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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Von Auferziehung des Leit-Hundes/ und dessen Wartung.
[Spaltenumbruch] lassen könte, um den Hirsch mit einem sol-
chen Hunde zu bestätigen. Es geschicht
solche Arbeit jährlich meistens des Früh-
Jahres um den halben May-Monat,
wenn das Wildpräth sich von den Win-
ter-Haaren abgefärbet. Ein alter Hirsch
färbet eher ab, als ein junger, er sey denn
innerlich nicht recht gesund. Nach den
Hirschen färben sich die gelten Thiere viel
eher ab, als die tragenden, die nicht eher
färben können, biß sie die Kälber gesetzt.
Das Schmahl-Wild aber färbet zuletzt,
und nicht eher, biß es ein wenig zugenom-
men. Die Leit-Hundes-Arbeit conti-
nui
ret biß in den Junium, Julium und Au-
gust,
und währet also vierzehn Wochen
in allen. Wenn die Hirsch-Brunfft im
September anrückt, so höret man damit
auf, und ist der Hirsch schon auf eine an-
dere Art zu finden, dazu man den Leit-
Hund eben nicht nöthig hat.

§. 4.

Was nun die Auferziehung des
Leit-Hundes anbetrifft, so ist anfänglich
bey dessen Jugend, wenn er noch an der
Mutter sauget, nichts sonderliches mehr
in Obacht zu nehmen, als daß die Mutter
nur fleißig Milch-Suppen bekomme, da-
mit sie im Stande sey, ihren jungen Hün-
delein wiederum eine gute Hülffe zum
Wachsthum herzugeben; Dabey muß
aber die alte Hündin ebenfalls sehr be-
hutsam tractirt werden, daß sie ja nicht
bey ihrem Fraß stinckend Fleisch oder Brü-
he mit bekomme, weil solches durch die
Mutter-Milch den jungen Hunden
gleichfalls eingeflösset wird, ihnen aber
gar schädlich wäre, indem dieses grobe
Dünste generiren, die den subtilen Ge-
ruch der Hunde verderben würden. Es
muß also der Leit-Hund, um den Ge-
ruch nicht bey ihm zu verderben, sehr zart
tractiret seyn. Da er noch klein, kan man
sonst nicht gar viel mit ihm vornehmen,
als daß ihm täglich die Ohren und Maul-
Lappen gezogen werden, um ihm ein gut
Ansehen zu machen, daß er wohl behan-
gen sey. Dabey muß man ihm alle Tage
fein offters warme Milch mit etwas ge-
krümelten Brod angewöhnen, um solches
fressen zu lernen. Nachdem auch die
Milch, wenn sie nur so getruncken wird,
bey den Hunden Würmer zu generiren
pflegt, wie aus der Erfahrung bekandt,
so muß man, um dieses zu verhüten, et-
was Erbiß-Mehl in die Milch schütten.
Sind die jungen Hunde verstopfft, wel-
ches auch bißweilen zu geschehen pflegt,
so muß man Zäpffgen von Seiffe machen,
[Spaltenumbruch] und ihnen solche in den Hintern stecken,
so wird der Leib eröffnet, sonst sterben sie.

§. 5.

Vor allen Dingen muß man
die kleinen Hunde, wenn sie nur ein we-
nig erwachsen, und lauffen können, vom
Ungeziefer fleißig reinigen, im laulichten
Wasser baden, kämmen, und sie bür-
sten, und die Flöhe ihnen abputzen, denn
dieses hilfft gar viel zum Wachsthum der
Hunde. Sie müssen ein paar Monate
bey der Mutter bleiben, und ja nicht zu
frühzeitig abgenommen werden. Die
zum Fraß der jungen Hunde gewidme-
te Kuh-Milch muß ihnen ja nicht kalt ge-
geben, sondern allezeit etwas warm und
laulicht gemacht werden, es wäre denn,
daß sie gleich warm von der Kuh käme,
sonsten muß man ihnen solche lieber ab-
sieden. Man muß ihnen kein Wasser
drunter mengen, und sie nicht zu viel auf
einmahl sauffen lassen, sondern lieber off-
ters. Denn sonst kan der kleine Magen
dasjenige, was ein solch junges Hündlein
geitzig hineinfrißt, nicht verdauen, und
wird offt so dicke, daß es aufspringen
mögte, bekommt Reissen und Würmer,
es kan ihm nicht gedeyen, wird endlich
siech und kranck, und muß wohl gar drü-
ber crepiren. Es will also ein solch jung
Hündlein, zum wenigsten biß es sechs
Monate alt, sehr wohl in Acht genom-
men seyn.

§. 6.

Man muß ihnen den Fraß auch
nicht gar zu heiß geben, sonst verdorren
sie, und verkrümmen innerlich, ob sie gleich
das beste Futter bekommen. Jst der Hund
aber erwachsen, so kan er seinen ordentli-
chen Fraß erlangen; doch muß man ihn
nicht gar zu herrlich gewöhnen, denn es
geschicht offters, daß der Jäger mit dem
Leit-Hund aufs Vorsuchen verschicket
wird, und in solchen Dörffern logiren
muß, da er kaum vor sich selbst etwas ha-
ben kan, geschweige denn dem Hunde
herrlichen Fraß verschaffen. Bekommt
nun der Hund alsdenn geringen Fraß, so
hungert er lieber, und ist verdrießlich, daß
der Jäger nichts mit ihm nachgehends
ausrichten kan. Diesemnach gebe man
ihm nur Brod, so im siedenden Wasser
eingebrühet und geweicht ist, man greiffe
offters durch, daß es wie ein Brey werde,
decke es zu, und lasse es so verkühlet stehen,
man kan auch etwas Saltz und Rocken-
Mehl darunter thun. Einige pflegen
das Fett von Schafs-Knochen, so bey den
Gerbern zu haben, mit darunter zu mi-
schen, es wird aber dieses offters stinckend,

und
U (Anderer Haupt-Theil.)

Von Auferziehung des Leit-Hundes/ und deſſen Wartung.
[Spaltenumbruch] laſſen koͤnte, um den Hirſch mit einem ſol-
chen Hunde zu beſtaͤtigen. Es geſchicht
ſolche Arbeit jaͤhrlich meiſtens des Fruͤh-
Jahres um den halben May-Monat,
wenn das Wildpraͤth ſich von den Win-
ter-Haaren abgefaͤrbet. Ein alter Hirſch
faͤrbet eher ab, als ein junger, er ſey denn
innerlich nicht recht geſund. Nach den
Hirſchen faͤrben ſich die gelten Thiere viel
eher ab, als die tragenden, die nicht eher
faͤrben koͤnnen, biß ſie die Kaͤlber geſetzt.
Das Schmahl-Wild aber faͤrbet zuletzt,
und nicht eher, biß es ein wenig zugenom-
men. Die Leit-Hundes-Arbeit conti-
nui
ret biß in den Junium, Julium und Au-
guſt,
und waͤhret alſo vierzehn Wochen
in allen. Wenn die Hirſch-Brunfft im
September anruͤckt, ſo hoͤret man damit
auf, und iſt der Hirſch ſchon auf eine an-
dere Art zu finden, dazu man den Leit-
Hund eben nicht noͤthig hat.

§. 4.

Was nun die Auferziehung des
Leit-Hundes anbetrifft, ſo iſt anfaͤnglich
bey deſſen Jugend, wenn er noch an der
Mutter ſauget, nichts ſonderliches mehr
in Obacht zu nehmen, als daß die Mutter
nur fleißig Milch-Suppen bekomme, da-
mit ſie im Stande ſey, ihren jungen Huͤn-
delein wiederum eine gute Huͤlffe zum
Wachsthum herzugeben; Dabey muß
aber die alte Huͤndin ebenfalls ſehr be-
hutſam tractirt werden, daß ſie ja nicht
bey ihrem Fraß ſtinckend Fleiſch oder Bruͤ-
he mit bekomme, weil ſolches durch die
Mutter-Milch den jungen Hunden
gleichfalls eingefloͤſſet wird, ihnen aber
gar ſchaͤdlich waͤre, indem dieſes grobe
Duͤnſte generiren, die den ſubtilen Ge-
ruch der Hunde verderben wuͤrden. Es
muß alſo der Leit-Hund, um den Ge-
ruch nicht bey ihm zu verderben, ſehr zart
tractiret ſeyn. Da er noch klein, kan man
ſonſt nicht gar viel mit ihm vornehmen,
als daß ihm taͤglich die Ohren und Maul-
Lappen gezogen werden, um ihm ein gut
Anſehen zu machen, daß er wohl behan-
gen ſey. Dabey muß man ihm alle Tage
fein offters warme Milch mit etwas ge-
kruͤmelten Brod angewoͤhnen, um ſolches
freſſen zu lernen. Nachdem auch die
Milch, wenn ſie nur ſo getruncken wird,
bey den Hunden Wuͤrmer zu generiren
pflegt, wie aus der Erfahrung bekandt,
ſo muß man, um dieſes zu verhuͤten, et-
was Erbiß-Mehl in die Milch ſchuͤtten.
Sind die jungen Hunde verſtopfft, wel-
ches auch bißweilen zu geſchehen pflegt,
ſo muß man Zaͤpffgen von Seiffe machen,
[Spaltenumbruch] und ihnen ſolche in den Hintern ſtecken,
ſo wird der Leib eroͤffnet, ſonſt ſterben ſie.

§. 5.

Vor allen Dingen muß man
die kleinen Hunde, wenn ſie nur ein we-
nig erwachſen, und lauffen koͤnnen, vom
Ungeziefer fleißig reinigen, im laulichten
Waſſer baden, kaͤmmen, und ſie buͤr-
ſten, und die Floͤhe ihnen abputzen, denn
dieſes hilfft gar viel zum Wachsthum der
Hunde. Sie muͤſſen ein paar Monate
bey der Mutter bleiben, und ja nicht zu
fruͤhzeitig abgenommen werden. Die
zum Fraß der jungen Hunde gewidme-
te Kuh-Milch muß ihnen ja nicht kalt ge-
geben, ſondern allezeit etwas warm und
laulicht gemacht werden, es waͤre denn,
daß ſie gleich warm von der Kuh kaͤme,
ſonſten muß man ihnen ſolche lieber ab-
ſieden. Man muß ihnen kein Waſſer
drunter mengen, und ſie nicht zu viel auf
einmahl ſauffen laſſen, ſondern lieber off-
ters. Denn ſonſt kan der kleine Magen
dasjenige, was ein ſolch junges Huͤndlein
geitzig hineinfrißt, nicht verdauen, und
wird offt ſo dicke, daß es aufſpringen
moͤgte, bekommt Reiſſen und Wuͤrmer,
es kan ihm nicht gedeyen, wird endlich
ſiech und kranck, und muß wohl gar druͤ-
ber crepiren. Es will alſo ein ſolch jung
Huͤndlein, zum wenigſten biß es ſechs
Monate alt, ſehr wohl in Acht genom-
men ſeyn.

§. 6.

Man muß ihnen den Fraß auch
nicht gar zu heiß geben, ſonſt verdorren
ſie, und verkruͤm̃en innerlich, ob ſie gleich
das beſte Futter bekommen. Jſt der Hund
aber erwachſen, ſo kan er ſeinen ordentli-
chen Fraß erlangen; doch muß man ihn
nicht gar zu herrlich gewoͤhnen, denn es
geſchicht offters, daß der Jaͤger mit dem
Leit-Hund aufs Vorſuchen verſchicket
wird, und in ſolchen Doͤrffern logiren
muß, da er kaum vor ſich ſelbſt etwas ha-
ben kan, geſchweige denn dem Hunde
herrlichen Fraß verſchaffen. Bekommt
nun der Hund alsdenn geringen Fraß, ſo
hungert er lieber, und iſt verdrießlich, daß
der Jaͤger nichts mit ihm nachgehends
ausrichten kan. Dieſemnach gebe man
ihm nur Brod, ſo im ſiedenden Waſſer
eingebruͤhet und geweicht iſt, man greiffe
offters durch, daß es wie ein Brey werde,
decke es zu, und laſſe es ſo verkuͤhlet ſtehen,
man kan auch etwas Saltz und Rocken-
Mehl darunter thun. Einige pflegen
das Fett von Schafs-Knochen, ſo bey den
Gerbern zu haben, mit darunter zu mi-
ſchen, es wird aber dieſes offters ſtinckend,

und
U (Anderer Haupt-Theil.)
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/249>, abgerufen am 21.12.2024.