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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Vierdter Theil/
[Spaltenumbruch] man allda nicht jagen und schiessen darff,
und also allem Wildpräth leichtlich nahe
kommen kan, und es mehr als anderst-
wo aushält, weil es nicht geschossen, noch
gestöhret wird. Deshalben es auch ma-
chet, daß dieses Volck, die Teutschen, sich
nicht die Mühe giebt zu jagen, wie an-
dere Nationes, dieweil sie gerne commo-
de
und ohne Mühe und Unkosten das
Plaisir zu fangen haben wollen. Und
dieses ist die Raison, warum sie sich über
alle Manier zu jagen moqviren, dessen
sich andere Nationes bedienen und vor
[Spaltenumbruch] allen andern über die Frantzosen, wann
sie solche par Force jagen, zu Pferde schies-
sen, mit vielen Hunden und deren Eqvi-
page
sehen, umb die wilden Thiere zu
fangen, welche sie sehr leichte tödten, oh-
ne Müh, Unkosten und Arbeit. Da sehe
man nun hieraus, was dieser unreiffe so
genannte Par fait Chasseur vor ein unver-
nünfftiges Resonnement von grossen Her-
ren zu fällen sich unterstehe, da er doch
nicht capable ist, hiervon zu sprechen, und
solte billig dieserwegen derbe Pfunde lei-
den.

Von den hohen Tüchern.
[Spaltenumbruch]

Dieweiln nun, wie vorgemeldet,
diese alte Gewohnheiten, das Wild zu fan-
gen, nach der Zeit aus vielen Ursachen
unterblieben, auch weiln hohe Landes-
Fürsten unzehlbahre vielfältige Un-
glücks-Fälle auf der Jagd wilder Thie-
re gehabt, wann sie mit den Pferden
gerennet, gestürtzet, und öffters in Leib-
und Lebens-Gefahr gerathen sind; Hat
man hierzu beqvemere Mittel, nehmlich
die Planen oder Tücher erfunden, worin-
nen mit besserer Sicherheit Hoher Herr-
schafft das Wild gejaget wird. Sind
also die hohen Tücher einer der vornehm-
sten Jagd-Gezeuge, wie bereits in der
Vorrede gemeldet worden, worinnen die
wilden Thiere umbstellet, und mit Ver-
gnügung auff unterschiedliche Art erle-
get werden. Jhre Höhe ist gemeini-
glich fünff Ellen oder dergestalt, daß kein
Wild übersetzen kan, und die Länge 200.
Ellen, das machen 80. gedoppelte oder
160. einfache Wald-Schritt, wie solches
der Länge und Breite nach von Alters
her gebräuchlich gewesen, auch solche Län-
ge durch die Leinen endlich wohl zu hal-
ten, und zu zwingen ist. Sie müssen
von tüchter fester Leinewand wohl gewe-
bet seyn, und wird dergleichen Leine-
wand am besten und wohlfeilsten in
Schlesien und Ober-Lausitz gemachet,
und nachdem die Breite, also wird auch
der Preiß gerechnet. Sonsten giebet
man vor schmahle Leinewand hier zu
Lande vor das Schock 3. Thlr. das wä-
ren zu drey Breiten acht Schock oder 24.
Thlr. Damit ich nun solches noch deut-
licher vorstelle, so zeige allhier ein Tuch,
daran die Haupt- oder Ober-Leine, wel-
che 5. Zoll dick zu seyn pfleget, und an jed-
wedem Ende des Tuchs gute vier Klaff-
[Spaltenumbruch] tern länger ist, auch ungefehr drey Stein
schwer wieget, und 8. Thlr. etliche Gro-
schen kostet, mit A. bezeichnet habe. Die
Unter-Leine ist etwas schwächer, ohnge-
fehr zwey Zoll dick, und gehen an jedem
Ende des Tuchs zwey Klafftern vor,
wieget zwey und einen halben Stein, und
kömmt an Gelde nur 6. biß 7. Thlr. ist mit
Lit. B. gezeichnet. Am Ende des Tuchs
Lit. C. kommen kleine höltzerne gedrech-
selte Knebel, einer Hand lang, und 8. Zoll
und eines Daumens dicke, und werden
derselben sechse an kleine Leinchen ange-
schlinget, und feste am Ende des Tuchs
angenehet, dergleichen D. kommen auch
an jedem Ende zurücke sechs Knebel-Lö-
cher, zu welchen längliche eyserne Ringe
mit Bindfaden eingefasset werden.
Wann nun ein Tuch aus ist, und das
andere angestellet werden soll, so knebelt
man solches an den Wechseln zusammen,
und gehet daselbst wohl eine gute halbe
Elle übereinander. Lit. E. werden so-
wohl an der Ober-Leine, als auch an der
Unter-Leine eyserne Ringe in der Grösse
eines harten Thalers ungefehr eines Fe-
der-Kiehls dicke durchgezogen, und an
dünne Leinchen jedweder drey Viertel
der Ellen von dem andern ans Tuch ge-
nehet, und dasselbe durch die Leinchen ein-
gefasset oder eingesäumet, wo aber die
Ringe stehen, werden solche mit Nessel-
Löchern umbstossen, weil sie am Tuche
feste halten müssen: Jn solche Ringe
nun wird an gehöhrigem Orte oben die
Ober-Leine, unten aber die Unter-Lei-
ne durchgezogen, daß sich das Tuch zie-
hen kan, und kommen über 400. Ringe
zu jedem Tuch: An der Ober-Leine wer-
den auch 10. Wind-Leinen, wie Lit. F.
anzeiget, angemachet, jede vier Klafftern

lang,

Vierdter Theil/
[Spaltenumbruch] man allda nicht jagen und ſchieſſen darff,
und alſo allem Wildpraͤth leichtlich nahe
kommen kan, und es mehr als anderſt-
wo aushaͤlt, weil es nicht geſchoſſen, noch
geſtoͤhret wird. Deshalben es auch ma-
chet, daß dieſes Volck, die Teutſchen, ſich
nicht die Muͤhe giebt zu jagen, wie an-
dere Nationes, dieweil ſie gerne commo-
de
und ohne Muͤhe und Unkoſten das
Plaiſir zu fangen haben wollen. Und
dieſes iſt die Raiſon, warum ſie ſich uͤber
alle Manier zu jagen moqviren, deſſen
ſich andere Nationes bedienen und vor
[Spaltenumbruch] allen andern uͤber die Frantzoſen, wann
ſie ſolche par Force jagen, zu Pferde ſchieſ-
ſen, mit vielen Hunden und deren Eqvi-
page
ſehen, umb die wilden Thiere zu
fangen, welche ſie ſehr leichte toͤdten, oh-
ne Muͤh, Unkoſten und Arbeit. Da ſehe
man nun hieraus, was dieſer unreiffe ſo
genannte Par fait Chaſſeur vor ein unver-
nuͤnfftiges Reſonnement von gꝛoſſen Heꝛ-
ren zu faͤllen ſich unterſtehe, da er doch
nicht capable iſt, hiervon zu ſprechen, und
ſolte billig dieſerwegen derbe Pfunde lei-
den.

Von den hohen Tuͤchern.
[Spaltenumbruch]

Dieweiln nun, wie vorgemeldet,
dieſe alte Gewohnheiten, das Wild zu fan-
gen, nach der Zeit aus vielen Urſachen
unterblieben, auch weiln hohe Landes-
Fuͤrſten unzehlbahre vielfaͤltige Un-
gluͤcks-Faͤlle auf der Jagd wilder Thie-
re gehabt, wann ſie mit den Pferden
gerennet, geſtuͤrtzet, und oͤffters in Leib-
und Lebens-Gefahr gerathen ſind; Hat
man hierzu beqvemere Mittel, nehmlich
die Planen oder Tuͤcher erfunden, worin-
nen mit beſſerer Sicherheit Hoher Herr-
ſchafft das Wild gejaget wird. Sind
alſo die hohen Tuͤcher einer der vornehm-
ſten Jagd-Gezeuge, wie bereits in der
Vorrede gemeldet worden, worinnen die
wilden Thiere umbſtellet, und mit Ver-
gnuͤgung auff unterſchiedliche Art erle-
get werden. Jhre Hoͤhe iſt gemeini-
glich fuͤnff Ellen oder dergeſtalt, daß kein
Wild uͤberſetzen kan, und die Laͤnge 200.
Ellen, das machen 80. gedoppelte oder
160. einfache Wald-Schritt, wie ſolches
der Laͤnge und Breite nach von Alters
her gebraͤuchlich geweſen, auch ſolche Laͤn-
ge durch die Leinen endlich wohl zu hal-
ten, und zu zwingen iſt. Sie muͤſſen
von tuͤchter feſter Leinewand wohl gewe-
bet ſeyn, und wird dergleichen Leine-
wand am beſten und wohlfeilſten in
Schleſien und Ober-Lauſitz gemachet,
und nachdem die Breite, alſo wird auch
der Preiß gerechnet. Sonſten giebet
man vor ſchmahle Leinewand hier zu
Lande vor das Schock 3. Thlr. das waͤ-
ren zu drey Breiten acht Schock oder 24.
Thlr. Damit ich nun ſolches noch deut-
licher vorſtelle, ſo zeige allhier ein Tuch,
daran die Haupt- oder Ober-Leine, wel-
che 5. Zoll dick zu ſeyn pfleget, und an jed-
wedem Ende des Tuchs gute vier Klaff-
[Spaltenumbruch] tern laͤnger iſt, auch ungefehr drey Stein
ſchwer wieget, und 8. Thlr. etliche Gro-
ſchen koſtet, mit A. bezeichnet habe. Die
Unter-Leine iſt etwas ſchwaͤcher, ohnge-
fehr zwey Zoll dick, und gehen an jedem
Ende des Tuchs zwey Klafftern vor,
wieget zwey und einen halben Stein, und
koͤmmt an Gelde nur 6. biß 7. Thlr. iſt mit
Lit. B. gezeichnet. Am Ende des Tuchs
Lit. C. kommen kleine hoͤltzerne gedrech-
ſelte Knebel, einer Hand lang, und 8. Zoll
und eines Daumens dicke, und werden
derſelben ſechſe an kleine Leinchen ange-
ſchlinget, und feſte am Ende des Tuchs
angenehet, dergleichen D. kommen auch
an jedem Ende zuruͤcke ſechs Knebel-Loͤ-
cher, zu welchen laͤngliche eyſerne Ringe
mit Bindfaden eingefaſſet werden.
Wann nun ein Tuch aus iſt, und das
andere angeſtellet werden ſoll, ſo knebelt
man ſolches an den Wechſeln zuſammen,
und gehet daſelbſt wohl eine gute halbe
Elle uͤbereinander. Lit. E. werden ſo-
wohl an der Ober-Leine, als auch an der
Unter-Leine eyſerne Ringe in der Groͤſſe
eines harten Thalers ungefehr eines Fe-
der-Kiehls dicke durchgezogen, und an
duͤnne Leinchen jedweder drey Viertel
der Ellen von dem andern ans Tuch ge-
nehet, und daſſelbe durch die Leinchen ein-
gefaſſet oder eingeſaͤumet, wo aber die
Ringe ſtehen, werden ſolche mit Neſſel-
Loͤchern umbſtoſſen, weil ſie am Tuche
feſte halten muͤſſen: Jn ſolche Ringe
nun wird an gehoͤhrigem Orte oben die
Ober-Leine, unten aber die Unter-Lei-
ne durchgezogen, daß ſich das Tuch zie-
hen kan, und kommen uͤber 400. Ringe
zu jedem Tuch: An der Ober-Leine wer-
den auch 10. Wind-Leinen, wie Lit. F.
anzeiget, angemachet, jede vier Klafftern

lang,
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[214/0344] Vierdter Theil/ man allda nicht jagen und ſchieſſen darff, und alſo allem Wildpraͤth leichtlich nahe kommen kan, und es mehr als anderſt- wo aushaͤlt, weil es nicht geſchoſſen, noch geſtoͤhret wird. Deshalben es auch ma- chet, daß dieſes Volck, die Teutſchen, ſich nicht die Muͤhe giebt zu jagen, wie an- dere Nationes, dieweil ſie gerne commo- de und ohne Muͤhe und Unkoſten das Plaiſir zu fangen haben wollen. Und dieſes iſt die Raiſon, warum ſie ſich uͤber alle Manier zu jagen moqviren, deſſen ſich andere Nationes bedienen und vor allen andern uͤber die Frantzoſen, wann ſie ſolche par Force jagen, zu Pferde ſchieſ- ſen, mit vielen Hunden und deren Eqvi- page ſehen, umb die wilden Thiere zu fangen, welche ſie ſehr leichte toͤdten, oh- ne Muͤh, Unkoſten und Arbeit. Da ſehe man nun hieraus, was dieſer unreiffe ſo genannte Par fait Chaſſeur vor ein unver- nuͤnfftiges Reſonnement von gꝛoſſen Heꝛ- ren zu faͤllen ſich unterſtehe, da er doch nicht capable iſt, hiervon zu ſprechen, und ſolte billig dieſerwegen derbe Pfunde lei- den. Von den hohen Tuͤchern. Dieweiln nun, wie vorgemeldet, dieſe alte Gewohnheiten, das Wild zu fan- gen, nach der Zeit aus vielen Urſachen unterblieben, auch weiln hohe Landes- Fuͤrſten unzehlbahre vielfaͤltige Un- gluͤcks-Faͤlle auf der Jagd wilder Thie- re gehabt, wann ſie mit den Pferden gerennet, geſtuͤrtzet, und oͤffters in Leib- und Lebens-Gefahr gerathen ſind; Hat man hierzu beqvemere Mittel, nehmlich die Planen oder Tuͤcher erfunden, worin- nen mit beſſerer Sicherheit Hoher Herr- ſchafft das Wild gejaget wird. Sind alſo die hohen Tuͤcher einer der vornehm- ſten Jagd-Gezeuge, wie bereits in der Vorrede gemeldet worden, worinnen die wilden Thiere umbſtellet, und mit Ver- gnuͤgung auff unterſchiedliche Art erle- get werden. Jhre Hoͤhe iſt gemeini- glich fuͤnff Ellen oder dergeſtalt, daß kein Wild uͤberſetzen kan, und die Laͤnge 200. Ellen, das machen 80. gedoppelte oder 160. einfache Wald-Schritt, wie ſolches der Laͤnge und Breite nach von Alters her gebraͤuchlich geweſen, auch ſolche Laͤn- ge durch die Leinen endlich wohl zu hal- ten, und zu zwingen iſt. Sie muͤſſen von tuͤchter feſter Leinewand wohl gewe- bet ſeyn, und wird dergleichen Leine- wand am beſten und wohlfeilſten in Schleſien und Ober-Lauſitz gemachet, und nachdem die Breite, alſo wird auch der Preiß gerechnet. Sonſten giebet man vor ſchmahle Leinewand hier zu Lande vor das Schock 3. Thlr. das waͤ- ren zu drey Breiten acht Schock oder 24. Thlr. Damit ich nun ſolches noch deut- licher vorſtelle, ſo zeige allhier ein Tuch, daran die Haupt- oder Ober-Leine, wel- che 5. Zoll dick zu ſeyn pfleget, und an jed- wedem Ende des Tuchs gute vier Klaff- tern laͤnger iſt, auch ungefehr drey Stein ſchwer wieget, und 8. Thlr. etliche Gro- ſchen koſtet, mit A. bezeichnet habe. Die Unter-Leine iſt etwas ſchwaͤcher, ohnge- fehr zwey Zoll dick, und gehen an jedem Ende des Tuchs zwey Klafftern vor, wieget zwey und einen halben Stein, und koͤmmt an Gelde nur 6. biß 7. Thlr. iſt mit Lit. B. gezeichnet. Am Ende des Tuchs Lit. C. kommen kleine hoͤltzerne gedrech- ſelte Knebel, einer Hand lang, und 8. Zoll und eines Daumens dicke, und werden derſelben ſechſe an kleine Leinchen ange- ſchlinget, und feſte am Ende des Tuchs angenehet, dergleichen D. kommen auch an jedem Ende zuruͤcke ſechs Knebel-Loͤ- cher, zu welchen laͤngliche eyſerne Ringe mit Bindfaden eingefaſſet werden. Wann nun ein Tuch aus iſt, und das andere angeſtellet werden ſoll, ſo knebelt man ſolches an den Wechſeln zuſammen, und gehet daſelbſt wohl eine gute halbe Elle uͤbereinander. Lit. E. werden ſo- wohl an der Ober-Leine, als auch an der Unter-Leine eyſerne Ringe in der Groͤſſe eines harten Thalers ungefehr eines Fe- der-Kiehls dicke durchgezogen, und an duͤnne Leinchen jedweder drey Viertel der Ellen von dem andern ans Tuch ge- nehet, und daſſelbe durch die Leinchen ein- gefaſſet oder eingeſaͤumet, wo aber die Ringe ſtehen, werden ſolche mit Neſſel- Loͤchern umbſtoſſen, weil ſie am Tuche feſte halten muͤſſen: Jn ſolche Ringe nun wird an gehoͤhrigem Orte oben die Ober-Leine, unten aber die Unter-Lei- ne durchgezogen, daß ſich das Tuch zie- hen kan, und kommen uͤber 400. Ringe zu jedem Tuch: An der Ober-Leine wer- den auch 10. Wind-Leinen, wie Lit. F. anzeiget, angemachet, jede vier Klafftern lang,

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/344>, abgerufen am 30.12.2024.