treffen. Jn Seen
und Teichen hat man ein paar Waſſer-
Hunde gar ſehr noͤthig, die geſchoſſenen
Stuͤcken wieder aus dem Waſſer zu ho-
len. Es iſt nicht zu laͤugnen, daß auf dieſe
Art manches zu ſchanden geſchoſſen wird,
ſo, daß es wohl getroffen, aber nicht toͤdt-
lich verwundet iſt, ſondern wieder aufſte-
het, und mit den uͤbrigen geſunden eine
Zeitlang fortflieget, biß es endlich verfaͤllt,
ſtirbet, und zu Niemands Nutzen ver-
faulet und verdirbet.

Das 25. Capitel/
Von dem Puͤrſchen des Wild-
praͤths.
[Spaltenumbruch]
§. 1.

Es iſt zwar an dem, daß ich in dem er-
ſten Theile meines Jaͤger-Buches
vom Puͤrſchen und Puͤrſch-Pulver zu
machen, von dem Puͤrſch-Meiſter, und un-
terſchiedenen andern Materien, die hie-
her gehoͤren, eines und das andere vor-
gebracht; inzwiſchen wird doch auch nicht
undienlich ſeyn, wenn ich ietzund noch
weiter melde, was man bey dem Wild-
praͤth-Puͤrſchen eigentlich zu obſerviren
habe, was das getroffene Wild vor un-
terſchiedene Zeichen mercken laͤßt, und
wornach man judiciret, ob man gar ge-
fehlet und vorbey geſchoſſen, oder aus Un-
achtſamkeit zwar getroffen, aber doch
nicht toͤdtlich verwundet, welches man zu
Holtze ſchieſſen nennet, ſo hernach denen
Menſchen nicht zu gute kommt, ſondern
bloß den Raub-Thieren zu Theil wird.
Bey dem Wildpraͤth-Puͤrſchen muß ein
Schuͤtze ſeine Buͤchſe und Puͤrſch-Rohr
verſtehen, und ſie nach vorher beſchriebe-
ner Methode auf unterſchiedene Diſtan-
z
en in der Naͤhe und Ferne angeſchoſſen
und probiret haben, ob ſie ihren Schuß
hoch oder niedrig gehalten, ob ſie mit der
Kugel das Bret geriſſen und geſplittert,
und dergleichen mehr. Jſt nun der Jaͤ-
ger damit wohl beſchoſſen, daß er aus frey-
er Fauſt, ſo gar offt vorfaͤllt, indem man
nicht aller Orten anlegen kan, ingleichen
bey der Nacht und Monden-Schein, ſo
gut trifft, als am Tage, und ſich gewoͤhnet,
ſo wohl rechts als lincks zu ſchieſſen, und
auch zu treffen, muß er ſich von den Schei-
ben-Schuͤſſen abgewoͤhnen, und ſich lie-
ber exerciren, etwas Lebendiges zu ſchieſ-
ſen und zu treffen.

§. 2.

Vor allen Dingen muß er GOtt
den HErrn hierbey vor Augen haben,
und ſich vor allen Teufels-Kuͤnſten, da-
durch nur den Menſchen Fallſtricke gelegt
werden, huͤten und vorſehen, indem die-
ſes alles nicht zur Jaͤger-Profeſſion ge-
hoͤrt; Er muß den Laufft und das Schloß
an der Puͤrſch-Buͤchſe rein behalten und
einſchmieren, den Hahn iedesmahl mit
einem guten Stein verſehen, daß er rich-
tig auf die Pfanne paſſe, ſtets gutes ra-
ſches Pulver und tuͤchtige Steine im Vor-
rath haben, und ſeine Buͤchſe vor aller
Feuchtigkeit bewahren. Will man nun
Wildpraͤth puͤrſchen, muß man ſeine
Buͤchſe wohl verſtehen, ſo ein Thier breit
ſtehet, und man ſchießt es forne an hinter
der Schaufel, und es gehet auf der an-

dern
Z (Anderer Haupt-Theil.)
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/295>, abgerufen am 21.11.2024.