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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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zur Jägerey gehörigen Materien.
[Spaltenumbruch] Gewohnheit, so muß man behaupten,
daß es unzuläßig sey; Denn man kan
nicht läugnen, daß das Wild durch das
Loßschiessen der Büchsen gestöhret werde,
und sich aus seinem Lager zu begeben
pflege. Daher ist auch gewöhnlich, daß
die Landes-Fürsten in Gnaden- und Re-
vers-
Jagden das Anstellen und Schies-
[Spaltenumbruch] sen auf den Höltzern ausdingen und
verweeren. Ja da die Landes-Herrn
bey andern und frembden Obrigkeiten
die Forstliche Jurisdiction haben, so ge-
statten sie nicht einmahl, daß in schädli-
chen Orten der Wildfuhre Büchsen-
Schützen-Häuser, oder Hütten auffge-
richtet werden.

STRYKII
Consilium.
Jnhalt.
Von dem vermutheten Titulo, der zum Possessorio des Jagd-Rechts genug
ist.
[Spaltenumbruch]

DEmnach meine Meynung verlangt
worden, weil der Besitz der Rega-
li
en wider den Fürsten zur Erlangung
der Manutenenz nicht zureichend geach-
tet wird, wenn nicht der Besitzer zugleich
den Titulum anzuführen weiß: Ob sol-
ches auch in Possessorio juris venandi,
insonderheit soviel die Ober-Jagden be-
trifft, dergestalt statt finde, oder ob hie-
selbst ein vermeynter Titulus zu Erlan-
gung des Sitzes in dem Possessorio zu-
reichend sey?

So erinnere mich zwar wohl, was
ehemahlen auff der Universität Franck-
furt unter meinem Praesidio in einer Di-
sputation de Necessitate edendi titulum

ausgeführet worden, worinnen ich nach
Manier der Academischen Disputationen
dem damahligen Herrn Respondenten
als Autori Disputationis die Freyheit ge-
lassen, seine Meynung, welche er pro Ca-
thedra
zu defendiren vermeynte, auszu-
führen. Weil aber jetzo, was meine ei-
gentliche Meynung von dem Possessorio
der Ober-Jagden, und dem dabey con-
curriren
den Titulo praesumto sey, zu er-
öffnen verlanget wird; So halte dafür,
daß hieselbst ein Unterscheid zu machen
sey zwischen der Possess der eigendlich so
genannten Regalien, die aus der Maje-
stät oder Landesherrlichen Hoheit pflegen
herzufliessen, und dem Fürsten stets, als
eigenthümlich zugehöret, und unter dem
Besitz der Regalien, die nur nachgehends
erstlich dazu geworden, das ist, solchen
Rechten, die nach dem gemeinen Recht
allen in der Republic zustehen, aber nur
nach und nach an den Fürsten abgetre-
ten worden, wohin, sonder allen Zweifel,
sowohl die Ober-als Nieder-Jagden ge-
hören. Wenn nun der Grund derjeni-
[Spaltenumbruch] gen Meynung, daß ein Besitzer der Re-
gali
en nicht zu schützen, so lange der Ti-
tulus
nicht erwiesen, oder der Streit in
dem Petitorio nicht decidiret worden, un-
tersucht wird, so ist dieses die hauptsäch-
liche Raison, weil hier das gemeine Recht
dem Besitzer widerstehet, wie denn diese
Meynung die klahre Verordnung der
Rechte bestärcket, daß, so offt das Gesetz
dem Besitzer hinderlich ist, so offt hilfft
ihn auch der Bona fides nichts,

L. 34. ff. de Usucapion.

Wann aber dieses denen Jagden appli-
cir
et werden soll, so ergiebt sich von selb-
sten, daß die angeführte Ratio deciden-
di
hieselbst nicht applicirt werden könne,
immaassen allhier keine Frage ist von der
Ausübung eines Rechts, dem das ge-
meine Recht wiederstehet, sondern vor
den es militirt, indem ausser allem
Streit, daß dem bürgerlichen Recht
nach die Jagden ohne Unterscheid einem
Jeden vergönnet seyn, womit auch zu-
gleich die Rechte Teutschlandes überein-
stimmen, wie dieses aus dem Sachsen-
Recht bekant,

Land-R. Lib. 2. artic. 61.

Und kan biß dato aus allen in Teutsch-
land publicirten Reichs-Abschieden kei-
ne Stelle angezeigt werden, darinnen
die Jagden durch ein allgemein Gesetz
denen Privatis benommen, und allein der
Obrigkeit beygelegt worden.

Einsiedel de Regal. cap. 3. n. 351.

Daher auch noch diese Stunde unter den
Rechts-Lehrern weitläufftig gestritten
wird, mit was Recht die Fürsten solche
Jagd-Gerechtigkeit an sich allein ziehen,
und denen Privatis benehmen können;
Und ob es zwar denselben an allerhand,
scheinbahren Ursachen nicht ermangelt,

so
m 3

zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien.
[Spaltenumbruch] Gewohnheit, ſo muß man behaupten,
daß es unzulaͤßig ſey; Denn man kan
nicht laͤugnen, daß das Wild durch das
Loßſchieſſen der Buͤchſen geſtoͤhret werde,
und ſich aus ſeinem Lager zu begeben
pflege. Daher iſt auch gewoͤhnlich, daß
die Landes-Fuͤrſten in Gnaden- und Re-
vers-
Jagden das Anſtellen und Schieſ-
[Spaltenumbruch] ſen auf den Hoͤltzern ausdingen und
verweeren. Ja da die Landes-Herrn
bey andern und frembden Obrigkeiten
die Forſtliche Jurisdiction haben, ſo ge-
ſtatten ſie nicht einmahl, daß in ſchaͤdli-
chen Orten der Wildfuhre Buͤchſen-
Schuͤtzen-Haͤuſer, oder Huͤtten auffge-
richtet werden.

STRYKII
Conſilium.
Jnhalt.
Von dem vermutheten Titulo, der zum Poſſeſſorio des Jagd-Rechts genug
iſt.
[Spaltenumbruch]

DEmnach meine Meynung verlangt
worden, weil der Beſitz der Rega-
li
en wider den Fuͤrſten zur Erlangung
der Manutenenz nicht zureichend geach-
tet wird, wenn nicht der Beſitzer zugleich
den Titulum anzufuͤhren weiß: Ob ſol-
ches auch in Poſſeſſorio juris venandi,
inſonderheit ſoviel die Ober-Jagden be-
trifft, dergeſtalt ſtatt finde, oder ob hie-
ſelbſt ein vermeynter Titulus zu Erlan-
gung des Sitzes in dem Poſſeſſorio zu-
reichend ſey?

So erinnere mich zwar wohl, was
ehemahlen auff der Univerſitaͤt Franck-
furt unter meinem Præſidio in einer Di-
ſputation de Neceſſitate edendi titulum

ausgefuͤhret worden, worinnen ich nach
Manier der Academiſchen Diſputationen
dem damahligen Herrn Reſpondenten
als Autori Diſputationis die Freyheit ge-
laſſen, ſeine Meynung, welche er pro Ca-
thedra
zu defendiren vermeynte, auszu-
fuͤhren. Weil aber jetzo, was meine ei-
gentliche Meynung von dem Poſſeſſorio
der Ober-Jagden, und dem dabey con-
curriren
den Titulo præſumto ſey, zu er-
oͤffnen verlanget wird; So halte dafuͤr,
daß hieſelbſt ein Unterſcheid zu machen
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genannten Regalien, die aus der Maje-
ſtaͤt oder Landesherrlichen Hoheit pflegen
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eigenthuͤmlich zugehoͤret, und unter dem
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erſtlich dazu geworden, das iſt, ſolchen
Rechten, die nach dem gemeinen Recht
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ſowohl die Ober-als Nieder-Jagden ge-
hoͤren. Wenn nun der Grund derjeni-
[Spaltenumbruch] gen Meynung, daß ein Beſitzer der Re-
gali
en nicht zu ſchuͤtzen, ſo lange der Ti-
tulus
nicht erwieſen, oder der Streit in
dem Petitorio nicht decidiret worden, un-
terſucht wird, ſo iſt dieſes die hauptſaͤch-
liche Raiſon, weil hier das gemeine Recht
dem Beſitzer widerſtehet, wie denn dieſe
Meynung die klahre Verordnung der
Rechte beſtaͤrcket, daß, ſo offt das Geſetz
dem Beſitzer hinderlich iſt, ſo offt hilfft
ihn auch der Bona fides nichts,

L. 34. ff. de Uſucapion.

Wann aber dieſes denen Jagden appli-
cir
et werden ſoll, ſo ergiebt ſich von ſelb-
ſten, daß die angefuͤhrte Ratio deciden-
di
hieſelbſt nicht applicirt werden koͤnne,
immaaſſen allhier keine Frage iſt von der
Ausuͤbung eines Rechts, dem das ge-
meine Recht wiederſtehet, ſondern vor
den es militirt, indem auſſer allem
Streit, daß dem buͤrgerlichen Recht
nach die Jagden ohne Unterſcheid einem
Jeden vergoͤnnet ſeyn, womit auch zu-
gleich die Rechte Teutſchlandes uͤberein-
ſtimmen, wie dieſes aus dem Sachſen-
Recht bekant,

Land-R. Lib. 2. artic. 61.

Und kan biß dato aus allen in Teutſch-
land publicirten Reichs-Abſchieden kei-
ne Stelle angezeigt werden, darinnen
die Jagden durch ein allgemein Geſetz
denen Privatis benommen, und allein der
Obrigkeit beygelegt worden.

Einſiedel de Regal. cap. 3. n. 351.

Daher auch noch dieſe Stunde unter den
Rechts-Lehrern weitlaͤufftig geſtritten
wird, mit was Recht die Fuͤrſten ſolche
Jagd-Gerechtigkeit an ſich allein ziehen,
und denen Privatis benehmen koͤnnen;
Und ob es zwar denſelben an allerhand,
ſcheinbahren Urſachen nicht ermangelt,

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[93/0667] zur Jaͤgerey gehoͤrigen Materien. Gewohnheit, ſo muß man behaupten, daß es unzulaͤßig ſey; Denn man kan nicht laͤugnen, daß das Wild durch das Loßſchieſſen der Buͤchſen geſtoͤhret werde, und ſich aus ſeinem Lager zu begeben pflege. Daher iſt auch gewoͤhnlich, daß die Landes-Fuͤrſten in Gnaden- und Re- vers-Jagden das Anſtellen und Schieſ- ſen auf den Hoͤltzern ausdingen und verweeren. Ja da die Landes-Herrn bey andern und frembden Obrigkeiten die Forſtliche Jurisdiction haben, ſo ge- ſtatten ſie nicht einmahl, daß in ſchaͤdli- chen Orten der Wildfuhre Buͤchſen- Schuͤtzen-Haͤuſer, oder Huͤtten auffge- richtet werden. STRYKII Conſilium. Jnhalt. Von dem vermutheten Titulo, der zum Poſſeſſorio des Jagd-Rechts genug iſt. DEmnach meine Meynung verlangt worden, weil der Beſitz der Rega- lien wider den Fuͤrſten zur Erlangung der Manutenenz nicht zureichend geach- tet wird, wenn nicht der Beſitzer zugleich den Titulum anzufuͤhren weiß: Ob ſol- ches auch in Poſſeſſorio juris venandi, inſonderheit ſoviel die Ober-Jagden be- trifft, dergeſtalt ſtatt finde, oder ob hie- ſelbſt ein vermeynter Titulus zu Erlan- gung des Sitzes in dem Poſſeſſorio zu- reichend ſey? So erinnere mich zwar wohl, was ehemahlen auff der Univerſitaͤt Franck- furt unter meinem Præſidio in einer Di- ſputation de Neceſſitate edendi titulum ausgefuͤhret worden, worinnen ich nach Manier der Academiſchen Diſputationen dem damahligen Herrn Reſpondenten als Autori Diſputationis die Freyheit ge- laſſen, ſeine Meynung, welche er pro Ca- thedra zu defendiren vermeynte, auszu- fuͤhren. Weil aber jetzo, was meine ei- gentliche Meynung von dem Poſſeſſorio der Ober-Jagden, und dem dabey con- currirenden Titulo præſumto ſey, zu er- oͤffnen verlanget wird; So halte dafuͤr, daß hieſelbſt ein Unterſcheid zu machen ſey zwiſchen der Poſſeſs der eigendlich ſo genannten Regalien, die aus der Maje- ſtaͤt oder Landesherrlichen Hoheit pflegen herzuflieſſen, und dem Fuͤrſten ſtets, als eigenthuͤmlich zugehoͤret, und unter dem Beſitz der Regalien, die nur nachgehends erſtlich dazu geworden, das iſt, ſolchen Rechten, die nach dem gemeinen Recht allen in der Republic zuſtehen, aber nur nach und nach an den Fuͤrſten abgetre- ten worden, wohin, ſonder allen Zweifel, ſowohl die Ober-als Nieder-Jagden ge- hoͤren. Wenn nun der Grund derjeni- gen Meynung, daß ein Beſitzer der Re- galien nicht zu ſchuͤtzen, ſo lange der Ti- tulus nicht erwieſen, oder der Streit in dem Petitorio nicht decidiret worden, un- terſucht wird, ſo iſt dieſes die hauptſaͤch- liche Raiſon, weil hier das gemeine Recht dem Beſitzer widerſtehet, wie denn dieſe Meynung die klahre Verordnung der Rechte beſtaͤrcket, daß, ſo offt das Geſetz dem Beſitzer hinderlich iſt, ſo offt hilfft ihn auch der Bona fides nichts, L. 34. ff. de Uſucapion. Wann aber dieſes denen Jagden appli- ciret werden ſoll, ſo ergiebt ſich von ſelb- ſten, daß die angefuͤhrte Ratio deciden- di hieſelbſt nicht applicirt werden koͤnne, immaaſſen allhier keine Frage iſt von der Ausuͤbung eines Rechts, dem das ge- meine Recht wiederſtehet, ſondern vor den es militirt, indem auſſer allem Streit, daß dem buͤrgerlichen Recht nach die Jagden ohne Unterſcheid einem Jeden vergoͤnnet ſeyn, womit auch zu- gleich die Rechte Teutſchlandes uͤberein- ſtimmen, wie dieſes aus dem Sachſen- Recht bekant, Land-R. Lib. 2. artic. 61. Und kan biß dato aus allen in Teutſch- land publicirten Reichs-Abſchieden kei- ne Stelle angezeigt werden, darinnen die Jagden durch ein allgemein Geſetz denen Privatis benommen, und allein der Obrigkeit beygelegt worden. Einſiedel de Regal. cap. 3. n. 351. Daher auch noch dieſe Stunde unter den Rechts-Lehrern weitlaͤufftig geſtritten wird, mit was Recht die Fuͤrſten ſolche Jagd-Gerechtigkeit an ſich allein ziehen, und denen Privatis benehmen koͤnnen; Und ob es zwar denſelben an allerhand, ſcheinbahren Urſachen nicht ermangelt, ſo m 3

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/667>, abgerufen am 21.11.2024.