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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Fünffter Theil/
handelt
Von der Jagd/ oder dem
Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch]

Als der erste Mensch seines
Ungehorsams wegen aus
der Genade gefallen, so
verließ ihn in dem Augen-
blick alle Lust und Freude,
und seine Natur ward de-
nen Verdrießlichkeiten ei-
nes arbeitsamen Lebens dergestalt unter-
worffen, daß ihm weiter kein eintziges Zei-
chen seines vorigen Glücks, worinnen er
vorher gesetzet gewesen, übrig bliebe, als
eintzig und allein der ihm über alle Thie-
re des Erdbodens gegebene Vorzug und
Praerogativ: Und scheinet es, daß bey die-
sem elenden Zustande, da er im Schweiß
seines Angesichtes sein Leben unterhal-
ten muste, die Jagd nothwendig sein
eintziger Trost und sein eintziges Ver-
gnügen, dessen er bey müssiger Zeit
sich bedienet, gewesen sey, und solches
zwar aus Ursachen, theils damit er die-
sen Vorzug und Herrschafft über die
Thiere, womit er im Stande der Un-
schuld beehret worden, behaupten möge,
theils auch, daß er damit seinem Leben zu
Hülffe kommen, und seinen Unterhalt
suchen könne: Jst also hieraus zu sehen,
daß die Jagd dem Menschen zur Ver-
gnügung von dem Grossen Gott vergön-
net sey, umb sein mühseeliges arbeitsa-
mes Leben in etwas wieder zu ermun-
tern. Dahero die Jägerey oder diese Jagd-
Wissenschafft eben so ein solches Metier ist,
welches seinen Uhrsprung sowohl von
Gott hat, und in der Welt nöthig ist, als
[Spaltenumbruch] andere Professiones: daß aber zuweilen
auch gottlose und böse Leute unter de-
nen Jägern angetroffen werden, daran
ist diese edle Wissenschafft nicht Ursache,
sondern das böse Gemüth eines solchen
Menschen. Giebt es doch auch wohl un-
ter denen Herren Geistlichen zuweilen in
ziemlicher Anzahl etliche, welche an
Gottlosigkeit, und ruchlosem Leben kei-
nem Jäger nicht viel nachgeben, da
man hingegen wohl noch eher christli-
che und tugendhaffte Jäger antreffen
solte. Nachdem ich nun in vorhergehen-
den vier Theilen erstlich von der Er-
den, deren Vegetabilibus und Gehöltzen,
zum andern von der Eigenschafft grim-
miger, edeler, und Raub-Thiere, drit-
tens von grossen und kleinen und man-
cherley Geschöpff der Hunden; Und vierd-
tens, von dem hierzu benöthigten Jagd-
Gezeug, soviel mir bekant, und zeithe-
ro nach alter Teutscher Gewohnheit
gebräuchlich gewesen, geschrieben habe;
So will nun auch hiermit im Namen
GOttes von der Jagd selbst zu handeln
den Anfang machen. Es ist aber das
Jagen auff dreyerley Art und Weise zu
distingviren, als da ist erstlich: Vena-
tio hominum oppressiva,
ein gräulich ty-
rannisch Jagen, da die Gewaltigen auff
Erden die armen unschuldigen Leute un-
terdrücken und zwingen, von einem Ort
zum andern treiben und jagen, ihnen
das Jhrige nehmen, und sich damit be-
reichern, wie in Heiliger Schrifft derglei-

chen
H h 3

[Abbildung]
Fuͤnffter Theil/
handelt
Von der Jagd/ oder dem
Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch]

Als der erſte Menſch ſeines
Ungehorſams wegen aus
der Genade gefallen, ſo
verließ ihn in dem Augen-
blick alle Luſt und Freude,
und ſeine Natur ward de-
nen Verdrießlichkeiten ei-
nes arbeitſamen Lebens dergeſtalt unter-
worffen, daß ihm weiter kein eintziges Zei-
chen ſeines vorigen Gluͤcks, worinnen er
vorher geſetzet geweſen, uͤbrig bliebe, als
eintzig und allein der ihm uͤber alle Thie-
re des Erdbodens gegebene Vorzug und
Prærogativ: Und ſcheinet es, daß bey die-
ſem elenden Zuſtande, da er im Schweiß
ſeines Angeſichtes ſein Leben unterhal-
ten muſte, die Jagd nothwendig ſein
eintziger Troſt und ſein eintziges Ver-
gnuͤgen, deſſen er bey muͤſſiger Zeit
ſich bedienet, geweſen ſey, und ſolches
zwar aus Urſachen, theils damit er die-
ſen Vorzug und Herrſchafft uͤber die
Thiere, womit er im Stande der Un-
ſchuld beehret worden, behaupten moͤge,
theils auch, daß er damit ſeinem Leben zu
Huͤlffe kommen, und ſeinen Unterhalt
ſuchen koͤnne: Jſt alſo hieraus zu ſehen,
daß die Jagd dem Menſchen zur Ver-
gnuͤgung von dem Groſſen Gott vergoͤn-
net ſey, umb ſein muͤhſeeliges arbeitſa-
mes Leben in etwas wieder zu ermun-
tern. Dahero die Jaͤgerey oder dieſe Jagd-
Wiſſenſchafft eben ſo ein ſolches Metier iſt,
welches ſeinen Uhrſprung ſowohl von
Gott hat, und in der Welt noͤthig iſt, als
[Spaltenumbruch] andere Profesſiones: daß aber zuweilen
auch gottloſe und boͤſe Leute unter de-
nen Jaͤgern angetroffen werden, daran
iſt dieſe edle Wiſſenſchafft nicht Urſache,
ſondern das boͤſe Gemuͤth eines ſolchen
Menſchen. Giebt es doch auch wohl un-
ter denen Herren Geiſtlichen zuweilen in
ziemlicher Anzahl etliche, welche an
Gottloſigkeit, und ruchloſem Leben kei-
nem Jaͤger nicht viel nachgeben, da
man hingegen wohl noch eher chriſtli-
che und tugendhaffte Jaͤger antreffen
ſolte. Nachdem ich nun in vorhergehen-
den vier Theilen erſtlich von der Er-
den, deren Vegetabilibus und Gehoͤltzen,
zum andern von der Eigenſchafft grim-
miger, edeler, und Raub-Thiere, drit-
tens von groſſen und kleinen und man-
cherley Geſchoͤpff der Hunden; Und vierd-
tens, von dem hierzu benoͤthigten Jagd-
Gezeug, ſoviel mir bekant, und zeithe-
ro nach alter Teutſcher Gewohnheit
gebraͤuchlich geweſen, geſchrieben habe;
So will nun auch hiermit im Namen
GOttes von der Jagd ſelbſt zu handeln
den Anfang machen. Es iſt aber das
Jagen auff dreyerley Art und Weiſe zu
diſtingviren, als da iſt erſtlich: Vena-
tio hominum oppreſſiva,
ein graͤulich ty-
ranniſch Jagen, da die Gewaltigen auff
Erden die armen unſchuldigen Leute un-
terdruͤcken und zwingen, von einem Ort
zum andern treiben und jagen, ihnen
das Jhrige nehmen, und ſich damit be-
reichern, wie in Heiliger Schrifft derglei-

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[[245]/0379] [Abbildung] Fuͤnffter Theil/ handelt Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. Als der erſte Menſch ſeines Ungehorſams wegen aus der Genade gefallen, ſo verließ ihn in dem Augen- blick alle Luſt und Freude, und ſeine Natur ward de- nen Verdrießlichkeiten ei- nes arbeitſamen Lebens dergeſtalt unter- worffen, daß ihm weiter kein eintziges Zei- chen ſeines vorigen Gluͤcks, worinnen er vorher geſetzet geweſen, uͤbrig bliebe, als eintzig und allein der ihm uͤber alle Thie- re des Erdbodens gegebene Vorzug und Prærogativ: Und ſcheinet es, daß bey die- ſem elenden Zuſtande, da er im Schweiß ſeines Angeſichtes ſein Leben unterhal- ten muſte, die Jagd nothwendig ſein eintziger Troſt und ſein eintziges Ver- gnuͤgen, deſſen er bey muͤſſiger Zeit ſich bedienet, geweſen ſey, und ſolches zwar aus Urſachen, theils damit er die- ſen Vorzug und Herrſchafft uͤber die Thiere, womit er im Stande der Un- ſchuld beehret worden, behaupten moͤge, theils auch, daß er damit ſeinem Leben zu Huͤlffe kommen, und ſeinen Unterhalt ſuchen koͤnne: Jſt alſo hieraus zu ſehen, daß die Jagd dem Menſchen zur Ver- gnuͤgung von dem Groſſen Gott vergoͤn- net ſey, umb ſein muͤhſeeliges arbeitſa- mes Leben in etwas wieder zu ermun- tern. Dahero die Jaͤgerey oder dieſe Jagd- Wiſſenſchafft eben ſo ein ſolches Metier iſt, welches ſeinen Uhrſprung ſowohl von Gott hat, und in der Welt noͤthig iſt, als andere Profesſiones: daß aber zuweilen auch gottloſe und boͤſe Leute unter de- nen Jaͤgern angetroffen werden, daran iſt dieſe edle Wiſſenſchafft nicht Urſache, ſondern das boͤſe Gemuͤth eines ſolchen Menſchen. Giebt es doch auch wohl un- ter denen Herren Geiſtlichen zuweilen in ziemlicher Anzahl etliche, welche an Gottloſigkeit, und ruchloſem Leben kei- nem Jaͤger nicht viel nachgeben, da man hingegen wohl noch eher chriſtli- che und tugendhaffte Jaͤger antreffen ſolte. Nachdem ich nun in vorhergehen- den vier Theilen erſtlich von der Er- den, deren Vegetabilibus und Gehoͤltzen, zum andern von der Eigenſchafft grim- miger, edeler, und Raub-Thiere, drit- tens von groſſen und kleinen und man- cherley Geſchoͤpff der Hunden; Und vierd- tens, von dem hierzu benoͤthigten Jagd- Gezeug, ſoviel mir bekant, und zeithe- ro nach alter Teutſcher Gewohnheit gebraͤuchlich geweſen, geſchrieben habe; So will nun auch hiermit im Namen GOttes von der Jagd ſelbſt zu handeln den Anfang machen. Es iſt aber das Jagen auff dreyerley Art und Weiſe zu diſtingviren, als da iſt erſtlich: Vena- tio hominum oppreſſiva, ein graͤulich ty- ranniſch Jagen, da die Gewaltigen auff Erden die armen unſchuldigen Leute un- terdruͤcken und zwingen, von einem Ort zum andern treiben und jagen, ihnen das Jhrige nehmen, und ſich damit be- reichern, wie in Heiliger Schrifft derglei- chen H h 3

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. [245]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/379>, abgerufen am 21.11.2024.