Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Des Andern Th. 37. C. von schädlichen Vieh-Trifften in Wäldern.
[Spaltenumbruch] meisten den Knaster vorziehen, so kan
man doch überhaupt keine gewisse und
beständige Regel davon geben; Am be-
sten ist es, wenn man seine eigene Erfah-
rung hierinnen zu rathe ziehet, und den-
jenigen läßt, von dem man spühret, daß
er einem nicht recht wohl bekomme. Es
ist viel gesünder, wenn man fleißig bey
dem Toback-rauchen Bier trincket, als
wenn man trocken rauchet. So ist es
auch zuträglicher, aus langen Pfeiffen
zu rauchen, denn aus kleinen, indem das
Narcotische Oel, so den Menschen schäd-
lich ist, auch gar widerlich fällt, in jenen
besser zurück bleibet, als in diesen. Die
übrigen Anmerckungen, indem sie nicht
zu unserm Objecto und Metier gehören,
will ich den Herren Physicis und Medi-
cis,
und den Liebhabern des Tobackes
überlassen.

Das 37. Capitel/
Von schädlichen Vieh-Trifften
in Wäldern.
§. 1.

Ob zwar an dem ist, daß das Rind-
und Schaf-Vieh der Herrschafften
und Unterthanen in grossen Heiden und
Wäldern wegen des Grases zur Weyde
getrieben zu werden pflegt, absonderlich
an solchen Oertern, wo keine andere
Trifften und Weyden, Anger und Brach-
Felder vorhanden, und man solchen falls
aus der Noth eine Tugend machen muß;
So ist doch hierbey zu beobachten, daß
man die Hütungen in Wäldern, wo Herr-
schafften und Unterthanen anderwerts
Graßreiche Weyden haben, so viel als mög-
lich, einziehe und einschräncke, indem un-
ter dem Praetext der Hütung von Schä-
fern, Hirten, und andern, mancherley
Nachtheil den Gehöltzen zugezogen wird.
Die Förster und Fuß-Bedienten lassen
sich bißweilen mit einigen Schocken Zie-
gen- oder Schaf-Käsen, oder einigen Paa-
ren Strümpffen die Augen blenden, daß
sie nicht gehörig visitiren, und die nöthige
Aufsicht auf die Wälder haben, und sich
hernach unbekümmert lassen, die Herr-
schafft möge Holtz oder Wildpräth in ih-
ren Wäldern haben, oder nicht. Sie
scheuen nicht die Strafe des grossen GOt-
tes, welche diejenigen, die ihre Pflichten
freventlich hintansetzen, gewißlich heim-
suchet; sie fürchten sich auch nicht vor dem
Abschiede, den sie von ihrer Herrschafft be-
[Spaltenumbruch] kommen könten, und vor dem andern
Unglück, das sie daher zu gewarten haben,
sie glauben auch nicht, daß der Verräther
nicht schlafen solte, und daß nichts so klein
gesponnen, das nicht endlich komme an
die Sonnen.

§. 2.

Es wollen leichtfertige Schäfer
und Hirten ihren Herrschafften offters
einen blauen Dunst vor die Augen ma-
chen, und sie bereden, als ob sie mit dem
Grase und den Heide-Kraut-Trifften
einen grossen Nutzen der Schäferey such-
ten, sie hätten an andern Orten zu wenig
Weyde vor die Schafe, die Felder wären
überall besäet, sie könten nicht recht ihren
Zug mit der Heerde vornehmen; Es
mercket sich denn ein Schäfer alsbald, ob
der Herr, oder der Pachter, oder der Amt-
mann sehr grosse Liebe vor die Schäferey
trägt. Wenn die Herrschafften nur das
jährliche Woll-Geld, an feinen groben
Müntz-Sorten bezahlet, einnehmen, so
bekümmern sich die wenigsten darum, die
Jäger mögen dawider einwenden, was
sie wollen, es hilfft alles nichts, sie bekom-
men denn zur Antwort, die Schäfereyen
brächten mehr ein, als die Jägerey, womit
sich denn die armen Förster, ob sie wohl
das Jhrige verstehen, und es redlich mey-
nen, müssen abweisen lassen. Die Schä-
fer nehmen nachgehends mit Gewalt ih-
ren betriegerischen Zug in den Wäldern,
vorschützende, es sey ihnen befohlen, sie
erweisen sich protzig, treiben aus Boßheit
in die besten Gehöltze, und tieffsten Di-
ckigte, und verjagen aus solchen das gros-
se und kleine Wildpräth. Finden sie gesetz-
te Wilds-Kälber, so muß ihnen diß Häut-
lein zur Mütze ihres diebischen Kopffes
dienen, und die gefundenen Feder-Wild-
präths-Eyer zum Eyer-Kuchen-backen;
sie beschneiden den Kälbern die Geburths-
Glieder, und die Ohren, sie schreyen und
klatschen mit den grossen ledernen Peit-
schen, daß es im Walde schallet, und die
Hunde müssen dabey bellen, also, daß das
Wild nicht wenig hierdurch gescheuchet,
und in Unruhe gesetzt wird; sie rauchen
Toback, und werffen offt den brennenden
und glimmenden Schwamm aus Unvor-
sichtigkeit, auch wohl aus Boßheit, bey heis-
sen Sommer-Tagen in das hartzige Tan-
gel-Holtz, in die Streuling, und das
dürre Erdreich, daß nicht selten Feuers-
Brünste dadurch entstehen; sie schiessen
öffters mit den Schlüssel-Büchsen, und
zünden dadurch was an, oder scheuchen
doch das Wildpräth; sie machen zur

Herbst-
Q 2

Des Andern Th. 37. C. von ſchaͤdlichen Vieh-Trifften in Waͤldern.
[Spaltenumbruch] meiſten den Knaſter vorziehen, ſo kan
man doch uͤberhaupt keine gewiſſe und
beſtaͤndige Regel davon geben; Am be-
ſten iſt es, wenn man ſeine eigene Erfah-
rung hierinnen zu rathe ziehet, und den-
jenigen laͤßt, von dem man ſpuͤhret, daß
er einem nicht recht wohl bekomme. Es
iſt viel geſuͤnder, wenn man fleißig bey
dem Toback-rauchen Bier trincket, als
wenn man trocken rauchet. So iſt es
auch zutraͤglicher, aus langen Pfeiffen
zu rauchen, denn aus kleinen, indem das
Narcotiſche Oel, ſo den Menſchen ſchaͤd-
lich iſt, auch gar widerlich faͤllt, in jenen
beſſer zuruͤck bleibet, als in dieſen. Die
uͤbrigen Anmerckungen, indem ſie nicht
zu unſerm Objecto und Metier gehoͤren,
will ich den Herren Phyſicis und Medi-
cis,
und den Liebhabern des Tobackes
uͤberlaſſen.

Das 37. Capitel/
Von ſchaͤdlichen Vieh-Trifften
in Waͤldern.
§. 1.

Ob zwar an dem iſt, daß das Rind-
und Schaf-Vieh der Herrſchafften
und Unterthanen in groſſen Heiden und
Waͤldern wegen des Graſes zur Weyde
getrieben zu werden pflegt, abſonderlich
an ſolchen Oertern, wo keine andere
Trifften und Weyden, Anger und Brach-
Felder vorhanden, und man ſolchen falls
aus der Noth eine Tugend machen muß;
So iſt doch hierbey zu beobachten, daß
man die Huͤtungen in Waͤldern, wo Herr-
ſchafften und Unterthanen anderwerts
Graßreiche Weyden haben, ſo viel als moͤg-
lich, einziehe und einſchraͤncke, indem un-
ter dem Prætext der Huͤtung von Schaͤ-
fern, Hirten, und andern, mancherley
Nachtheil den Gehoͤltzen zugezogen wird.
Die Foͤrſter und Fuß-Bedienten laſſen
ſich bißweilen mit einigen Schocken Zie-
gen- oder Schaf-Kaͤſen, oder einigen Paa-
ren Struͤmpffen die Augen blenden, daß
ſie nicht gehoͤrig viſitiren, und die noͤthige
Aufſicht auf die Waͤlder haben, und ſich
hernach unbekuͤmmert laſſen, die Herr-
ſchafft moͤge Holtz oder Wildpraͤth in ih-
ren Waͤldern haben, oder nicht. Sie
ſcheuen nicht die Strafe des groſſen GOt-
tes, welche diejenigen, die ihre Pflichten
freventlich hintanſetzen, gewißlich heim-
ſuchet; ſie fuͤrchten ſich auch nicht vor dem
Abſchiede, den ſie von ihrer Herrſchafft be-
[Spaltenumbruch] kommen koͤnten, und vor dem andern
Ungluͤck, das ſie daher zu gewarten haben,
ſie glauben auch nicht, daß der Verraͤther
nicht ſchlafen ſolte, und daß nichts ſo klein
geſponnen, das nicht endlich komme an
die Sonnen.

§. 2.

Es wollen leichtfertige Schaͤfer
und Hirten ihren Herrſchafften offters
einen blauen Dunſt vor die Augen ma-
chen, und ſie bereden, als ob ſie mit dem
Graſe und den Heide-Kraut-Trifften
einen groſſen Nutzen der Schaͤferey ſuch-
ten, ſie haͤtten an andern Orten zu wenig
Weyde vor die Schafe, die Felder waͤren
uͤberall beſaͤet, ſie koͤnten nicht recht ihren
Zug mit der Heerde vornehmen; Es
mercket ſich denn ein Schaͤfer alsbald, ob
der Herr, oder der Pachter, oder der Amt-
mann ſehr groſſe Liebe vor die Schaͤferey
traͤgt. Wenn die Herrſchafften nur das
jaͤhrliche Woll-Geld, an feinen groben
Muͤntz-Sorten bezahlet, einnehmen, ſo
bekuͤmmern ſich die wenigſten darum, die
Jaͤger moͤgen dawider einwenden, was
ſie wollen, es hilfft alles nichts, ſie bekom-
men denn zur Antwort, die Schaͤfereyen
braͤchten mehr ein, als die Jaͤgerey, womit
ſich denn die armen Foͤrſter, ob ſie wohl
das Jhrige verſtehen, und es redlich mey-
nen, muͤſſen abweiſen laſſen. Die Schaͤ-
fer nehmen nachgehends mit Gewalt ih-
ren betriegeriſchen Zug in den Waͤldern,
vorſchuͤtzende, es ſey ihnen befohlen, ſie
erweiſen ſich protzig, treiben aus Boßheit
in die beſten Gehoͤltze, und tieffſten Di-
ckigte, und verjagen aus ſolchen das groſ-
ſe und kleine Wildpraͤth. Finden ſie geſetz-
te Wilds-Kaͤlber, ſo muß ihnen diß Haͤut-
lein zur Muͤtze ihres diebiſchen Kopffes
dienen, und die gefundenen Feder-Wild-
praͤths-Eyer zum Eyer-Kuchen-backen;
ſie beſchneiden den Kaͤlbern die Geburths-
Glieder, und die Ohren, ſie ſchreyen und
klatſchen mit den groſſen ledernen Peit-
ſchen, daß es im Walde ſchallet, und die
Hunde muͤſſen dabey bellen, alſo, daß das
Wild nicht wenig hierdurch geſcheuchet,
und in Unruhe geſetzt wird; ſie rauchen
Toback, und werffen offt den brennenden
und glimmenden Schwamm aus Unvor-
ſichtigkeit, auch wohl aus Boßheit, bey heiſ-
ſen Sommer-Tagen in das hartzige Tan-
gel-Holtz, in die Streuling, und das
duͤrre Erdreich, daß nicht ſelten Feuers-
Bruͤnſte dadurch entſtehen; ſie ſchieſſen
oͤffters mit den Schluͤſſel-Buͤchſen, und
zuͤnden dadurch was an, oder ſcheuchen
doch das Wildpraͤth; ſie machen zur

Herbſt-
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0211" n="123"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Andern Th. 37. C. von &#x017F;cha&#x0364;dlichen Vieh-Trifften in Wa&#x0364;ldern.</hi></fw><lb/><cb/>
mei&#x017F;ten den Kna&#x017F;ter vorziehen, &#x017F;o kan<lb/>
man doch u&#x0364;berhaupt keine gewi&#x017F;&#x017F;e und<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndige Regel davon geben; Am be-<lb/>
&#x017F;ten i&#x017F;t es, wenn man &#x017F;eine eigene Erfah-<lb/>
rung hierinnen zu rathe ziehet, und den-<lb/>
jenigen la&#x0364;ßt, von dem man &#x017F;pu&#x0364;hret, daß<lb/>
er einem nicht recht wohl bekomme. Es<lb/>
i&#x017F;t viel ge&#x017F;u&#x0364;nder, wenn man fleißig bey<lb/>
dem Toback-rauchen Bier trincket, als<lb/>
wenn man trocken rauchet. So i&#x017F;t es<lb/>
auch zutra&#x0364;glicher, aus langen Pfeiffen<lb/>
zu rauchen, denn aus kleinen, indem das<lb/><hi rendition="#aq">Narcoti</hi>&#x017F;che Oel, &#x017F;o den Men&#x017F;chen &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
lich i&#x017F;t, auch gar widerlich fa&#x0364;llt, in jenen<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er zuru&#x0364;ck bleibet, als in die&#x017F;en. Die<lb/>
u&#x0364;brigen Anmerckungen, indem &#x017F;ie nicht<lb/>
zu un&#x017F;erm <hi rendition="#aq">Objecto</hi> und <hi rendition="#aq">Metier</hi> geho&#x0364;ren,<lb/>
will ich den Herren <hi rendition="#aq">Phy&#x017F;icis</hi> und <hi rendition="#aq">Medi-<lb/>
cis,</hi> und den Liebhabern des Tobackes<lb/>
u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das 37. Capitel/<lb/>
Von &#x017F;cha&#x0364;dlichen Vieh-Trifften<lb/>
in Wa&#x0364;ldern.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">O</hi>b zwar an dem i&#x017F;t, daß das Rind-<lb/>
und Schaf-Vieh der Herr&#x017F;chafften<lb/>
und Unterthanen in gro&#x017F;&#x017F;en Heiden und<lb/>
Wa&#x0364;ldern wegen des Gra&#x017F;es zur Weyde<lb/>
getrieben zu werden pflegt, ab&#x017F;onderlich<lb/>
an &#x017F;olchen Oertern, wo keine andere<lb/>
Trifften und Weyden, Anger und Brach-<lb/>
Felder vorhanden, und man &#x017F;olchen falls<lb/>
aus der Noth eine Tugend machen muß;<lb/>
So i&#x017F;t doch hierbey zu beobachten, daß<lb/>
man die Hu&#x0364;tungen in Wa&#x0364;ldern, wo Herr-<lb/>
&#x017F;chafften und Unterthanen anderwerts<lb/>
Graßreiche Weyden haben, &#x017F;o viel als mo&#x0364;g-<lb/>
lich, einziehe und ein&#x017F;chra&#x0364;ncke, indem un-<lb/>
ter dem <hi rendition="#aq">Prætext</hi> der Hu&#x0364;tung von Scha&#x0364;-<lb/>
fern, Hirten, und andern, mancherley<lb/>
Nachtheil den Geho&#x0364;ltzen zugezogen wird.<lb/>
Die Fo&#x0364;r&#x017F;ter und Fuß-Bedienten la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich bißweilen mit einigen Schocken Zie-<lb/>
gen- oder Schaf-Ka&#x0364;&#x017F;en, oder einigen Paa-<lb/>
ren Stru&#x0364;mpffen die Augen blenden, daß<lb/>
&#x017F;ie nicht geho&#x0364;rig <hi rendition="#aq">vi&#x017F;iti</hi>ren, und die no&#x0364;thige<lb/>
Auf&#x017F;icht auf die Wa&#x0364;lder haben, und &#x017F;ich<lb/>
hernach unbeku&#x0364;mmert la&#x017F;&#x017F;en, die Herr-<lb/>
&#x017F;chafft mo&#x0364;ge Holtz oder Wildpra&#x0364;th in ih-<lb/>
ren Wa&#x0364;ldern haben, oder nicht. Sie<lb/>
&#x017F;cheuen nicht die Strafe des gro&#x017F;&#x017F;en GOt-<lb/>
tes, welche diejenigen, die ihre Pflichten<lb/>
freventlich hintan&#x017F;etzen, gewißlich heim-<lb/>
&#x017F;uchet; &#x017F;ie fu&#x0364;rchten &#x017F;ich auch nicht vor dem<lb/>
Ab&#x017F;chiede, den &#x017F;ie von ihrer Herr&#x017F;chafft be-<lb/><cb/>
kommen ko&#x0364;nten, und vor dem andern<lb/>
Unglu&#x0364;ck, das &#x017F;ie daher zu gewarten haben,<lb/>
&#x017F;ie glauben auch nicht, daß der Verra&#x0364;ther<lb/>
nicht &#x017F;chlafen &#x017F;olte, und daß nichts &#x017F;o klein<lb/>
ge&#x017F;ponnen, das nicht endlich komme an<lb/>
die Sonnen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 2.</head>
            <p>Es wollen leichtfertige Scha&#x0364;fer<lb/>
und Hirten ihren Herr&#x017F;chafften offters<lb/>
einen blauen Dun&#x017F;t vor die Augen ma-<lb/>
chen, und &#x017F;ie bereden, als ob &#x017F;ie mit dem<lb/>
Gra&#x017F;e und den Heide-Kraut-Trifften<lb/>
einen gro&#x017F;&#x017F;en Nutzen der Scha&#x0364;ferey &#x017F;uch-<lb/>
ten, &#x017F;ie ha&#x0364;tten an andern Orten zu wenig<lb/>
Weyde vor die Schafe, die Felder wa&#x0364;ren<lb/>
u&#x0364;berall be&#x017F;a&#x0364;et, &#x017F;ie ko&#x0364;nten nicht recht ihren<lb/>
Zug mit der Heerde vornehmen; Es<lb/>
mercket &#x017F;ich denn ein Scha&#x0364;fer alsbald, ob<lb/>
der Herr, oder der Pachter, oder der Amt-<lb/>
mann &#x017F;ehr gro&#x017F;&#x017F;e Liebe vor die Scha&#x0364;ferey<lb/>
tra&#x0364;gt. Wenn die Herr&#x017F;chafften nur das<lb/>
ja&#x0364;hrliche Woll-Geld, an feinen groben<lb/>
Mu&#x0364;ntz-Sorten bezahlet, einnehmen, &#x017F;o<lb/>
beku&#x0364;mmern &#x017F;ich die wenig&#x017F;ten darum, die<lb/>
Ja&#x0364;ger mo&#x0364;gen dawider einwenden, was<lb/>
&#x017F;ie wollen, es hilfft alles nichts, &#x017F;ie bekom-<lb/>
men denn zur Antwort, die Scha&#x0364;fereyen<lb/>
bra&#x0364;chten mehr ein, als die Ja&#x0364;gerey, womit<lb/>
&#x017F;ich denn die armen Fo&#x0364;r&#x017F;ter, ob &#x017F;ie wohl<lb/>
das Jhrige ver&#x017F;tehen, und es redlich mey-<lb/>
nen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en abwei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en. Die Scha&#x0364;-<lb/>
fer nehmen nachgehends mit Gewalt ih-<lb/>
ren betriegeri&#x017F;chen Zug in den Wa&#x0364;ldern,<lb/>
vor&#x017F;chu&#x0364;tzende, es &#x017F;ey ihnen befohlen, &#x017F;ie<lb/>
erwei&#x017F;en &#x017F;ich protzig, treiben aus Boßheit<lb/>
in die be&#x017F;ten Geho&#x0364;ltze, und tieff&#x017F;ten Di-<lb/>
ckigte, und verjagen aus &#x017F;olchen das gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e und kleine Wildpra&#x0364;th. Finden &#x017F;ie ge&#x017F;etz-<lb/>
te Wilds-Ka&#x0364;lber, &#x017F;o muß ihnen diß Ha&#x0364;ut-<lb/>
lein zur Mu&#x0364;tze ihres diebi&#x017F;chen Kopffes<lb/>
dienen, und die gefundenen Feder-Wild-<lb/>
pra&#x0364;ths-Eyer zum Eyer-Kuchen-backen;<lb/>
&#x017F;ie be&#x017F;chneiden den Ka&#x0364;lbern die Geburths-<lb/>
Glieder, und die Ohren, &#x017F;ie &#x017F;chreyen und<lb/>
klat&#x017F;chen mit den gro&#x017F;&#x017F;en ledernen Peit-<lb/>
&#x017F;chen, daß es im Walde &#x017F;challet, und die<lb/>
Hunde mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en dabey bellen, al&#x017F;o, daß das<lb/>
Wild nicht wenig hierdurch ge&#x017F;cheuchet,<lb/>
und in Unruhe ge&#x017F;etzt wird; &#x017F;ie rauchen<lb/>
Toback, und werffen offt den brennenden<lb/>
und glimmenden Schwamm aus Unvor-<lb/>
&#x017F;ichtigkeit, auch wohl aus Boßheit, bey hei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Sommer-Tagen in das hartzige Tan-<lb/>
gel-Holtz, in die Streuling, und das<lb/>
du&#x0364;rre Erdreich, daß nicht &#x017F;elten Feuers-<lb/>
Bru&#x0364;n&#x017F;te dadurch ent&#x017F;tehen; &#x017F;ie &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
o&#x0364;ffters mit den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el-Bu&#x0364;ch&#x017F;en, und<lb/>
zu&#x0364;nden dadurch was an, oder &#x017F;cheuchen<lb/>
doch das Wildpra&#x0364;th; &#x017F;ie machen zur<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Herb&#x017F;t-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0211] Des Andern Th. 37. C. von ſchaͤdlichen Vieh-Trifften in Waͤldern. meiſten den Knaſter vorziehen, ſo kan man doch uͤberhaupt keine gewiſſe und beſtaͤndige Regel davon geben; Am be- ſten iſt es, wenn man ſeine eigene Erfah- rung hierinnen zu rathe ziehet, und den- jenigen laͤßt, von dem man ſpuͤhret, daß er einem nicht recht wohl bekomme. Es iſt viel geſuͤnder, wenn man fleißig bey dem Toback-rauchen Bier trincket, als wenn man trocken rauchet. So iſt es auch zutraͤglicher, aus langen Pfeiffen zu rauchen, denn aus kleinen, indem das Narcotiſche Oel, ſo den Menſchen ſchaͤd- lich iſt, auch gar widerlich faͤllt, in jenen beſſer zuruͤck bleibet, als in dieſen. Die uͤbrigen Anmerckungen, indem ſie nicht zu unſerm Objecto und Metier gehoͤren, will ich den Herren Phyſicis und Medi- cis, und den Liebhabern des Tobackes uͤberlaſſen. Das 37. Capitel/ Von ſchaͤdlichen Vieh-Trifften in Waͤldern. §. 1. Ob zwar an dem iſt, daß das Rind- und Schaf-Vieh der Herrſchafften und Unterthanen in groſſen Heiden und Waͤldern wegen des Graſes zur Weyde getrieben zu werden pflegt, abſonderlich an ſolchen Oertern, wo keine andere Trifften und Weyden, Anger und Brach- Felder vorhanden, und man ſolchen falls aus der Noth eine Tugend machen muß; So iſt doch hierbey zu beobachten, daß man die Huͤtungen in Waͤldern, wo Herr- ſchafften und Unterthanen anderwerts Graßreiche Weyden haben, ſo viel als moͤg- lich, einziehe und einſchraͤncke, indem un- ter dem Prætext der Huͤtung von Schaͤ- fern, Hirten, und andern, mancherley Nachtheil den Gehoͤltzen zugezogen wird. Die Foͤrſter und Fuß-Bedienten laſſen ſich bißweilen mit einigen Schocken Zie- gen- oder Schaf-Kaͤſen, oder einigen Paa- ren Struͤmpffen die Augen blenden, daß ſie nicht gehoͤrig viſitiren, und die noͤthige Aufſicht auf die Waͤlder haben, und ſich hernach unbekuͤmmert laſſen, die Herr- ſchafft moͤge Holtz oder Wildpraͤth in ih- ren Waͤldern haben, oder nicht. Sie ſcheuen nicht die Strafe des groſſen GOt- tes, welche diejenigen, die ihre Pflichten freventlich hintanſetzen, gewißlich heim- ſuchet; ſie fuͤrchten ſich auch nicht vor dem Abſchiede, den ſie von ihrer Herrſchafft be- kommen koͤnten, und vor dem andern Ungluͤck, das ſie daher zu gewarten haben, ſie glauben auch nicht, daß der Verraͤther nicht ſchlafen ſolte, und daß nichts ſo klein geſponnen, das nicht endlich komme an die Sonnen. §. 2. Es wollen leichtfertige Schaͤfer und Hirten ihren Herrſchafften offters einen blauen Dunſt vor die Augen ma- chen, und ſie bereden, als ob ſie mit dem Graſe und den Heide-Kraut-Trifften einen groſſen Nutzen der Schaͤferey ſuch- ten, ſie haͤtten an andern Orten zu wenig Weyde vor die Schafe, die Felder waͤren uͤberall beſaͤet, ſie koͤnten nicht recht ihren Zug mit der Heerde vornehmen; Es mercket ſich denn ein Schaͤfer alsbald, ob der Herr, oder der Pachter, oder der Amt- mann ſehr groſſe Liebe vor die Schaͤferey traͤgt. Wenn die Herrſchafften nur das jaͤhrliche Woll-Geld, an feinen groben Muͤntz-Sorten bezahlet, einnehmen, ſo bekuͤmmern ſich die wenigſten darum, die Jaͤger moͤgen dawider einwenden, was ſie wollen, es hilfft alles nichts, ſie bekom- men denn zur Antwort, die Schaͤfereyen braͤchten mehr ein, als die Jaͤgerey, womit ſich denn die armen Foͤrſter, ob ſie wohl das Jhrige verſtehen, und es redlich mey- nen, muͤſſen abweiſen laſſen. Die Schaͤ- fer nehmen nachgehends mit Gewalt ih- ren betriegeriſchen Zug in den Waͤldern, vorſchuͤtzende, es ſey ihnen befohlen, ſie erweiſen ſich protzig, treiben aus Boßheit in die beſten Gehoͤltze, und tieffſten Di- ckigte, und verjagen aus ſolchen das groſ- ſe und kleine Wildpraͤth. Finden ſie geſetz- te Wilds-Kaͤlber, ſo muß ihnen diß Haͤut- lein zur Muͤtze ihres diebiſchen Kopffes dienen, und die gefundenen Feder-Wild- praͤths-Eyer zum Eyer-Kuchen-backen; ſie beſchneiden den Kaͤlbern die Geburths- Glieder, und die Ohren, ſie ſchreyen und klatſchen mit den groſſen ledernen Peit- ſchen, daß es im Walde ſchallet, und die Hunde muͤſſen dabey bellen, alſo, daß das Wild nicht wenig hierdurch geſcheuchet, und in Unruhe geſetzt wird; ſie rauchen Toback, und werffen offt den brennenden und glimmenden Schwamm aus Unvor- ſichtigkeit, auch wohl aus Boßheit, bey heiſ- ſen Sommer-Tagen in das hartzige Tan- gel-Holtz, in die Streuling, und das duͤrre Erdreich, daß nicht ſelten Feuers- Bruͤnſte dadurch entſtehen; ſie ſchieſſen oͤffters mit den Schluͤſſel-Buͤchſen, und zuͤnden dadurch was an, oder ſcheuchen doch das Wildpraͤth; ſie machen zur Herbſt- Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/211
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/211>, abgerufen am 21.12.2024.