OB wohl diese Naturmäßi- ge irdische Betrachtung die Erde zu beschreiben, nur eintzig und allein, in Muth- massung einer unvollkom- menen menschlichen Wis- senschafft, zu halten ist, auch unserem Vorhaben gantz nicht gemäß, sondern billig denen Geographis zu über- lassen; So wollen wir doch, weil aus der Erde die Bäume ihre Animam ve- getativam haben, und ihre Nahrung aus deroselben warmen und doch feuchten Dünsten genießen, diese Naturmäßige Eigenschafft die Erde als unser aller Mut- ter deutlicher betrachten, und pro Funda- mento physice expliciren. Wie nun ei- ne lebendige Creatur in sich selbst in al- len Gliedern und Adern eine allgemeine Hitze ausgetheilet befindet, ohne deren Erwärmung alles erstarren und erkäl- ten würde, nechst diesem auch eine Feuch- tigkeit im Geblüth die vorige Hitze tem- periren muß, und beyde unter sich ein re- ciprocum commercium zu dem benöthig- tein Nutriment ihres Cörpers verschaf- fein müßen, da sonsten, in Ermangelung des letztern, durch allzu grosse Hitze alles verdorren müste: Also hat auch gleicher Gestalt die Göttliche Providenz diese bey- de Elementa, nehmlich Feuer und Was- ser, mit der Erden coaguliret, und be- se elet, damit nicht allein durch solche Mine- ralische Hitze und deren innere Austhei- lung, sondern auch, vermittelst der in der Erden befindlichen Feuchtigkeit, eine wach- sende und zeugende Krafft verschaffet [Spaltenumbruch]
würde, wie wir lesen im Ersten Buch Mo- sis am 2. Capitel, vers am 6. da bey Er- schaffung der Welt ein Nebel oder wässe- richter Dampff von der Erden aufgan- gen und das Land zur Fruchtbarkeit be- feuchtet, dergleichen noch täglich observi- ret wird; Dahero dann unstreitig zu muthmassen, daß in der Erden, woraus dieses Vegetabile, oder solcher warmer wässerichter Dunst entstehet, eine Wär- me, und zugleich eine Feuchtigkeit, jedoch separatim zu befinden seyn müße, welches an verschiedenen Orten, die warmen Bä- der in Teutschland, wie bekant, zeigen kön- nen, und daraus ihren Ursprung neh- men, davon ich absonderlich hiernechst an seinem Ort, ausführlicher vom Ursprung der Wasserqvellen schreiben will. Was nun aber zu unserm Vorhaben die Erde eigentlich vor eine Materie seyn müße, finden wir nach menschlicher Vernunfft dieses, daß es eine von Staub und Sand, Koth, und Lehm oder Thon, feuchte coa- gulirte Massa oder gebackener klebichter Klumpen sey, worinnen eine chymische salnitrische oder saltzigte und kalte Eigen- schafft, so mit einer zusammenziehenden Krafft versehen, befindlich, daraus der Geschmack sein Nutriment haben müße und die Früchte der Erden mit diesen Dünsten vereinigen könne. Gleicher ge- stalt findet sich auch bey dieser kalten Ei- genschafft ein mineralischer Sulphur oder Schwefel, welcher von hitziger und trocke- ner feuriger Eigenschafft, fliessend u. schlei- migt ist, woraus die humi odores u. man- cherley Dünste, daher entstehender Ge-
ruch
A
[Abbildung]
Erſter Theil/ handelt Von der Erden.
[Spaltenumbruch]
OB wohl dieſe Naturmaͤßi- ge irdiſche Betrachtung die Erde zu beſchreiben, nur eintzig und allein, in Muth- maſſung einer unvollkom- menen menſchlichen Wiſ- ſenſchafft, zu halten iſt, auch unſerem Vorhaben gantz nicht gemaͤß, ſondern billig denen Geographis zu uͤber- laſſen; So wollen wir doch, weil aus der Erde die Baͤume ihre Animam ve- getativam haben, und ihre Nahrung aus deroſelben warmen und doch feuchten Duͤnſten genießen, dieſe Naturmaͤßige Eigenſchafft die Erde als unſer aller Mut- ter deutlicher betrachten, und pro Funda- mento phyſice expliciren. Wie nun ei- ne lebendige Creatur in ſich ſelbſt in al- len Gliedern und Adern eine allgemeine Hitze ausgetheilet befindet, ohne deren Erwaͤrmung alles erſtarren und erkaͤl- ten wuͤrde, nechſt dieſem auch eine Feuch- tigkeit im Gebluͤth die vorige Hitze tem- periren muß, und beyde unter ſich ein re- ciprocum commercium zu dem benoͤthig- tein Nutriment ihres Coͤrpers verſchaf- fein muͤßen, da ſonſten, in Ermangelung des letztern, durch allzu groſſe Hitze alles verdorren muͤſte: Alſo hat auch gleicher Geſtalt die Goͤttliche Providenz dieſe bey- de Elementa, nehmlich Feuer und Waſ- ſer, mit der Erden coaguliret, und be- ſe elet, damit nicht allein durch ſolche Mine- raliſche Hitze und deren innere Austhei- lung, ſondern auch, vermittelſt der in der Erden befindlichen Feuchtigkeit, eine wach- ſende und zeugende Krafft verſchaffet [Spaltenumbruch]
wuͤrde, wie wir leſen im Erſten Buch Mo- ſis am 2. Capitel, vers am 6. da bey Er- ſchaffung der Welt ein Nebel oder waͤſſe- richter Dampff von der Erden aufgan- gen und das Land zur Fruchtbarkeit be- feuchtet, dergleichen noch taͤglich obſervi- ret wird; Dahero dann unſtreitig zu muthmaſſen, daß in der Erden, woraus dieſes Vegetabile, oder ſolcher warmer waͤſſerichter Dunſt entſtehet, eine Waͤr- me, und zugleich eine Feuchtigkeit, jedoch ſeparatim zu befinden ſeyn muͤße, welches an verſchiedenen Orten, die warmen Baͤ- der in Teutſchland, wie bekant, zeigen koͤn- nen, und daraus ihren Urſprung neh- men, davon ich abſonderlich hiernechſt an ſeinem Ort, ausfuͤhrlicher vom Urſprung der Waſſerqvellen ſchreiben will. Was nun aber zu unſerm Vorhaben die Erde eigentlich vor eine Materie ſeyn muͤße, finden wir nach menſchlicher Vernunfft dieſes, daß es eine von Staub und Sand, Koth, und Lehm oder Thon, feuchte coa- gulirte Maſſa oder gebackener klebichter Klumpen ſey, worinnen eine chymiſche ſalnitriſche oder ſaltzigte und kalte Eigen- ſchafft, ſo mit einer zuſammenziehenden Krafft verſehen, befindlich, daraus der Geſchmack ſein Nutriment haben muͤße und die Fruͤchte der Erden mit dieſen Duͤnſten vereinigen koͤnne. Gleicher ge- ſtalt findet ſich auch bey dieſer kalten Ei- genſchafft ein mineraliſcher Sulphur oder Schwefel, welcher von hitziger und trocke- ner feuriger Eigenſchafft, flieſſend u. ſchlei- migt iſt, woraus die humi odores u. man- cherley Duͤnſte, daher entſtehender Ge-
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A
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[[1]/0035]
[Abbildung]
Erſter Theil/
handelt
Von der Erden.
OB wohl dieſe Naturmaͤßi-
ge irdiſche Betrachtung die
Erde zu beſchreiben, nur
eintzig und allein, in Muth-
maſſung einer unvollkom-
menen menſchlichen Wiſ-
ſenſchafft, zu halten iſt, auch
unſerem Vorhaben gantz nicht gemaͤß,
ſondern billig denen Geographis zu uͤber-
laſſen; So wollen wir doch, weil aus
der Erde die Baͤume ihre Animam ve-
getativam haben, und ihre Nahrung aus
deroſelben warmen und doch feuchten
Duͤnſten genießen, dieſe Naturmaͤßige
Eigenſchafft die Erde als unſer aller Mut-
ter deutlicher betrachten, und pro Funda-
mento phyſice expliciren. Wie nun ei-
ne lebendige Creatur in ſich ſelbſt in al-
len Gliedern und Adern eine allgemeine
Hitze ausgetheilet befindet, ohne deren
Erwaͤrmung alles erſtarren und erkaͤl-
ten wuͤrde, nechſt dieſem auch eine Feuch-
tigkeit im Gebluͤth die vorige Hitze tem-
periren muß, und beyde unter ſich ein re-
ciprocum commercium zu dem benoͤthig-
tein Nutriment ihres Coͤrpers verſchaf-
fein muͤßen, da ſonſten, in Ermangelung
des letztern, durch allzu groſſe Hitze alles
verdorren muͤſte: Alſo hat auch gleicher
Geſtalt die Goͤttliche Providenz dieſe bey-
de Elementa, nehmlich Feuer und Waſ-
ſer, mit der Erden coaguliret, und be-
ſe elet, damit nicht allein durch ſolche Mine-
raliſche Hitze und deren innere Austhei-
lung, ſondern auch, vermittelſt der in der
Erden befindlichen Feuchtigkeit, eine wach-
ſende und zeugende Krafft verſchaffet
wuͤrde, wie wir leſen im Erſten Buch Mo-
ſis am 2. Capitel, vers am 6. da bey Er-
ſchaffung der Welt ein Nebel oder waͤſſe-
richter Dampff von der Erden aufgan-
gen und das Land zur Fruchtbarkeit be-
feuchtet, dergleichen noch taͤglich obſervi-
ret wird; Dahero dann unſtreitig zu
muthmaſſen, daß in der Erden, woraus
dieſes Vegetabile, oder ſolcher warmer
waͤſſerichter Dunſt entſtehet, eine Waͤr-
me, und zugleich eine Feuchtigkeit, jedoch
ſeparatim zu befinden ſeyn muͤße, welches
an verſchiedenen Orten, die warmen Baͤ-
der in Teutſchland, wie bekant, zeigen koͤn-
nen, und daraus ihren Urſprung neh-
men, davon ich abſonderlich hiernechſt an
ſeinem Ort, ausfuͤhrlicher vom Urſprung
der Waſſerqvellen ſchreiben will. Was
nun aber zu unſerm Vorhaben die Erde
eigentlich vor eine Materie ſeyn muͤße,
finden wir nach menſchlicher Vernunfft
dieſes, daß es eine von Staub und Sand,
Koth, und Lehm oder Thon, feuchte coa-
gulirte Maſſa oder gebackener klebichter
Klumpen ſey, worinnen eine chymiſche
ſalnitriſche oder ſaltzigte und kalte Eigen-
ſchafft, ſo mit einer zuſammenziehenden
Krafft verſehen, befindlich, daraus der
Geſchmack ſein Nutriment haben muͤße
und die Fruͤchte der Erden mit dieſen
Duͤnſten vereinigen koͤnne. Gleicher ge-
ſtalt findet ſich auch bey dieſer kalten Ei-
genſchafft ein mineraliſcher Sulphur oder
Schwefel, welcher von hitziger und trocke-
ner feuriger Eigenſchafft, flieſſend u. ſchlei-
migt iſt, woraus die humi odores u. man-
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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