Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.Erster Theil/ [Spaltenumbruch]
emsige Cultifirung des Saamens wiederjunges Holtz angebauet wird, wovon mit Gottes Hülffe an seinem Ort mit meh- rerm Meldung thun werde. Nachde- me ich nun, so viel mir bekant, die na- turmäßige Betrachtung des Gehöltzes generaliter benebst deren physicalischen Uhrsprung der Menschlichen Vernunfft nach möglichst demonstriret; So wird nunmehro wohl nöthig seyn, eine speci- ale Anatomie vorzunehmen und eines jeden Baums absonderliche Naturmäs- sige Eigenschafft, dessen Saamen, Wachßthumb, Nutzen und Bestes, mit aller Zubehör dem geneigten Leser, durch künfftige Praxin, soviel mir möglich seyn wird, hiermit vorzustellen. Von der Eiche. Unter denen wilden Bäumen, die sehr
Erſter Theil/ [Spaltenumbruch]
emſige Cultifirung des Saamens wiederjunges Holtz angebauet wird, wovon mit Gottes Huͤlffe an ſeinem Ort mit meh- rerm Meldung thun werde. Nachde- me ich nun, ſo viel mir bekant, die na- turmaͤßige Betrachtung des Gehoͤltzes generaliter benebſt deren phyſicaliſchen Uhrſprung der Menſchlichen Vernunfft nach moͤglichſt demonſtriret; So wird nunmehro wohl noͤthig ſeyn, eine ſpeci- ale Anatomie vorzunehmen und eines jeden Baums abſonderliche Naturmaͤſ- ſige Eigenſchafft, deſſen Saamen, Wachßthumb, Nutzen und Beſtes, mit aller Zubehoͤr dem geneigten Leſer, durch kuͤnfftige Praxin, ſoviel mir moͤglich ſeyn wird, hiermit vorzuſtellen. Von der Eiche. Unter denen wilden Baͤumen, die ſehr
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Der<lb/> Eichen zu Ehren wollen wir einige <hi rendition="#aq">An-<lb/> tiquitæt</hi>en anfuͤhren: Unter einer Eichen<lb/> erſchiene Gott der Herr dem Abraham<lb/> bey Sichem in dem Haͤyn More, als er<lb/> in Canaan ſich niedergelaſſen hatte; Un-<lb/> ter einer Eichen richtete Joſua einen<lb/> Stein auf, und vermahnete daſelbſt die<lb/> Kinder Jſrael den Bund mit Gott zu<lb/> halten; So ward auch Koͤnig Abimelech<lb/> unter einer Eichen zum Koͤnig derer Si-<lb/> chemithen erwehlet und gekroͤnet. Wie<lb/><hi rendition="#aq">Sozomenus</hi> vor gewiß berichtet, ſo ſollen<lb/> zu Kaͤyſers <hi rendition="#aq">Conſtantini Magni</hi> Zeiten jaͤhr-<lb/> lich viele Wallfarthen nach des Abra-<lb/> hams Eichen geſchehen ſeyn. Von dem<lb/> Eichenholtze ſoll ja auch das Creutz unſers<lb/> Erloͤſers geweſen ſeyn, welches <hi rendition="#aq">Valerianus</hi><lb/><cb/> der Eichen zum Ruhm angemercket. Es<lb/> meldet <hi rendition="#aq">Plinius,</hi> daß in denen <hi rendition="#aq">hercyni-</hi><lb/> ſchen Waͤldern unglaubliche groſſe und<lb/> hohle Eichen geſtanden, darinnen ſich die<lb/> Creutz-Ritter wieder die Heyden tapffer<lb/> gewehret, auch ſonſten ihre <hi rendition="#aq">Archiv</hi>e und<lb/> Schaͤtze darinnen verwahret; Daraus<lb/> zu muthmaſſen, was vor undenckliche<lb/> Jahre ſolche Eichen geſtanden; Wie ich<lb/> denn ſowohl in meinem Thier-Gar-<lb/> then, als hinter meinem Jaͤger-Hoff<lb/> Eichen gefunden, deren Stamm in der<lb/> Dicke zwantzig und eine vierthel Elle,<lb/> Dreßdeniſch Maaß, gehabt, und den-<lb/> noch innerlich ohne allen Mangel gewe-<lb/> ſen. So werden auch hier zu Lande<lb/> faſt bey allen Doͤrffern ziemliche dicke Ei-<lb/> chen angetroffen, weiln vorzeiten die<lb/> Einwohner derſelben umb ſolche der-<lb/> gleichen Baͤume gepflantzet haben. Ei-<lb/> ne dergleichen unglaublich groſſe Linde<lb/> ſtehet in meinem Dorff Gehrau auff<lb/> dem Kirch-Hof, deren Schatten auff 60.<lb/> Schritt lang und breit ſich erſtrecket:<lb/> Dieſe haben die erſten Chriſten bey Er-<lb/> bauung der Kirchen gepflantzet, der<lb/> Stamm iſt 18tehalb Ellen Dreßde-<lb/> niſch Maaß dicke, und ſo hoch, wie der<lb/> Kirch-Thurm; Stehet annoch unver-<lb/> ſehrt in ihrem beſten Flor. <hi rendition="#aq">Ovidius</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Virgilius</hi> melden, es ſollen die Bienen<lb/> ihren Honig wegen des ſuͤſſen Thaues,<lb/> ſo auff denen eichenen Blaͤttern waͤre,<lb/> nirgends lieber, als auf Eichen ſuchen;<lb/> ſo greiffen auch ihre Wurtzeln ſoweit<lb/> umb ſich, ſohoch der Gipfel iſt, damit<lb/> ſie ſich vor Sturmwinden unbeweglich<lb/> halten koͤnnen. Wie unentbehrlich, ja<lb/> mehr als Goldes wehrt die Eichen ſind,<lb/> ſiehet man daraus, daß zu dem Schiff-<lb/> bauen mit unglaublichem Vortheil die<lb/> Thielen und Pfoſten aus denen teutſchen<lb/> Waͤldern angeſchaffet, und die Schiffe<lb/> der See, worauf man alle Reichthuͤmer<lb/> und Schaͤtze der gantzen Welt zuſammen<lb/> bringet, daraus gebauet werden; Nicht<lb/> weniger hat man bißhero, ja taͤglich, vie-<lb/> le neue Laͤnder, mit Nutzen <hi rendition="#aq">Europæ</hi><lb/> durch Huͤlffe derer <hi rendition="#aq">Orlog</hi>s- und Kriegs-<lb/> Schiffe entdecket, wovon die Hollaͤndi-<lb/> ſche <hi rendition="#aq">Nation</hi> die beſte Nachricht geben<lb/> kan. So werden auch die Bruͤcken<lb/> und Muͤhlen in Stroͤhmen, Fluͤßen<lb/> und Waſſern, ja Keltern und Preſ-<lb/> ſen, Schieff und Geſchirre, und mit ei-<lb/> nem Wort, alles Haußgerath zur<lb/> menſchlichen Nothdurfft, eintzig und al-<lb/> lein von Eichen-Holtze gemachet, die alle<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſehr</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0088]
Erſter Theil/
emſige Cultifirung des Saamens wieder
junges Holtz angebauet wird, wovon mit
Gottes Huͤlffe an ſeinem Ort mit meh-
rerm Meldung thun werde. Nachde-
me ich nun, ſo viel mir bekant, die na-
turmaͤßige Betrachtung des Gehoͤltzes
generaliter benebſt deren phyſicaliſchen
Uhrſprung der Menſchlichen Vernunfft
nach moͤglichſt demonſtriret; So wird
nunmehro wohl noͤthig ſeyn, eine ſpeci-
ale Anatomie vorzunehmen und eines
jeden Baums abſonderliche Naturmaͤſ-
ſige Eigenſchafft, deſſen Saamen,
Wachßthumb, Nutzen und Beſtes, mit
aller Zubehoͤr dem geneigten Leſer, durch
kuͤnfftige Praxin, ſoviel mir moͤglich
ſeyn wird, hiermit vorzuſtellen.
Von der Eiche.
Unter denen wilden Baͤumen, die
Gott der Herr denen Menſchen zu Nutz,
denen zahmen und wilden Thieren aber
zur Nahrung erſchaffen, iſt die Eiche der
edelſte Baum, darvon auch der Menſch
in Hungers-Noth, aus denen Eicheln
oder Fruͤchten dererſelben ſich Brod ba-
cken, oder Oehl ſchlagen kan; Die wil-
den und zahmen Thiere werden auch da-
von reichlich ernehret, und geben von der
Eckern Maſt dem Menſchen zu ſeinem
Unterhalt nicht allein fett und wohlge-
ſchmacktes Fleiſch und Speck, (darunter
ſonderlich die Weſtphaͤliſchen und Pom-
meriſchen Schincken oder Wuͤrſte be-
ruͤhmt ſind,) ſondern ſie ſind dem Wild-
praͤth auch, darvon feiſte zu werden, ſehr
dienlich, und haben nicht allein friſche Ei-
chen, ſondern auch die gantz hohl ausge-
brannt und krumb ſind, oͤffters mehr
Maſt, als die vollkommenſten. Der
Eichen zu Ehren wollen wir einige An-
tiquitæten anfuͤhren: Unter einer Eichen
erſchiene Gott der Herr dem Abraham
bey Sichem in dem Haͤyn More, als er
in Canaan ſich niedergelaſſen hatte; Un-
ter einer Eichen richtete Joſua einen
Stein auf, und vermahnete daſelbſt die
Kinder Jſrael den Bund mit Gott zu
halten; So ward auch Koͤnig Abimelech
unter einer Eichen zum Koͤnig derer Si-
chemithen erwehlet und gekroͤnet. Wie
Sozomenus vor gewiß berichtet, ſo ſollen
zu Kaͤyſers Conſtantini Magni Zeiten jaͤhr-
lich viele Wallfarthen nach des Abra-
hams Eichen geſchehen ſeyn. Von dem
Eichenholtze ſoll ja auch das Creutz unſers
Erloͤſers geweſen ſeyn, welches Valerianus
der Eichen zum Ruhm angemercket. Es
meldet Plinius, daß in denen hercyni-
ſchen Waͤldern unglaubliche groſſe und
hohle Eichen geſtanden, darinnen ſich die
Creutz-Ritter wieder die Heyden tapffer
gewehret, auch ſonſten ihre Archive und
Schaͤtze darinnen verwahret; Daraus
zu muthmaſſen, was vor undenckliche
Jahre ſolche Eichen geſtanden; Wie ich
denn ſowohl in meinem Thier-Gar-
then, als hinter meinem Jaͤger-Hoff
Eichen gefunden, deren Stamm in der
Dicke zwantzig und eine vierthel Elle,
Dreßdeniſch Maaß, gehabt, und den-
noch innerlich ohne allen Mangel gewe-
ſen. So werden auch hier zu Lande
faſt bey allen Doͤrffern ziemliche dicke Ei-
chen angetroffen, weiln vorzeiten die
Einwohner derſelben umb ſolche der-
gleichen Baͤume gepflantzet haben. Ei-
ne dergleichen unglaublich groſſe Linde
ſtehet in meinem Dorff Gehrau auff
dem Kirch-Hof, deren Schatten auff 60.
Schritt lang und breit ſich erſtrecket:
Dieſe haben die erſten Chriſten bey Er-
bauung der Kirchen gepflantzet, der
Stamm iſt 18tehalb Ellen Dreßde-
niſch Maaß dicke, und ſo hoch, wie der
Kirch-Thurm; Stehet annoch unver-
ſehrt in ihrem beſten Flor. Ovidius und
Virgilius melden, es ſollen die Bienen
ihren Honig wegen des ſuͤſſen Thaues,
ſo auff denen eichenen Blaͤttern waͤre,
nirgends lieber, als auf Eichen ſuchen;
ſo greiffen auch ihre Wurtzeln ſoweit
umb ſich, ſohoch der Gipfel iſt, damit
ſie ſich vor Sturmwinden unbeweglich
halten koͤnnen. Wie unentbehrlich, ja
mehr als Goldes wehrt die Eichen ſind,
ſiehet man daraus, daß zu dem Schiff-
bauen mit unglaublichem Vortheil die
Thielen und Pfoſten aus denen teutſchen
Waͤldern angeſchaffet, und die Schiffe
der See, worauf man alle Reichthuͤmer
und Schaͤtze der gantzen Welt zuſammen
bringet, daraus gebauet werden; Nicht
weniger hat man bißhero, ja taͤglich, vie-
le neue Laͤnder, mit Nutzen Europæ
durch Huͤlffe derer Orlogs- und Kriegs-
Schiffe entdecket, wovon die Hollaͤndi-
ſche Nation die beſte Nachricht geben
kan. So werden auch die Bruͤcken
und Muͤhlen in Stroͤhmen, Fluͤßen
und Waſſern, ja Keltern und Preſ-
ſen, Schieff und Geſchirre, und mit ei-
nem Wort, alles Haußgerath zur
menſchlichen Nothdurfft, eintzig und al-
lein von Eichen-Holtze gemachet, die alle
ſehr
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