Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.Des Andern Th. 21. Cap. von Eigenschafften u. Gefährd des Rehes. [Spaltenumbruch]
Schritte kan hören kommen, wenn eraber aufs Blat läufft, und nahe begin- net herbey zu kommen, so wird er con- tinuirlich mit der Zunge leppern und spie- len, als wenn er Saltz genossen hätte. Die alten Böcke werden sehr behutsam kom- men, und nehmen sich mit dem Gesichte sonderlich wohl in Acht. Offtmahls kom- men sie auch als ein Pfeil gefahren, wenn sie nemlich nicht verwöhnet, oder schon vor den Blaten gewesen sind. §. 4. Das junge Reh wird von den §. 5. Ob zwar nicht so gar viel daran §. 6. Ebenfalls kan man sie von der Das O 3
Des Andern Th. 21. Cap. von Eigenſchafften u. Gefaͤhrd des Rehes. [Spaltenumbruch]
Schritte kan hoͤren kommen, wenn eraber aufs Blat laͤufft, und nahe begin- net herbey zu kommen, ſo wird er con- tinuirlich mit der Zunge leppern und ſpie- len, als wenn er Saltz genoſſen haͤtte. Die alten Boͤcke werden ſehr behutſam kom- men, und nehmen ſich mit dem Geſichte ſonderlich wohl in Acht. Offtmahls kom- men ſie auch als ein Pfeil gefahren, wenn ſie nemlich nicht verwoͤhnet, oder ſchon vor den Blaten geweſen ſind. §. 4. Das junge Reh wird von den §. 5. Ob zwar nicht ſo gar viel daran §. 6. Ebenfalls kan man ſie von der Das O 3
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Der Bock iſt<lb/> wohl gar ſo <hi rendition="#aq">indiſcret,</hi> thut ſich bey dem<lb/> Reh nieder, das Reh aber ſtehet beſtaͤn-<lb/> dig Schildwache, biß es durch den Wind<lb/> nichts mehr merckt, alsdenn thut ſichs<lb/> auch bey dem Bock nieder, doch hat ein ie-<lb/> des ſein <hi rendition="#aq">a partes</hi> Bette.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 5.</head> <p>Ob zwar nicht ſo gar viel daran<lb/> gelegen, den Unterſchied zwiſchen der<lb/> Gefaͤhrde eines Bockes und einer Ruͤcke<lb/> zu wiſſen, ſo will ich doch den Liebhabern<lb/> zu Gefallen aus <hi rendition="#aq">Curioſi</hi>taͤt etwas davon<lb/> melden. Der Reh-Bock hat gemeinig-<lb/> lich einen ſtaͤrckern Fuß als die Ruͤcke,<lb/> ihre Schaalen an den Lauf-Klauen ſind<lb/> ruͤnder, und unten iſt der Fuß voͤller ge-<lb/> hohlet, als bey den Geiſſen. 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Des Andern Th. 21. Cap. von Eigenſchafften u. Gefaͤhrd des Rehes.
Schritte kan hoͤren kommen, wenn er
aber aufs Blat laͤufft, und nahe begin-
net herbey zu kommen, ſo wird er con-
tinuirlich mit der Zunge leppern und ſpie-
len, als wenn er Saltz genoſſen haͤtte. Die
alten Boͤcke werden ſehr behutſam kom-
men, und nehmen ſich mit dem Geſichte
ſonderlich wohl in Acht. Offtmahls kom-
men ſie auch als ein Pfeil gefahren, wenn
ſie nemlich nicht verwoͤhnet, oder ſchon
vor den Blaten geweſen ſind.
§. 4. Das junge Reh wird von den
Alten geſetzt im Majo. Solches liegt im
Mutterleibe vom November 22. Wochen.
Das Junge wird ein jung Reh genennet,
biß es ein Jahr alt, alsdenn heißt es ein
Schmahl-Reh, und dann brunfftet es;
ſie bekom̃en zu Zeiten zwey biß drey Jun-
ge, denn ſie muͤſſen ihrer hitzigen Natur
wegen eher zukom̃en, als Tannen-Wild-
praͤth, wenigſtens alle Jahre eins, es ſey
denn, daß ein Reh zu keinem Bock kom-
men koͤnte; Doch ſind ſolche capables, zu
der Zeit Boͤcke aufzuſuchen, und ſolten ſie
des Tages 5. biß 6. Meilen ſtreichen. Weñ
ſolche nun ihres gleichen gefunden, thun
ſie ſchoͤn mit dem Bock, careſſiren ihn aufs
alleraͤuſſerſte; Gehen ſie mit einander
ins Geaͤß, ſo wahren ſie den Bock immer
von ferne; So bald ſie was ſehen, melden
ſie es dem Bock gleich an, ſind auch wohl
ſo kuͤhn, daß ſie ſehen wollen, was paſſiret,
und kommen mit vollem Halſe auf einem
loß, indeſſen retiriret ſich der Bock in das
Dickigt, das Reh folget ihm alſobald nach,
hernach ſtehen ſie beyde und ſind froh, daß
ſie ihrem Feinde entgangen, gehen zuſam-
men, und lieben einander. Der Bock iſt
wohl gar ſo indiſcret, thut ſich bey dem
Reh nieder, das Reh aber ſtehet beſtaͤn-
dig Schildwache, biß es durch den Wind
nichts mehr merckt, alsdenn thut ſichs
auch bey dem Bock nieder, doch hat ein ie-
des ſein a partes Bette.
§. 5. Ob zwar nicht ſo gar viel daran
gelegen, den Unterſchied zwiſchen der
Gefaͤhrde eines Bockes und einer Ruͤcke
zu wiſſen, ſo will ich doch den Liebhabern
zu Gefallen aus Curioſitaͤt etwas davon
melden. Der Reh-Bock hat gemeinig-
lich einen ſtaͤrckern Fuß als die Ruͤcke,
ihre Schaalen an den Lauf-Klauen ſind
ruͤnder, und unten iſt der Fuß voͤller ge-
hohlet, als bey den Geiſſen. Die Schaal-
Waͤnde ſind bey den Ziegen nicht ſo di-
cke, als bey denen Reh-Boͤcken, inglei-
chen haben ſie breitere Aber-Klauen, ſtaͤr-
ckere und mehr einwerts gebogene Schaa-
len. Bey den Ruͤcken hingegen ſind die
Spitzen der Schaalen auswerts gebogen,
auch nicht ſo ſehr ſtumpf und abgenutzt,
als bey den Boͤcken. Die Reh-Boͤcke,
die unter dem vierdten, fuͤnfften und ſech-
ſten Geweyhe ſind, geben gar wenige
Merckmahle, wenn man ſie nicht an
dem Gange erkennen kan, und hieraus
muß man eben, wie bey dem Hirſch, judi-
ciren, indem der Reh-Bock mit den
Laͤufften immer in einer gleichen Diſtance
fort ſchreitet. Einige ſind auch von Na-
tur gewiſſen Hirſchen aͤhnlich, die mit den
Hinter-Laͤufften weit uͤber die foͤrdern
hinaus gehen, welche denn groß und lang
vom Leibe, von groſſem Athem und Staͤr-
cke ſind. Dieſe Kennzeichen aber muß
man nahe dabey, und ſehr wohl betrach-
ten, und laͤſſet ſich ſolches thun, wenn die
Faͤhrden nach Beſchaffenheit des Erd-
reichs gut zu erkennen ſind. Weil die
Ziegen ordinaire neben den Reh-Boͤcken
lauffen, ſo iſt es ſchwer, einen Reh-Bock
allein den Hunden vorzuantworten.
Wenn ſie ſich aber von einander ſondern,
kan man ſich dieſer Kennzeichen bedie-
nen, um den Bock von der Ruͤcke zu ſchei-
den, und die Hunde auf ihn zu bringen.
§. 6. Ebenfalls kan man ſie von der
Art und Weiſe, wie ſie des Nachts auf
das Geaͤß ziehen, unterſcheiden; Hier
wird man obſerviren, wenn ſie beyde des
Abends aus dem Dickigt aufſtehen, daß
der Bock zu erſt vorgehet, ſich auch dem
Geaͤß zu erſt naͤhert, damit er recognoſci-
re, ob einige Gefahr vorhanden, und er
die Ruͤcke davon befreyen koͤnne. Sind
ſie alle beyde auf dem Geaͤß, ſo iſt doch
der Bock auf der Ebene immer weiter
voraus, und wenn ſie ſich wieder ins Di-
ckigt und in ihren Stand begeben, ſo ge-
het er zu letzt. Nach dieſen Kennzeichen
kan man wohl ein wahrſcheinliches Urthel
faͤllen, aber keinen gewiſſen Anſpruch
thun, weil ſie zu einigen Zeiten ſehr fal-
liren moͤgten. Bey der groſſen Som-
mer-Duͤrre iſt es ſehr ſchwer aus den Ge-
faͤhrden zu urtheilen. Einige werden
auch uͤberhaupt meynen, es ſey unnoͤthig,
auf dieſe Kennzeichen Acht zu haben, und
ſich den Kopf daruͤber zu zerbrechen; doch
dieſe ſollen wiſſen, daß ich vor ſie nicht
ſchreibe, ſondern vor diejenigen, die Re-
nommée im Leibe haben, und wegen ih-
rer accuraten Wiſſenſchafft in der Jaͤge-
rey ſich gerne Ehre erwerben wollen.
Das
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