Des Andern Theils 5. Capitel/ von Vermehrung der Thiere.
[Spaltenumbruch]
ben und Nestern, so gut sie können, und wenn sie ein wenig auf die Beine sind, so führen sie solche aus, biß sie endlich ohne die Alten fortkommen können. Einige Vö- gel bringen ihre Jungen in der grösten Kälte, nemlich in dem Winter-Monat Januario aus, da sie solche auf die äus- sersten mit Schnee und Eyß bekleideten Aeste derer höchsten Tannen setzen, und dennoch durch die Vorsorge des lieben GOTTes ihre Jungen glücklich aus- bringen.
§. 2.
Einige Thiere ernehren ihre Jungen und ziehen sie auf mit allerhand Ungeziefer, Schlangen, Kröten und Würmern, so sie einsammlen; andere mit Vögeln und dem Fleisch einiger Thiere, die sie zureissen; daher auch einige Jun- gen, als wie die Hirsch-Kälber und ande- re, gleich einige Zähne mit auf die Welt bringen; Manche säugen sie mit ihrer Milch, als wie die Bären, diese haben zwey Gesäuge, die ihnen vorwerts nach dem Brust-Kern zu, gleich einem Wei- bes-Bilde, hangen. Die Dächse bekom- men ihre Jungen, da sie am magersten sind, und ernehren sie ebenfalls durch nichts anders, als durch ihre Milch. Die Füchse holen den Bauren manch jung Huhn aus den Dörfern weg, und legen es ihren Jungen als eine Delicatesse vor. Andere holen Eckern, Geträide, Buch- Eckern, Hasel-Nüsse, wild Obst, und dergleichen.
§. 3.
Die Anzahl der Jungen, die die wilden Thiere hervor bringen, ist un- terschiedlich. Die Bachen tragen 4. und 6. auch wohl 8. biß 12. und noch mehr Jungen, und bezeuget Herr Zeising in seiner Artemidia p. 19. daß er in der Graf- schafft Stollberg eine Bache mit 16. Jun- gen beysammen gesehen. Die Hasen se- tzen bey dem ersten Satz meistentheils zwey, hernachmahls bey dem andern Satz drey, bey dem dritten vier biß fünffe, so, daß die alten Jäger haben pflegen zu sa- gen, der Hase gehe im Frühjahr selb ander vom Holtze ins Feld, und gehe um Bar- tholomäi selb 15. biß 17. wieder zu Holtze. Sonst ist die Häsin eine ungetreue Mut- ter, denn sie läßt ihre Jungen nicht über 4. biß 6. Tage an sich saugen, darnach verläßt sie dieselben, und läufft als ein geiles Thier dem Rammler wieder nach. Die Fisch-Ottern bekommen 3. biß 4. Jungen, die Füchse 5. biß 6. und bißwei- len noch mehr.
§. 4.
Ubrigens ist bekandt, wenn [Spaltenumbruch]
man die Jungen von den alten wilden Thieren weg bekommen kan, und sie un- ter den zahmen mit auferziehet, daß sol- che nachmahls ihre wilde und angebohrne Art so ablegen, als ob sie nicht von wilden Thieren herkämen; jedoch nehmen solche auch, wenn sie unter die wilden Thiere einmahl gerathen, ihre wilde Art gar bald wieder an.
§. 5.
Manche wilde Thiere, wenn sie Gelegenheit dazu haben, pflegen sich mit andern, die nicht von ihrer Art sind, aus allzugrosser Geilheit zu begatten. Also ist es nichts neues, daß die wilden Schweine bißweilen mit den zahmen prunfften; Die Wölfe halten manch- mahl mit den Hunden zu, welches auch wohl die Füchse zu thun pflegen. Der Herr von Göchhausen meldet in seinen Notabilibus Venatorum p. 83. daß man bey den Wachteln bißweilen wahrgenom- men, daß dieselben, wenn sie mit der Wachtel-Pfeiffe ns Garn gelockt wür- den, aus Begierde, wann sie an eine Krö- te kämen, dieselbe als das Huhn getre- ten hätten.
Das 6. Capitel/ Von dem Bären-Garten.
§. 1.
Die Anlegung eines Bären-Gartens ist ein Werck, so nicht vor einem ied- weden grossen Herrn practicabel ist, auch eben nicht verlanget wird, es müste denn ein Herr seyn, der ein ungemeiner Lieb- haber der Jagden, und auf allerhand Arten der Kampff-Jagden und der Hof- Jagd-Lusten erpicht wäre. Will man nun einen Bären-Garten anlegen, so muß man einen solchen Ort hierzu erweh- len, da viel Stein-Felsen vorhanden seyn, denn so kan man viel Mauerwerck er- spahren; doch müssen die Stein-Wän- de fein glatt abgebrochen seyn, denn son- sten würden sich die Bäre bemühen, hin- auf zu klettern, und darüber zu kommen. Der Bären-Garten muß mit Berg und Thal, mit Hölen und Klüfften, und fri- schen Brunn-Qvellen, die des Winters niemahls zufrieren, sondern stets offen bleiben, versehen seyn. Man muß dar- innen feine Behältnisse von Tannen, Fichten, oder Kiefern, Winter-Dickig- ten, auch Löcher unter denen Felsen finden, darunter die Bäre Raum haben, und ihre Wohnungs-Plätze nehmen kön- nen. Es müssen auch mancherley Kräu-
ter
Des Andern Theils 5. Capitel/ von Vermehrung der Thiere.
[Spaltenumbruch]
ben und Neſtern, ſo gut ſie koͤnnen, und wenn ſie ein wenig auf die Beine ſind, ſo fuͤhren ſie ſolche aus, biß ſie endlich ohne die Alten fortkommen koͤnnen. Einige Voͤ- gel bringen ihre Jungen in der groͤſten Kaͤlte, nemlich in dem Winter-Monat Januario aus, da ſie ſolche auf die aͤuſ- ſerſten mit Schnee und Eyß bekleideten Aeſte derer hoͤchſten Tannen ſetzen, und dennoch durch die Vorſorge des lieben GOTTes ihre Jungen gluͤcklich aus- bringen.
§. 2.
Einige Thiere ernehren ihre Jungen und ziehen ſie auf mit allerhand Ungeziefer, Schlangen, Kroͤten und Wuͤrmern, ſo ſie einſammlen; andere mit Voͤgeln und dem Fleiſch einiger Thiere, die ſie zureiſſen; daher auch einige Jun- gen, als wie die Hirſch-Kaͤlber und ande- re, gleich einige Zaͤhne mit auf die Welt bringen; Manche ſaͤugen ſie mit ihrer Milch, als wie die Baͤren, dieſe haben zwey Geſaͤuge, die ihnen vorwerts nach dem Bruſt-Kern zu, gleich einem Wei- bes-Bilde, hangen. Die Daͤchſe bekom- men ihre Jungen, da ſie am magerſten ſind, und ernehren ſie ebenfalls durch nichts anders, als durch ihre Milch. Die Fuͤchſe holen den Bauren manch jung Huhn aus den Doͤrfern weg, und legen es ihren Jungen als eine Delicateſſe vor. Andere holen Eckern, Getraͤide, Buch- Eckern, Haſel-Nuͤſſe, wild Obſt, und dergleichen.
§. 3.
Die Anzahl der Jungen, die die wilden Thiere hervor bringen, iſt un- terſchiedlich. Die Bachen tragen 4. und 6. auch wohl 8. biß 12. und noch mehr Jungen, und bezeuget Herr Zeiſing in ſeiner Artemidia p. 19. daß er in der Graf- ſchafft Stollberg eine Bache mit 16. Jun- gen beyſammen geſehen. Die Haſen ſe- tzen bey dem erſten Satz meiſtentheils zwey, hernachmahls bey dem andern Satz drey, bey dem dritten vier biß fuͤnffe, ſo, daß die alten Jaͤger haben pflegen zu ſa- gen, der Haſe gehe im Fruͤhjahr ſelb ander vom Holtze ins Feld, und gehe um Bar- tholomaͤi ſelb 15. biß 17. wieder zu Holtze. Sonſt iſt die Haͤſin eine ungetreue Mut- ter, denn ſie laͤßt ihre Jungen nicht uͤber 4. biß 6. Tage an ſich ſaugen, darnach verlaͤßt ſie dieſelben, und laͤufft als ein geiles Thier dem Rammler wieder nach. Die Fiſch-Ottern bekommen 3. biß 4. Jungen, die Fuͤchſe 5. biß 6. und bißwei- len noch mehr.
§. 4.
Ubrigens iſt bekandt, wenn [Spaltenumbruch]
man die Jungen von den alten wilden Thieren weg bekommen kan, und ſie un- ter den zahmen mit auferziehet, daß ſol- che nachmahls ihre wilde und angebohrne Art ſo ablegen, als ob ſie nicht von wilden Thieren herkaͤmen; jedoch nehmen ſolche auch, wenn ſie unter die wilden Thiere einmahl gerathen, ihre wilde Art gar bald wieder an.
§. 5.
Manche wilde Thiere, wenn ſie Gelegenheit dazu haben, pflegen ſich mit andern, die nicht von ihrer Art ſind, aus allzugroſſer Geilheit zu begatten. Alſo iſt es nichts neues, daß die wilden Schweine bißweilen mit den zahmen prunfften; Die Woͤlfe halten manch- mahl mit den Hunden zu, welches auch wohl die Fuͤchſe zu thun pflegen. Der Herr von Goͤchhauſen meldet in ſeinen Notabilibus Venatorum p. 83. daß man bey den Wachteln bißweilen wahrgenom- men, daß dieſelben, wenn ſie mit der Wachtel-Pfeiffe ns Garn gelockt wuͤr- den, aus Begierde, wann ſie an eine Kroͤ- te kaͤmen, dieſelbe als das Huhn getre- ten haͤtten.
Das 6. Capitel/ Von dem Baͤren-Garten.
§. 1.
Die Anlegung eines Baͤren-Gartens iſt ein Werck, ſo nicht vor einem ied- weden groſſen Herrn practicabel iſt, auch eben nicht verlanget wird, es muͤſte denn ein Herr ſeyn, der ein ungemeiner Lieb- haber der Jagden, und auf allerhand Arten der Kampff-Jagden und der Hof- Jagd-Luſten erpicht waͤre. Will man nun einen Baͤren-Garten anlegen, ſo muß man einen ſolchen Ort hierzu erweh- len, da viel Stein-Felſen vorhanden ſeyn, denn ſo kan man viel Mauerwerck er- ſpahren; doch muͤſſen die Stein-Waͤn- de fein glatt abgebrochen ſeyn, denn ſon- ſten wuͤrden ſich die Baͤre bemuͤhen, hin- auf zu klettern, und daruͤber zu kommen. Der Baͤren-Garten muß mit Berg und Thal, mit Hoͤlen und Kluͤfften, und fri- ſchen Brunn-Qvellen, die des Winters niemahls zufrieren, ſondern ſtets offen bleiben, verſehen ſeyn. Man muß dar- innen feine Behaͤltniſſe von Tannen, Fichten, oder Kiefern, Winter-Dickig- ten, auch Loͤcher unter denen Felſen finden, darunter die Baͤre Raum haben, und ihre Wohnungs-Plaͤtze nehmen koͤn- nen. Es muͤſſen auch mancherley Kraͤu-
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Des Andern Theils 5. Capitel/ von Vermehrung der Thiere.
ben und Neſtern, ſo gut ſie koͤnnen, und
wenn ſie ein wenig auf die Beine ſind, ſo
fuͤhren ſie ſolche aus, biß ſie endlich ohne die
Alten fortkommen koͤnnen. Einige Voͤ-
gel bringen ihre Jungen in der groͤſten
Kaͤlte, nemlich in dem Winter-Monat
Januario aus, da ſie ſolche auf die aͤuſ-
ſerſten mit Schnee und Eyß bekleideten
Aeſte derer hoͤchſten Tannen ſetzen, und
dennoch durch die Vorſorge des lieben
GOTTes ihre Jungen gluͤcklich aus-
bringen.
§. 2. Einige Thiere ernehren ihre
Jungen und ziehen ſie auf mit allerhand
Ungeziefer, Schlangen, Kroͤten und
Wuͤrmern, ſo ſie einſammlen; andere mit
Voͤgeln und dem Fleiſch einiger Thiere,
die ſie zureiſſen; daher auch einige Jun-
gen, als wie die Hirſch-Kaͤlber und ande-
re, gleich einige Zaͤhne mit auf die Welt
bringen; Manche ſaͤugen ſie mit ihrer
Milch, als wie die Baͤren, dieſe haben
zwey Geſaͤuge, die ihnen vorwerts nach
dem Bruſt-Kern zu, gleich einem Wei-
bes-Bilde, hangen. Die Daͤchſe bekom-
men ihre Jungen, da ſie am magerſten
ſind, und ernehren ſie ebenfalls durch
nichts anders, als durch ihre Milch. Die
Fuͤchſe holen den Bauren manch jung
Huhn aus den Doͤrfern weg, und legen
es ihren Jungen als eine Delicateſſe vor.
Andere holen Eckern, Getraͤide, Buch-
Eckern, Haſel-Nuͤſſe, wild Obſt, und
dergleichen.
§. 3. Die Anzahl der Jungen, die
die wilden Thiere hervor bringen, iſt un-
terſchiedlich. Die Bachen tragen 4. und
6. auch wohl 8. biß 12. und noch mehr
Jungen, und bezeuget Herr Zeiſing in
ſeiner Artemidia p. 19. daß er in der Graf-
ſchafft Stollberg eine Bache mit 16. Jun-
gen beyſammen geſehen. Die Haſen ſe-
tzen bey dem erſten Satz meiſtentheils
zwey, hernachmahls bey dem andern
Satz drey, bey dem dritten vier biß fuͤnffe,
ſo, daß die alten Jaͤger haben pflegen zu ſa-
gen, der Haſe gehe im Fruͤhjahr ſelb ander
vom Holtze ins Feld, und gehe um Bar-
tholomaͤi ſelb 15. biß 17. wieder zu Holtze.
Sonſt iſt die Haͤſin eine ungetreue Mut-
ter, denn ſie laͤßt ihre Jungen nicht uͤber
4. biß 6. Tage an ſich ſaugen, darnach
verlaͤßt ſie dieſelben, und laͤufft als ein
geiles Thier dem Rammler wieder nach.
Die Fiſch-Ottern bekommen 3. biß 4.
Jungen, die Fuͤchſe 5. biß 6. und bißwei-
len noch mehr.
§. 4. Ubrigens iſt bekandt, wenn
man die Jungen von den alten wilden
Thieren weg bekommen kan, und ſie un-
ter den zahmen mit auferziehet, daß ſol-
che nachmahls ihre wilde und angebohrne
Art ſo ablegen, als ob ſie nicht von wilden
Thieren herkaͤmen; jedoch nehmen ſolche
auch, wenn ſie unter die wilden Thiere
einmahl gerathen, ihre wilde Art gar
bald wieder an.
§. 5. Manche wilde Thiere, wenn
ſie Gelegenheit dazu haben, pflegen ſich
mit andern, die nicht von ihrer Art ſind,
aus allzugroſſer Geilheit zu begatten.
Alſo iſt es nichts neues, daß die wilden
Schweine bißweilen mit den zahmen
prunfften; Die Woͤlfe halten manch-
mahl mit den Hunden zu, welches auch
wohl die Fuͤchſe zu thun pflegen. Der
Herr von Goͤchhauſen meldet in ſeinen
Notabilibus Venatorum p. 83. daß man
bey den Wachteln bißweilen wahrgenom-
men, daß dieſelben, wenn ſie mit der
Wachtel-Pfeiffe ns Garn gelockt wuͤr-
den, aus Begierde, wann ſie an eine Kroͤ-
te kaͤmen, dieſelbe als das Huhn getre-
ten haͤtten.
Das 6. Capitel/
Von dem Baͤren-Garten.
§. 1.
Die Anlegung eines Baͤren-Gartens
iſt ein Werck, ſo nicht vor einem ied-
weden groſſen Herrn practicabel iſt, auch
eben nicht verlanget wird, es muͤſte denn
ein Herr ſeyn, der ein ungemeiner Lieb-
haber der Jagden, und auf allerhand
Arten der Kampff-Jagden und der Hof-
Jagd-Luſten erpicht waͤre. Will man
nun einen Baͤren-Garten anlegen, ſo
muß man einen ſolchen Ort hierzu erweh-
len, da viel Stein-Felſen vorhanden ſeyn,
denn ſo kan man viel Mauerwerck er-
ſpahren; doch muͤſſen die Stein-Waͤn-
de fein glatt abgebrochen ſeyn, denn ſon-
ſten wuͤrden ſich die Baͤre bemuͤhen, hin-
auf zu klettern, und daruͤber zu kommen.
Der Baͤren-Garten muß mit Berg und
Thal, mit Hoͤlen und Kluͤfften, und fri-
ſchen Brunn-Qvellen, die des Winters
niemahls zufrieren, ſondern ſtets offen
bleiben, verſehen ſeyn. Man muß dar-
innen feine Behaͤltniſſe von Tannen,
Fichten, oder Kiefern, Winter-Dickig-
ten, auch Loͤcher unter denen Felſen
finden, darunter die Baͤre Raum haben,
und ihre Wohnungs-Plaͤtze nehmen koͤn-
nen. Es muͤſſen auch mancherley Kraͤu-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/159>, abgerufen am 22.02.2025.
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